Nr. 2S2 Freitag, den 14. Dezember 1917. * 'I ■ Xi: ' X: 31. Jahrgang. cho. TaS »Hamburc-r (?d)0* mdjeint täglich, außer Montag«. vezugSpret«: durch die Post ohne Bringegeld monatlich x |,5o. nieiteljährlich x 4,60. durch dii Uuettäget wSchentllch 35 4 frei ine Hau«. Einzelnummer In der Ervedilion und den Filialen 6 * bei den Elraßenbändlern 10 4 SonntaaSnummer mit »Neue Siell* 10 4 Kreuzbandiendungen monatlich * 2.70. für da« Ausland monatlich x 4.—. R'dakti-n- A nm frura 36 „ ® S »eb t tton: Fehlandstraße 1L L Stock. s Fehlandstra», 1L Trdgeichoß. Berantworllicher Redakteur I. Reitze in Hamburg. Nn.zetaen die neungelpallene Pelilzette oder deren Raum 46 *, «rdritSmnrtt, vermieeuug«. und Famitienanzeigen 26 * zuzLglich 20 pZt. Teuerung«, Uschlag. «nzetgen-Annabme Fehlandstr. 11. ErdgeichoßlbtS 4 Uhr nnchm.), in den Filialen (dirs Uhr), sowie in allen «Innoncen-Bureau«. Platz- u. Daten- Vorschriften ohne Berbindlichkeit. Reklamen im redaktionellen Teil werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen — Buchhandlung Lrdaelcho». Buchdruckerei-Kontor t. Stock. Fehlandstr.il Kür das gleiche Mahlrecht! Die erste Lesung der drei großen preußischen Resorm- norlagen^ im Abgeordnetenhause liegt hinter uns. Ihr Er - gebnis ist für alle Freunde des neuen und freien Preußens der Zukunft wenig ermutigend. Daß die weitaus stärkste Fraktion, die Kouservativen, ✓ mit äußerster Kraftanstrcngung gegen das gleiche Wahlrecht anrennen würden, war vorauszusehen. Verdanken sie doch ihre ganze Machtstellung in Preußen in allererster Linie dem schmachvollen Klaffcnwahlrecht! Sie wissen, daß es für sie um Sein oder Nichtsein geht, und deshalb setzen sie, die paten - tierten „Stützen des Thrones", alles daran, das fei er - liche Königsvers prechenzuzerreißenwieeinen wertlosen Fetzen Papier. Daß zwischen ihnen und den Wahlrechtssreunden der Kampf mit äußerster Erbitterung entbrennen würde, war vorauszusehen. Und auch die offen zutage getretene Feindschaft der freikouservativeu Partei gegen das gleiche Wahlrecht nimmt nach der ganzen Ver - gangenheit dieser Partei nicht wunder. Anders zu bewerten ist dagegen die Haltung des Zentrums und der Natiouallibcralen. Die Führer dieser beiden Parteien im Reichstage haben sich ausdrücklich mit jenem Programm einverstanden erklärt, dessen Durchführung die Regierung HerUing-Payer-Friedberg auf ihre Fahne geschrieben hat. Ein Haupt stück dieses Programms war die loyale und rasche Durch - führung der preußischen Wahlreform. Was soll man dazu sagen, wenn man erleben muß, daß wenige Wochen später die Führer der gleichen beiden Parteien im preußischen Abgeordnetenhause, die Herren Dr. Porsch und Dr. Lohmann, mehr oder minder offen dem gleichen Wahlrecht Fehde ansagen? Herr Dr. Porsch erklärte, daß sich nur „ein Teil" seiner Freunde mit dem Gedanken des gleichen Wahlrechts zu befreunden vermocht habe, während Herr Dr. Lohmann gar nur für „einige" Nationalliberale die Erklärung abgeben konnte, daß sie sich unter den Einwirkungen des Krie - ges mit dem gleichen Wahlrecht abgefunden hätten. Aber auch diese „Einige" wollen dem gleichen Wahlrecht nur dann zu - stimmen, wenn die Vorrechte der „gebildeten Kreise des Volkes" durch allerlei besondere Maßregeln sorgsam vor dem Uebergewicht der „Masse" geschützt werden! So bleiben außer den dank des KlasienwahlrechtS nur 10 Abgeordnete zählenden beiden sozialdemokratischen Fraktionen und einigen kleineren Partcisplittcrn nur noch die Fortschrittler mit ihren 40 Man - daten als Freunde des gleichen Wahlrechts übrig. Vollends im Herrenhause werden die guten und gesunden Grund - gedanken der Menerungsvorlage ohne Zweifel auf den denk - bar schroffsten Widerspruch stoben. Und leider haben — soweit es auf den parlamentarischen Kampf allein ankommt — die Wahlrechtsfeinde, deren Redner von der Osten am 7. Dezember im Abgeordnetenhause sogar vor offenen Angriffen auf das Reichstags - wahlrecht nicht zurückschreckte, nur allzu günstige Aussichten für das Gelingen ihrer Pläne. Die drei Vorlagen sind gegen den entschiedenen Widerspruch der Linken nur einer einzigen Kommission überwiesen worden, deren Beratungen sich, wenn eS nach dem Willen der Konservativen geht, viele Monate hinziehen sollen. Hat Herr v. Heydcbrand doch in nur allzu leicht durchschaubarer Absicht heute schon angekündigt, die konftrvative Partei werde unter allen Umständen auf der „gründlichsten und sorgsamsten Prüfung" der Vorlagen in der Kommission bestehen. Mit anderen Worten: die Kon - servativen wollen der Wahlreform das Schick - sal der Kanalvorlage bereiten, die bekanntlich mit Hilse ähnlicher Verschleppungsmanöver niemals zustande gekommen ist! Zunächst geht das Ziel der Wahlrechtsfeinde darauf hinaus, die Erledigung der Vorlagen mindestens bis nach dem Friedensschluß hinauszuziehen. Sie sind davon überzeugt, daß dann so zahlreiche und schwie - rige Fragen finanzpolitischer, wirtschaftspolitischer und sozial - politischer Art zu erledigen sein werden, daß das Interesse für die Wahlreform dadurch völlig in den Hintergrund gedrängt wird. So will man die so oft schon betrogenen Massen des preußischen Volkes abermals um ihr gutes Recht prellen ! Dieser schmachvolle Plan der Ritter von der eisernen Stirn kann nur dadurch zuschanden gemacht werden, daß das preußische Volk selbst auf die Bühne tritt. In machtvollen Kundgebungen muffen überall in Preußen die Massen zusammenströmen, um ihrem Willen Gehör zu verschaffen! Diesem Willen und den unabweisbaren Bedürfnissen des preußischen Volkes entspricht auch die Regierungs - vorlage noch keineswegs. Anerkannt werden muh, daß die Regierungsvorlage nicht nur mit den ebenso veralteten wie bösartigen Einrichtungen der öffentlichen und indirekten Wahl aufräumt, sondern auch den infamsten Schandfleck des heutigen Wahlrechts, die Dreiklaffenschande, kurzerhand be - seitigt. Diesen großen und bedeutungsvollen Fortschritten stehen aber auf der anderen Seite eine Reihe von Verschlechte - rungen des gegenwärtigen Zustandes gegenüber. Diese Ver - schlechterungen wurden in die Vorlage hineingearbeitet, um auf diese Weise die Rechte zu versöhnen, ihrem Widerstand die Spitze abzubrechen. Wie die Ergebnisse der ersten Lesung gezeigt haben, ist dieser Zweck keineswegs erreicht worden. Worin bestehen die Bestimmungen der Vorlagen, die, ohne die Rechte zu versöhnen, auch die Genugtuung der Linken dem Reformwerk sehr stark beeinträchtigen? Da ist zunächst die — von einer winzigen Konzession ab - gesehen — völlige Aufrechterhaltung der alten Wahlkreiseinteilnng. Diese stammt noch aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts und sichert den agrarischen Bezirken des Ostens ein dauerndes Uebergewicht über die Großstädte und Jndustriebezirke. Wie kann ein ernstes Reformwerk am Schluffe des zweiten Jahr - zehnts des zwanzigsten Jahrhunderts, im vierten Jahre des Weltkrieges eine Wahlkreiseinteilnng beibehalten wollen, die aus einer Zeit stammt, in der Preußen fast noch ein reiner Agrarstaat war, in der seine industrielle Entwicklung noch in den Kinderschuhen steckte! Noch schlimmer ist die Heraufsetzung des Wahlrechtsalters vom 24. auf das 25. Lebensjahr. In diesem Kriege haben zahllose junge Leute von siebzehn, achtzehn und neunzehn Jahren Leben und Gesuntcheit für Deutschlands Rettung in die Schanze geschlagen. Und nun sollen diese vielleicht als Krüppel heimkehrenden jungen Krie - ger noch 6 bis 8 Jahre lang nicht „reif" genug fein, das Wahl - recht auszuüben! Die schlimmste Neuerung aber ist — von kleineren Schön - heitsfehlern abgesehen — die Bestimmung, daß man statt wie bisher ein halbes Jahr künftig ein ganzes Jahr in einer Gemeinde (in Berlin sogar in einem Wahlbezirk) gewohnt haben muß, um wählen zu dürfen. Das ist ein schweres Unrecht gegen das arbeitende Volk, das durch Arbeitslosigkeit und andere Schicksalsschläge des Wirtschaftslebens in viel höherem Grade als die besitzenden Klaffen zum häufigen Wechsel seiner Arbeitsstätten und damit seiner Wohnplätze gezwungen ist. Ganz besonders schlimm würde die Neuerung alle Kriegsteilnehmer treffen, von denen Hunderttausende nach Friedensschluß genötigt sein werden, fern von der alten Heimat Lohn uitd Brot zu suchen. So bedeutet die Neuerung eine brutale Entrechtung gerade derer, dis jetzt mit ihren Leibern Deutschland und Preußen schützen! Aufs schärfste zu verurteilen ist auch das Fehlen des FranenwahlrechtS in der Regierungsvorlage. Dieser Krieg wäre niemals durch - zuführen gewesen ohne das aufopfernde Eintreten vieler Millionen von Frauen an die Stelle der ins Feld gerückten Männer. Ohne Murren haben sie bi e gleichen Pflichten auf sich genommen wie die Männer — diesen gleichen wirtschaftlichen Pflichten müssen endlich auch zugesellt werden die gleichen staatsbürger - lichen Rechte! Ganz unzulänglich ist die vorgeschlagene Rcsvrm des Herrenhauses, in dem ein überwiegend starker agrarischer Einfluß nach rote vor aufrechterhalten werden soll, wenn man auch die Inter - essenvertretung der Städte, der Industrie und des Handels beträchtlich Verstärker will. Die Arbeiter sollen natürlich von dem „Hause der Herren" nach wie vor völlig ausgeschlossen bleiben. Schließlich stellt, in den Vorlagen der Regierung einer Erweiterung des Etatsrechts der Ersten Kammer eine in ihren Folgewirkungen völlig unabsehbare und deshalb sehr ernst zu nehmende VerkümmerungdeSGeldbewilligungS- rechtes des Abgeo rdneienhause« gegenüber, auf deren Einzelheiten hier nicht eingegangen werden kann. Mit einem Wort: Bei allen ihren unbestreitbaren Vor - igen weifen die Vorlagen der Regierung auch Mängel und Rückschritte in schwerer Menge auf. Um so kennzeichnender ist eS, aber auch um so aufreizender muß e» wirken, daß selbst diesen durchaus ungenügenden Vorlagen ge - genüber die Mehrheitsparteien zu einem Kampf auf lob und Leben rüsten! Den reaktionären Machenschaften und auch den unzu - länglichen Vorschlägen der Regierung gegenüber bleiben die Forderungen der Sozialdemokratie die alten. Sie lassen sich in aller Kürze dahin zusammenfaffen: völlige Beseitignng des Herrenhauses! Keine ein« schränkenden Bestimmungen über den Wohnsitz! All - gemeines, gleiches, geheimes und direktes Wahlrecht für alle über zwanzig Jahre alten LtaatSangehörigen ohne Unterschied des ttzeschlechtS! Eine Forderung, die gerade nach den Erfahrungen dieses Krieges ganz besonders in den Vordergrund gerückt werden mutz ! Neneiuteilnng der Wahlkreise! Einführung der Ver - hältniswahl, nm auch deu Minderheiten gerechte Ver - tretungen im Parlament zu gewährleiste«! Erweite - rung der Rechte der Volksvertretung statt ihrer Be- schueidnug. Für dies« Forderungen zieht die Sozialdemokratie in den Wahlrechtskamps. Sie wird ba 8 Aeußerste an Kraft aufzubieten haben, um nicht nur die Pläne der Rechten zu Fall zu bringen, sondern auch, um au8 den Vorlagen bet Regierung zum mindesten die Verschlechterungen auszumerzen und vor allem dem gleichen Wahlrecht znm Siege zu verhelfe«. Die Sozialdemokratie ist sich bewußt, daß ein Wahlrecht, und fei es auch das beste, niemals Selbstzweck sein kann. So kann und soll uns auch das frei« Preußenwahlrecht, für das wir jetzt in den Kampf ziehen, nicht« anderes sein al» der Boden, auf dem wir das neue uad freie Preutze« der Zakuaft aufbauen wollen. Ein Preußen, befreit von dem engherzigen Polizeigeist der Vergangenheit, ein Preußen des freudigen und zielbewußten Fortschritt» auf allen Gebieten, de» Fort - schritts in Gesundheitswesen und Schulwesen, in Sozial- und Finanzpolitik! Ein Preußen der politischen Freiheit und de» kulturellen Aufstieg«, da» wirklich „in Deutschland boran* geht! Diesem Preußen gilt unser Hoffen and unser Kampf ! Für dieses. Preußen der Zukunft rufen wir alle Männer und Frauen Preußens auf die Schanzen! Um aber zu Xhm zu gelangen, gilt es zunächst einmal das gleiche Wahlrecht zu erobern! Darum: Rcrapf allen versihleppungsmanöoern ! Nieder mit allen Vahirechtsfeinöen! hoch öas gleiche Wahlrecht! Berlin, den 12. Dezember 1917. Weisem MilWIell Im Weiten. »toiMine der MWMMMrkM- inngen in Asien. Amtlich. WTB. Großes Hauptquartier, 13. Dezember. Westlicher Kriegsschauplatz. Hecrcägruppe Kronprinz Rupprecht. Von Dixmuide bis zur LyS und südlich von der Scarpe zeitweilig erhöhte Artillerietätigkeit. Ocstlich von Bullecourt entrissen imserc Truppen dem Engländer mehrere Unterstände und nahmen 6 Offiziere und 84 Mann gefangen. Zwischen Moeuvres und Veudhuille haben fich die schon am Abend lebhaslen Artilleriekämpfe heute morgen verschärft. Auch nördllch von St. Oueutin gesteigertes Feuer. Hee»esgruppe Deutscher Kronprinz. In Verbindung mit CrkundungSgcsechteu lebte in ein - zelnen Abschnitten die Feuertätigkcit aus. Ocstlicher Kriegsschauplatz. Wie vereinbart, begannen heute im Besehlsbereiche des Generalfeldmarschatts Prinzen Leopold von Bayern die Per- liandlnngcn über Abschluß eines Waficnstillstaudes, der die zurzeit bestehende Waffenruhe ersehen soll. rvtazedonische Front Im Cerna-Bogen wurden in kleineren Unternehmungen eine Anzahl Italiener und Franzosen gefangen. Italienische Front. Bei Lchueesall und Nebel blieb die GefechtstLtigkeit gering. WTB. Amtlich. Berlin, 13. Dezember. Die russische Delegation traf am 12. Dezember zur Forsetznng der Waffenstillstandsverhandlungen vcrab. redungSgemäß in B r e st L i t o w s k wieder ein. Die nächste Vollsitzung findet aut 13. Dezember vormittags statt. Der Erste ©eneralguartiermeifler. Ludendorff. wieder ausgenommen. Italienischer KriegSichauplatz. " - estern in den Venezia- AeiiermlSW'MWklwerSrlkgsserUi. WTB. Wien, 13. Dezember. Amtlich. Oe ft liier Kriegsschauplatz. Waffenruhe. Die Verhandlungen über einen Waffen- stillstand an allen russischen Fronten werden heute ,ruh Schnee und Nebel verhinderten gi SÄ« ÄWÄ Z Ä Mann als gefangen eingebracht. Dtc Beute letzt sich> aus »» Geschützen, 233 Maschinengewehren, 4 01 Minenwerfern und vielem anderen Kriegsgerat zu,ammcn. Der Ches deS Generalstabes. Ter Vorstand der Sozialdemokratie Deutschlands. Ter geschüftsführende Ausschuß der LaudeSorganisation der Sozialdemokratie Preußens. GtWmes vlWskkWseA on der W »ÖHM. Amtlich. WTB. Berlin, 13. Dezember. Leichte Streitkräfte unter Führung deö Korvettenkapitäns Heinicke haben am 12. Dezember, morgens, dicht unter der englischen Küste vor der Tyne-Mündung den feind- lichen Handelsverkehr angegriffen. In erfolg - reichem Gefecht mit den englischen Vorposten wurden zwei große Dampfer und zwei bewaffnete Patrouillenfahrzenge versenkt. Unsere Streit - kräfte kehrten ohne einige Verluste oder Beschädigungen zurück. Der Chef deS Admiralstabes der Marine. Unterseeboots-Erfolge. WTB. Berlin, 18. Dczcmber. Amtlich. Eines unserer Untersee-Boote, Kommandant Kapitän- leutnant Jeß, hat neuerdings im Sperrgebiet um England 35000 Brutto - Register- Tonuen versenkt. Unter den vernichteten Schiffen befanden sich ein sehr großer Dampfer mit vier Masten, zwei mittel - große bewaffnete Dampfer, wovon einer durch vier Bewacher gesichert war, ein Passagierdampfer von etwa 7500 Tonnen, sowie ein mittelgroßer Tankdampfer. Der Ches des AdmiralstabeS-der Marine. 38 den MWsWMMlMwMII. pst laut Heeresbericht heute wieder ausgenommen toutben, meldet der Petersburger Berichierstaiter des .Secolo": Eine russische Abordnung zur lliuerbandlung über einen Waffen - stillstand habe den Teutschen politische Friedensvorschläge machen wollen, ohne irgendwelchen militärischen Plan zur Ausführung deS Waffenstillstandes ausgearbeitet zu haben. Die deutsche Ab - ordnung habe aber den politischen Plan der Ruffen bestimmt zurück- gewtesen mit der Begründung, nur über die militärischen Bedingungen eines Waffenstillstandes unterhandeln zu wollen. Tie Besprechungen feien hieraus unterbrochen worden; die bei der Ab - ordnung befindlichen Offiziere des rufst 1 dien Generalstobes halten in einet Nacht die technischen Bedingungen für den Waffenstillstand auS- Qcarbeitet. In bet darauf folgenden Besprechung hätten die Deut - schen darauf bestanden, daß in den Vertrag über den Waffenstillstand die Formel ausgenommen werde, daß losorl die llnterhanb- lungen über einen formellen enbgültigen Friedensschluß beginnen sollen. Die .Prawda'. das Organ der russischen Regierung, warnt vor jedem Versuch, Polen, Kurland und Litauen dem deutschen JuchetialtSnms zu unterwerfen. Gegenüber einem solchen Versuch würde daS russische Heer die Ehre der russischen Revolution ver - teidige». die Mafien in England und Frankreich wurden dann davon überzeugt fein, daß ihre Regierungen recht hatten, alS sie sagten, ein loyaler Frieden mit Deutschland fei eine Unmöglichkeit. Aber auch die deutschen Arbeiter würden ihren Herren nicht 'olgen, fall« diese den Krieg fortsetzen wollten, um Eroberungen int Osten zu machen. Der .Vorwärts'' teilt in einer gegen alldeutsche Blätter gerichteten Polemik mit, daß Philipp Scheidemann zutzest in Stockholm weilt, um dort für den Flieden zu wirken. Wie dem Wiener Telegraphen- und Korrespondenz - Bureau von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, entspricht die aus Kopenhagen stammende Nachricht über bie Demobilisierung der russischen Armeen nicht den Tatsachen. Wohl verfügte der Nat der Volkskommiffare schon vor einigen Wochen die Entlassung dreier, viel- leicht auch vier der ältesten Jahrgänge. Anordnungen über weitere Verminderung der russischen Truppenbestände sind aber bisher, soweit besannt, nicht erlassen worden. M MlW gegen 6aM. ClenlkNlW Wk öen oeiöbiliitiea lleveuMln wegen MvelliilmsW Mleöe verfolgen. In her französischen K-a innrer wurde am Mrttnwch nach, mittag daS Amuchen um die Ermächtigung zur S t r a f v e r f o I. 8 u n g Caillaux verteilt. Der Brief des MilitärgouvernvurS von Paris, der die Aufhebung der parlamenterrischen Jmunität derlerngi, lautet folgendermaßen: Im Laufe der Untersuchungen ti>eßen Verbindungen mit dem Feinde, die gegenwärtig von den bürgerlichen und milirärischrn Gerichten verfolgt werden, wurden bei fast allen Beschuldigten zahlreiche von Joseph Caillaux aus - gehende Brief« entdeckt, die keinen Zweifel über die zwisckfen ihm und den Angeschuldigren bestehenden Beziehungen lassen. Di« Prüfung dieses SchrinioechsclS ist besondres beunruhigend und mußt« notwendigerweise bie Aufmerksamkeit der Justiz auf sich ziehen. Es ist schon schwerwiegend, wenn ein Staatsmann von der Geltung Caillaux, der die böcksiten Staatsstellungen be- kleidete, der die Ekw« hatte, die Politik seines Landes zu leiten und der gern in seiner Eigenschaft als Führer einer großen Par- bei auftrat, enge Beziehungen und nicht zu bestreitende Vertrau- Jieftfeiten mit den französischen oder ausländischen Abenteurern unttrhält, die ihre Handlunc-en, Bestrebungen und .Kundgebungen seit Bärinn des Krieges selbst weniger Unterrickueten verdächtig machen müßten. Gewiß hegreist man, daß ein bedeutender Poli - tiker zufällig dahin kommen kann, mit einem Menschen vorüber- gehende Beziehungen anzuknüpfen, deffen Vergangenheit er nicht kennt und welcher sein Cerfrauen täuschend, unter dem Schutz seines Namen? und seines EinflüfieS die schlimmsten Abenteuer auszitführen wagt. Aber derartige Schwächen werden gefährlich, wenn sie sich öfters wiederholen, wenn sie jahrelang andauern und wenn sie den davon Getroffenen dazu führen, sich in di« be- dauerliclnten ihn bloßstellenden Handlungen hineinziehen zu laffen. Jedenfalls wird Caillaux, selbst wenn er seine Unkenntnis heiBeg'trn dieser Beziehungen beweisen kann, nicht erklären können, daß er sie nid,; al-brach, als er die Ansichten der Leute kennen lernte, denen er in unkluger Weis« seinen vertrauten Umgang gönnte, obwohl eS ihm an Warnungen aller Art nicht sehltt. Der im Lause der Untersuchung gegen Solo beschlagnahmte Brief- wechsel wirkt besonders belastend. In mehreren von Caillaux an Bolo zwischen dem 1. Mai 1916 und dem 26. Juli 1917 ge - schriebenen Briefen, fordert er Solo wiederholt auf, sich bei ihm einzufinden, da er eine Menge Dinge mit ihm zu besprechen habe, die er nicht brieflich mitteilen könne. Der Gouverneur von Paris füg: hinzu: Der Briciwechsel wurde in entsprechenden Wendungen fortgesetzt, selbst nach dem Zeitpunkt, als Bolo unter Anklage des Hochverrats gestellt war. Caillaux bewahrt dem Angeschuldigten dieselbe Anhänglichkeit. Dies« Briefe be - zeugen, daß beide eine gemeinsame Angelegenheit hatten, Vertraulichkeiten miteinander audtauschttn, dre sie mit Vorsicht umgaben und die genügt, um sie vent^ictuig zu machen. Am 5. Auaust 1917, wenige Tage vor BoloS Verhaftiuig. schoeibt Caillaux iym, um es neuerlich als notwendig hinzustellen, daß der Feldzug gegen ihn aufhöre. Der Gouverneur von Pari» spricht dann noch von Beziehungen Caillaux' zu Almereyda. Er iagt, daß er ihm eine gewisse Dankbar kett für reichlich be- zahlte Dienste bewahrt, tneer ihm zur Zeit de» Prozeffe» bewiesen hat, das mag noch hingehen. Weshalb hat sein französische« Gefühl nicht au stiege 6rt alS die Zeitung „Sonnet Rollge" im Jahre 1915 ihren verabscheuungSwürdigen desaitisttschen Feldzug begann, bet bereits einen späteren Hochverrat voraussehen lieg < Der beschlag - nahmte Briefwechsel wird während deS Jahre» 1916 und lnS zur stunde der Gerechtigkeit 1917 fortgesetzt. Caillaux mißbilligt« den Feldzug Almereyda nicht etwa, sondern beglückwünscht ihn zu den Artikeln urtb drückt ihm sein Bedauern aus, daß er nicht zwei von ihnen, die von der Zensur angehalten wurden, an alle deputierten und Senatoren icincken könne. Caillaux beglück - wünscht ihn am 27. Juli 1915 für den Artikel: »C, diese Eng - länder." Am 6. August 1915 überreichte er ihm einen Brief seine- gewöhnlichen Berichterstatter», Törichte, über die Versöhnung des Hauses Koburg mit Rom, di« ihm al» Datsache von Bedeutung erscheint, ui® kennzeichnet die Bedingungen feiner Umwandlung in der Balkanpolitik. Di« AnÜagefchrist er. wähnt weiter, daß sich Ca-illaux Sympathien übrigen» auf die ganze Umgebung Almerctcha« erstreckie. Zuerst hätte man in seinen Handlungen nur bedauerliche Unvorsichtigkeiten sehen können, aber die neue Tatst,che hätte sie in einem ernsteren Lichte erscheinen laffen. Der Mittiärgouverneur erinnert an di« Angelegenheit Cavallini und an di« Begegnung, die Cavallini, der von Loustalot und Comby vorgesttllt wurde, mit Caillaux hatte. Einig« Tag« später wurden Comby und Loustalot von Cavallini in Lausanne empfangen und batten durch seine Vermittlung eine Unter, redung mit dem Khediv«, worin t» sich, wie sie sagten, darum handeltt, die Türkei von dem ö st erreichisch-deutschen BündnirloSzureißen. In der gleichen Zeit findet Caillaux mit einem Paß, der auf den Ramen HosepH Rcnouard lautet, Cavallini in Rom wieder. Die Handlungen Caillaux' im Rom tragen ein so bedenkliche» Gepräge, daß <8 nicht möglich ist, achtlos daran voruberzugeben. Sogar in Gegenwart bedeutender Per- sönlichkeiten soll er sich nicht gescheut haben, verbrecherische Pro- paganda zu machen. Er legt« dar, da» Ministerium Briand sei kurz vor dem Sturze und wurde zweisello» durch ba» Ministerium Clemenceau ersetzt werden, da» nur durch bie Verschärfung be» Kriege» bestehen könnte. Aber auch da» durch eine neue militärische Anstrengung schnell erschöpfte Frankreich könn« den Kampf nicht über da» Frühjahr 1917 hinan» fortsetzen. Dann werde er die Macht übernehmen und den Frieden unterzeichnen. Italien müffe sich also vorbereiten, mit Deutschhand «inen Gonder. frieden zu schließen. Di« Welt werde erstaunt sein über die Vorteil«, di« Deutschland Italien und Frankreich gewähren könnte. Denn all« .firiegtfoiten würden von Ruzland und dem Balkan getragen werden muffen. Serbien würd« verschwinden, und damit geschehe ihm mnr recht. Auch Rumänien werde verschwinden, da« sei ein Unglück, aber e» sei bester, daß Rumänien bezahl«. Schließlich jene Schluß- folgernng, deren Aufführung allein gytügt, um ihr« Schwere zu kennzeichnen und das von Caillaux verfolgte Ziel Mr» zustellen scheint. Sobald der Friede unterzeichnet werde, werde Frankreich ein Bündni» mit Tcutschland, Jta- . lien und Spanien schließen gegen Rußland, England, die wirklichen Feinde jener Länder. In Begründung diese» An» träges wird dann die tiefgehende Aufregung oargestellt, di« diese Reden in politischen, diplomatischen und militärischen