(Ta« a m b n t a e r C bnirtct«l, Aoili or: fiet)lan»flia8e 11. i «lock. Ur. 301. MmvurgerEcho KniHnr* bl« stbnntfnnUen« Vrtltjdle eo 4, ^luüollch (*' । V3l. ItetrmiiK'w schlag. 'llrbdtainnrTt.'Urv. mietmie«’ und Aamlllen» an,iei«eii 80 4 rini«in«n- ilminbmr ffcl)lanb(trafic 11 tm dibfltldii'6 (bi« 7 lUir nbeiib« für dH, folgcnbcii Taa), In ben yltlaUn ibl« s Ubn u. in allen Vlnnonctn» Bureau*. Platz» uns- Daten» norlchrttienohneverbiiisiich. !«lt. ReNamen tm rcbatüe» nellen Lell werden auch geaen diitgeti nicht aulflenommn bietet Beziehung bet Rücksicht aus buS AuSlanb keinerlei Spielraum einräumen möchte. (Lebhaftes: Bravo! bei ben DDV. und rechts.) Daß bie Bezeichnung „Teutsches Reich" begrifflich gleichzusetzen sei mit Kaiserreich, ist völlig verkehrt. Ich lasse mir den Stolz auf das Deutsche Reich nicht nehmen. Es war ein Gebilde, auf das wir mit Recht stolz sein dürfen. lLebhafies: Bravo! bei den DTP. und rechts.) und deshalb "kann ich mich nicht bereit erklären, durch die Geschichte der letzten 45 Jahre ein - fach einen Strich zu machen. Herr Dr. Cohn meint, daß es vielleicht besser gewesen wäre, wenn die Revolution eine stärkere Sioßkraft in bei Richtung eines Einheitsstaates ausgeübt haue, ^a^iider läßt^sich reden; aber wir kommen an bet Tatsache nicht vorüber, baß es der tllenolution nicht gelungen ist, und daß sie es vielleicht auch gar nicht gewollt hat, den Einheitsstaat an die Stelle des Bundesstaates zu setzen. Man wird gewiß auch nicht behaupten könner, baß die-Unabhängigen in der Zeit, als sie in Bayern bie Herrschaft hatten, sich bereit gefunben hätten, einen starken Vorstoß in der Richtung bes Einheitsstaates zu unter- nehmen und ben PartikulariSmuS mit Keulen totzuschlagen. Die Revolution hat nur die Verfassungsform geänbert, an ber Struk - tur des Reiches als BunbeSstaat hat sie vielleicht nichts ändern wollen, hat sie jedenfalls tatsächlich nichts geändert. Gewiß, das Verfassungswerk ist auch in der Frage des Einheitsstaates ein Kompromiß, aber wie ich als überzeugter Unitarier bekennen muh, ein sehr respektables. (Beifall.) Dr. C.itnrf (SD.): Ueber bie Frage, ob es in der Ueberschrift „Deutsches Reich" ober „Deutsche Republik" heißen solle, läßt sich streiten. Wit messen ihr aber keine große Bedeutung bei, da in ber Verfassung selbst von ber deutschen Republik bie Rede ist. Um aber Mißdeutungen vorzubeugen, sind wir geneigt, für den Antrag Cohn zu stimmen. Wie weit sind nun Möglichkeiten für feine Durchführung vorhanden? Die Wahrheit ist, die Nevo, lution hat womöglich eine Verstärkung des Partikularismus iw Deutschland gebracht. (Sehr richtig!) Bei den Beratungen im Reichsamt des Innern hat gerade Eisner die stärksten Vorstöße für den PartikulariSmuS gemacht, und gerade Braunschweig, dieser ganze revoluliouäte Staat, ist genau ebenso ausgetreten. Unb ist es denn ein Zufall, daß die sozialen Errungenschaften des alten deutschen Staates auf partikularistischer Grundlage ab - gelöst werden sollen? Die Revolution hat bas Gegenteil des Einheitsstaates erreicht. Die Unabhängigen haben so viele Massenbewegungen gemacht, aber eine für den Einheitsstaat nicht- (Sehr richtig!» Er kommt also sehr spät. Wie kommt er jetzt zu solcher Entschlußkraft? Ueberdies wäre bie Frage Einheitsstaat ober Gliederung des Reiches nicht bei diesem Ar - tikel zu erledigen, sondern bei denen über die Kompetenz bes bleiches. Da müßte Dr. Cohn einsetzen. Wir haben eine Menge großer Verwaltungen, zuletzt noch bie Zoll- unb Steuerverwal - tungen, im Reiche zusammengefaßt. In bem Antrag« ist aber darüber kein Wort zu finden. Solche Zusammenfassung tm Reiche wär« doch für bie Verwaltung ber Einzelstaaten geboten. Auch in dieser Frage haben bie Unabhängigen keine Entschluß - kraft gezeigt. In b.n enischeibenben Punkten die Reichskräste zu siärlen, darauf kommt cS an. Darin könnten wir einig gehen. Vorläufig heißt eS: Nur eine langsame, kontinuierliche Arbeit im Sinne der Vereinheitlichung. Nur so können wir zum Ziele kommen. - Der Antrag Agnes, all Ueberschrift „Verfassung ber deutschen Republik" zu setzen, wird obyelehnt. Die Ueberschrift .Verfassung des Deutschen Reiches" wird angenommen. thue Aussprache wirb auch bie Einleitung angenommen. El folgt bie Beratung über Artikel 1, in dem bestimmt wird: Dal deutsche Reich ist eine Republik; die Staatsgewalt geht vom Volke aus. Dr. v. Delbrück (DNP.): Wir können an diesem Artikel nicht stumm vorübergehen, dazu ist seine Bedeutung zu groß. Für uns bedeutet dieser Artikel den Abschied von einer großen Vergangenheit, von einer Verfassung unb bem alten Demschen Reich. Diesel, daß sei im Gegensatz zu dem Abgeorbnelen Cohn betont, war seine Zufälligkeit, sondern bas Ergebnis der Leistungsfähigkeit bes beuttoen Volkes. Der Artikel bebeutet Ierner Den Abschied von der konstitutionellen Monarchie und den lebergnug zum parlamentarisch regierten Volksstaat. Für unS entsteht daraus bie Frage, ob wir unser Siegel unter diese Tat - sache drücken sollen. Wir verneinen sie, weil wir noch heute grundsätzliche Anhänger ber Monarchie finb. (Lebhafter Beifall rechts.) Die demokratische Monarchie, soweit sie sich vor ber Revolution anzubahnen begann, halten wir für Deutschlands zweckmäßigste Staatsform, zweckmäßiger als bie beabsichtigte radi - kale Republik. Dennoch wollen wir auf dem Boden ber neuen Tatsachen weiter arbeiten und eine Politik ber Aktivität treiben, bie unser Vaterlanb zur Macht wieder erwecken sann. (Lebh.ifteS hört, hört! links.) Der Rückblick auf das Reich unb feine Ver - fassung festigt in uns bie Auffassung, daß sie unter einem gün- stigen Stern geboren wurden. Der Geist von Weimar unb ber Geist von Potsdam drückt sich in ber alten Verfassung aus. Dem vorliegenden Entwurf merkt man jedoch die Leiden an, die baS deutsche Volk während seines Entstehens ertragen hat. Sie ist nicht der Ausdruck für den Willen eines freien, seiner Kraft be - wußten, sondern bie Arbeit einer geschlagenen Volkes. Das brückt sich in vielen Punkten aul, für beten Fassung bie gute Stellung zu unseren Feinden maßgebend gewesen ist. Wir bedauern namentlich die Abstimmungen über bie Reichswehr, bie in einem Augenblick ergehen, wo ber Wilsonsch« Völkerbund aufgerichtet werden soll. Ein Bluft, mit dem weiter nichts, all die wirt - schaftliche und politische Knechtung bcS beutschen Volke» erreicht werben soll. Wo sind ferner die Freunde eines Anschlusses Deutsch-Eesterreichs an Deutschland geblieben? Wahrlich, in dieser Verfassung ist nichts von dem harten Wirklichkeitssinn Preußen» und nicht» von dem stolzen Selbstgesühl unserer Wei - marer Großen. Wir verneinen bie Frage, ob eine Republik bie Aufgabe erfüllen und uns au» bet Not zur Höhe führen kann, mit aller Bestimmtheit. . (Lebhafter Beifall recht».) Wir be - kämpfen bie Bestrebungen, jede Kontinuität bei deutschen Staate» mit dein alten Reiche zu zerstören unb die Ausführung bet Ab - sicht, die frühere Zeit au» bem Gebächtnis auSzulöschen. Es ft Fürsorge getroffen, daß bie Schulen in bet angebeuteten Art tätig sein sollen. (Lebhafte» hört hört! recht».) Man wird eine Kon - trolle übet bie Lehrtätigkeit einführen und alle Erinnerungen an da» alte Reich üetnteiben. AuSrotten wird man bie Erinne - rung an die große Zeit aber nie. (Lebhafter Beifall rechts, große unrulje linse. Zuruf: Sie löschen auch ben ©ebaaseu an bie Hungersnot nicht auS!) Wir vertrauen darauf, daß der neue Staat den Kampf in Wort unb Bild nicht beschränken will. Wir verlangen diese Freiheit auch für un». Wir verlangen, daß wir nicht gehindert werden, im ganzen Lande unsere Auffassung zur Geltung zu bringen. (Lebhafter Beifall recht».) Wir richten ben besonderen Wunsch an die Regierung, baß bie Lehrer, denen die staatsbürgerliche Ausbildung anvertraut wird, aus der Seele der Kinder den Geist de» weichen Pietismus heraustreibt, der neuerdings Mode geworben ist, und da» stolze Selbstgefühl ein- pflanzen. Wir wünschen auch der Regierung bie Fähigkeit zu raschen und mutigen Entschlüssen, wenn sie ihre Fähigkeit jetzt noch betätigen will, dann muß tu» rasch geschehen. (Große Un - ruhe links Zuruf: Es lebe der neue Krieg!) Möge «s ge - lingen, unser Vaterland auf eine Höhe zu führen, die ut.3 vor erneuten Schrecknissen bewahrt. (Lebhafter Beifall rechts. Zuruf links: So spricht ein schuldiger!) Von ber Abg. Frau Agne» und Genossen ist inzwischen ber Antrag eingegangen, ben Sah 1 in Artikel 1 wie folgt zu fassen: Die beutsche Republik ist ein Einheitsstaat. Reichsminister Dr. David: Der Herr Dorrebner hat ge - fragt, ob für feine Partei bie Freiheit gelten solle, von der in der Verfassung bie Rebe ist. Ganz gewiß, bie neue Verfassung eröffnet bie freie Bahn für jeben geistigen Kamps. Da» ist bie große Errungenschaft der neuen Verfassung im Gegensatz zum alten System. (Beifall und Widerspruch.) Gegenüber bem Vor- n.;rf des Herrn Dr. Delbrück, dix Verfassung trag« den Charakter der Schwäche und der Weichheit, stelle ich fest, daß ber Artikel 1 lautet: Tas deutsche Reich ist eine Republik; die Staatsgewalt geht vorn Volke aus. Ich glaube, daß sind starke (Zuruf rechts: Worte!) Das sind starke Sähe. Und wenn bie Herren (nach recht») die Probe aufs Exempel versuchen wollten, ihrs Auffassung gegen diese Feststellung auf bem Wege der Gewalt durchzusetzen, so werben Sie finden, wie stark unb kraftvoll bie Republik be - gründet ist. (Sehr wahr! unb lebhafte Zustimmung links. Wider- ipruch unb Zurufe: Generalstreik! rechts.) Auch ber General - streik hat bie republikaniscbe Verfassung nicht umzuwerfen ver - mocht und wirb sie auch aller. Voraussicht nach nicht nmmerfen. (Zurufe: Abwarten!) Dann hat der Vorredner gemeint, die Lage, in ber bie Verfassung verabschiebet werde, sei eine fried- selige. Es seien Träume zerronnen unb Illusionen zerschellt aus bem Wege von Span nach Versailles, unb er hat tm Gegensatz bazu bat Lob des alten System» gesungen. Er hat nur ver - gessen, daß biefe alte Herrlichkeit in sich zusammengebrochen ist («ehr wahr! unb lebhafte Zustimmung links.) Tie beutfdK Re - publik hat eine bankerotte Firma übernehmen müssen. (Beifall links, Wiberspruch und Unruhe recht».) Sie bat getan, was bem Pflichtgefühl unserem Volke gegenüber entspricht und ((Ge - lächter rechts) bie beutsche Republik wirb baS beutsche Volk toieber emporführen au» bem tiefen Sturz, in den e» durch da» alte System gebracht worden tse, und darum soll bie neue Ver - fassung gute Dienste leisten. Koch (DDP.): Nach ben in versöhnlichem Sinne gehaltenen Erörterungen in der KvmMission hätten wir nicht geglaubt daß sich hier bei Art. 1 eine Partei unversöhnlicher Verfassungsziegner auftun würde. Ich meine, wir sollten heute nicht in Wunden wühlen, die un» bie Vergangenheit geschlagen hat, frühern wir sollten versuchen, uni zu iammenzu schließen, um diese W unsern zu heilem. Da» können wir aber weder nach ben Idealen ber äußersten Rechten ober äußersten Linsen, frühern nur auf dem Boden, ben wir in der Verfassungskommission zu Ünben uni ehrlich bemüht haben. (Beifall bei den Unabhängigen.) Wal vte Frage ber Monarchie arrbeUmgt, so habe ich schon bei früheren Gelegenheiten einmal erklärt, daß wir sein« grundsätzlichen Repu - blikaner sind, wenn die Monarchie richtig geführt worden wäre, wenn sie vor allen Dingen zur rechten Zeit die nötigen 3u- geständnisse gemacht hätt«, so bin ich überzeugt, sie wäre zu halten gewesen. Heute aber ist ber rechte Zeitpunkt gerade durch bie- jenigen, die sich immer schützend vor di« Blonarch.e stellen wollten, verpaßt und heute sann von einer Wiedereinführung bet Monarchie seine Rede mehr fein. Wir werden den Worten der Verfassung auch Taten folgen lassen. Sie gibt un» zwei große Grundgedanken, den Einheitsstaat aber bie Reichsein he,i und den ®ebansen ber Demokratie. Wenn mir den vollkommenen Ein - heitsstaat nickt haben, so trifft die Schuld diejenigen, di« im No- vember an alle» mögliche dockten, nur nicht an die Herbeiführung der Einheit ix» deutschen Voise». (Sehr richtig!) Hier rächt sich da» Wesen jeder gewaltsamen Revolution. Mau reißt die Mauern um, um nachher zu sehen, seiß nun do» Hau» einstürzen muß. So verfuhr man in Braunschweig und in Bayern. Di« wirkliche Reform beruht auf der Revolution Ober Entwicklung. Wir streben den deutschen Einheitsstaat am mit aller Ruhe und C^elassenbe" . aber in aller Sicherheit. Da» Reich erhält auch bie Möglich! it, seine Zuständigkeit zu erweitern, bie Ucbelftänbc ber alten Vet fassten^ die die Re-chseinheit hinderten, sind beseitigt. Das . : seine Kritik de» Bilmorckschen Werke», do» et selbst für nicht vollendet hielt. Der demokratische Grundgedanke ber alten Fassung bleibt hinter bet heutigen zurück. Diktatur und Parlotnentarir- mit» decken lick nicht. Bewuß: haben wir deshalb dem Reib:- Präsidenten Recht« gegeben, selbst Stellung zu nehmen und den Volksentscheid anzutufen. T-t» ist ein wirksamere» Korrektiv al» zwet Kammern ober ürbeiterräte. So wird auch bet ruhige Untergrund des Volkes seine Wunsche durchsetzen können. Wenn da» Volk erst zur Ruthe gekommen ist, wind es erfahren, ein wie große» und gcrualtigeS Werk mit der Verfassung entstanden ist. Die Jugend ist in ihrem Sinne erzogen unb wird nicht mehr ber Spielball von Augenblicksanfällen fein. Wit wollen da» Volk stahlhart erziehen. Haase (USP-): 'Der Reichsminister bat gesagt, freie Mei - nung Säuberungen sollen nicht unterbrückt werden. Dennoch tse jetzt bie „Rote Fabne" und nach ihr sind noch anber« Zeitungen verboten. Der „Breslauer Arbeiterzeitung" ist sogar ba» Un - erhörte passiert, daß fit ihren Lesern da» V«rl>ot nicht mitteilen durfte. Wie kann man-ba sagen, daß die Presseverhältnisse gan» gesichert finb? Im Oktober 1917, als wir außerhalb bcS gemeinen Rechts gestellt werden sollten, haben sich, wie ich anerkennen muß, auch bürgerliche Parteien gegen dies« Maßregel erhoben. Heut« sind bi« Kommunisten geradezu für vogelfrei erklärt worden. (Seht richtig! bei ben USP.) Solche Zustänbe haben wir nickt mal bei dem Sozialistengesetz erlebt. Hin ruh: bei den USP.) In den Massen lebt ber Drastg nach positiver Neui'chafjung. ((Ge - lächter.) Herr v. Delbrück wird in Wahrheit unter Duldung bet Regierung wieder Iriegerisebc Aktionen gegen bie Polen beginnen. Daß baS Volk diesen Bestrebungen entgegentritt, erklärt sich nicht auS einem Gefühj der Müdigkeit, sondern der Ernüchterung und Selbjtgesinnung und au» ber wahren Tatkraft in ben Arbeitern gegenüber diesem vevdreck^tischen Vorgehen. (Rufe: Zur Sache!) Wir wollen die Beibehaltung ber Gewalt, bie Verherrlichung de» Kriege», Ueberhebung und Anmaßung beseitigen. Tie Jugend soll sich fühlen im freien Geist« beS Menschentums rund der Stier- brüberurtg. (Beifall bei den USP.) Reichsminister Dr. David: Den Vorwurf bcS Vorredner» muß ich zurückweisen. Soweit sich bet Kampf tm Rahmen des geistigen Kampfes hält, wirp er von bet Regierung niemals ein- geschränkt werden. (Widerspruch bei den US.) Aber wenn aufgeforbert wird, Gewalt anzuwenden, mit Handgranaten (Stür - mische Zurufe bei den US.: Wo steht da»? Zurufe bei den SD.: Geschieht ja täglich!), dann ist ec- Pflicht der Regierung, bie Demokratie vor ber harten Bedrohung zu schützen. (Lebhafte Zurufe zwischen den beiden sozialistischen Parteien, andauernder, Lärm.) iDe Regierung würde den Abgeordneten Haase und seine Freunde, wenn sie ihren ganzen Einfluß aufbicieit toü’rben, auch noch die weiter links stehenden Schichten veran - lassen, daß diese davon Abstand nehmen, ihrerseits mit Gewalt, zu drohen und sich im Rahmen des geistigen Kampfe» zu halten.' Da» ist ber schnellste und sicherste Weg, jeben AuSnahiuezustand und jeden BelagetungSzustand unb jede» Jrageverbot aus der die pariser. Ein Roman auS Hessen von Alfred Dock. l8] ’■ II. . Vom Oberdorf führte in nicht viel mehr als zehn Minuten rin Vizinalweg zum Fichtenhof. Ehemals von den Eigentümern, . "^ciherren von Humbracht, bewirtschaftet, war dieser später ~ gegeben worden. Als tm Jahre 1796 die französischen Xruppcn brandschatzend das Hessenland durchzogen und auch ben tvirijtemjof plünderten, rettete der Ackerknecht Daniel Specht bem kfreiyerrn Renatus von Huinbracht bas Leben. In Anerkennitng dieser Lat vermachte ber Gutsherr seinem Knecht einen Wald, ben .lobeiropf Der war im Verlauf von sechzig Jahren Gernein- gut Bieler s-rven geworben. Zur Zeit, ba ber Bürgermeister Wallctfteis.^«n Ami antrat, teilten sich neun Familien in seinen Söcseh. ^>cfe^ irarcn burch Brandschaden und Mißernten in Not geratete De-- Bürgermeisters Trachten war auf ben Röberkopf , bedrängten gewährte er Darlehen um Darlehen unb lies; |tci) tfjte Liegenschaften verpfanben. Die Zinsen summten ftd) au, ohn« daß er auf Zahlung bestand. Eines Tages aber, al» «hm das Maß voll zu fern schien, legte er die Maske de» nach- sichtigen Gläubigers ab unb ging gegen seine Schulbner scho- nungSlo» vor. Er kündigte ihnen bie Hypotheken unb erwarb bet der darauf folgenden Versteigerung um einen Spottpreis ben Wald. Den verkaufte er wieder mit beträchtlichern Nutzen au feine Gemeinde unb wurde über Nacht zum vermögenden Mann. Die Ausgepfändeteii hatten als selbständige Bauern ben Vstug geführt, nunmehr als Steinklopfer ein bürftig Leben zu fristen, gab ihr Stolz nicht zu. Daher wanderten sie nach Frank- reich aus. Unter den Emigranten war der BanerSmann Heinrich Specht mit feinem Weib unb seinen Jungen, ein Nachkomme jenes Knechts, dem einst sein Herr ben Röberkopf verschrieben hotte. In Paris fand er wie die meisten seiner Sanbsleute als Straßenkehrer Beschäftigung. Im Faubourg St. Marrel war »'ne ganze Kolonie von Oberhessen beisammen. Ein beutscher Prediger sorgte für die religiösen Bedürfnisse, ein deutscher Lehrer erteilte ben Kindern Unterricht. Die Lebensmittel waren nicht teuer. Auf dem Bastilleplatz hielt der rote Profitier von Schotten echte hessische Zervelatwurst feil. Die Franzosen kamen den deutschen Tickköpsen freundlich entgegen. Diese hatten sich Über nichts zu beklagen, nur bah das Heimweh an ihrem Herzen nagte. Wenn ber Spechtskarl mit wehmütig klingender Stimme > fang: > I „Vater, lieber Vater droben. Laß es einmal nur geschehn. Meine traute Heimat laß mich Nur noch einmal wiederseh'n," trat gar manchem das Wasser in die Augen. Während der Arbeitszeit war zu langen Gesprächen keine Gelegenheit. Desto lebhafter flogen in den Feierstunden bie Neben hin und her. Meist war es ber Bürgermeister Wallenfels, ber im Mittelpiintt ber Unterhaltung stand. Da war keiner, ber nicht ein Stücklein bon seiner Gewalttätigkeit, seiner Herrschsucht und Habgier zu erzählen wußte. Stieg so baS Bilb bes Verhaßten vor ihnen auf, bann brannten ihre alten Wunden, und sie knirschten mit ben Zähnen in ohnmächtiger Wut. Und es geschah, daß der Heinrich Specht von schwerer Krankheit heiingeiucht wurde, der er nach langem Siechtum zum Opfer fiel. Eh' er die Augen ickstoß, nahm er seinem Sohn da» Gelöbnis ab, dermaleinst den Bürgermeister entgelten zu lassen, wa» er der Familie angetan. zum Ausbruch des Krieges blieben die Oberhesjen in Pari». Laun wurden sie mit ben übrigen Deutschen ausgewiesen. In ben letzten Augusttagen bes JahrcL 1871 trafen sie wieder in ihrer Heimat ein. Nicht als Verzweifelte und Bedürftige, wie sie ausgezogen waren, sondern als Menschen, bie einen freien Blick gewonnen hatten unb auf einen gespickten Beutel pochen konn - ten. Ihr Eigentum war längst in andere Hände übergegangen. Sinn bauten sie sich im Unterborf an unb bildeten eine stille Genossenschaft, den Tyrannen zu stürzen. Allen war klar, ob auch nod) Jahre bis zum Ablauf feiner Amtszeit hingehen würden, daß man sogleich mit der Agitation beginnen müsse. Hierbei war die Spechtsmarie, die Witwe des in Paris verstorbenen Heinrich Specht, das eigentlich treibende Element. Sie stammte vom sichten Hof, wo ihr Vater über vierzig Jahre lang das Amt beS Schweizers versehen hatte. Als Kind war sie einmal helinger Sßeife in bie Stabt gelaufen und hatte dort, hungrig wie eine Kirchenmaus vom Fensterbrett eines Bäckerladens einen Weck seibfrt. Die Bäckersfrau, bie es bemerkte, schenkte ihr noch einen bazu unb sprach: „Tu bas nicht toieber!" Beschämt war sie fortgeschlichen. Daheim fühlt« sie da» Bebürfnis, sich bei jemand auszusprechen, unb offenbarte ihrem Spielgenossen, dem Heinrich Speckt, was sie pcxiert hatte. Der gestanb, er habe seiner Mutter während der Kirmes ein Zwei- groschenstück aus bem Geldstrumpf gestrippt. Beide drück:« die gleiche Schuld. Sie sahen sich mit ernsten Blicken an und gelobien einander, nie mehr zu stehlen. Sobald ber Heinrich -Specht in das heiratsfähige Alter getreten war, nahm er bie Marie vom Fichdenhos zur Frau. In ihrer Eheschaft fiel kein böses Wort. Ihr Stolz war ihr Bub, ber Karl. Mit zehn Jahren war ber schon so stark, daß er alleren Jungen Respekt einflößte. Dabei hati« er einen offenen Kopf. In Paris war er von ben Dörflern einer der ersten, die bie französische Sprache erlernten. Auf dem Bastilleplatz würbe er mit einem fliegenben Buchhändler bekannt. Der erzählte ihm, hier habe Frankreich seine Freiqeit roieberge- funden. Vor der Notre-Tam« schloß er mit einem alten Inva - liden Freundschaft. Dieser führte ihn in den gigantischen Bau unb zeigte ihm ben Platz, wo ber erste Napoleon sich die golden« Krone aufs Haupt gesetzt hatte und vom Papst gesalbt worden war. Durch die Josetten'fiel bas Tageslicht gebämpft herein und brach sich in tausend bunten Farben. Im Himmel konnte eS nicht schöner sein. Aus ben großen, freien Plätzen, ben Boulevards, vor ben stolzen Gebäuben füllte sich feine Seel« mit Silbern, die nicht toieber verblaßten. Obgleich die Abreise von Paris in größter Hast vor sich gegangen Ivar, glückte «s ihm boch, allerlei Andenken mitzunehmen. Noch lange nachher trug er fein Käppi. An Tonn- und Feiertagen zeigte er sich mit einer vierreihigcn, silbernen Uhrkette, die er von einem Althändler in der Rue d'Arras erstanden hatte. Iw Torf wurde er nach fast achtjähriger Abwesenheit all ein halber Ausländer zuerst mit Mißtrauen behandelt. Indessen drängte er sich niemand auf. Der einzige, an den er sich, abge - sehen von den Pariser Gefährten, enger anschloß, war der Lehrer Moldenhauer, ber unter den unaufhörlichen Schikanen der Bürgermeisters zu leiben hatte. Ter Umgang Ivar der Spechts - marie eben recht, denn sie wollt«, daß ber Gedanke an baS Werk der Rache in ihrem Sohn lebendig bleibe. Unverrückt ihr Ziel im Auge behaltend, strebte sie zunächst danach, ihren Besitz zu be - festigen und zu vermehren. AIS ihr da» gelungen war, setzse sie alles in Bewegung, wo» ihren Zwecken zu dienen geeignet war. Wallenfels stand auf der Höhe seiner Macht. Tie Gemeinderäte mußten nach feiner Pfeife tanzen, weil fast jeder von ihnen etwa» zu vertuschen hatte. Alle emptanben höchst unbehaglich ben Druck bes Lbergauners, ibn abzuschütteln wagten sie nicht. Eine oft gehörte Klage war, daß ber Bügermeisler bei der Verteilung der Steuern parteiisch verfuhr, sofern er kleinen Leuten, bie nicht zu feinen Kreaturen zählten, Lasten auferlegte und die Söhne reicher Bauern davon befreite. Ten Lehrer, der mit redlichem Willen bemüht war, bessere Schulverhältnisse zu schaffen, fuhr er an, wa» er sich denn dabei denke, daß er den Kindern der Armen höher« Plätze anweise. Auf die Gesckcitigkeit komme es gar nicht an. Er mache die Menscken toiberbiirtig. Wenn es künftig an Säu- schweizern und Steinklopfern fehle, werde man ihm ba» an- kreiden. So zahlreich die Alte der Willkür waren, deren der Dorf - gewaltig« sich schuldig machte, gefiel e» ihm doch manchmal, ein paar armen Schluckern aufzuhelfen, ja sie mit Wohltaten zu über - häufen. Diese fangen dann fein Lob in allen Tonarten und gingen für ihn durchs Feuer. In seiner Familie trat er midi dem jähen Tode seines ältesten Sahne» minder schroff und rin. sichtSIos auf. Seine Frau, die Lisekathriit, war die Tochter des TalmüllerS in Friedborn. Als junge» IRädchen hatt« sie in Herles - hausen dfr Predigten eines Missionar» gehört und war entschossen, ibn nach Südamerika zu begleiten. Dem widersetzte sich ihr Vater. Ein langer Zwist endete damit, daß sie die Waffen streckte und den Mann heiratete, den ihr die Patin zuführte. Ta» Ivar ber Melchior Wallenfels. Sobald sie ihre Pflicht als Hausfrau er - füllt hatte, zog sie sich in ihre Kammer zurück und la» erbauliche Schriften. Spottete ihr Mann: „Ei, du Muckersche, gelle, du Willi! mit Schuh' un Strümps in den Himmel?" ließ fit ba? ruhig über sich ergehen. Des Bürgermeisters Zweitgeborener, ber Philipp, verursach!« bem Vater viele bittere Stunden. Zum Landwirt hatten ihm Neigung und Fleiß gefehlt. Al» Sägemüller hielt er zwar auf einen flotten Betrieb, doch fehlte ihm bie Geschäfts- fertigtest, bas Unternehmen nutzbrinaend zu gestalten. Bei seiner Unfähigkeit kehrte er noch ben Großhanl heran». Wenn er — was mehrmals in der Woche der Fall war — in der Kreisstadt er - schien. traf er mit Kumpanen zusammen, die ihm schuicicheltea und sich von ihm freihalten ließen. Tic Mädchen spielten in seinem Leben eine große Rolle. Er knüpfte Verhältnisse an, die nicht ohne Folgen blieben, und fein Vater mußte ben Beutel ziehen. Tie Annegret, be» Bürgermeisters Tochter, hatte ein Jahr lang die HauShaltungSschuse in der Stadt besucht und hatte dort mancherlei angenommen, was ihr im Dorf ben Beinamen „Tic Fürnehme" eintrug. An Burschen, bie sie umwarben, fehlte el nicht, dock dachte sic noch nicht daran, ba» HeiralSbrot zu backen. Ter Bürgermeister machte nach keiner Seift hin feinen Einfluß geltend. Einmal war die Aufsicht der Annegret auf dem Hof schwer zu entbehren, dann hatte sie eben erst die Zwanzig überschritten. Kam di« Zeit, würde er schon für den Bräuern sorgen. (TJortfcfjung folgt.) Kunst, Wissenschaft und Leden. Hamburger ftaiiimerfpirle. Am Sonntag, 6. Juli, oben 3 61 Uhr been. «ii Ernst Matrass, Italia Sterna, Hitdcgaro Jroploufr ihr Gast viel anläßlich ber 25. und letzten Ausführung von ,€iinuirun*. In Vorbereitung besiudet sich das heitere Traun chi I „Haus rönnen« ftöfjerS Höllenfahrt" von Paul Apel, 'JAufif von Friedrich Beermann.