Nr. 237. Sonnabend, den 9. Oktober 1915. 29. Jahrgang. Hamburger Echo Das „Hamburger Echo« erscheint täglich, außer Monlags. AboiinemciitSPreiS durch die Post bezogen ohne Bringegeld monatlich x l.no, vierteljährlich x 3,60; durch die iiolporteurc wöchentlich 30 A frei ins Haus. Einzelnummer in der Erpedition und den Filialen 5 A, bei den SlraßenhSndlern 10 A, Sonnlagsnumnier mit „Neue Welt« 10 A. Kreuzbandsendungen monatlich sb 2,70, für das Ausland monatlich x 4,—. Beiantwortliche, Redakteur I. Reitze m Hamburg. Redaktion - , Expedition: Fehlandstrabe II, t. Stock. VaUlvUrg Ot) Feglandstrabe 1L Erdgeschoß. Anzeigen die siebengeipaltene Petitzerle oder deren Raum 40 A. Arbeitsmartt, «etmietunqa- und Rami tenanzeigen 2n A. Anzeigen.Annahme Fehlandftr. 11. Erdgeschoß , bi-, 5 Uhr nachmittagsl. in den Filialen (bis 4 Uhr), sowie in allen Annoncen-Bureaus. Platz- und Dalenvorschriflen ohne Pecbuidlich teit Reklamen im redattionellen Dell werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen. Buchhandlung: Erdgeschoß, Buchdruckerei-Uontor: 1. Stock. Fehlandftr. 11. Ftiliiikn St. Panlt, ohne Amandastraße, bei Franz Würzberger, Annenstr. 17. EtmSbiittel, Langeiiselde bei Carl Dreyer, Fruchtallee42. Hoheluft, Eppendorf, l^roiz-Borftel und Winterhude bei Ernst Grogkops, Meldorserstr. 8. Uarmbeck, Uhtenhorst bei Theodor Petereit. Heinrich Her«, 145. ♦ Nord-Barmbeck bei Robert Birr, Poppenhusenstr. 13. Hohenfelde, Borgfelde, Hamm, Horn, Schisfbeck und Btlllvärder bei Earl Ortel, Baustr. 26. Hammerbrook bis Ausschläger Billdeich bei Rud. Fuhrmann, Südcrkaistr. 18. NotenbnrgSort und Beddel b<" zr. ■ ubener, ♦ Billh. Röhrendamm 213a, Hchpt. Wilbelmsbura bei H. Oellerich, Fährstr. 59, I. Eilbeck, Wondsbeck, Hinfchenselde und Ost-Barmbcck bei Franz Krüger, Kurze Reihe 34. Altona bei Friedr. Ludwig, Bürgerstr. 22. Ottensen, Bahrcnfeld bei Franz Ft >iußland kann Bulgariens Agrarwirtschaft nicht zur schnellen Entfaltung bringen. Mehr noch als Rumänien und Serbien ist Bulgarien ein Agrarstaat, und zwar im eigentlichsten Sinne des Wortes ein Bauernstaat. Der Großgrundbesitz (über 100 Hektar) macht noch nicht 7 pZt. der gesamten angebauteu Bodenflüche ans. Auch der Parzellenbesitz bat wenig Bedeutung, der klein- und mittelbäuerliche Besitz überwiegt. Ung es ähr 54 pZt. des gesamten Grundeigentums besteht in kleinen Bauerngüte rn von 5 biS 20 Hektar. Bulgarien hat denn auch nur eine Stadt mit mehr als 100 000 Einwohnern Sofia, nur 26 Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern, und auch die meisten von diesen sind im wesentlichen bloße Acker- städte. Das Handwerkswesen ist wenig entwickelt. Die feineren Handwerkszweige sind nur vereinzelt in den größeren Städten zu finden; sonst lehnt sich das Handwerk eng an die Viehzucht und den Ackerbau an, das heißt, es verarbeitet die von dec Landwirtschaft gelieferten Rohstoffe, wie Felle, Wolle, Hanf, Holz, Fette usw., oder es liefert der Bauernbevölkerung die zu ihrem Betriebe nötigen Gerätschaften. Demnach sind die Gerber, Kürschner, Wollweber, Tischler, Böttcher, Seifen - sieder, Lichtzieher, Schmiede, Stellmacher, Töpfer am zahl - reichsten vertreten; daneben die für den Nahrungs- und Haus - bedarf arbeitenden Handwerkszweige, wie Bäcker, Fleischer, Schuhmacher, Schneider. Weit verbreitet ist noch das Wanderhandwerk. Der kleine Meister zieht allein oder mit einem Lchrburschen, seine Arbeitsgeräte im Sack, in einem gewissen Umkreis von einem Ort zum andern und übt dort sein Handwerk ans. Vornehmlich gilt das von den Bauhand - werkern, die meist zugleich Maurer, Zimmermann, Tischler, manchmal auch Stein- und Ziegelarbeiter sind — alles in einer Person. Ferner wird das Spinnen wie auch das Weben der gröberen Woll- und Hanfstoffe meist noch in den bäuerlichen Haushaltungen selbst vorgenommen, und zwar gehört solche Beschäftigung zum Arbeitsressort der Frauen. Die Großindustrie steckt noch in den allerersten Anfängen, obgleich sich die bulgarische Regierung seit 1904 ernstlich be - müht hat, durch allerlei Vergünstigungen eine moderne In - dustrie großzuziehen. Von der bulgarischen Statistik werden alle Betriebe, die mit einem Kapital von wenigstens 25 000 Lewa, also Ji 20 000, arbeiten, als „großindustrielle Anstal - ten" gerechnet, ganz gleich, ob sie mit Dampf- ober Wasser - kraft ober rein manufakturmäßig betrieben werben. Im gan - zen mögen heute 280 solcher Großbetriebe in Bulgarien vor - handen sein, die nur ungefähr 10000 Arbeiter be - schäftigen und mit einem Gesamtkapital oon\ vielleicht 60 bis 65 Millionen Mark arbeiten. Das ist recht wenig, zumal die meisten der Fabrikbetriebe nicht das Land mit eigent - lichen Jndustrieartikeln versorgen, sondern nichts anderes sind als große landwirtschaftliche Nebenbetriebe: Tarnpfmühlen, Reisschälmühlen, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Zuckerfabriken. Daneben findet man vereinzelt Spinnereien und Garnfabriken, Tuchfabriken, Leder-, Tonwaren- und Zündholzfabriken. Die Metallindustrie ist noch ganz unent - wickelt und kommt kaum in Betracht. Außerdem besitzt Bul - garien noch sechs kleinere Bergwerksbetriebe. Eharakteristisch ist, daß sich bisher das ausländische Kapital an solchen indu - striellen Unternehmungen wenig beteiligt hat, kaum mit 12 Millionen Mark. Ackerbau und Viehzucht sind demnach die beiden Haiwi gebiete des Wirtschaftslelwns. Doch darf daraus nicht ge - schlossen werden, daß der Ackerbau auf hoher Stufe steht; oft werden sogar noch einfache Holzpflüge und Holzeggen verwen - det. Einige Sorgfalt wird, da Weizen und Weizenmehl den Hauptausfuhrartikel bilden, nur dem Weizcnbau gewidmet; dennoch stellt sich auch der Weizenertrag pro Hektar nur auf durchschnittlich 11 bis 12 Doppelzentner (in Deutschland in den letzten Jahren auf 20 bis 24 Doppelzentner). Der Er - trag an Roggen, Gerste, Hafer bleibt durchschnittlich noch um 1 bis 2 Doppelzentner dahinter zurück. Am meisten wird Weizen angebaut. Die Erzeugung stellte sich in den letzten Jahren durchschnittlich auf 13 bis 14 Millionen Doppelzent - ner. Tann folgen in weitem Abstande Mais, Gerste, Roggen, Hafer. Kartoffeln werden hur sehr wenig angebaut, dagegen ist der Gemüsebau (ungefähr 60 000 Hektar) und der Tabak - bau ziemlich beträchtlich. Eine nicht unbedeiiteiide Rolle spielte auch einst der Weinbau; er hat jedoch seit Jahrzelmten mehr und mehr verloren und erst in den letzten Jahren wieder einen gewissen Aufschwung genommen. Die Viehzucht ist beträchtlich, wenn auch ebenfalls ziem - lich rückständig. Stallsütterung und sorgfältige Mästung ist in Den meisten Lanbestcilen noch unbekannt. Das Vieh bleibt auf ben Weiden. Nach der letzten Viehzählung (1910) waren vorhanden ungefähr 477 700 Pferde, 130 300 Maulesel und Esel, 2 018 000 Stück Rindvieh (mit Einschluß der vielfach als Zugtiere benutzten Büffel), 8 632 300 Schafe, 1459 300 Ziegen, 527 407 Schweine. Trotz dieser verhältnismäßig hohen landnürtschaftliclvm Erzeugung ist jedoch die Sage der meisten bulgarischen Bauern keine günstige. Es fehlt an Kapital und an billigen Krediten zur Aufbesserung der Betriebe; will der Bauer Gelb haben, muß er zum Wucherer geben. Dazu kommt, daß infolge der geringen Industrie- und Handelöentwicklung und des Fehlens großer konsiimfähiger Städte die Aufnahmcfäbigkeit des inneren Absatzmarktes für die gewonnenen ländlichen Produkte eine ziemlich beschränkte ist, zumal auch die Transportmittel bei weitem nicht ausreichen. Auch der Ausfuhrhandel, der überdies größtenteils in den Händen der Griechen und Juden liegt, läßt infolge der geographischen Lage sehr vieles zu wün - schen übrig. Ter Export (der sich im ganzen für alle Absatz - gebiete 1912 auf ungefähr 125, 1911 auf 148 Millionen Mark stellte) ist nach Serbien und Rumänien schr gering; der größte Teil Der Ausfuhr geht schon jetzt nach Deutschland. Nach der bulgarischen Ausfuhrstatistik für 1911 steht zwar Belgien obenan, aber diese Ausfuhrziffern trügen, denn die größte Menge der nach Antwerpen verschifften bulgarischen Agrar- prodnkte geht von dort weiter nach West- und SüDdeutschlano. Dann folgen bet Reihe nach als Hauptabnehmer ber bul - garischen Bobenerzeugnisse bie Türkei, Englanb, Griechenland, Oesterreich-Ungarn, Frankreich. Damit ist jedoch nicht gesagt, bah die Türkei unb Griechenland die von ihnen eingeführten Waren sämtlich selbst konsumieren; vieles wird über türkische unb griechische Häfen (besonbers Konstantinopel) nach anderen Hafenplätzen des Mittelländischen Meeres und der Westküste Europas weitertransportiert. Tie in Bulgaren eingcführten Jnbustricartikel stammen größtenteils aus Oesterreich, Deutsch - land und Englanb, bie eigentlichen LuruSartikel aus Frankreich. Bulgarien befindet sich demnach, wie man sagen sann, in der Lage eines kapitalarmen Bauernstandes, Der mit seiner durch historische Umstände gehemmten unentwickelten BvDen- wirtschaft in eine kapitalistische Welt gestellt ist unD Der aus dieser Sage unbedingt heraus muß, wenn er nicht verkümmern soll, zumal die Balkankricge der Jahre 1912 13 die Staats - schulden von 688 auf 1904 Millionen Lewa (Frank) gesteigert haben. Dazu aber bedarf Bulgarien eines größeren Absatz - gebietes, besserer HauDelsverbindungen mit Mitteleuropa und Westasien, der Befruchtung seiner rückstänDigen BoDenkultur unb seiner noch in Den ersten Lebensregungen ftedenoen Jn- buftrie burch ausländisches Kapital, Der Einwanberung srcm ber Ingenieure unb Techniker, des Ausbaues seines Eisen - bahnnetzes usw. Nie aber kann es bas durch An - schluß an Rußland erlangen, vor allem nicht an ein zaristisches Rußland, das die Meerenge zwischen Europa und Kleinasien beherrscht. Sein ganzes Lebensinteresse verweist daher Bulgaren nachdrücklich auf den Anschluß an die mittel - europäischen Großmächte. MWjeskllk WlW W Nil klWklA We ßWW im EW. Aussisebe abgeschlagen. Günstiger Verlaus Ler Kämpfe am Balkan. Amtlich. WTB. Grobes Hauptquartier, 8. Oktober 1915. Westlicher Kriegsschauplatz. Nach den vergeblichen Durchbruchövcnuchen der Franzosen am 5. und 6. Oktober war der gestrige Tag in der Champagne verhältnismäßig ruhig. DaS Grabenstück östlich deS Navaringehöstcs, das die Franzosen noch besem hielten, wurde vormittag» durch Gegenangriff gesäubert, wobei einige Gefangene und 2 Maschiucugcwehrc in unsere Hand fielen. Gegen Abend nahm das feindliche Artillcricfcucr wieder zu. Nacht» kam cs an einzelnen stellen zu Jufauleriekämpse», die sämtlich abgewiescn wurden. Bei einem erfolgreichen B o rft o ß auf eine vorgeschobene feindliche Stellung südlich von st. Marie-ri Ph nahmen wir dem Feinde • Osfiziere und 250 Mann Gesangene ad. Oestlich der Argonnen, bei M al anc o urt, wurden mehrere feindliche Minenstollen dnrch Sprengung zerstört. Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Grneralfeldmarschalls von Hindenburg. Nusfiiche Angriffe nördlich Kosjany und südlich des Wiszniew-sees find abgeschlagen. Heeresgruppe des Generalfrldmnrschalls Prim Leopold von Huyern. Die Lage ist unverändert. Heeresgruppe des Generals von Kivfingen. «Bei Nevel unb Omht (südwestlich von Pinsk) sind russische Postierungen vo» ans vertrieben. Unser Angriff in der Gegend nordwestlich von Czartorysk macht Fortschritte. Die deutschen Truppen der Armee des Generals Grafen Bothmer wiesen mehrere russische Angriffe ab. Balkan-Kricgsschauvlatz. Der Uebergang über die Drina, save und Donau nimmt einen günstigen Berkaus. Lüdwestl.ch von Belgrad sind 4 Oifiziere. 296 Mann zu Gefangene» gemacht nnd 2 Maschinengewehre erbeutet. Gegenüber von Nam fielen nach iramps drei Geschütze in unsere Hand. Oberste Heeresleitung. MM MK Ski Mll a ikl SUÄMll M KWlS« ML Ktarkr Angriffe der Italiener inriickgcschlagcn. WTB Wien. 8. Oktober 1915. Amtlich. Rui > i: cher KricgSicha II Platz. Ter Feind griff gestern an der gan en oftgalizische« und wolhpitischen Front an. seine unter großem Kräste- »Nd Munikioasauswand geführten Angriffe blieben ersolglos. An der beffarabischen Grenze, auf den Höhen nöebliüi bc» Tnjestr und au der strypa brachen russische Lturmkolonnen zusammen, ehe sie an unsere Hindernisse bereu« kamen. Nordwestlich von T a r n o p o l drangen die Nüssen an zwei stellen in unsere Schützengräben ein, sie wurde» bunt) die herbeieileude deutsche und österreichisch ungarische Unterstützung heute morgen znriickgeschlagen. ('in ähnliches Geschick hatte ein seindlicher Angriff aus da» nordwestlich Kremienec liegende Dors s a p a n o w, das gestern als Mittelpunkt erbitterter Kämpfe mehrmals seinen Bescher wechselte, nun aber wieder fest in unserer Hand ist. Gbenso warfen wir südwestlich von O l h k a überlegene russische Kräste im Nahkampf zurück, wobei sich das Infanterie Regiment S9 und das ikattdwehr-Fvianterie Regiment Teichen 31 besonders hervortaten. Lehr heftig wurde auch südlich von Olnla gekämpft. Nördlich und nordöstlich von K okil gewannen unsere Gegenangriffe nenerl ch Raum. Wir e- r. -.-t deut Feinde die Dörser Lison>o und Galuzia. Insgesamt wurden in den gestrigen und vorgestrigen Kämpfen aus dem «olhynische» Boden etwa 4000 Russen gefangen. Der Gegner erlitt sehr große Verluste. Italien sicher Kriegsschauplatz. Gegen die Hochstäche von Bielgereuth setzten die Italiener gestern nachmittag auf der ganzen Front mit starken Kräften zu einem neuen Angriff an. der gleich allen früheren blutig abgewiesen wurde. Besonders h sti^tobte der Kamps um einen unserer Stützpunkte nordöstlich des Maronia Berges. Hier stürmt, u drei feindliche Bataillone bir.it gedrängt vor unb drangen durch das zerstörte Hindernis ein; sie wurden durch Abteilungen de» oberösterreichifch.-u Jniauterieregiments 14 mit dem Bajonett hinansgeworsen. Der ganze 'Angriff endete mit der Flucht der Italiener tu den Ausgatigostellungen. Im Nordteile de» D o b e r d ck-Abschnittes griff der Feind'wieder vergeblich an. Bei s o lz verjagten Abteilungen des Infanterieregiments S7 die Italiener aus devt in ihrer Kampslitiic gelegenen Steinbruch, schlugen einen Gegenangriff ab unb sprengten b'c feindlichen Ttellnnge». Südöstlicher Kriegsschauplatz. Der Uebergang der österreichisch ungarischen und deutschen Streitkräfte über die untere Drina. Save und Donan wurde fortgesetzt. Die Versuche der Serben, unsere Unternehmungen zu stören jber zu vereitel», scheiterten an allen Punkten. _ , _ ,. ~ „ Der stellverlretiitde Ehef des GeneralstabeS: b. Hofer, Feldmarichalleulnant.