arnvurgerEcho Aliend-Ausgalie Konnakeud, den 5. April 1919 33. Jalsrgkng Ur. tttO Ta» „<> «m bür» «rV» o" v ytL Tellerur ,1’in. fchteq. UrbeitSitnirti.Hicri micinnstst- und errtintlien« oniteiflen 60 4 ti.n^ciqeu« Annahme Fetzlanbfltehe 11 im Erdgeschoß (bi# 7 Uhr abend# für den folgenden Tua), in den Filialen (bt4 » Ubr) u. in allen Annoncen» Bureau». Platz-und Daien- vorschrifien obneverbindlich» keil. Reklamen Im redaktio - nellen Teil werben auch gegen Snigell nicht ausgenommen. öoöen- und Mohnunxspolilik im neuen Hamburg. Die Kommünalpoliiik war in Hamburg vor der Revolution in der, Hauptsache nach den Interessen der Grund, und Hausbesitzer eingerichtet. Wenn daneben auch Grotzhandel und Industrie ge - wissen Einfluß hatten, so lag doch das Hauptgewicht bei den Grund - besitzern. Wie in allen Großstädten, so hat auch in Hamburg .hauptsächlich die minderbemittelte Bevölkerung unter diesem Schwergewicht deT Grundbesitzer-Esnsluffes zu leiden. Die Woh- nungsverhültnisse sind, trotz der unter dem Druck des Reiches er - folgten Sanierung, vielfach schlechter als in den zurückgebliebensten ländlichen Gefilden. Dort hat die Bevölkerung wenigstens noch Licht und Lust, was in manchen Gegenden Hamburgs nicht der Fall ist. In .tausende von Hamburger Wohnungen dringt das ganze Fahr kein Sonnenstrahl! Die grötztz und reichste Handels- stadt Deutschlands hat Zustände im Wohnungswesen, die oller Be - schreibung spotten. Selbst diese als Wohnung bezeichneten Löcher sind für teure» Gew kaum noch zu bekommen, weil während des Krieges die Bautätigkeit stillgelegt wurde. Run hat die Revolution mit der Grundbesitzerherrichaft in der Gesetzgebung Hamburgs aufgeräumt. Die neugewählte Bürger - schaft hat eine Mehrheit erhalten, von der man erwarten muß, daß sie dieser Privilegiertenherrlichkeit für immer ein Ende macht. Da ist es gut, einmal zu untersuchen, wo die Wurzel des Uebels in der Wohnungsfrage steckt und wie sie am sichersten und gründ - lichsten beseitigt werden kann. Das geltende Bodenrechh das es dem zufälligen Besitzer über - läßt, darüber zu entscheiden, ob der Boden bebaut werden soll oder nicht, das ihm das unbeschränkte Verfügungsrechl über den Boden läßt, ist. die Hauptursache, daneben die rückständige Steuergesetz - gebung, die zwar den Grund besteuert, aber keinen Unterschied zwischen bebautem und unbebautem Boden macht, die nicht den nackten Bodenwert, sondern den Nutzungswert als Grundlage nimmt. Dies bedeutet geradezu eine Prämie dafür, den Boden recht lange der Bebauung zu entziehen und mit ihm Spekula - tion zu treiben. Das Eigentumsrecht bom Boden muß einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Der Boden mutz wieder unter altes deutsches Recht gestellt.werden, das heißt: das Eigen - tumsrecht am Boden gehört nicht dem einzelnen, sondern der All - gemeinheit. Vor allen Dingen muß der Handel mit dem Boden vollständig unterbunden werden. Der Boden ist keine Ware im Sinne der Dinge, die man allgemein unter Ware versteht. Kann schon das freie Spiel der Kräfte auf anderen Gebieten Unheil an - richten, so mutz e5 beim Handel mit Boden unermeßlichen Scha - den verursachen. Bei jeder Ware richtet, sich, sowohl der Preis wie auch die Produktion, nach dem Bedürfnis. Wird eine Ware viel gebraucht, dann steigt ihr Preis, der vermehrte Verdienst spornt zu vermehrter Erzeugung an, oder aus Gegenden mit niedrigerem Preis wird die Ware nach Crten mit höherem versandt; durch diele Steigerung des Angebots wird der Preis wieder auf nor» *•*£ herabgedrückt. Es cntsteqi eine Wechselwirkung, die den Wucher mit der Ware auf die Dauer ausschließt. Anders ist er beim. Boden; der Boden ist nur einmal vorhanden; keine Tech - nik, keine Chemie ist imstande, ihn herzustellen; keiner ist imstande, ihn nach Orten mit hohem Preis oder gesteigerter Nachfrage zu verschieben. Der Boden hat von Natur Monopolcharakter, eine Konkurrenz ist unmöglich; es gibt kein Mittel, auf den Bodenpreis regulierend einzuwirken. Es mutz deshaw verlangt werden, datz der Boden aus dem jetzt geltenden Eigentums- und Warenrecht herausgenommen wird und unter ein Recht kommt, das seine Be - nutzung im Interesse der Allgemeinheit gewährleistet. Um dies zu erreichen, hat der Staat sich das Vorkaufsrecht bei jedem Besitzwechsel zu sichern und auch auszuüben oder dies Recht anderen im Jntereffe der Allgemeinheit tätigen Gesellschaften oder Genoffenschaften zu übertragen. Er hat danach zu streben, daß möglichst große Flächen des Bodens Staatseigentum und damit Eigentum der Allgemeinheit werden. Es ist selbstverständlich, daß jeder Verkauf vou SiaatSgrund an Private von jetzt ah verhindert werden muß. Niemand hat das Ü^cht, auch eine Regierung nicht, denn sie ist nur Verwalter für das Volk, Eigentum der Allgemein - heit an einen einzelnen zu verkaufen und so der Allgemeinheit den Einfluß daraus zu entziehen. Es darf nicht vorkomnken, daß, wie noch hier in Hamburg in allerneuester Zeit, Staatsgrund zum Perkauf angeboten wird; man ist versucht, zu glauben, daß die alten^Machthaber noch in letzter .Stunde recht viel Staatsgrund den e-pekulanten überliefern wollten. Staatsgrund darf nur in 5ßadjt, Erbpacht oder Erbbaurecht abgegeben werden, damit der eotaat ’tet» dem. Wucher mit Boden und der Benutzung des BodenS zum Nachteil der Allgemeinheit entgegentreten kann. Wird der Boden nicht mehr oder nicht genügend auSgenuht, so mutz der Staas das Recht haben, ihn zurückzunehmen und einem anderen zur Allsnutzung zu übertragen. Bei der Uebernahme des BodenS durch den Staat ist nicht der heutige Preis zu berechnen» da dieser zum größten Teil SpekiUotionSpreis', der aus der Nct deS Volkes und der Arbeit und den Unkosten der Allgemeinheit entstanden ist. Tie Bauordnung in Hamburg ist ganz den Interessen der Grundbesitzer angepaßt. Ueber all können vier- bis fünfstöckige Häuser gebaut werden, unb’ keinem wird es einfallen, auf einem Grundstück ein Einfamilienhaus zu bauen, toytn ihm gestattet ist, den Grund bis zwanzigmal so stark aiiSzunutzen. Der Einwand, der hohe Bodenpreis mache eine andere Bebauung unrentabel, ist nicht stichhaltig, er verdreht lediglich Ursache und Wirkung. Ter hohe Bodenpreis entsteht erst dadurch, daß der Boden in dieser Weise ausgenutzt werden kann. Würde die Bauordnung vor - schreiben, daß nur Flachbauten zulässig sind und. bei jedem HauS ein bestimmt großer Nutzgarten sein mutz, dann würde der Preis des Bodens nicht eine derartige Höhe erreichen, w,e eS heute der Fall ist. Käufer sowohl wie Verkäufer rechnen sich nämlich au«, wieviel der Boden,, bei äutzerster Ausnutzung nach der geltenden Bauordnung, einbringen kann, und danach wird der Preis be- meffen. Ist nun leine Aussicht vorhanden, jemals einen höheren Preis infolge stärkerer Ausnutzung zu erzielen, dann wird auch der Boden nicht zurückgshalten werden. Um einer Zurückhaltung des BodenS wirksam entgegentreten zu können, müßte die Grund ft e u e t dahin geändert werden, daß eine Staffelung eingeführt wird, so daß der unbebaute Boden stärker herangezogen wird, als der bebaute; der unbebaute Boden nochmals verschieden, damit derjenige an baureifen Straßen usw. stärker besteuert wird als der übrige. Auch müßte diese Steuer nicht vom Nutzungswert, sondern vom realen Bodenwert erhoben wer - den, so datz jemand, der feinen Boden brachliegen läßt ober ihn billig als Kartoffelland weggibt, nicht sagen kann, er habe keinen oder nur wenig Nutzen von dem Boden, um so von der Steuer ver - schont zu bleiben. Bei der Berechnung der Steuer nach dem Nutzungswert haben nämlich gerade diejenigen Grundbesitzer, die den Boden zurückhalten, um höhere Preise zu erzielen, und ihn des - halb brachliegen lassen, noch den Vorteil, daß sie für den Boden keine oder nur sehr wenig Steuern zu zahlen haben, weil sie von ihm ja keinen Nutzen haben, bet Nutzungswert also nur gering ist, während derjenige, der den Boden btbaut, ihn affo au »nutzt, dafür eigentlich durch bi<; Steuer bestraft wird. Verkehrte Welt! Alle Wcrtsteigerung des Bodens, die nicht durch eigene Ar - beit und Anbringung von Verbesierungen herrührt, müßte vom Staat möglichst ganz wegsteuert werkten Diese Wertsteigerung kann nur entstehen durch Ausdehnung des Stadtweichbildes, An - legung neuer Stratzenzüge, Verbesserung der Verkehrswege, Kana - lisation, Hinleitung von Gas, Wasser und Elektrizität ufto v alles Werte, die von der Arbeit und den Unkosten der Allgemeinheit er - zeugt find. Ist aber die Wertsteigerung durch die Arbeit und Un- kosten der Allgemeinheit entstanden, dann ist es nur recht, wenn sie der Allgemeinheit zugute kommt. In Anbetrscht bet immer mehr steigenden Not in unserem Wohnungswesen ist es notwendig, daß.sich bereit» die jetzt ge - wählte verfassunggebende Bürgerschaft mit dieser Sache befaßt. Sie darf nicht so lange, hinausgeschoben werden, bis nach Fertig - stellung der Verfassung eine neue, Bürgerschaft gewählt ist Ten jetzigen Grundbesitzern darf nicht länger Gelegenheit gegeben wer - den, noch in letzter Stunkk aus der Not des Volkes und den Be - strebungen weiter Bevölkerungskteise nach besseren Wohnungsvet- hältniflen für sich Nutzen zu ziehen. Unverantwortlich aber ist e8, wenn noch jetzt StaatSgrund veräußert und Privaten zur Aus - beutung übergeben wird. Wenn es nicht ander» geht, müssen die notwendigsten Bestimmungen in dieser Richtung durch Notgesetz festgesetzt wetdem Möge die sozialdemokratische Fraktion in bet Bürgerschaft in diesem Sinne wirken, dann ist der Zweck dieser Zeilen erfüllt. Wilhelm Suhr, Die SMeniMi Beglemen gegen Den MWmgMsnm. WTB. Stuttgart, 5. April. Die am 29. März in Stutt - gart versammelten Vertreter der Regierungen Bayerns, Württem - bergs, Badens und Heffens befaßten sich mit den Beschlüssen des Verfassungsausschuffes der verfassunggebenden deutschen National - versammlung über das Verhältnis des Reiches zu den Gliedstaaten. Sie sehen in diesen BesMüffen, soweit sie von der Regierungsvorlage abweichen, eine Uebertreibung de» Einheitsgedankens unb eine ernste Gefahr für die Er - haltung des Eigenlebens der Gliedstaaten. Die Beschlüsse sind in der Notwendigkeit, eine starke Reichsgewalt zu schassen, in keiner Weise begründet» Sie sind vielmehr geeignet dieselbe zu untergraben, ba sie bie Kraft bet Gliedstaaten, aus denen das Reich besteht, schwächen und bie freudige Mitarbeit am Wiederaufbau des Reiches lähmen. Aus diesen Gründen müssen bie unterzeichneten Regierungen fordern, daß zKm mindesten in den folgenden Punkten die Beschlüsse des Verfassungsausschuffes gebessert werden: 1. Die Erweiterung der Zuständigkeiten des Reiches darf nur auf dem Wege der Verfassungsänderung erfolgen. Der Absatz 1 Artikel 9 nach den Beschlüssen des Verfassungsausschuffes ist daher zu streichen. 2. Eine Ausdehnung der Reichsaufsicht über die Regierungs - vorlage des 5trtif<Ü8 14 des Entwurfs hinaus, wird abgelehnt. 3. Für die Stellenbesetzung in der unmittelbaren Reichsver- toaltung muß eine verfassungsmäßige Gewähr dafür geschaffen werden, daß hinsichtlich der in den Gliedstaaten tängen Beamten die Berusung von Landesangehörigen die Regel bilden soll und Ausnahmen der Zustimmung des Gliedstaates bedürfen. Gegen bie nam ben Beschlüssen bes VersaffungsausschuffeS zu ertoartenbe Verstärkung bei preußischen Uebergewichtes im Reichsrate haben die unterzeichneten Regierungen schwere Bedenken. 4. Tie Verfügung über eigene Einnahmequellen bildet die VorauSietzung für das wirtschaftliche und kulturelle Fortbestehen der Einzelstaaten. Die Einkommensteuer muh daher den Einzelstaaten verbleiben, wobei jedoch das Recht des Reiches, Zuschläge bei Einkommen Üner Hunderttausend Mark zu erheben, Vorbehalten wird. Ferner muß an allen übrigen Reichsstcuern den Einzelstaaten ein angemessener Anteil gesickert werden. 5. Tie ftnterzeickneten Regierungen halten die unverzügliche Aufstellung des Gesamtprogramms über die Einschätzung be - sänftigen BebarkS der öffentlichen Verbände des Reiches und der Einzelssaaten sowie der Kommunalverbände und die Einleitung von Verhandlungen hierüber sowie Abstandnahme des Reiches von weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen auf dem Gebiete der direkten Steuern bis zum Abschluß dieser Verhandlungen für geboten. Sie schließen sich in dieser Rick'una dem Schreiben des preußischen Finanzminister; an den ReichZ-inanzminister vom 19. März 1919 an. 6. Tie Erhebung und Verwaltung der Zölle und Ver - brauchssteuern muß den Einzelstaaten, die darauf Gewicht legen, belassen werden. Ter Artikel 116 der Regierungs - vorlage ist daher wieder herzusiellen. 7. Tie Aufstellung von Grundsätzen für die Zweckmäßigkeit unb Erhebungsarl von 2 a n b e $ - unb Sommujtalab- gaben an das Reich darf nur in ben Schranken zugestanbe'n werben, baß Schädigungen der Eirmahmen oder der auswärtigen HanbeSbeziehungen des Reiches verhindert werden sowie die innerliche Verkehrs-Doppelbesteuerung und die steuerliche Benach - teiligung der eingesührten Waren gegenüber den eigerten Er - zeugnissen und die Ausfuhrprämien ausgeschlossen werden. 8. Gegen den Beschluß deS Verfassung-ausschusses, wonach bie Neubildung von Ländern auS einem Gliedstaat oder die 2lb- trenuung von Teilen eines Gliedstaates durch einfaches Reichs - gesetz auck gegen den Willen deS betreffenden Gliedstaates soll! erfolgen können, muß entschieden Widerspruch erhoben werden. Für Badern: Hoffmann, Ministerpräsident: für Würt - temberg : Blos. Staatspräsident; fürBaden : Geiß, Minister - präsident; für Hessen: Ulrich, Ministerpräsident. Der Generalstreik im Vesten. Zunahme der Streikenden. — Auch klruvv liegt still. — Ab Mitimoch kein« Notftaudsardeiien mehr. Der tzentralzxeycnrat, ftuher Neunerkommission, in Essen drahtet der -Freiheit': Eine "gestern im städtischen Saalbau in Essen abgehaltcnc und angeblich von. 540 legitimierten und Berufeiten Vertretern bet' Belegschaften von 207 Schachtanlagen besuchte Delegiertenkonfe - renz sprach den alten Verbänden das Recht ab, tat Namen der revolutionären Bergarbeiter zu sprechen und zu verhandeln. Dazu sei allein der Zechenrat bevollmächtigt. Weiter werden die revolu - tionären Bergarbeiter Mitteldeutschlands und Schle - siens aufgefordert, sich mit'den streikenden Ruhr- bergleuten solidarisch zu erklären. Falls bis Mitt - woch, 9. April, mittags 12 Uhr, die Forderungen der Bergarbeiter nicht restlos bewilligt seien, seien die Notstandsarbeiten nicht me,hr auszuführen. Die Konferenz spricht denen, die sich für die Negierungstruppcn haben anwerben lassen, ihre tiefste Verachtung aus und beschließt, dafür Sorge zu tragen, daß diese kunstigbei keinem Werk angestellt werden.. Sie sollen gemieden werden wie die P e st. Nach dieser Meldung sind bis gestern nachmiitag 5 Uhr 215 Schachtanlagen mit 345 000 Mann a I 8 i m General - streik befindlich gemeldet worden. Es sei anzu- meymen, daß die zum Teil noch arbeitenden 35 Zechen sich in den nächsten Tagen anschließcn werden. Die Arbeiter der Kruppschen Werke in Essen, mehr als 10 000 Mann, haben sich dem Generalstreik angeschlossen und sich mit ben Forberungen der Bergarbeiter solidarisch erklärt. Ueber ben Streik bei Krupp liegt noch eine weitere Meldung vor, wonach die Arbeiter in große Erregung geraten seien, weil in den Kruppwerken einige stiften mit Waffen und Munition gefunden worden feien. Hie Arbeiter glauben, daß diese Wassen von den Beamten gegen die Arbeiter verwendet werden sollten. Die Firma Krupp' erklärt, daß diese Waffen au3 den Beständen der Kommandantur herrühren, die vor einigen Wochen auf Anordnung des Generalkommandos der Firma über - geben wurden, weil sich von dort au8 die Verladung le-ckter be - werkstelligen ließe. Einige Beamte, die an ben Vorarbeiten s"r die Schäftung der Essener Reservewehr beteiligt waren, hätten aus diesen Beständen mit Genehmigung des Generalkommandos, aber ohne Wissen des Direktorium» der Firma, 240 Gewehre und Maschinengewehre für die Reservewehr zurückbehalten. Diese Beamten sind von ihrem Dienst dispensiert worden. Da der Streik sich auch aus die Kraftanlagen erstreckt, li^gt der gesamte Betrieb still. Politische Nachrichten. Tas (Chaos in Bayern. AuS München meldet das „SB. T.": In einer sehr erregt bet. laufenen Versammlung sprach Tr. Neuratli über die Soziali - sierung der Räte. In der stürmischen Tiskussion wurde mitge - leilt, sämtliche Kasernenrate Münchens Hallen einmütig beschlossen, dem Landtag keinen Schutz angebetben zu' lassen. Nack. Augsburg ist eine Abotbnung bet Münchner MehrheilS- soziasisten-gefällten, um beruhigend zu wirken. Bon Nürn. b e r g aus erlassen bie Deulschbemokraten unb der Teutsche Bauernbund einen gemeinsamen Aufruf zur Vorbereitung des Bürgerkieges, falls gewissenlose Fremdlinge und Phantasten ben Generalstreik verkünden sollten. SchlimmslensallS bleibe nur eine Wahl: LoS von München! Tas nettste Mittel ßCRett TozialisierilNsi. (Eigener Drahtbericht für das „Hamburger Echo'.) Tas Braunschweiger LberlandeSgericht verkündete eine Ent- scheidung. wonach bie Braunschweiger Sozialisietungsmaßnahmen als mit ben bestehenden Reichsgesetzen unvereinbar und daher al» - unzulässig und schadenersatzpflichtig bezeichnet werden. Der San* desfiSkus und die Volkskommissare für Inneres und Arbeit roer-' den als persönlich schadenersatzpflichtig erklärt. Vorlättfigcr Abschltti; her Kölner Verhandlungen. ' Tie Wilsonschen Verhandlungen in Köln gelangten zu einem vorläufigen Abschluß, ba bie alliierte Kommission bie deutscher - seits bargeftgten Gesichtspunkte dem obersten Wirtsckaftsrat be - richten muß. Es ist deutscherseits kein Zweifel darüber gelassen worden, daß der Zustand, der durch das Luxemburger Abtommen, in der' gegenwätigen Handhabung durch Frankreich gesckasfen wurde, unmöglich anbauern kann, wenn bie Alliierten wirklich be - absichtigen, die deutscke Kohle al» Ausfuhrartikel für -bie Leben» miuelzahlung an die Alliierten heranzu^iehcn, wenn es ihnen mit dem Wiederaufbau des deutschen Wirlichaftslebens und der Be - ruhigung Teutschlands durch 'die industrielle Arbeitsmöglichkeit ernst ist. Die freie Verfügung über die links- und recktSrhe'ni- schen Kohlenförderungen unb ber freie Austausch zwischen den beiden Gebieten ist für uns unerläßlich. Nur wenn dies un» zu- gesickert wirb, können wir zugleick durch Kohle in Form von Export der deutschen tnbuitrieHen Arbeit unsere Lebensrnittel ^zahlen und auch hierdurch dazu beitragen. Deutschland» inneres Sehen auf einen festen Boden zu stellen. Tie bolschewistische Niederlage im Kaukasus. Der „Lokalanzeiger" meldet auS Bafel: Aus London meldet Havai: Tie Truppen' des Generals ShkuroS haben am 28. März bei der Einnahme von WladivakaSk in Ciskaukasien die 100 000 Mann starken bolschewistischen Truppen voll - ständig geschlagen. Es wurden übet 50 0 00 Mann gefangen genommen. 13 Panzerzüge, 100 Loko - motiven, 200 Geschütze, 350 Maschinengewehre wurden erbeutet. Tie englische Regierung gegen freies ^rauenwahlrecht. WTB. London. Meuter. Das Unterbaus nahm die von ber Arbeiterpartei cingebrachte Vorlage, die sür die SBtfeitißung der für die Frauen geltenden Zurücksetzungen cintritt, in zweiter Lesung einstimmig an. Tie Vorlage hebt den Ausschluß ber Frau von staatlichen unb richlerlicken Aemtern auf unb erkennt ihnen dieselben Reckte unter den Bedingungen wie Sen Männern zu. Tic „Pceresses in tbeir own right" sollen das Recht erhalten, in: Oberhaus zu sitzen. Addiion erklärte, die Regierung werde keinen Antrag auf Abänderung des bestehenden Frauenwahl rechts annehmen und' werte die Streichung dieser Klausel in der Komwission beantragen. Sic nehme indessen die in den anderen. Bestimmungen der Vorlage enthaltenen Grundsätze an. Hktzrckord. Tie Berliner „Frcibeit" erklärt die Wolfr-Mcldung übet < eine geplante Militär-Revolte als eine Lockspitz.'lgeicklckie. Si« fragt, warum die Regierung denn die Namen ber angcblick in die Sache verwickelten Mitglieder ber U. S. P. nicht nenne. Der, Wal-winkel. ' v s Novelle von Theodor Storm. >. " nj Hatten feine Worte die Schärfe ihres Blickes geweckt und sah re, was thr bisher entgangen war, einen Zug beginnenden «er. f-Es in ieinem Antlitz? - Toch schon hatte sic sein Haupt zu sich herabgezogen und erstickte ihn fast mit ihren Küssen. Dann riß sic sich los und ging rasch hinaus. . Als sie fort war, machte er fidj an fetr.cm Schreibtisch zu tun. Mit einem bcjonberS künstlichen schlüssel öffnete er ein Fach b:-- selben, in welchem er seine Wertpapiere vetwahrt hielt. Er nahm aus den verschiedenen Päckchen einzelne h:rvot, schlug einen weihen Bogen darum und setzte eine Schrift daraus. Als das geschehen war, nahm er einen zweiten, dem, wo in ft ex; das Fach geöffnet hatte, völlig gleichen Schlüssel, paßte ihn in das Schlüssel - loch und legte ihn dann neben die Papiere auf die TiTlipIatte. Der Abend war schon so weit hercingcbrochen, daß er altes tast im Dunkeln tat; über den Tannen drüben war schon dcr^ letzte Hauch des braunen AbcnddustcS verglommen. Als Franziska nach einer Weile mit ber brennenden Lampe hereingetreten war und schweigend das Zimmer wieder verlassen wollte, ergriff er ihre Hand und zog sie vor den Schreibtisch. „Kennst Du das. Franziska?" fragte er, indem er einige der Papiere vor ihr entfaltete. Sie blickte scharf darauf hin. -Ich kenne e$ wohl,' erwiderte sie; .es ist so gut wie Geld." -Es sind S:aat/!papiere.' -Ja. ich weiß, ich-habe bet dem Magister einmal zu solchen «in Verzeichnis machen müssen.* Er zeigte ihr ein Konvolut, woraus in frischer Schrift ihr Name stand, und nannte ihr deö Betrag, ber barin enthalten war. -Es iü Dein Eigentum," sagte er. „Mein, bas viele Geld?" Sic blickte mit scharfen Augen auf da» vcrjchloffcm' Päckchen. „Versteh mich. Franzi," begann er wieder, „schon jetzt ist cS Tein; am allermeisten aber" — und er verschlang bie jnngc Ge- statt mit seinen Blicken — „in dem Augenblicke, wo Tu selber nicht mehr mein bist. Du wirst dann völlig frei fein; Du sollst eä jetzt schon sein." - . Er sah sie an. al» erwartete er von ihr eine Frage, eine Bitte um Erklärung; da sie aber fdjtmcg, sagte er in einem Tone, ber wie scherzend klingen sollte: „-Da Tu jetzt eine Kapitalisti-n Bist, so muß ick Dir auch den .nötigen EigcntumSsinn cinzu- pflauzcn suchen.' Und er nahm eine von den Zeitungen, die unterlagen, zog bie Geliebte auf feinen Schoß unb begann die Rubrik ber Kurse mit ihr durckzugehen. Dann aber, als sie hm aufmerksam zu- zuhören schien, lachte er selbst über sein schulmeisterliches Be - mühen. „ES ist spaßhaft! Du und StaatSpaprere, Fränzil Du hast natürlich fein Wort von allem dem verstanden!* Aber sie lackie nicht mit ihm: sic war ton seinem Schoße herabgeglitten und begann eingehende Fragen Über daS eben Gehörte an ihn zu richten. Er sah sie verwundert an. „Du bist gefährlich fiug, Franzil" sagte er. „Magst Du lieber., datz tch's nicht verstehe, wenn Du mich belchrst?'" „Nein, nein; wie sollte ich!" Sie wollte gehen, aber er rief sic zurück. „Vergiß den Schlüssel nicht!" Und indem er sic an den Schreibtisch führte, setzte er hinzu: -Dieses Fach enthält jetzt mein und auch SDein Eigentum. Möge es nie getrennt werden!" Sie hatte indessen eine Schnur von ihrem Halse genommen, woran sic cine_fleine goldene Kapsel mit ben Haaren einer früh- verstorbenen Schwester auf ber Brust trug, und war eben int Begriff, danebem auck den Scklüffcl zu befestigen; aber ihre ge - schäftigen Hände wurden zitrückgchalten. „Nein, nein, Franzi, sagte «. -Wo» beginnst Du!" — Er hatte da» Mädchen zu sich hcrangczogen und küßte sie mit Leidenschaft. — -Leg' ibn fort, wen fort! zu Deinen anderen Singen. Was denkst Tu denn! Soll ich den stassenschlüss«! an Deinem Hetzen finbgn?" Sie würbe rot. ..Was Du auch gleich für Gebanken hast!' sagte sie utib streckte ben Schlüssel in tue Tasche. @S war in ber ersten Hälfte des August. Sckwiu waren die Sage; trübselig in ber Mauser saßen die Vögel im Salbe, nur einzeln« prüften schon daS neue Fcdcrkleid zum zweiten Abschieds- finge; aber desto schöner waren die Nücktc mit ihrer erquickenden Kühle. Draußen im Waldwaycr, wo vordem die Iris blühten, wie auf dem Hofe in ber Ticfe der offenen Brunnens spiegelten sich jetzt bie schönsten Sterne: im Nordostcn be$ nächtlichen Himmels ergoß bic Milchstraße ihre breiten. leuchtenden Ströme. Rickard hatte während einiger. Tage den nächsten Umkreis des Wakdwinkels nickt verlassen; ein Körperleiben ouS den Iohren feiner Kerkerhaft, die nickt nur im Kupke des Winkel- advokaten spukte, war wieder aufgetaucht und hatte wie eine läh- nienhe Hand sich auf ihn gelegt. Jrtzt saß er, die linde Nacht erwartend, auf einer Halzbank, welche draußen vor der Utnfassungsmaucr angebracht war; an feinet eene lag sein löwengelber Hund. Stern um Stern brach über ihm au» ber blauen Htnvmcl-fernc; er mutzte plötzlich seines Iugcnsgluos gedenken. — Wo — was war Franziska zu jener ■ Zeit gewesen? — Ein Nicht», ein schlafende. Keim! — Wie lange hatte er icfon gelebt! Tic T rlmulde entlang begann ein kubier Hanoi zu wehen; er hätte wohl lieber nicht in der Abcnd- luft dort sttzen sollen. Da scklug der Hund an und richtete sich auf. Gegenüber auS ben Tannen lrcßen sich Schritte vernehmen, und bald erschien bie schlanke Gestalt «ine» Mannes, rasch ttuif dem Futzsteige hinab, schreitend. -Ruhig, Leo!" sagte Richard» unb ber Hunb legte sich gehorsam wieder an seine Seite. Der Fremde war indessen nähcrgäkommen, und Rickard er - kannte einen jungen Mann in herkömmlicher Jägertracht, mit dunkclrn. krausem Haar und kecken GeftcktSzügcn; sehr wciße Zähne blinkten unter seinem spitzen Zwickelbärtchen, als er jetzt, leichthin die Mühe rückend, -guten Abend" bot -Die wünschen etwas von mir?* sagte Richard, indem er sich erhob. -Von Ihnen nicht, mein Herr; ich wünschte daS junge Mäd» chcn in Ihrem Haus« zu sprechen." ES war eine Zuvcrsickllichkcit dcS Tons in diesen Worten, die Richard da» Blut in Wallung brachte. -Und was wünschen Si« von ihr?" fragte er. „Wir jungen Leute haben auf Sonntag einen Tanz im Städtchen brühen; ich bin gekommen, um sie dazu einzuladcn." -Darf ick erfahren, wem sie diese Ehre danken sollte? Ihrer Spracke nach sind Sie nicht aus dieser Gegend." -Ganz reckt." erwiderte in seiner unbekümmerten Weise ber andere; .ich verwalte nur während der Vakanz die erledigte Försterei der Herrschaft.' -Aber Sie irren sich. Herr Förster; bie junge Tarne, biq in meinem Hause lebt, besucht ikicht solche Tänze." -O, mein Herr, eS ist die anständigste Gesellschaft!' „Ick zweifle nicht daran." Der andere schwieg einen Augenblick. -Ich möchte doch die junge Dame selber fragen!“ „Es wirb nicht nötig sein!' Richard wandte sich nach der Pforte. Da der Förster auf ihn zutrar, als wollte er ihn zurückhalten, streckte der Hund seinen mächtigen Nacken und knurrte ihn drohend an. „Bemühen Sie sich nicht weiter, Herr Förster!" sagte Richard. Ein sckarscr Blitz fuhr aus den Augen des jungen Gesellen; er biß,in seinen Zwickclbart; dann rückte er, wie zuvor, leichthin bie Mühe und ging, ohne ein Wort zu sagen, den Fußsteig, den er gekommen war. zurück. Auf halbem Wege wandte er sich noch einmal unb warf einen Blick nach den Fenstern des WaldwinkelS; bald darauf verschwand er drüben in dem schwarzen Schatten der Tannen. — Während der Hund, wie zur Wackc, nock unbeweglich an dem Rand ber Wiescnmuldc stand, war Rickard ins Haus zurück, gegangen. AIS er oben, in da# Wohnzimmer trat, sah er Fran - ziska am Fenster neben, die Stirn gegen eine der Glasscheiben gedrückt; ein Staubtuch, baS sie vorher gebraucht haben rnodge, hing von ihrer Hanb herab. .Franzi!" rief er. Sie kehrte sich, wie erschrocken, zu ihm. -Sahst Du den jungen Menschen, Franzi-' fragte er wieder. I „Es war derselbe, der uns in letzter Zeit ein paarmal im Cher-, wald begegnet ist." . -Je., ick bemerkte cs wohl.' • .Hait Du ihn sonst gcschn?" Zn Rickards Stimme klang, etwas, das sie früher nie darin gehört hatte. äS blickte ihn forschend an. -Ich?' sagte sie. „Do sollte ich. ihn denn sonsr gesehen haben?" „Nun — er war so gütig. Dich zum Tanze zu laden.' „Ach, Tanzen!!" lind ein Blitz von^hcllcr Jugctwlust schoß' durch ihre grauen Augen. Er sah sie fast crsckrocken an. „WaS meinst Tu, Franzi?* sagte er. .Ich habe ihn natürlich abgewicscn.* .Ahgcwicsen!" wicbcrboltc sie tonlos, und er Glanz in ihre» Augen war plötzlich ganz erloschen. „War das nicht reckt, Franzi? Soll ich ihn zurückruscn?" Aber sie winkte nur abwehrend mit der Hand. — Ohne ibn anzusehcn, doch mit jenem scharfe» Klang der Stimme, der sich zum erstenmal jetzt gegen ibn wandte, fragte sic nach einer Weile:, «Hast Du je getanzt, Rickard?" „Ich, Franzr? Warum frag’t Tu so? — Ja, ich habe einst gelang." . ' - -Nicht wahr. Wd cS ist Dir eine Luft gewesen?" -Ja, Franzi," sagte er zögernd, -ich glaube wohl, daß ick eS gern getan.“ „Unb jetzt,' fuhr sic in demselben Tone fort .-jetzt tanzt Tw nicht mehr?" „Nein. Franzi: wie sollte ich? DaS iit vorbei. — Aber Du nimmst mich ja förmlich in» Verhör!!' Er versuchte zu lächeln; aber als er sie anblickte, standen die grauen Augen so falt ihm gegenüber. „Vorbei!“ sagte er leise zu sich selber. „Ter Söhauder hat sie ergriffen; sie kommt nickt mehr herüber." Er ließ es still geschehen, daß sic nach einer Weile an seinem Halse hing und ihm eifrig in» Ohr flüsterte: „«ergib! Ich habe dumm gesprochen! Ich will ja gar nicht tanzen." (fiortfeeung folgt» Theater und Musik. - \ Kammeripitle. Heinrich Mann. der kraftvolle Epiker, ist in dem Tram» -D i« Schauspielerin", das unter Erich Engel» Lei-' tüng am Freitag >n ben stammeri'piclen gegeben wurde, ein tobt schwächlicher Dramatiker. Seine Unzulänglichkeit im Technischen wird bisweilen sogar zur Unbeholfenheit t:nb zur Hilflosigkeit, die lächerlich wirft. Doch wirb sich «in Dichter von der Glut unb straft Heinrich Mann» natürlich nicht ganz verleugnen: In ber Problemstellung unb in ber Gestaltung ber Charaktere erkennt