)?r. 176. Dievstag, de« 3V. J«li 1918. D°r ^Hamburger «cho- erfdietm täglidj, außer SRontage. Bezugspreis : durch die Post «tnschli-tzstch SttngegelB monallich x 1,75, vinteliährlich A 6,20 durch bk vluslräger wöchentlich <0 A 1 ret tnä «aus. Einzelnummer in der Expedition und in den Filialen 6 *, bei den titraBenfjanblern 10 A, TonntagSnummer mit „Reue Welt" 10 A. Kreuzbandsendungen monatlich x 2.70, für das Ausland x 4,—. Redaktion: Anntfittrfi 3ß Expedition: Fehlandstratze 11, l. Stock. HllMvurg St,. A,hignbstr°d« 1L Erdgeschoß. Verantwortlicher Redakteur: I. Reitz» in Hamburg. «»zeige« die neungespaltene Petitzeile oder deren Raum 45 A zuzüglich 88'/, pZt. T-u-rungszufchlag. ArdeitSmarkt, Bermietungs. und Familienanzeigen 35 A. Anzeigrn-Annahme Fehlandstr. 11, Erdgeschoß (bis 4 Uhr nachm.), in den Filialen (bi»3Uhr), sowie in allen Annoncen. Bureaus. Platz- u. Daten. »orschriften ohne Verbindlichkeit. Reklamen im redaktionellen Teil werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen. — Buchhandlung: Erdgeschoß. Buchdruckerei-Kontor: L Stock. Fehlandstr. 11. MW NM M NMWSU. Aus Parteikreisen wird uns geschrieben: „Wir beabsichtigen nicht, Belgien in irgend einer Form zu behalten. Wir wünschen, daß das nach dem Krieg wieder er - standene Belgien als selbständiges Staatswesen, keinem als Vasall unterivorfen, mit uns in guten freundschaftlichen Ver - hältnissen lebt. Das ist der Standpunkt, den ich zu dem bel - gischen Problem von Anfang an eingenommen habe und auch heute noch cinnchme." Diese klaren und Richtung weisenden Worte von dem ersten Ztatasmann des Reiches, vor den Vertrauensmännern des Volkes ausgesprochen, haben ein Gefühl der Erleichterung bei allen Freunden des Verständigungsfrievens ausgelöst. Durch die Erklärung des Kanzlers ist auch der letzte Zweifel behoben, daß der von Änsang an zur Verteidigung der Heimat geführte Krieg seinen Charakter im Laufe der Jahre nicht geändert hat. Die Reichsleitung steht einem Annexionsprogramm, vor allem auch einer annexionistischen Lösung der belgischen Frage vollkommen fern. Aus Anlaß dieser Erklärung verlangte der „Vorwärts" vom 14. Juli 1918 den Abbau der bisher betriebenen Flamenpolitik. Eine solche Forderung hätte Sinn, wenn die Flamen - politik dazu dienen sollte, eine Annexion Belgiens oder des flämischen Landesteiles vorzubereiten oder zu verschleiern. Davon kann nicht die Rede sein. Zunächst hat der Reichs - kanzler, wie er auch in seinen Worten hervorhebt, daß er „den gegenwärtigen Standpunkt von Anfang an eingenommen habe", durch seine Rede keiner neuen Politik die Bahn eröffnet. Die ausdrückliche Ablehnung des Annexionsaedankens ist scharf, aber nicht das erste Mal erfolgt. Der Ausdruck „Flamenpolitik" ist, obwohl er in den poli - tischen Sprachenschatz übergegangen ist, immerhin mißverständ - lich. Wer die Dinge nur von weitem kennt, ist leicht versucht, anzunehmen, daß die flämische Bewegung von deutscher Seite ins Leben gerufen worden sei. Nichts irriger als das. Die flämische Bewegung hat längst vor dem Krieg bestanden und unmittelbar vor dem Kriege die Parteileidenschaftcn in den belgischen Landen aufs heftigste aufgewühlt. Während die Franzosen die französische Kultur im Lande mit allen Mitteln der Propaganda, vorzüglich auch durch hervorragende Sozia- Ig'tenführer, wie Jules Desträe, stärkten, hatten die Deutschen ror dem Kriege kein Interesse für die flämische Bewegung be - wiesen. Für das geringe Interesse an der flämischen I^we- gung zeugt ein Artikel des Brüsseler Korrespondenten der „Frank - furter Zeitung" (erschienen in der „Frankfurter Zeitung" vom 25. Februar 1911) zum Genter Hochschulstreit, in dem er es für nicht einwandfrei erklärte, „daß eine bereits vorhandene ßanzösische Universität flämisch gemacht werden solle". ?atum war die Kritik des FlamenführerS Dr. RüdelSheim in Antwerpen (erschienen in der „Deutschen Wvchenzeitpng tür oic Niederlande und Belgien" vom 5. Juni 1913), daß Die Teutschen vollkommen teilnahmslos gegenüber dem Schicksal der Flamen sich verhielten, seinerzeit durchaus berechtigt: „Oh Ironie der menschlichen Lüge! Die flämische Bewegung von den Deutschen unterstützt! Wir könnten mit weit mehr Recht behaupten, daß die Deutschen uns fast ebensowenig sympathisch gegenüberstehen, wie die Franskiljonen! Sie fühlen nichts für unseren Kampf, nichts für unsere Bestrebungen, nichts für unsere Sprache, nichts für unser Volk, nichts für unsere Bildung, nichts für unsere Geschichte. Jene Unterabteilung des großen germanischen Stammes ist ihnen völlig gleichgültig..." Weil nun jede Teilnahme an dem flämischen Befreiungskampf seitens der Deutschen fehlte, so wurden die Flamen gerade den Todfeinden ihrer Kultur und ihres Volkstums in die Arme geworfen und darüber sagt Rüdelsheimer an der gleichen Stelle: „Willkürlich oder nicht verdanken die Besten unter uns das Meiste der französischen Kultur. Bis auf wenige Aus - nahmen ist es die französische Bildung und die französische Literatur, die sie sich von den fremden Bildungsgängen und Literaten besonders zu eigen gemacht haben; was sie von dem Germanischen im allgemeinen und von den Deutschen im be - sonderen wissen, ist nur von geringer Bedeutung. . . . Von dm Deutschen durften wir mehr und besseres erwarten, von ihnen konnten wir auch Mitgefühl verlangen. Aber daran ist gar nicht zu denken." Damals war also gewiß von einer irgendwie gearteten Richtung der auswärtigen Politik des Reiches, die man als Flamcnpolitik bezeichnen könnte, keine Rede. Was die Fla - men für sich errungen haben — und es war, wenn auch der ® e 9 zum Ziele nach der langjährigen Unterdrückung noch weit HÄ mühsam ist, nicht wenig —, das haben sie aus eigener dirast errungen. Der Krieg hat uns, da wir anders nicht den übermächtigen feindlichen Ansturm brechen konnten, nach Bel - gien geführt. Nach der Besetzung des Landes hatten sich die aus allen Klassen und Parteien hervorgegangenen Führer des hämischen Akttvismus an Deutschland gewendet, um eine h'örderung und Sicherung der flämischen Bewegung zu cr- julen; die Hoffnung, Die sie auf Die nach Frankreich über- 6-sicoelte belgische Regierung setzten, war um so geringer, als neben gewiegten opportunistischen Politikern, wie de Broqe- U'lle und Vandervelde, auch offene Feinde der flämischen Be- ^egung, wie Paul Hysmans, an dieser Regierung teilnahmen. Den Wünschen der Flamenführer wurde in vollem ©in= ^ang mit den Befugnissen und Fürsorgepflichten des JnbaberS aer besetzenden Macht entsprochen: Es vollzogen sich einschnci- oende Umwälzungen auf den Gebieten des unteren und mitt- Schulwesens, der Hochschule (Verflamung der Genter Univcrsitäf) und der Verwaltungstrennung. stellt sich nun der „Vorwärts" einen Abbau unserer »lamenpolitik vor? Sollen wir die Genter Universität wieder a-uösen oder sranzösieren? Soll die Verwaltungstrennung le£)cr rückgängig gemacht werden? Und welche Wirkung er- ^!et Der „Vorwärts" von solchem Verhalten? Glaubt er QOurcf) zu erreichen, daß das nach dem Kriege wieder er- ü^idene Belgien mit uns in guten und freundschaftlichen "bältnissen leben wird? iese vom „Vorwärts" empfohlene, kaum in ihrer vollen ^Zweite überschaute Politik würde zur Folge haben, daß wir 'bcr der uns feindlichen Schattenregierung von Le Havre ff den ihr ergebenen Patriotards im Lande auch die flä- “'^en Aktivisten zu Feinden hätten. m r ?’ e llämische Bewegung ist — dazu ist sie zu tief im - ,0 .Bewußtsein verankert — nicht mehr aus der Welt zu ^'Psen. Würden wir heute, nach dem Rezept aus der „Vor- ,'Uw cküche, die Flamenpolitik abbauen, so würden die Eng- tlBcr . mit gewohnter Meisterschaft die politische Bedeutung -p. ,e . künftige Macht des Flamentums erkennen, sich auf Bewegung stürzen, um dadurch die durch die bru- fi/ ^"digung ihres Wirtschaftslebens aufs höchste gegen Witterten Flamen wiederzugewinnen. Wer könnte es den Flamen verübeln, wenn sie das Gute nehmen, woher es ihnen immer zuströmt? Die Folge einer derartig kurzsichtigen Poli - tik wäre, daß Der selbständige Staat Belgien im Süden zu einer französischen, im Norden zu einer englischen Provinz würde. Der „Vorwärts", der solche politischen Folgen selbstver - ständlich ebenso ablehnt, wie jeder andere deutsche Politiker, wäre später der erste, der Die Reichsregierung und die ihr Nachgeordneten Organe aufs schärfste angreifen würde. Mit vollem Recht. Ein „Abbau Der Flamenpolitik" wäre der schwerste Schaden für Die künftigen Interessen Des Reiches in einem selbstänDigen belgischen Staatswesen für Die wirtschast- lid)en unD politischen Beziehungen zu DeutschlanD. Soll ein selbstänDiger belgischer Staat — gleichviel in welcher Form — wieder erstehen, der mit uns in guten freundschaftlichen Be - ziehungen lebt, so muß auch die deutsche Sozialdemokratie ihr volles Gewicht in Die Wagschale werfen unD anerkennen, Daß Die einzige Möglichkeit, ein befreuuDeteS Nachbarland» für Die Zukunft zu schaffen, in Der starken FörDerung Des flämischen Aktivismus liegt. ♦ Gewissermaßen als eine Bestätigung Der vorstehenden Ausführungen Darf Die Besprechung einer Schrift Des bel - gischen Politikers van Cauwelaert im „Nieuwe Rotterdamsche Courant" vom 20. Juli D. I. angesehen werben, Deren Heber- setzung wir hier folgen lassen: England und die flämische Bewegung. Ta? „Belgisch Dagdlad" druckt das Memorandum, welches der Abgeordnete Frans van Cauwelaert über d i e flämische Frage an die britische Regierung gesandt hat, in seinem Wortlaute ab. Das Memorandum ist in französischer Sprache verfaßt. Van Cauwelaert leitet seine Schrift mit einer ausfiihrlichen Darlegung der Sprachenfragen in Belgien ein. Er weist hin auf die Tatsache, daß die Flamen vor dem Kriege gegenüber den Wallonen zurückgesctzt wurden, und legt die Ursachen dieser Behandlung bloß. Er wendet sich gegen die Behauptung, als seren die Flamen beider Landessprachen, des Flämischen und des Französischen, mächtig. Gemäß den letzten Statistiken zählte Bel - chen am 31. Dezember 1910 3 220 662 Einwohner, die nur flämisch sprachen, gegenüber 2 833 344, die nur französisch konn - ten. In den vier flämischen Provinzen (Antwerpen, West- und Ostflandern und Limburg) sprachen 47 288 Einwohner französisch gegenüber 2 934 657 flämisch. Der Verfasser weist auf die Folgen hin, welche die feindliche Haltung der belgischen Regierungskreise gegenüber der flämischen Sprache auf die Entwicklung des flämischen Volkes gehabt hat; er erinnert an die vielfachen Hemmnisse, die im Zusammenhänge damit in der belgischen Verwaltung wie im belgischen Heere ent - standen sind, und setzt im weiteren Verfolg das Ziel der flämischen Bewegung in einzelnen Punkten auseinander. Er bestreitet die Argumente, welche gegen die flämische Bewegung angeführt wer - den, als würde sie der Einheit Belgiens schädlich sein, al? stehe sie Frankreich feindlich gegenüber und sei deutsch gesinnt. Im weiteren beschreibt er das Entstehen des flämischen Aktivismus und sagt, daß derselbe trotz dreijähriger Anstrengun - gen bis heute eine schwache Minderheit in der flämischen Be - wegung geblieben sei. Das Ziel der Teutschen bei ihrer Unter - stützung des Aktivismus geht dahin, einen Vorwand zu schaflen. um bei den Zriedensunterhandlungen mit Bezug auf das innere Leben Belgiens Ansprüche, zu erheben. Eine Anzähl von dazu befugten Flamen haben sich dagegen zur Wehr gesetzt und ver - sichert, daß die .flämische Frage für Belgien eine Frage der inneren Politik ist und oah sie jede auswärtige Einmischung kräftig zurück- wiescn. Dann sagt der Verfasser: Doch die? ist nicht genügend. Es ist nötig, daß der Einfluß der vaterlandsliebenden Flaminganten durch unsere eigenen Regterungsireise und unsere Freunde unter - stützt wird und keinen Abbruch leidet. Die Frage ist aucfi.für die Politik der Alliierten Belgiens von Jntereffe, besonders für Frankreich und England. Herr van Cauwelaert kommt zum Soblusse ^11 einer Betrach - tung, worin er den Nachdruck darauf legt, daß „England seiner - seits sein besonderes Interesse dem flämischen Teile Belgien? zuwenden müsse", und daß, wenn England den Flamen in Belgien beistehe, es nicht allein Verteidiger der politischen Freiheit und des belgischen Staate? sei, sondern auch ein treuer Freund der vollständigen Rückkehr Flanderns zu der niederländischen Kultur, wodurch eS großen politischen Weitblick verrate." Bmog Ses Borime SompigeiBniies WM Sm uoo Aktzre. Der Seguer In Belögen Kämpfen Mgeiootfen. Amtlich. WTB. Großes Hauptquartier, 28. Juli. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Rege ErkundungStäligkcst. Stärkere Vorstöße des FeindcS nördlich der LyS, beiderseits der Somme und nordwestlich von Montdidier wurden abgcwieseo. Ju einzcluc« Abschnitten Artillerictätigkcit. Heeresgruppe Deutscher 5kronprmz. An der Kampffront verlief der Tag rnhig. Kleinere Jnfantcriegefcchte im Vorgeländc neuer Srellnngen. In der Champagne drang der Feind bei örtlichem An - griff in unsere vorderen Linien südlich vo>n Fichtel - Verge ein. Unser Gegenstoß warf ihn größtenteils wieder zurück. * Amtlich. WTB. Großes Hauptquartier, 29. Juli. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Teilangriffc, die der Engländer nördlich der Lvs, nörd - lich der Searpe und in breiterer Front auf dem Nordufer der Somme führte, wurden abgewicfen. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. In den Kampfabschnitten südlich der AiSne ruhiger Vor - mittag. Am Nachmittag wurden nördlich von Villemontoirc Tei'langriffe deS Feindes, denen heftiger Artillcriekampf vorauSgmg, im Gegenstoß abgewicfen. In der Nackt vom St», b i S 87. Juli haben wir etwa zwischen Oureq undArdre unser vorderes Kampfgelände etwas geräumt nnd die Ver - teidigung in die Gegend FSrc cn TardenoiS- Villc en TardenoiS verlegt. Dem Geaucr blieb nufere Bewegung verborgen. Am 27. lag noch daS Feuer feiner Artillerie auf unseren alten Linien. Nachhuten ver - hinderten feine erst am Nachmittage zögernd vorsühlcnden Truppen an kampfloser Bcsivnahme des von uns aufgegebenen Geländes. Gestern versuchte die feindliche Infanterie sich unter starkem Feuerschutz au unsere neuen Linien heranzu - arbeiten, schwache, im Vorgelände belassene Abteilungen cmpsingcn den Feind aus nahe Entfernung mit Gewehr» und Maschinengewehrfeuer nnd fügten ihm empfindliche Verluste zn. Auch die feit dem Tage vorher eingerichteten Artillerie- und Lchlachtlinien fanden in anmarschierenden Kolonnen und Panzerwagen deS Feindes lohnende Ziele. Vor starken Angriffen des Gegners bei und südöstlich von FSre en Tar- denoio Wick unsere Vorfeldbesatzung nach Erledigung ihrer Ausgabe befehlsgemäß auf ihre Limen zurück. Die mehrfach wiederholten Angriffe deS Feindes führten zu heftige« Kämpfen, die mit Zurückwcrfung des Gegners endigten. Hierbei haben fick unter Führung dcö Generals Vayelin ost- nnd westpreußische Regimenter, die schon auf den Höhen nordwestlich von Chateau-Thierry und seit Beaiuu der Schlackt täglich mehrfache Anstürme französischer und amerikanischer Divisionen zum Scheitern brachten, auch gestern wieder hervorgetan. Leutnant Loewenhardt errang seinen 45. Luftfieg. Der Erste Gcncralquartiermeister: Ludendorff. Die Trennung von -er Marne. Von unborrichteter Seite wird nretgeteilt: Wer in bett letzten Tagen die KriegSkarte zwischen SoiffonS und bet Marne genauer verfolgte, mußte auf eine immerhin bedenkliche Verschiebung aufmerksam werden, die sich dort für die deutschen Stellungen entwickelt hatte. Diese Stellungen hatten sich sackförmig gestaltet und waren vom einer Abschnürung be - droht, die nicht unbedenklich war. Die deutsche Oberste Heeres - leitung hat sich nun, wie der heutige Hssvesbericht bekanntgiht, schon vor mehreren Tagen entschlossen, die deutschen Stellungen von der Marne zu lösen, dadurch die Front zu kürzen und zugleich auf der verkürzten Linie erheblich zu verstärken. Sie hat damit wiederum, wie schon so oft, feindliche Pläne vor ausschauend zu - nichte gemacht, Menschen und Material gespart, die rückwärtigen Verbindungen erleichtert und, was das Wichtigste ist, den opera - tiven Plan deS Feindes vernichtet. Sie hat damit freilich auch ein Stück Gelände den Feinden preisgegeben, da die rückwärtige Bewegung ungefähr zehn Kilometer von der Marne nördlich ab - gerückt ist Die alte taktische Regel, die Hindenbung schon wieder - holt betätigt hat, nicht auf Kosten von Menschen und Material Gelände unter allen Umständen zu halten, wenn sich auf ihm nicht besonders wichtige Befestigungen des Feindes befinden, hat eine neue Anwendung erfahren. Tie vorgenvmmene Rückverlegung ändert nichts daran, daß gleichwohl eine starke Schwächung der feindlichen Kräfte erreicht wurde. Die Feinde haben in den letzten Kämpfen an der Marne wieder einmal mit einem ungeheuren Menschenverlust bluten müssen, ohne den Durchbruch oder ein andere? strategisches Ziel zu erreichen. Tie seit mehreren Tagen anhaltende Pause in ihrem Angriff beweist die Größe der feindlicben Verluste auf das Schlagendste und bekräftigt zugleich die freiwillige und plan - mäßige Räumung von deutscher Seite. Sie ist während dieser Kampfpause erfolgt, ohne Einwirkung deS Feindes, nach einem festgeordneten System. Die Absicht der Franzosen, an einer Stelle eine Entscheidung herbeizuführen, wo sie die deuffche C berste Heeresleitung nicht wünschte, ist vereitelt. Die Gegner haben, wie jetzt genau bekannt wird, an dieser Stelle über 52 Di - visionen angesetzt gehabt. Davon waren 38 französische, 2 ita- Irenische, 4 englische, 6 amerikanische und 2 französische Kavallerie- Divisionen zu Fuß. Wir toiffert aus Gefangenenaussagen, daß alle diese Divisionen auf das Schwerste dezimiert worden sind, daß ihre Rekonstruktion nur möglich wurde durch starke Auffüllungen aus den Reserven, wodurch wiederum andererseits diese Reserven erheblich verringert werden mußten. Unsere Konzentraten auf die kürzeste Sehnenstellung be - deutet auch, wie schon anyedentet, eine wesentlich verstärkte Front gegenüber neuen Angriffen der Feinde, die bevorzustehen schemen. Die englische und französische Presie hat diese Entwicklung der Dinge in manchen Einzelheiten vorausgeahnt, und im besonderen hat Herve in seinem Blatte die durch diese Entwicklung heroei- gefanrte neue Sage, rote auch die letzten operativen Vorgänge auf feiten der Entente sehr ikepttsch beurteilt. Diese fiepenche Auf - fassung wird durch die taktischen Maßnahmen der deutschen Obersten Heorsleimng vollauf gered) (fertigt. Der ganze gewaltige Angriffl Fochs war vergeblich, seine Opfer umsonst, und die In», tistive bleibt bei den Deutschen. T-a? ist, im großen gesehen, das Ergebnis unserer Loslösung von der Manne. Verwilderung -es Luftkriegs. (Telegramm unsere? Kriegsberichterstatters.) Westfront, 27. Juli. Vor drei Tagen erschien über dem Barackenlager Mont Moire Dame ein feindliches Bombengeschwader. Das Laza - rett ist eine französische Anlage, wurde von uns im Mm erbeutet und besteht aus ungefähr 40 großen, mit roten Kreuzen deutlich versehenen Holzbaracken. Jeder feindliche Flieger kennt es. In dem Lazarett arbeiten noch beute französische und englische Aerzte und Krankenschwestern. Während die Anlage bisher geschont war, kreisten die Flieger an diesem Tage 5 Minuten in etwa 4000 m Höhe und warfen 10 Bomben ab, die teilweise in das Lazarett einschlugen. Diese Darstellung wird mir bestätigt durch einen englischen Sanitäter, der den Angriff miterlebt hat. Durch den verbrecherischen, zum mindesten unerhört leicht - fertigen Angriff der Flieger wurden zunächst beide LperationS- säle zerstört; im ersten arbeitete ein bekannter Freiburger Chi - rurg mit zwei deutschen Schwestern — alle drei wurden erschlagen I Im anderen operierte ein französischer Arzt mit einer deutschen Schwester; dem Arzt wurden beide Beine, der Schwester ein Arm, ein Bein und ein Suge weggerissen. I m ganzen gab e 8 30 Tote und 70 Verwundete, unter ihnen befanden sich Sanitäter und Kraftfahrer, auch Franzosen und Engländer. Das Sagarett, das ich eben passierte, macht mit seinen zer - schlagenen blutbespritzten Baracken noch heute einen nieder- lchmetternden Eindruck. Während des Angriff» haben sich unter den verängsteten wehrlosen Verwundeten der einzelnen Baracken ftrrchtbare Szenen abgespielt. Die Empörung war bei Deut - schen, Engländern und Franzosen gleich groß. Die französischen Aerzte sprachen korporativ ihr Bedauern aus, eine der fran - zösischen Schwestern, die Tochter eines Admirals, gab einen ener - gischen Protest schriftlich zu Protokoll. AIs von den amerika - nischen Fliegern, die den Angriff ausgeführt hatten, einer, ab - geschossen, in daS zertrümmerte Lazarett geführt wurde, erklärte er zynisch, daß bet Angriff nicht dem Barackenlager, sondern der mitten durch daS Lager führenden Eisenbahn gegolten habe! Er konnte nur mit Mühe vor dem Lhnchtod gerettet werden. Dr. A. Köster, Kriegsberichterstatter. Die Feuertaufe -er /lmerikaner. (Telegramm unserer Kriegsberichterstatter S.) W e st f r 0 n t, 27. Jicki. In der Schlacht zwischen AiSne und Marne führte der Verband zum ersten Male amerikanische Massen ins Feuer. Auf Grund der Kampfersahrungen mehrerer von mir in den letzten Tagen ausgesuchten, bei den Korps Etzel und Matter in der Mitte der Abwehrfront hervorragend beteiligten deuffchen Divisionen kann ich noch folgender mitteilen: Die Amerikaner kämpften tejls in geschlossenen Divisionen, teil« als LernkommandoS unter den Franzosen aufgeteilt. Lon den jetzt eingesetzten Regimentern waren die meisten schon feit über einem Jahre in Frankreich, andere sind, in Amerika und auf dem Festland nur notdürftig ausgebildet, in die Schlacht geworfen worden. Die Ausrüstung war bei allen sehr gut. Die neue amerikanische Armee hat, wie die französische, eine ganze Anzahl Negerdivisionen, doch sind diese bisher nicht eingesetzt worden. Unter den gefangenen Amerikanern fällt der relativ große Prozentsatz deutscher Namckn auf. Nach ihren Angaben müssen auch unter den Führern der ameri - kanischen Armee deutsche Abkömmlinge eine große Rolle spielen. Der Kampf wert der amerikanischen Soldaten ist nach dem allgemeinen Urteil der Fronttruppen nicht zu unter- 1 schätzen. Aus ihre numerffche Stärke pochend und gehoben durch die täglichen Lobhudeleien der französischen Oeffentlichkeit, gehen sie mit naiver Tollkühnheit in? Feuer; da sie aber noch nicht gelernt haben, in lichten Reihen zu kämpfen und dem Ar- tilleriefewer geschickt auszuweichen, übertreffen ihre Verluste die aller anderen mn ein Gewaltiges. Amerikanische Leichenfelder wie zum Beispiel vor der Höhe Monthiers können nur mit den russischen Leichenfeldern bei der Gegenoffensive Brussilows ver - glichen werden. Ebenso draufgängerisch wie im Angriff sind die Amerikaner ungeschickt in der Verteidigung. Alle Gegenstöße selbst kleinster deutscher Stoßtrupps haben Amerikanern gegen - über bisher zum Erfolg geführt. Vom 21. Juli ab, wo die ener - gische deutsche Gegenwirkirng einsetzte, haben die Amerikaner' durch die meisterhafte deutsche Gegenstoßtechnik Verluste erlitten, die mir von verschiedenen, an der Abwehr beteiligten Offizieren auf 50 bis 75 pZt. angegeben werden. Aus diesem Grunde mußten mehrere amerikanische Divisionen schon nach fünftägigem Kampfe abgelöst werden. Dr. A. Köster, .Kriegsberichterstatter. fletoeW-wiHiiiet MMM. Amtlich. WTV. Wien, LS. Juli. Au der italienischen Front Geschiitzkampf und Eeplänkel. In Albanien wurde der durch unsere Vor - stöße ansgelöste Gegendruck des Feindes stärker. Unsere Stellungen im Semeni-Knie waren fünfmal das Ziel heftiger Angriffe, die dank der tapferen Haltung der von der Artillerie kräftig unterstützten Verteidiger durchweg blutig znsammen- brachen. Auch im Gebirge Mali Siloves griff der Feind viermal vergeblich an. Er wurde zum Teil durch Feuer, zum Teil im Gegenstoß zurückgetrieben. Der Chef des General st aber. Marinebericht. Amtlich. WTB. B er lin, LS. Juli. Im Kanal wurden 21000 örutto - Register - Tonnen versenkt. Der Chef deS Admiralstabes der Marine. Das Bombardement von Calais. „ProgrsS de Lyon" meldet au8 Pari?: DaS Bombardement von Calais in der Nacht vom Sonntag zum Diontag war außer - gewöhnlich schwer. Sehr großer Sachschaden. 27 Zivilisten wurden getötet. Es war das schwerste Bombardement, das Calais bisher erlebte. Zeinöliche öornbenangriffe auf stanörifche Städte. Reuter veröffentlicht folgenden Bericht der englischen Admiralität: Vom 18. bis 24. Juli haben Kampfeinheiten der £uf Urteils täfle, die mit der Flotte Zusammenarbeiten, 15 000 Tonnen Bomben mit gutem Erfolg auf militärische Objekte inZeebrügge, Brügge und Ostende abgeworscn. Secks feindliche Flugzeuge wurden zerstör:, acht wurden in unlenkbarem Zustand zum Niedergchen gezwungen. Fünf britische Flugzeuge werden vermißt. Notiz des WTB.: Von zuständiger Stelle erfahren wir hierzu folgendes: Tie Bombenangriffe haben sich in den gewöhn - lichen Grenzen gehalten, ebenso wie ihnen ein nennenswerter Erfolg beringt geblieben ist. Die Verluste des Feindes an Flugzeugen über - treffen bei weitem die unfeigen. Die ,6eEämpfung* -es Militarismus bei üen Alliierte«. Ter englisch-amerikanische Vertrag zu gegenseitiger Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht wurde laut ,B. Z.' vom amerikanische» Senat ratifiziert. Es handelt sich um etwa 54 000 amerikanische Bürger in England und 310 000 englische Bürger in den Vereinigten Staaten, die sich bisher der Wehrpflicht hatten entziehen können und ihr nunmehr unterworfen werden. Versteigerung öeutschen Eigentums in -en vereinigten Staates. Rach einer „Matin'-Meldung au5 New N 0 rk ordnete der Ver - walter deS feindlichen Eigentum?, Palmer, die Versteigerung von 40 Fabriken, die feindlichen Ausländern gehören, in einem Gesamtwert von über hundert Millionen Dollar an. Seschlüste -er britischen Neichskonferenz. Steuta meldet au? London: Nach einer amtlichen Mit - teilung nahm die Reichskcmfarenz in den letztem Sitzungen unter artberm eine Entschließung an, die Petroleumerzeugung innerhalb des britffchcn Reiche? zu fördern, und ferner eine Entschließung betreffend einen Akt der Gesetzgebung, der für einen bestimmten Zeitraum nach dem Kriege die Naturalisierung von Untertanen aus jetzt feindlichen Ländern einschränkt, ebenso die Erwerbung von politischen Rechten von Land- und Bergwerkskonzessionen durch derartige Perionen. Weiter wurde beschlossen, in dieser Woche vor der Abreise der Überseeischen Vertreter eine besondere Konferenz über die Frage der Nationalität und Naturalisierung «chzubalten. Die Konferenz wahrn den Beoicht eines Sonder - ausschusses über die Kontrolle von Rvbstoffen nach dem Kriege an und forderte die Regierung auf, sich mit den Regierungen der Dominions und Indiens in Verbindung zu setzen, um dem - entsprechende Maßregeln zu ergreifen. Endlich beschloß die Kon - ferenz, daß jetzt Schritte getan werden sollten, um den Bedarf bet Verbündeten an Rohstoffen festzustellen. »Husar-spiel mit -er Hungersnot.' Zu dem Rücktritt des britischen Generaldirektors der LebcnS- rnntelproduktion, Lord Lee, veröffentlicht „Daily News" eine Zuschrift desselben, in der er gegen die plötzliche Aufgabe des englischen Ackerbauprogramms und di« Entblößung der Landwirt - schaft von Arbeitern protestiert. Diese Maßnahmen, schreibt Lee, rechtfertigen sich meines Erachie-ns nicht auS parlamentarffchen und Arbeitsschwierigkeiten, die zugestandenermaßen bestehen. Die Folgen können so ernster und unwiderruflicher Natur sein, daß ich außerstande bin, dafür einen Teil der Verantwortlichkeit zu übernehmen. Ich bin nicht von der Beseitigung der Tauchboot- gefahr und der Sicherheit unserer Lebensmittelzufuhr in den nächsten Jahren, gleichgültig, ob der Krieg andauert oder nicht, genügend überzeugt, um dem plötzlichen Umfloßen unserer Acker, baupolitik für 1919 zuzusttminen. Wir hören wenig von Tauch - booten, aber die Versenkungen gehen weiter mit bemerienstoerter Regelmäßigkeit. Man sagt un-, daß die Neubauten die Ver - senkungen ausgleichen, aber die Berechnung schließt die amerifa» nischen Neubauten ein, und dieser Fakwr scheidet angesichts des Transports der amerikanischen Truppen aus und noch mehr an- gesichts der Zufuhren für dieselben. Bei ehrlicher Berechnung ist Tatsache, daß die Sage der Schiffahrt noch immer bennruhiaend ist und wir ebenso sehr wie je auf die Hcimprodukiion angewiesen sind. Unter diesen Umständen ist die Entblößung der Landwirt - schaft von Arbeitern und der dadurch verursachte Wechsel der Ackcrbmrpolifik ein Hasardspiel mit der Hungersnot, das kein ver - antwortlicher Minister dulden und das Parlament zurück weisen sollte. „Daily NewS" schreibtchterzu in einem Leitartikel: Der Rück - tritt wirst Fragen von größter Wichtigkeit auf. Die Erfolge in der NahrungSmittelverteilung verminderten di« Gefahren de? vorigen Winter-, aber beseitigten sie nicht. tin Vorstoß -er krischen Nationalisten. Ueber 50 irische Nationalisten nahmen zum ersten Male wie-' der an der UnterhauSsitzung vom 23. Juli teil. Dillon brachte sofort einen Resolutionsantrag ein, in welchem eS unter anderem