Nr.26S. — ,i.4 SoMavend, den 16. November 1918. 32. Jahrgang. ^amvurger Echo. Da« „Hamburger Echo" etldiemi taghd), außer 'lltoniagä. Bezugspreis! durch Vie Posl monatucy A 2,21. vierteUahrUch A 6,82. durch die Austräger wöchevtlich 504 monatlich A 2,20. vierteljährlich A 6,60 itei ins HauS. Einzelnummer in der Expedition, in den Filialen und bei den Straßenhändiern 10 4. Kreuziandiendunaen monatlich a 4,—, Feldpostsendungen a 2,—. Redaktion; f Expedition: Fehlandstrnße 1L L Stock. PllMVUrg OO. Fehlandstraße 11, Erdgeschoß. Berantwortlicher Redalteur: Karl Petersson in Hamburg. mii 11—111 —rriimir . u ■■■ 1 rm Anzeigen die ueungefpaltene Petiizeile oder deren Naum 45 4 zuzüglich 33‘/s pZt. Teuerungszuschlag. ArbeitSmarkt, Bermietungs- uno Familienanzeigen 35 4. Anzeigen-Annahme Fehlandstr. 11, Erdgeschoß (bis 4 Uhr nachm.), in den Filialen (bis 8 Uhr), sowie in allen Annoncen-Bureaus. Platz-u Daten« vorschristen ohne Verbindlichkeit. Reklamen int redaktionellen Teil werden weder gratis noch gegen Entgelt ausgenommen. — Buchhandlung! Erdgeschoß. Buchdruckerei-Konlor: 1. Siock. Fehlandftr. ll. M Oer MWe oet Meiler- nno SWemöle. SK. Außerordentlich zeitgemäße und interessante Mit - teilungen Wer die Geschichte der Arbeiter- und Soldatenräte werden in der Münchner „Post" vom Genossen Parvus ge - macht. Parvus hat die Idee dieser Organisationsform zuerst in den russischen Parteikreisen Anfang des Jahrhunderts ver - treten. Sei» schärfster Gegner war damals — Lenin, der die Neutralität der Gewerkschaften verwarf, weil dadurch der revolutionäre und sozialistische Geist der Arbeiter gefährdet würde und er ebenso von solchen Mischmasch-Organisationen nichts wissen rvollte, wie es nach seiner damaligen Auffassung die Arbeiter- und Soldatenräte waren. Lenin wollte die re - volutionäre Bewegung damals streng sozialistisch und marxistisch fundamentiert wissen. Demgegenüber vertrat Parvus die Idee der Arbeiter- und Soldatenräte, weil die Arbeiter und Soldaten nur dann völlig der Revolution er - geben sein würden, wenn sie selbst die Sache in die Hand nähmen; weil nur dadurch Gewähr geleistet werden könne, daß wirklich das proletarische Interesse in der Revolution ausschlaggebend würde und weil endlich die Revolution da - durch über den Parteiha-der der einzelnen Fraktionen hinweg - gehoben und der Sektiererei fanatisierter Geister ein Ende gemacht würde. Die erste russische Revolution von 1905 führte den Ge - danken zum Siege, die provisorische Revolutionsleitung in Betriebsversammlungen wählen zu lassen. Der erste Arbeiter - rat wurde in den Oktobertagen 1905 in Petersburg gewählt. Sborowski führte den Vorsitz in der konstituierenden Ver - sammlung. Der erste eigentliche Präsident des Arbeiter - und Soldatenrates war der bekannte Chrustaljeff; ihm folgte nach seiner Verhaftung Trotzki, und nach dessen Verhaftung wiederum Parvus. In! Januar 1906 löste sich der Arbeiter - rat nach dem Siege der Gegenrevolution auf, und sein letzter Vorsitzender, Parvus, wurde in die Peter-Pauls-Festnng gesteckt. In der Zeit seiner Wirksamkeit hatte sich der Arbeiterra^ ausgezeichnet bewährt. Er gewann das Zutrauen der weitesten Arbeiterkreise, hielt den Fraktionsgeist in Schranken und stellte eine einheitliche proletarische Front her; die geistige Leitung hatte von vornherein die Sozialdemokratie. „Wir waren aber weit davon entfernt," stellt Parvus ausdrücklich fest, „den Arbeitermt als ständige Einrichtung behalten zu wyllen. Wir arbeiteten vielmehr mit der größten Energie daran, die Arbeitermassen in sozialdemokratische Orga - nisationen und Gewerkschaften zusammenzufassen. Zu gleicher Zeit zentralisierten sich die Bauernorganisationen zu einem Bauernbund und traten in engste Beziehungen zum Arbeiter- rar. Wir waren uns klar darüber, daß in dem Moment, wo diese wirklichen Vertretungen der verschiedenen Schichten des arbeitenden Volkes in den Massen festbegründet sein würden, wo durch die Einberufung der Rationlversammlung und den Uebergang der Armee zum Volke die Demokratie gesichert sein würde, die Rolle der Arbeiterrät« ausgespielt haben würde. Es lag uns nichts ferner, als die durch ein Jahrhundert so - zialer Kämpfe in Europa festgelegten sozialen Organisationen und den Parlamentarismus durch die improvisierte Bildung der Arbeiterräte ersetzen zu wollen. Die letzteren sollten viel - mehr nur dem Uebergang zu diesen europäischen Formen vermitteln." Parvus ist daher auch fest überzeugt, daß das, was Deutsch - land gegenwärtig braucht, nicht ein« Räterepublik, sondern die soziale Republik ist. Wenn gleichwohl in Deutschland der Rätegedanke jetzt wieder aufgelebt ist, so führt er dies auf den großen Anteil der Armee am Siege der Revolution zurück. Die Mannschaften, welche zuerst di« alten Herrschaftsformen gestürzt haben, fanden die für sie geeignetste Organisations - form in den Soldatenräten. Ueber Arbeiterräte und Soldaten - räte wurde der innige Zusammenhang zwischen Klaffen - organisationen des Proletariats und der bewaffneten Macht hergestellt, der auch weiter mit allen Mitteln gepflegt werden muß. Denn darin liegt die Gewähr, sowohl für den Sieg des Sozialismus wie für die Aufrechterhaltung der Ordnung im neuen Volksstaat. Auf der anderen Seite dürfen aber die Arbeiter- und Sol - datenräte nach Parvus unter keinen Umständen als Konkur - renzorganisationen der Sozialdemokratie und der Gewerk - schaften auftreten. Die gesetzgebende Macht kann nur in den Händen der Nationalversammlung liegen, die Regierung muß eine Volksregierung und sie muß einheitlich sein. Nach diesen Grundsätzen hat es das deutsche Volk in der Hand, eine neue soziale Zukunft aufzubauen. Nur ein ^uäe. Von Ernst Wichert. „Du hast mich selbst verwiesen cm das Fuhrwerk. Es hat damals auf dem Platz gestanden tote jetzt, und Du hast hinaus- aezeiat mit der Hand und gesagt, die Braunen sind allein tausend Mark wert. Nun nehm' ich die Braunen. Und es wundert mich, daß Du heut' mit ihnen cm gefahren kommst. Sind sie nicht wogen der Schuld gepfändet?" „Das mag fein.“ '„Du machst Dir Unannehmlichkeiten, mein lieber Daurvnat, Du wirst in Strafe kommen. Es tut mir leid." „Die Braunen geb ich nicht, da kannst Du Dich auf den Kopf stellen." „Warum soll ich mich auf den Kopf stellen, wenn ich stehe auf sicheren Füßen und werde geschuht vom Gesetz? Gib mir mein Geld, und ich will die Braunen vor meiner Tür nicht gesehen haben." „Latz ein tragen ’" ' Nathan Hirsch klopfte mit den Fingern feinen weißen Bart über der Brust und schloß das linke Ange. „Einträgen! Was tu ich mit der Hypothek? Ich bin ein Handelsmann, brauche das Geld blank oder in sauberm Papier für mein Geschäft. Du bist nicht der einzige, der Hilfe haben will. Und was für eine Hypothekl Hinter dem großen Altenteil, das Dich ruiniert. Wer nimmt mir die Hypothek ab? Und wie kann ich sie herauÄsteien, wenn es zum Aeutzersten kommt?" Lauronat preßte die Lippen zusammen und sah mürrisch vor sich hin. Eigentlich hatte der Jude recht. „Verflucht, daß ich mich mit Dir eingelassen habe," murmelte er. „Warum willst Du fluchen," wendete der Alte ein, „wo es doch klüger ist, zu überlegen, wie Du mir gerecht werden kannst? Setze Dich zu mir, Pawils, setze Dich zu mir, und laß uns zu - sammen überlegen." Er winkte seinem Sohn, einen Stuhl beran- zuschieben. „Ich will bedenken, daß^ Du Unglück gehabt hast mit her Stute, und Deine Verlegenheit nicht für mich ausbeuten. Kann ich gesichert sein, so will ich nicht bestehen auf meinem Schein. Aber ich Hore von allen Seiten, Deine Wirtschaft geht zurück. Du hast verkauft, was Du zum Winter behalten solltest, ~ u hast Flickschuldcn überall, und die Prozeßkosten zehren Dich iltus. So kann's nicht weitergehen. Da ist's vielleicht doch am Die MloiioB Oes Billetwes. In einer Ansprache vor der Universität Birmingham äußerte Lord Cecil sich über die Völkerbundidee und führte darin u. a. folgendes aus: Es ist absolut notwendig, daß der Völkerbund nicht nur eine Gruppe von Völkern ist, sondern daß er allen Nationen offen stehen wird, denen von den Mitgliedern des Bundes zu - getraut werden kann, daß sie die Prinzipien, und Grundlagen einer solchen Gesellschaft annehmen. Eine solche Gesellschaft würde unvollständig ’unb verhältnismäßig unwirksam sein, wenn irh nicht alle zivilisierten Nationen beiträten. Man muß sogar überlegen, ob diejenigen, die nicht bei treten wollen, nicht durch wirtschaftlichen und anderen Druck dazu gezwungen werden sollen. Man gelangt immer mehr zu der Ansicht, daß alle zivilisierten Staaten Teile eines einzigen wirtschaftlichen Ganzen bilden. Unter dem Druck des Krieges schufen die Entente-Nationen eine sorgfältige wirtschaft - liche Organisation zur Kontrolle der Schiffahrt, Finanzen, Ein - käufe und Verteilung von Rohstoffen für die Alliierten als Ganzes. Eine gut geordnete Organisation dieser Art könnte, namentlich wenn ihr andere Nationen, die jetzt außerhalb stehen, beitreten, dazu verwendet werden, alle Nationen dazu ^zwingen dem vor geschlagenen Bunde beizutreten und durch die Förderung der internationalen Zusammenarbeit gut, Entfernung einiger Hauptursachen für internationale Streitigkeiten beizutragen. Wenn die Nationen sich in dieser Weise zu anderen Zwecken vereinigen können, so ist es nicht ohne Aussicht, daß sie auch eine Vereinigung der Förderung der größten aller Segnungen, näm - lich des Friedens, bilden. Um die Fragen, die jetzt zu einem Kriege führen könnten, zu entscheiden, brauchen wir ein Instru - ment von viel größerer Autorität als irgend einen internationalen Gerichtshof. Sin solches Instrument kann, glaube ich, in der Organisation der konzentrierten öffentlichen Meinung gefunden werden. Der wichtigste Schritt, den wir jetzt tun Ionen, ist, eine Maschinerie zu entwerfen, die im Falle einer internationalen Streitigkeit den Ausbruch des Krieges wenigstens verzögert und eine offene Besprechung der Ursachen des Streites sichert. Alles was nötig wäre, wäre ein Vertrag, der den Unterzeichner dazu verpflichten würde, niemals Krieg zu führen oder einem andern zu gestatten, Krieg jfu führen, bis eine formelle Konfe«nz der Völker abgehalten würde, um eine Untersuchung darüber anzustellen und, wenn möglich, eine Ent - scheidung darüber zu treffen. Der Vertrag wurde von jeder Nation verlangen, ihre ganze wirtschaftliche und militärische Macht gegen jede andere Nation, die den Krieg vor Anhaltung der Konferenz erzwingt, in Anwendung zu bringen. Ich lege besonderes Gewicht auf die wirtschaftliche Waffe dieses Krieges, die zeigte, daß ein internationaler Boykott, der von der ganzen Welt gegen einen Sünder angewendet wird, außerordentlich wirksam ist. Das Abrüstungsprogramm ist schwierig. Ich habe bisher noch keinen Pl«m gesehen, der fieber und durch - führbar erschiene. In Ermangelung eines solchen Planes müssen wir darauf vertrauen, daß die Völker allmählich in dem Matze abrüsten werden, in dem die Notwendigkeit für die internationale Bewaffnung aufhört, ebenso wie in den zivilisierten Ländern die Männer aufhörten Deoen und Pistole zu tragen. Der Völker - bund könnte es sich zur Aufgabe machen, von Zeit zu Zeit die - jenigen Vertragspflichtigen zu revidieren, die infolge der ver - änderten Umstände lästig oder ungerecht geivorden sind, ferner an der Kontrolle über die zurückgebliebenen Raffen teilzunehmen und sicki mit getviffen Fragen von sozialer Wichtigkeit zu befassen. Cecil schloß mit folgender Warnung: Wenn der Völkerbund auch durch den Friedensvertrag ins Leben gerufen werden sollte, so darf uns doch ein solcher Bund bezüglich der anderen Friedens- bedingungen nicht sorglos machen, denn es handelt sich um ein Experiment. Wir haben kein Recht, leichtsinnig auf seinen Erfolg zu bauen. Wir müssen vielmehr einen guten Frieden wahren, um dem Bund einen guten Anfang zu geben. Für jede wirkliche Gemeinschaft der Nationen brauchen wir eine auf natürlicher Gerechtigkeit begründete territoriale Regelung. Wir muffen die Heiligkeit der Verträge wieder Herstellen und den Geist de? beut Wien Militarismus au Sireiben. Wenn wir versuchen würden, den Völkerbund auf irgend einer anderen Grundlage aufzubauen, würden wir auf Sand bauen. Waffenstillstand, ZrieSe, Ernährung. Wie die „Kölnische Bolkszeitg." erfährt, ist der Abschluß eines Präliminarfriedens bereits angebahnt. Bei den Verhandlungen im französischen Hauptguartier waren nur Franzoien und Engländer beteiligt, Italiener und Ameri - kaner waren nicht zugegen. Das „B. T." berichtet ans dem Haag: Aus Paris wird gemeldet, daß d 1 e d e u t s ch e Demobilisation wunsch - gemäß verlaufe. Demnach würden die Amerikaner nieder Richtung Metz—Straßburg vorrücken, wo sie un - gefähr in der nächsten Woche eintreffen werden. Die osfizielle Uebernahme der beiden Städte wird durch Foch erfolgen. Clemenceau unb- Poincarö werden dabei anwesend fein. Reuter erfährt: Wilsons Ankunft in England werde binnen kurzem erwartet. Nach dem „Nieuwe Rotterd. Courant" meldet „Daily News" aus New Vprk: Die Unruhen in Deutschland machten auf die Amerikaner tiefen Eindruck. Deshalb werden in einigen Kreisen LebenSm ittel f u r D« u t s ch l a n d und eine Erleichte- ru n g b er B10 cf ad e als erste Voraussetzung für die Sicher - heit des Wafsenstillstandes betrachtet. Es beißt, daß Wilson einen ausgearbeiteten Plan für einen Völkerbund hat einschließlich eines internationalen Gerichtshofes für RechtS- ftreitigleiten und internationale Polizei für die Meere. In Erwiderung auf die Anfrage, betreffend die Vor - kehrungen für die Versorgung neutraler und feindlicher Länder mit Lebensmiteln, erklärte Bonar Law im englischen Unterhaus, daß die Angelegenheit in die Hände des inter - alliierten Nahrungsmiitelrals gelegt werde, der sofort Schritte in der Angelegenheit unternahm. Er hoffe, in der Lage zu sein, für die Bedürfnisse der betreffenden Völker zu sorgen. Sollten sich jedoch Störungen in der offentlicheii Ordnung ereignen, so wird die Unterstützung der Alliierten notwendigerweise verzögert oder sonst verhindert. * Amerika wir- um schnelle Hilfe gebeten. WTB. Berlin, 15. November. Die deutsche Regie - rung sandte eine Note nach Washington, in der mit Dank baöon Kenntnis genommen wird, daß Wilson gewillt ist, die Sendung von Lebensmitteln nach Deutschland im günstigen Sinne zu erwägen. Es wird darauf hingewiesen, daß die größte Eile not tut, daß die Annahme der drückenden Waffenstill- staiidsbedirigungen mit ihren Folgen die Lage bei uns täglich unerträglicher mache. Die Gefahr anarchischer Zu - stände könne nur bei schnellster Hilse beseitigt toerden. Die deutsche Regierung bittet deshalb, so schnell als möglich Vertreter nach dem Haag ober einem anderen Orte zu entsenden, um dort mit den deutschen Bevollmächtigten die Einzelheiten zu der r eu. Die Note regt an, daß die tzlngelegenheit vielleicht in die be - währten Hände des Herrn H e e b e r gelegt werden könnte. M £160010518 W 005 NMt M (Privatmeldung des „Hamburger Echo".) Der Abend-„Vorwärts" vom Freitag bringt an der Spitze «inen Artikel des Fürsten Lichnowsky an die englische Nation, worin an Englands Sinn für Menschlichkeit und Gerechtigkeit appelliert wird. Am Schluß heißt es: Ich spreche als deutscher Patriot und zugleich als Freund Englands zum britischen Volke, zu allen.Engländern, die aus den Greueln dieses Krieges den Sinn für Menschlichkeit und Gerechtigkeit gerettet, deren poli - tischer Fernblick nicht durch Leidenschaft getrübt ist, und frage sie, ob sie uns helfen wollen, einen Zustand zu schaffen, der auf neuen Grundlagen die spätere Versöhnung und Wiederannähe - rung, die Wiederherstellung der Handelsbeziehungen, die gegen - seitige Friedensarbeit ermöglicht, oder ob sie diese Grundlagen zerstören, das deutsche Volk verkrüppeln, dem Chaos preisgeben und ^idurch den Weltfriedn und die Weltordnung illusorisch machen wollen. Nicht an das Mitleid, an die Einsicht wende ich mich und hoffe, daß mein Ruf nicht ungehört bleibt. tiz Revolution. Wie es kam! Unter bcr Ucberschrift: „Wie es kam!" veröffentlicht der „Vorwärts" einen Artikel über die Vorgänge, die den u n m i 11 e l- baren Anstoß zur deutschen Revolution gaben. Gewöhnlich, so schreibt unser Zentralorgan, rechnet man als Beginn der Re - volution den fünften November, den Tag des Sieges in Kiel. Das ist aber nicht richtig. Zn Wirklichkeit setzte- sie schon eine volle Woche früher ein. Kiel >var der zweite, nicht der erste Aki der Revolution. Dieser erste spielte sich auf der gesamten Hochseeflotte ab und war die Notwehr vbn 80000 Menschen gegen einen alldeutschen Schurken-- ftreich- Das Blatt weist dann auf die fieberhafte Propa - ganda d«r Alldeutschen für den „nationalen Verzweiflungs - kampf" hin, die aber erfolglos war. In ihrer Not seien die Alldeutschen auf das Meer verfallen, das sie noch immer durch ein gleichgesinntes OffizierkorpS zu beherrschen glaubten, ohne von der revolutionären Stimmung der Truppen eine Ahnung zu haben. Dann heißt es weiter: Ein teuflischer Plan wurde auSgeheckt: Die Flotte sollte auslaufen unb sich im Kampfe gegen einen übermächtigen Feind bis zum letzten Schiff opfern. Das hätte wohl 80 000 Menschen das Leben gekostet, aber es wäre nach dem Glauben der Alldeutschen ein Ereignis gewesen, um das - Volk noch einmal mit der Stirnmüng der Augusttage von 1914 zu erfüllen. Der Plan sei keine Phantasie, sondern durch zuver - lässige Aussagen von Matrosen erwiesen. Die Schlachtflotte er - hielt am 28. Oktober den Befehl zum Auslaufen. Es sollte sich, wie den Soldaten gesagt wurde, um ein Manöver handeln; aber aus den Abschiedsbriefen von Offizieren und anderen Anzeichen hätten die Seeleute bald die Wahrheit erfahren und infolgedessen gemeutert Die Ausfahrt sei verschiedene Male befohlen worden, aber jedesmal hätten s i ch die Matrosen trotz der Bern hi gungSan sprachen der Offiziere wider - setzt. Nachdem die Matrosen einmal soweit gegangen seien, sei in ihnen der Entschluß zum äußersten Widerstand wach geworden. Den „Meuterern" drohten schwere Zuchthausstrafen, und tat - sächlich seien alsbald an 1000 Matrosen in Wilhelmshaven ab - geführt und in Gefangenschaft gesetzt worden. Auf der einen Seite winkte das Zuchthaus, auf der anderen Seite die Freiheit Die Wahl sei nicht schwer gewesen, sie »sei auf die Revolution gefallen. besten, Du machst das stolze Fuhrwerk zu Geld, befriedigst mich und kaufst Dir cm paar Pferde, wie sie ausreichend sind, für ein Geringes." „Nie und nimmer," tief der Litauer hinein. „Aber wie willst Du denn wirtschaften mit drückenden Schul - den? Ich möchte Dich gern erhalten — sage mir, wie das ge - schehen kann." Lauronat warf den Kopf auf. „Pah! Wenn ich noch tausend Mark hätte - - - „Tausend Mark! Noch tausend Mark!" „Eingetragen natürlich." „Und damit könntest Du Deine Wirtschaft wieder ganz in Ordnung bringen, mein guter Pawils?" • „Ganz und gar. .Aber was fragst Du?" „Ich kann doch fragen. Noch tausend Mark — hm! Vor dem Altenteil, ja! Ta ließe sich das Geld beschaffen. Und ich könnte allenfalls meine iaustnd Mark dazulegen und brauchte Dich nicht zu drücken. Zweitausend Mark vor dem Altenteil — ja, davon wäre zu reden. Wenn Du hinterher fleißig fein und ver - nünftig wirtichaften und die Zinsen pünktlich bezahlen wolltest . ." Lauronat zuckte die Schultern. „Erdenings wird doch nicht zurücktreten," sagte er. „Du mutzt ihn bitten." „Bitten! Den! Ich stehe so nicht mit ihm." „Das kann ich nicht löblich nennen. Es ist doch der Vater Deiner^Frau. Ihr Litauer müßt immer Streit in der Familie haben — das ist Euer Verderb. Warum soll ich nicht bitten einen nahen Verwandten? Und wenn der Mann sich'h überlegt, ist's doch fein Vorteil mit, daß Du bei Kräften bleibst. Aber wie Du willst. Ich sage nur, wie weit ich Dir entgegenkommen könnte ohne eigenen Verlust. Die zweitausend Mark vor dem AUenteil ließen sich beschaffen.' „Sprich Du mit Erdenings," sagte Lauronat nach einigem Bedenken verdrießlich. „Ich? Was wird er auf mich geben?" „Mehr, als aut mich. Und wenn er's abschlägt, kränkt er mich nicht — und Dich auch nicht." Nathan Hirsch beriet sich mit seinen Söhnen; der Litauer verstand nicht, was sie sprachen. Endlich sagte Nathan: „Gut — ich will mit Dir kommen, wenn Du versprichst, mich vor Nacht wieder nach Haufe zu bringen. Es kann mir ja" auch nur lieb jein, wenn ich mein Geld bekomme in Frieden und eine kleine Provision für meine .Gefälligkeit. Es ist vielleicht Torheit^ daß ich mir für einen fremden Menschen Mühe gebe, den ich doch habe in meiner Gewalt. De; Moses hat rafot. Aber ich will ehrlich an Dir gehandelt haben und ruhig schlafen können. Komm!" - Nun beschäftigten sich Fran und Kinder um ihn, ihm einen langen Pelz anzuziehen, eine Pelzmütze aufzusetzen und warme Filzschuhe auf die Flitze zu schieben und ihn auf den Wagen zu heben. Dann wurde zärtlicher Abschied genommen, die' freund - lichsten Worte begleiteten ihn. Lauronat hätte es lieber gesehen, wenn der Jude am anderen Tage mit eigenem Fuhrwerl ge - kommen wäre. Jetzt so neben ihm . . . Aber er bezwang sich unb sagte nichts. Erdenings war eine' ganze Weile halsstarrig, und Urie be - stärkte ihn darin. Zum Bitten, konnte Pawils sich auch schioer entschließen. Er gab den Alten zwar ein paar gute Worte, aber als sie ihm nicht gleich den Willen taten, fuhr er ärgerlich aufs «Eh ich mir die Braunen verkaufen lasse, brech' ich Euch das Haus über dem Stapf ab," und verließ das Zimmer. Busze hielt sich still, redete nicht zu und nicht ab. Endlich gelang es dem -weisen Nathan" doch, mit seinen guten Gründen durchzudringen. Es wurde nur noch über die Summe gehandelt, die Erdenings auf feine Forderungen von tausend Mark abbekommen. sollte. Hirsch ging zu Pawils hinaus und brachte ihn wieder in die Stube zurück. Sie wurden auf zweihundertundfünfzig Mark einig. Das Geschäft sollte morgen auf dem Gericht glattgemadjt werden. Bis das geschehen sei, versprach Lauronat, nicht ohne hastiges Widerstreben, das gepfändete Fuhrwerk wieder bei Lie - belt abzugeben. Hirsch bestand darauf. Dafür wollte er wegen der eigenmächtigen Fortnahme ein Äuge zudrücken. Die Angelegenheit wurde wirklich erledigt, wie verabredet. Lauronat war aber weit entfernt, dem Juden dafür besonderen Dank zu wissen. „Er hat ja nun doch seine tausend Mark," dachte er, und kann lachen." Auch der Altsitzer hatte nach seiner Meinung ein gutes Geschäft gemacht, da er da? bare Geld bekam. Die Absicht, seine anderen Schulden zu bertdjtigen, führte er nur zum Teil aus. Dreihundert Mark in Goldstücken und Silber brachte er eines Abends zu Lenke KalbiS und gab sie ihr in Ver - wahrung. „Bei Dir vermutet keiner so etwas," sagte er, „und man muß für alle Fälle sorgen." Der Beutel wurde unter dem Herde eingescharrt und mit einem Steine bedeckt. Zugleich nahm er fein Gewehr wieder mit. Jakubs Kalbis war ohne Weiterungen begraben worden. Zu dieser Darstellung des „Vorwärts" wurde von der Lei - tung der Marine mngeieilt, daß die Annahme der Kieler Matrosen, man wolle die Flotte in den Todeskampf gegen Eng - land schicken, durchaus unbegründet war. -Unsere Flandern - front war sehr gefährdet, eine feindliche Landung dort zu be - fürchten. Deshalb sollten leichte Seestrettkräfte dorthin fahren, um den Verkehr zu stören. Die Hochseeflotte sollte nur eine Auf - gabestellung für diese leichten Streitkräfte und Uboote einnehmen. Von diesem Plan haben übrigens nur zwei üldmiräle Kenntnis gehabt, aber weder sonstige Offiziere noch Matrosen. Die Rechtmäßigkeit Ser Revolution. ?lu§ den Argumenten, mit denen wir eine Nationalverstunin- lung verlangen, glaubt die rechtsstehende Presse herauslesen zu dürfen, daß wir Sozialisten selber den gegenwärtigen Zustand nicht als rechtmäßig anerkennen. Das ist eine plumpe Verdrehung. Nur die dauernde Aufrechterhaltung der Arbeiter- und Soldateu- -rat-Regicrung erkennen wir nicht als demokratisch an. Für den tAugenblick ist sie es durchaus, denn sie entspricht der Willens - kundgebung des Volkes, die sich in der Revolution verkörpert. An sich ist eine Revolution natürlich eine viel gewaltigere Kundgebung des Willens als eine Abstimmung, denn sie zeigt einen Willem, der auch unter Gefahren fest bleibt also einen Willen höchster Polen • Aber diese Willenskundgebung läßt sich nicht wie die Abstimmung beliebig wiederholen. Ihr Resultat ist auch nicht im einzelnen, sondern nur in großen Zügen festzustellen. Die Revolution Hai den Willen zum Ausdruck gebracht, daß die große Volksmaffe, die Arbeiterschaft in Deutschland herrschen soll. Das geschieht jetzt im allgemeinen. Aber um die genauere Willensrichtung festzu- legen, um die Stärke der einzelnen Strömungen innerhalb bet Revolution einwandfrei festzustellen, dazu bedarf es einer sorg - fältigen Abstimmung. Aus rein technischen Gründen kann diese nicht.mitten int Strudel der Umwälzung erfolgen. Für die Zeil, die zu ihrer Vorbereitung umb_Durchführung notwendig ist, be - steht die provisorische Regierung mtch nach demokratischen Grund - sätzen durchaus zu Recht. So energisch wir die Einberufung der Nationalversammlnng verlangen, so energisch verwahren wir uns gegen jeden Versuch, die Befugnis der jetzigen Regierung zur Füh - rung ihrer Geschäfte zu bestreiten. Die Einmütigkeit, mit der Volk und Heer sich auf den Boden der Revolution stellten, ist wahrlich Legitimation genug. Sie WflfHen Sotlaliflen für öit ttMe . WIL Der Allgemeine Arbeiterbund in Frankreich hat, wie die „HumanitL" meldet, ein Manifest erlassen, worin d i e deutsche Republik herzlich begrüßt und gegen alle chauvinistisch-imperialistischen Tendenzen in der schärfsten Weise protestiert wird. Die „Humanite" vom Dienstag erscheint unter der großen llebertorift: „Nieder mit den Waffen, Bür - ger! Es lebe 0ie deutsche Republik!" Auch in der Kammersitzung wurde der Ruf: „Es lebe die deutsche Re - publik!" von der ganzen sozialistischen Linken wiederholt. C a ch i n erklärte, er finde es besonders erfreulich, daß die Entente Deutschland sofort mit Lebensmitteln helfen wolle. Ver - dächtig sei jedoch der Artikel über die Räumungsbestiinmuiigeu für Westrußland und der Zugangsbestimmungen der Alliierten über die Weichsel. In diesem sehe er eine verkapselte Intervention der Entente, gegen die mit aller Entschiedenheit protestiert wer - den muffe. Auch „P 0 p u l a i r e" sieht eine Opposition der Arbeiter - klassen der Entente gegen eine weitere militärische Aktion der Entente voraus. Das Blatt hofft, die Arbeiter und die sozialistische Partei Frankreichs werden sich mit aller Macht gegen eine Gegen - revolution stellen, so daß sie die völlige Befreiung der gesamten Arbeiterwelt Europas durchzusetzen verstehen werde. Das „B. T." berichtet noch ans Genf: Die ftanzösische so - zialistische Partei und der Allgemeine Arbeiterverband haben eine große Versammlung abgehalten, um die deutsche Revolution zu begrüßen. Die Kundgebung begann mit einer Rede Marcel Cachins, der sich heftig gegen die ftanzösische Presse wandte, die schon jetzt gegen die zukünftige deutsche Republik Stellung nehme. Nach ihm erklärte Jouhanr, die französischen Sozia - listen müßten auf der Höhe der Zeit fein, damit der kommende Friede wirklich ein Völkerfriede werde. Hierauf ergriff Lon - guet das Wort. „Die französischen und englischen Sozialisten," erklärte er, „müssen jetzt tun, was Bebel und Liebknecht 1871 im Reichstag getan haben. Die große Idee des Rechts steht über dem Chauvinismus. Wir müssen uns dagegen wenden, daß das deutsche Volk wie seine einstigen Leiter behandelt wird, die es selbst gestürzt hat. Wir müssen verhindern, daß ein zur Ver- teibiaung unternommener Krieg in einen imperialistischen Raub - zug ausartet. F 0 f s a r d, der Sekretär der sozialistischen Partei, gibt sodann der Versammlung Kenntnis von dem glücklichen Ver - laufe der deutschen Sievolution. Die ganze Versammlung applau - diert. Nach weiteren Reden von Loriot von der Gruppe,der Kientbaler und Merrheim, dem Sekretär der Metallarbeiter, erklärt F r 0 s s a r d, daß ähnliche Kundgebungen in ganz Frank - reich organisiert werden müßten. Der Redner bemerkt, er möchte nicht zur Revolution auffordern. Es genüge, das ftanzösische Volk vor der Gefahr zu warnen, sich von den Regierenden als Elemente der Gegenrevolution verwenden zu lassen. Frossard verlangt erneut die. sofortige Einberufung einer internationalen Versammlung. Die Versammlung nahm zum Schluß einstimmig folgende Tagesordnung an: „Die im Syndikatsgebäude versam- Der Herbst brachte mancherlei recht unerfreuliche Ereignisse. Da wurde Pawils Lauronat zunächst vor Gewicht geladen, um sich wegen seines Verhaltens bei der Pfändung zu verant- toorten. Er hatte gemeint, davon dürfe nicht weiter die Rede sein, da Nathan Hirsch doch beftiedigt wäre. Nun wurde er be - deutet, das habe miteinander nichts zu tun. Er habe Widerstand geleistet bei der Pfändung, den Exekutor tätlich angegriffen und mißhandelt, endlich den Pfandstall erbrochen und das Pfand ent - fernt. Das seien sehr strafwürdige Handlungen. Lauronat konnte die Tatsachen nicht bestreiten, außer daß er meinte, er habe den Exekutor nicht gestoßen, sondern nur fortgeschoben. „Aber das alles ist des Juden Schuld," sagte er. „Er hat mich verurteilen lassen, ohne daß ich ein Wort habe sprechen können, und dann bat er den Exekutor alt gestiftet, mir das Fuhrwerk fortzunehmeii. gerade das Fuhrwerk, da doch Haus und Hof voll Sachen waren, die auch beim Verkauf etwas eingebracht hätten. Damit bewies er seine Bosheit. Und weshalb sonst hab' ich das Fuhrwerk fortgenommen, als zu zu ihm zu fahren und feine Schlechtigkeit aufzudecken? Er hat denn auch sein Unrecht ein - gesehen und mit noch mehr Geld an geboten und selbst mit Erde- nings alles in Ordnung gebracht. Als er nun die schöne Hypo - thek hatte, ist er nun doch nicht still gewesen, sondern hat mich beim Gericht verschrien; und dafiir soll ich ktnn unschuldig in Strafe kommen." Der Richler sagte ihm, er sei im Irrtum: nicht Nathan Hirsch, der Exekutor habe ihn seiner Pflicht gemäß an gegeigt. Aber Lauronat blieb dabei, dies alles hätte nicht geschehen können, wenn ihm der Jude nicht die Braunen hättMortnehmen wollen. „Dem ist's doch ein leichtes gewesen, so einem den Mund zu. stopfen," sagte er, „aber das hat ihm nickt gepaßt." Der Richter such: ihn an, er beleidige überdies noch den Beamten. Nun schwieg er wohl, aber er wußte doch, was er wußte. Er wurde zu einigen Monaten Gefängnis verurteilt. Zugleich schwebte gegen ihn die Untersuchung wegen des JagdftevelL. Der Förster behauptete -fteif und fest, er habe ihn erkannt; wer der zweite Mann gewesen, wisse et nicht. Lauronat bestritt. „Wie will der einen erkannt haben?" rief er. „Es ist in jener Nacht finster gewesen, n-nd der Nebel hat dicht auf der Erde gelegen. Er verschwört seine Seele." Dem Richter selbst kam diesem Umstand verdächtig vor: „Wie nahe sind Sie den Wilddieben gekommen?" fragte er. (Fouiotzimg folgt.)