Nr. 201. «ommbend, den 28. Aagilst 1015. 29. Jahrgang. Hamburger Echo. DaS »Hamburger (Sd)0* erschein! lSglich. außer Montags. Abonnementspreis durch kte Post bezogen ohne Bringegeld monatlich x. 1.20. vterleliahrlich x. 3,60; durch die Kolporteure wöchentlich 80 A frei ins Haus. Einzelnummer in der Expedition und den Filialen 5 4>. Sonntagsnummer mit »Neue LSelt"' 10*. bei den Straßenhändlern 10 *. Nreuzbandsendungen monatlich * 2,70, für das Ausland monatlich * 4.—. Redaktion: ftumfiitr« Expedition: 8-hlandstraße 11, L Stock. PllMvurg »O Fehlandstraße 1L Erdgeschoß. Verantwortlicher Redakteur: I. Neiße in Hamburg. Anzeigen die stebengespaltene Petit,eile oder deren Raum 40 *, Arbeitömartt, ricrmtetuugs- und Familienanzeigen 20*. «nzeigen-Annahme Fehlandstr. 11, Erdgeschoß sbis 5 Uhr nachmittags» m den Filialen, sowie in allen Annoncen-Bureaus Platz- und Tatenvorschristen ohne Verbindlichkeii Reklamen im redaktionellen Zeil werden weder gratis noch gegen Entgelt aufgenomiiten. 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August hat der Reichskanzler im Reichs- 9 JA taa sehr ausführlich über die Vorgeschichte des Krieges gesprochen. Insbesondere gab er eine Schilderung der von London aus betriebenen Einkreisungspolitik, deren Ur - heber und geschicktester Betreiber König Eduard war und deren Fortsetzung der Minister Grey besorgte. Der Reichskanzler hatte den Vorteil, sich auf das Zeugnis von Personen berufen zu dürfen, die Schritt für Schritt diese Einkreisungspolitik be - obachten konnten und jeweils niedcrschrieben, was sie erfahren hatten, nicht für die eine oder andere Partei, sondern für eine dritte Stelle. Die Gesandten Belgiens in Berlin, Paris und London berichteten an ihre heimische Regierung, ganz vertraulich, wie es in der Natur der Sache und in ihrer Pflicht lag, und sorgsam, wie es das von ihnen stets im Auge behaltene Interesse des eigenen Vaterlandes gebot. Nebst andern Dokumenten sind auch diese in den belgischen Archiven aufgefunden worden, als die deutschen Truppen mit über - raschender Schnelligkeit nach Brüssel gelangten. Wir fürchten, denen, die die rechtzeitige Räumung der Archive vergaßen, wird es eines Tages schlecht gehen. Aber die Dokumente sind da, sie sind veröffentlicht und können nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Einstweilen sucht man sie allerdings dem englischen und französischen Volk zu verhehlen, von Rußland und Italien schon gar nicht zu reden. Ein einziges englisches Blatt, der „Labour Leader", hat auf ihre Bedeutung aufmerk - sam gemacht und die Totschweigetaktik kritisiert. Aber der „Labour Leader" wird vom großen Publikum nicht gelesen und so wird wohl erst nach dem Krieg in England, erst recht auch in Frankreich, bekannt werden, was drei belgische Diplomaten Jahre hindurch sahen, hörten und berichteten von dem planmäßigen Vorgehen der Entente. Für PoincarS, Delcassö und namentlich Grey wird es dann böse Stunden geben. Es scheint, daß Sir Edward Grey, der britische Minister des Auswärtigen, eine starke Vorahnung von der Ge - fahr hat; jedenfalls bemüht er sich, vorzubeugen und ver - teidigt sich im voraus — ganz nach der Methode, wie geriebene Advokaten schwere, schier unrettbare Fälle behandeln: unter einem Schwall von Worten wird die Hauptsache begraben und alle Aufmerksamkeit auf Einzelheiten abgelenkt, die in d i e Be - leuchtung gesetzt werden, die zweckdienlich erscheint. An anderer Stelle bringen wir den Text des Plädoyers, das Sir Edward Grey für sich selbst hält, in Form eines Briefes, den er an englische Zeitungen richtet. Es ist be - zeichnend, daß, während in England die wider seine frühere und jetzige Regierung erhobene Anklage und das Beweis - material sorgsam verschwiegen wird, die Selbstverteidigung Greys sofort durch das Wolffsche Bureau der deutschen Oeffent- lichkeit übergeben wird. Demnach besteht keine Besorgnis, daß Sir Edward Grey in Deutschland die Ueberzeugung hervor - rufen könnte, im Foreign Office in London hausten schnee - weiße, sanfte Lämmlein, während sich in Berlin reißende Wölfe zusammengeschart hätten. In der Tat ist die Verteidigung Greys, wenn man örst den Advokatenkniff, unter dem Wust des Unwesentlichen das Wesentliche zu begraben, erkannt hat, äußerst kläglich. Nicht ein Wort über die Einkrcisungspolitik des hochseligen King, als dessen Testamentsvollstrecker Grey gewirkt hat. Nicht ein Wort über das Gesamtbild der Reichskanzlerrede. Aber „Berichti - gungen" von Einzelheiten, „Berichtigungen" von ungefähr demselben Wert, wie sie deutsche Zeitungen zuweilen unter dem Druck des Prcßgesetzes bringen müssen, in denen ein an den Pranger gestellter Sünder es als unwahr erklärt, daß er Wucher getrieben; er habe lediglich fünfundzwanzig Prozent Vermittlergebühr genommen. Um sein Publikum vorweg einzunchmen, behandelt Grey in der Einleitung abermals die Verletzung der Neutralität Belgiens durch Deutschland sehr ausführlich, ohne aber auch nur das geringste Neue zu sagen. Oder doch etwas Neues? Nämlich, daß die 1906 vom englischen Militärattache mit hohen belgischen Offizieren geführten Besprechungen über das Zusammenwirken der beiderseitigen Truppen weder dem eng - lischen Auswärtigen Amt noch dem Kriegsministerium bekannt - geworden seien, daß sic erst im vorigen Herbst durch die deutsche Veröffentlichung davon erfuhren. Also nur ein Privat - vergnügen eines Attaches. Die Harmlosigkeit, mit der sich Grey als Harinlosen darstellt, ist wirklich köstlich. Man denke: ein offizielles Mitglied der englischen Gesandtschaft berät mit belgischen Offizieren, was im Falle eines gemeinsamen Krieges zu tun sei, und kein englischer Minister weiß davon! Natürlich wird sich der damalige Militärattache hüten, dem gewaltigen Minister Grey zu widersprechen und etwa zu sagen, er habe auftrags - gemäß gehandelt und berichtet. Aber glauben wird dem Minister dennoch niemand. Sehr kurz ist Sir Edward Grey dort, wo cs sich um feine eigene Tätigkeit in erster Linie handelt. Da sagt er lakonisch : Tic Vcrbnndlunacn über ein englisch-deutsches Abkommen, auf die der deutschc Reichskanzler anspictte, gelangten zu einem Punkte, bet dem es klar war, daß sie einen Erfolg nur haben würden, wenn wir ein Versprechen abgäben, das daraus hinaus - gelaufen wäre, daß wir absolut neutral blieben, während Deutsch - land freie Hand behalten hätte, sich im Rahmen seiner Bündniffe an einem europäischen Kriege zu beteiligen. Es wird nützlich sein, die auf diesen Punkt bezüglichen Ausführungen des Kanzlers zum Vergleich ins Gedächtnis zu rufen. Er sagte am 19. August: Zunächst machten wir, um dauernde Beziehungen mit Eng - land zu erreichen, den Vorschlag eines unbedingten Neutralitäts - vertrages. Als dieser Vorschlag als zu weitgehend von England abgelehnt wurde, schlugen wir vor, die Neutralität auf Kriege zu beschränken, bei denen man nicht sagen könne, daß die Macht, der die Neutralität zugesichert worden sei, der Angreifer sei. Auch das schlug fehl. Es wurde gesagt, England würde keinen un - provozierten Angriff auf Deutschland machen und sich einer aggressiven Politik gegen Deutschland enthalten. Ein Angriff auf Deutschland ist in keinem Vertrage enthalten und in keiner Konvention vorgesehen, der England zurzeit angehört, und Eng - land wird keiner Abmachung beitreten, die einen solchen Angriff bezweckt. Nun, meine Herren, ich war der Ansicht, daß es unter zivilisierten Staaten nicht üblich ist, über andere Mächte ohne Grund herzufallen oder sich Kombinationen anzuschliehen, welche solche Ueberfälle auf den Nachbar planen, und daß deshalb das Versprechen, sich solcher unprovozierten Ueberfälle zu enthalten, nicht wobl den Inhalt eines feierlichen Vertrages abgeben könne. Das englische Kabinett war anderer Ansicht, es glaubte auf unsere Vorstellung ein übriges zu tun, wenn es seine Bereitwilligkeit erklärte, der unabgeänderten Formel folgendes voranzustellen: »Da die beiden Mächte gegenseitig den Wunsch haben, Frieden und Freundschaft untereinander sicherzustellen, erklärt England, daß es keinen unprovozierten Angriff . . . usw.' Dieser Zusatz konnte an dem Inhalt des englischen Angebots nicbts ändern, und ich meine noch heute, kein Mensch hätte es mir übel nehmen können, wenn ich schon damals die Verhandlungen abgebrochen hätte. Ich habe das nicht getan, ich habe mich, um alles zu tun, was in meinen Kräften steht, was geeignet wäre, den europäischen und den Weltkrieg zu verhindern, bereit erklärt, auch auf diesen englischen Vorschlag einzugehen und ihn zu diskutieren unter der Bedingung, daß der Zusatz angefügt wird: England wird selbst- verständlick» wohlwollende Neutralität bewahren, sollte Deutsch- land ein Krieg aufgezwungen werden. Ich bitte die letzten Worte zu beachten. Wir forderten die Neutralität in einem Bellet ootiöötlü im Osten. Die Heftung Glita vsn unr besetzt. Set Met« iidet Den SelNWli-WWll etlimnli Amtlich. WTB. Großes Hauptquartier, 27. August ISIS. Westlicher Kriegsschauplatz. In der Champagne und auf den Maashöhen wurde« französische Tchauzanlagen durch Sprengungen zerstört. In den Vogesen wurde ein schwacher französischer Vorstoß leicht abgewirseu. Oestltcher Kr t e'gs i ch a up l a tz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg. Die Gefechte bei Bausk, Schönberg (südlich von Mitau) und in der Gegend östlich von Kowno dauern an. 245 0 Russen sind gefangen, 4 Geschütze und 3 Maschinengewehre erbeutet. Südöstlich von K o w n o wurde der Feind geworfen. Die Festung Olita ist von den Rusten geräumt und von uns besetzt. Weiter südlichHnd die deutschen Truppen gegen den Njcmcn im Vorgehen. Der Nebcrgang über den B er e czo wk a- A b sch n itt (östlich von Ostowicz) ist erkämpft. Die Verfolgung ist auf der ganzen Front zwischen Tuchawola (au der Vereczowka) und dem Vialowieska-Forst im Gange. Am 25. nnd 26. August brachte die Armee des Generals von Gallwitz 3 5 0 0 Gefangene und 5 Ma - schinengewehre ein. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls yrim Leopold von Hayern. Die Heeresgruppe verfolgt; der rechte Flügel kämpft um den Ucbergang über den Abschnitt der Lesna-Krawa (nordöstlich von Namiemec-Litowsk). Heeresgruppe des Grneralfeldmarschalls von Mackensen. Nordöstlich von Brest-Litowsk nähern sich unsere Truppen der Straße Kamicnier—Litowsk—Miszczvrc. Südöstlich von Brest- Litowsk wurde der Feind über de» Rhta-Abschnitt zurückgeworfen. Oberste Heeresleitung. Bie MWM lllMkll iinrn in ooiieiR MW. WTB. Wien, den 27. August. Amtlich. Russischer Kriegsschauplatz. Bei Brest-Litowsk sind die geschlagenen russischen Armeen in vollem Rückzüge beiderseits der nach Minsk führenden Bahn. Die Truppen des Erzherzogs Josef Ferdinand rückten gestern mittag dnrch die brennende Stadt Kamieniec-Litowsk an der Lesna. Deutsche Streitkräfte ver - folgen sie von West und Süd in der Richtung auf Kobrin. Bei Kowcl, bei Wladimir-Woliuskij und Ostgalizien nichts neues. Italienischer Kriegsschauplatz. 2luf dem italienischen Kriegsschauplatz fanden gestern nur bei Flitsch Kämpfe von einiger Bedeutung statt. Hier wiesen unsere Truppen einen feindlichen Angriff aus ihre TalstcUnngen zurück. Der stellverttetende Chef des Generalstabes: v. Höfer, Feldmarschalleutnant. Lageplan von Dlifa . - .< —-iKm O 7 ? J t >V T.B fOSf oZe/aty k V Pramonya : cJtren-nüz/ \ oVgrrz/rxszA/V - t^ToAsriancp F o X ■'Zar, T . e X, * f j? s o \ I x., i y k etzetowW* \i s o I ’iw- Kriege, der uns aufgezwungen werden fr. hat diesen Zusatz rundweg abgelehnt; über seine Formel könne er nicht hinausgehen, und zwar, wie er dem Botschafter Grafen Metternich erklärte, aus der Besorgnis heraus, die bestehende Freundschaft mit andern Mächten zu gefährden. Die ausführlichen, bestimmten und von keiner Seite bestrittenen Erklärungen des Reichskanzlers und den ge - wundenen, alle tatsächlichen Angaben vermeidenden Satz Greys vergleiche man miteinander. Seinen Haupttrumpf spielt aber Grey aus — für sein englisches Publikum, das die andere Seite nicht hört! — durch die Behauptung, Deutschlands Weigerung, den serbisch-öster - reichischen Konflikt durch eine Konferenz lösen zu lassen, sei eigentlich Kriegsursache geworden. Auch hier müssen die Aeußerungen einander gegenübcrgcstellt werden. Grey sagt: Die Weigerung Deutschlands, sich au der Konferenz zu be - teiligen, hat nicht übet die britische Teilnahme an dem Kriege, wohl aber über die Frage, ob Europa Krieg oder Frieden haben würde, entschieden. Sie unterzeichnete das Todesurteil vieler Hunderttausende, die in diesem Kriege getötet wurden. Mau muß auch nicht vergeffen, daß der Zar von Rußland dem Kaiser von Deutschland vorschlug, daß die österreichisch-serbische Streitfrage durch daS Haager Schiedsgericht entschieden werden solle. Gibt es einen einzigen aufrichtigen Menschen in Deutschland und Oesterreich-Ungarn, der bei dem Rückblick auf das vergangene Jahr nicht bedauert, daß weder der brittsche noch der russische Vorschlag angenommen wurde? Ueber diesen Punkt spricht der Reichskanzler abermals weit ausführlicher als der britische Minister des Aeußern. Er sagt nämlich: In England wird neuerdings wieder behauptet, der ganze Krieg hätte vermieden werden können, wenn ich auf den Vor - schlag <Är Edward Greys eingegangen wäre, mich an einer Kon - ferenz zur Regelung des russisch-österreichischen Streitfalles zu beteiligen. Die Sacke verhielt sich folgendermaßen: Der eng-, lische Konferenzvorscklag wurde biet am 27. Juli durch den eng - lischen Botschafter überbracht. Wie auch aus dem englischen Blaubuch hervorgehk, hat der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes in der betreffenden Unterredung mit Mr. Goschen den vorgeichlagenen Weg als unzweckmäßig gezeichnet und ihm mit - geteilt, nach seinen Nachrichten aus Petersburg sei man in Petersburg zu einem direkten Meinungsaustausch mit dem Ver - treter Oesterreichs geneigt, und er sei der Ansicht, daß diese direkte Aussprache zwischen Petersburg und Wien zu einem be« friedigenden Ergebnis führen könne. Es sei daher das beste, zu - nächst das Ergebnis dieser Aussprache abzuwarten. Mr. Gosöien meldete dies nach London und erhielt von dort eine telegraphische Antwort, in der Sir Edward Grey wörtlich folgendes erklärte .Solange Aussicht für einen direkten Meinungsaustausch zwischen Oesterreich und Rußland vorhanden ist, würde ich auf jede andere Anregung verzichten, da ich durchaus damit übereinstimme, daß die? da? Verfahren ist, das allen andern bei weitem vorzuziehetr ist." Sir Edward Grey schloß sich also damals dem deutschen Standpunkt vollkommen an und stellte seinen Konferenzvorschlag ausdrücklich zurück. Ich habe es aber nicht, wie Sir Edward Grey, bei dem platonischen Wunsch bewenden lassen, es möge eine Aussprache zwischen Wien und Petersburg erfolgen, sondern Hale alles getan, was in meinen Kräften stand, um die russische und österreichisch-ungariscke Regierung dem Gedanken zugänglich zu machen, sich in einem Meinungsaustausch von Kabinett zu Kabinett auseinanderzusetzen. Ick habe an dieser Stelle schon einmal ausgesprochen, daß wir unsere Vermittlungc-akkion speziell in_SBien in einer Form betrieben haben, die bis zum äußersten dessen ging, was mit unserm Bündnisverhältnis noch verein - bar war. Allerdings sagt im vierten Abschnitt seiner Verteidigung der englische Minister, er habe bedingungsweise auch die direkte Verhandlung Wien-Petersburg als möglich zugestanden; aber sofort wendet er sich etwas anderin zu, was beim britischen Publikum — daS doch nicht mit der 9tase auf die Sünden der Leiter der auswärtigen Politik gestoßen werden soll — sofort ablenkend wirkt. Er spricht nämlich ganz unvermittelt vom „deutschen Programm", das darin bestehe, Deutsch - land zum Herrn der Welt zu machen. Die Worte des Kanzlers: „Ein Hort des Friedens und der Freiheit der großen und kleinen Nationen", legt Sir Edward Grey so aus: „Das würde einen eisernen Frieden unter preußischem Schild und deutscher Oberherrschaft bedeuten. Deutschland allein würde die Freiheit genießen, die internationalen Verträge zu brechen, und frei sein, sie zu vernichten, wenn es ihm gefalle, und frei, jede Vermittlung auszuschlagen, frei, Krieg anzufangen, wenn es ihm paßt, frei, wenn es wieder in den Krieg zieht, frei wiederum, alle Regeln zivilisierter Kriegführung und Mensch - lichkeit zu Lande und zur See zu brechen, und während cs so handeln würde, würde sein ganzer Scehandel in Kriegszeit freibleiben, wie es jeder Handel im Frieden sei." Die naheliegende Frage, ob sich denn die Welt die Herr - schaft einer einzelnen Macht, ihre absolute Willkür ruhig ge - fallen lassen würde, erörtert Grey nicht. Möglich, daß er aus dem Verhalten der Neutralen, die alle englischen Vergewalti - gungen auf See so ruhig erdulden, den Schluß zieht, sic würden sich auch sonst einer Herrschaft unterwerfen. Doch die tiefsinnigen Sätze Greys über die Zukunft sind Floskeln, vorgebracht, um die Verantwortung für das Vergangene, aus dem das Gegenwärtige entsproß, der unheilvolle Krieg, zu umgehen. Wenn Sir Edward Grey einmal den Versuch macht, zu widerlegen, daß von langer Hand her die britische Re - gierung durch eine raffinierte Politik, deren Inspiratoren und Leiter Eduard VII. und Grey waren, auf eine gewaltige Koali - tion gegen Deutschland abzielte, so wird weiter zu reden fein. Die Rabulisterei, mit der dieser englische Minister teils ver - schweigt, teils verschleiert, teils verdreht, läßt erkennen, wie schwach er sich in der Verteidigung seiner Sache fühlt.