llfllto «--'mal. _ ur einmal, 'öejiifltfjirti« mwatltd) A , o'ertf jä^w lld) A 12-'“1 'n- Hau», ^ujbandlknd. monotL *4. Mfhtfltlon : «evlandNraße 11, 1. StoL ■,rontroortn<6er «ebaltcur: Siri PeterSson, önmbuta. (irpebltton: ^ehIandNrabe u,Srbgeld)Ok fludbbanblung: Lrbgelchoß. Budibrucferd-Äontor: ffedlanbNiaße 11. 1. Stock. vnieloen bte letngefpQUeiit Pelli, eile on 4, ,u,iiglich 83'/i VZt. $tntrurtR.i,U' schlag. liirbet-Smarkt, Ver - mietung». unb Familien» anzeigen 80 4 Unzeigen- Slnnahme ^ehlanbftratze 11 Im Srbgeldjob (bi» 7 Uhr nbfnbc für den folgenden Tag), In ben Filialen (bis 1 Uhr) iL In allen Annoncen. Bureau». Pla», unb Talen- vorlchrlftm otzne«erbinblich. tot. Mellamen Im redaktio - nellen Teil werben auch gegen Entgelt nicht ausgenommen. Ur. 373. Freitag, den 15. August 1919. - Adeud-Ausgade. 33. Jahrgang. Karl von Habsburg reklamiert den ungarisihen Thron! MM btt WWiWlM.! Nach Wissell mutz Erzberger fallen. 1 Zu den aufgeregtesten Widersachern nicht nur der Zwangs - wirtschaft, sondern auch der planmäßigen Wirtschaft, gehört bekanntlich der Vorsttzendc der Hamburger Handelskammer, Herr W i t t h o e f f t. Unseren Lesern ist dieses Faktum bekannt, genug. Derselbe Herr ist natürlich airch ein scharfer Gegner beS Wissellschen Planes gewesen und seine Reden hier und anderswo sind darüber iwch ziemlich im Gedächtnis. Ms Mann der Deutschen Volkspartei, die ihn hier in Hamburg auf den Schild erhob und ihn mit barnumscher Reklame als den Kapitän der deutschen Zukunftsmirtschaft den Wählern zur Nationalversammlung anpries, war er natürlich zu Taten verpflichtet. Sie lagen selbstverständlich nicht nur in der Richtung jener bekannten „gepfefferten" Geschichten, über die wir seinerzeit zu Nutz und Frommen der Allgemeinheit etwas mitteilen konn'ten, sondern üuch auf dem Gebiete der allgemeinen Wirtschaftspolitik, die ja, den Zeitläuften entsprechend, getrost zur hohen Politik gezählt werden kann. In dieser Eigenschaft ging der gewichtige Manu als Sachverständiger in Wirtschafts - und Finanzfragcn nach Versailles und führte auch sonst das große Wort. Sensible Naturen mäkelten darüber, daß ein so robuster Vertreter des egoistischen privatwirtschaftlichen Prin - zips die Interessen eines Staates vertreten soll, der das gemcin- wirtschaflliche Prinzip als die einzige Rettung aus dem Nieder - bruch unserer Wirtschaft proklamierte. Aber über solche Kritiker spotten bekanntlich nicht nur Witthoefft und Genossen, sondern auch noch andere Laute. Daran ist einstweilen nichts zu ändern. Herr Witthoefft durfte sich durch solche Zwirnsfäden erst recht nicht hindern lassen. Jh'n, dem selbstgemachten Mann, war neben den privaten Zielen auch die Aufgabe seitens seiner Partei gestellt worden: D e n sozialistischen Minister. Wissell und dc.ssen Projektier Planwirt - schaft zu stürzen. Wir Sozialdemokraten nahmen bis- heran, daß Wissells Sturz die Folge von starken „Divergenzen" zwischen den sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern selbst war. Sozialdemokratischerseits wurde es für unmöglich ge - halten, eine Planwirtschaft aufzurichten, die bei Licht besehen nichts anderes war als eine allgemeine staatliche Vertrustung beS deutschen Kapitalismus selbst, der in bezug auf Klassen - herrschaft und Aufrechterhaltung des Lohnarbeitcrprinzips so ziemlich alles beim alten ließ. So und aus diesem Anlaß aber soll Wissell nach den neuesten Mitteilungen aus dem Lager iur Deutschen Volkspartei n i ch i gefallen sem. Er ist durch Witthoefft im Auftrage seiner^ Partei ge - stürzt worden. Das behauptet ein Prospektus, der von dem „A u s s ch u ß für Handel und Industrie" Ler Deutschen Volkspartei W.-V., Berlin (Adresse SW. 48, Wilhelmstr. 9), „an Handel und Industrie" ver - sandt roirb. Aber dieses Zeitdokument sagt zugleich noch viel mehr. Der stolze Hinweis aussen Sturz Wissells, der als Empfehfung für die Tüchtigkeit der Partei im allgemeinen und für Herm Witt- boeftt im besonderen gilt, soll gleichzeitig den Beweis darstellen, daß die Partei und ühre Führer als die geborenen Vertreter des kapitalistischen Herrenmenschentuins die einzig Berufenen sind, um das zweite Karnikel totzufchlagen, das jetzt innerhalb der sozialistisch-'ocinokratischen Regierung dem Besitz.und dem Eigennutz zu Leibe gehen will: Herrn Erzberger. Wer lesen wir, was der Prospektus darüber selbst sagt. Ziach einem sehr wichtigen Hinweis darauf, daß Handel und Industrie heut - zutage viel mehr parteipolitischen Einfluß, d. h. also in unserer parlamentarischen Epoche Regierungs - einfluß, haben müssen, wird wörtlich folgendes ausgeführt: »Der jüngste Erfolg der Deutschen Volks - partei ist der Sturz Wissells mit seiner für Handel und Industrie gemeingefährlichen „Plan-", richtiger Zwangswirtschaft durch unseren Abgeordneten Witthoefft, Borsitzenden der Handelskammer H a m b-u r g. Unser nächstes Ziel ist die Beseitigung Erzbergers mit seinem Unterfangen, Len größten Teil der Betriebsmittel der deutschen Industrie und des deutschen Han - dels in Höhe von 70 bis 90 Milliarden Mark Deutschlands Feinden auszuliefern. Nicht der Vermögensabgabe und ihrer Höhe, sondern her wahnwitzigen Form, durch welche der deutsche Arbeiter zum Fronknecht der haßerfüllten Fein4c erniedrigt wird, gilt unser Kampf. Wir bitten Sie, treten Sie in unsere Reihen . . . fördern Sie unsere Arbeit! Werben Sie für den Anschluß Ihrer Freunde und über wei - sen Sie uns einen der Bedeutung Ihres Unternehmens entsprechenden, tunlichst nam - haften Betrag zum Ausbau unserer Organisation, ins - besondere zum Kamps gegen Erzberger und alle Reich»- schädlinge." Der Aufruf zur Finanzierung des Sturzes von Erzberger wird als höchst wirksam mit oem Hinweis eingeleitet, daß das Müüsterstürzen eine Spezialität der Partei und ihres Alatadors Witthoefft ist. Wieviel damals der Sturz Wissells gekostet hat, wird allerdings nicht angegeben. Ganz billig wird die Sache aber nicht gewesen sein, denn für den neuen Erzbergersturz müssen neue Gelder ge - bettelt werden. Wir wollen hier nicht näher untersuchen, ob Wissells Rücktritt nun wirklich direkt auf Witthoefft zurückzu- führeu ist, der bekanntlich dem sozialocmokratischcn Wirtschafts - minister bei seinem Auftreten vor der Hamburger Handels - kammer bereits scharf entgegengetreten war, oder ob die rein sozialistische Meinungsverschiedenheit im Kabinett für Wissells Abgang entscheidend war. Uns wäre natürlich das letztere an - genehmer zu glauben als das erstere. Jedenfalls aber kann man trotz der großsprecherischen Geste des volksparteilichen Prospektes ruhig annehmen, daß der Druck von dieser Seite wirklich nicht gering war. Und daraus werden mir mit einem Male auch leichter Wisfells einleitende Worte in seiner viel - besprochenen Denkschrift verstehen, die bittere Anklagen über die „verworrene Geschästrverteilung", über „Kompetenzfragen" und vor allem über „grundsätzliche Divergenzen in der wirts chaftspolitischen Auffassung der einzelnen Ressorts und ihrer Leiter", enthalten. Die „grundsätzlichen Divergenzen" mußten für Wissell uner - träglich roeröen, solange sie mit Absicht und Eiser verstärkt wur - den von einem Ä naher Verbindung mit dem Kabinett stehen - den Mann, wie es Witthoefft war. Wenn also in diesem Zu - sammenhang die Aktivität des Hamburger Pfefferkönigs nur relativ betrachtet werden muß, so aber immerhin doch als eine durchaus wirksame und zielbewußte Aktivität, die uns Sozial - demokraten, die wir doch die Regierdnden sein wollen, über die Machtposition der kapitalistischen Schichten die Augen öffnen sollte. Diese Machtposition kommt aber weiter ganz unverhüllt in dem oben zitierten Aufruf dort zum Ausdruck, wo „Die B e - s eitigu ng Erzbergers" al» .lachste, Ausgabe o-.- gekündigt roirb. Die unverschämte Sprache allein schon zeugt von dem Selbstvertrauen zu ihrer kaum geschmälerten Macht. Die Unwahrhaftigkeit, mit der die Hilflosigkeit unseres geschlagenen Volkes den Versailler Be - dingungen gegenüber als Schuld eines einzelnen Mannes hin- gestellt wird, beweist weiter die Skruppellosigkeit dieser Herr - schaften in der Wahl ihrer Kampfmittel. Der Hinweis allein, daß durch die 70 bis 90 Milliarden aus den Steuergesetzen Erzberger die '„B etr iebs mi ttel der deutschen In - dustrie und des deutschen Handels den Fein - den a u e 11 e f c r n ro i 11", beweist außerdem, daß der neue Schlag gegen d«n Finanzminister geht, weil er Ver - mögen, Besitz und Gewinn heranziehen will. Es ist ein organi - sierter Schlag gegen den an sich harmlosen Versuch, an der finanziellen Rötung der Republik auch die durch Ausbeutung und Krieg reich*Gewordenen zu beteiligen. Es ist ein Zynismus ohne gleichen, die Form dieser Vermögensabgabe, die sich be - kanntlich auf den lächerlich langen Zeitraum von 30 bezw. 50 Jabren erstreckt, als wahnwitzig in Dem Sinne zu bezeichnen, daß Dadurch die Besitzenden unerträglich geschädigt werden. Man sieht, der Besitz ist selbst über diesen schwächlichen und durchaus unzulänglichen. Versuch, ihn für das Gemeinwohl zu verpflichten, empört und organisiert und finanziert nun offen und ungeniert den Kampf zur Beseitigung des Ministers. Wer auch dieser Kampf geht nur um ein „n Z l e l". Das größere und Hauptziel aber liegt dahinier und strebt nach der Beseitigung all dessen, was nach sozialistischen Tendenzen schmeckt. Und für dieses Hauptziel geht der ganze Kampf. Gerave die Offenherzigkeit der deutschen Bolkspartei, die sie in diesem Prospektus er - kennen läßt, sollte uns Sozialdemokraten eine besonders ein - dringliche Lehre sein. Hier sitzen „Fachleute" zwar, aber nackt kapitalistisch interessierte Fachleute, sonst nichts. Diesen Leuten den Gemeinschaftssinn in unserer Auffassung predigen, sie zu Hilfsdiensten für die Sozietät gewinnen, ist vergebliche Liebes - müh. Die wollen nicht überzeugt fein von den so - zialistischen Notwendigkeiten unserer Epoche, sondern müssen dazu gezwungen werdep. Jede Kon - zession, die wir ihnen auf dem Boden der demokratischen Ar - beit machen, wird von ihnen in einen Sieg ihres Prinzips unv gcsälscht, und damit steigt täglich ihre Anmaßung und ihre Gier nach neuen Siegen dieser Art. Gelingt ihnen auch der Schlag gegen den Finanzminister oder zwingt uns die Koalitionspolitik etwa gar noch dazu, selbst auf dem Boden dieses Erzbergerschen Steuerplanes Konzessionen zu machen, dann wird die Anmaßung Drüben'um ein gewaltiges Stück gewachsen sein. Wie weit man sich dann noch von seinem Hauptziel entfernt glaubt, wird man erraten können an Dem nächsten Schlag, Den man dann vor - bereiten und finanzieren wird. Es geht ihnen um Die politische Macht, um nichts anderes. Die aber soll uns entwunden werden. Ob ihnen das gelingen wird, hängt nicht zum wenigsten ab von Der Art, w i e roir gewillt sind, der sich auf der ganzen Linie sammelnden Reaktion Widerstand zu leisten. Der Kapitalismus nimmt im anderen Lager Die Führung. Alles, was ehrlich Den Sozialismus will, muß zur Abwehr bereit fein. MMMMwWMMM. Verhandlungen mit de« Szegediner Monarchisten. (Siflcnei Trahtbericht de» „Hamburger Echo".) Der Umsturz in Ungarn ist nun vollzogen. Seit Donners - tag sind alle politischen Spuren der ungarischen Revolution ausgelöscht. Ein Kabinett der äußersten Rechten ist gebildet worden. Tie Sozialdemo - kratie bat jede Beteiligung abgelebn t. Tie führen - den Männer des Kabinetts sind: Ministerpräsident F r i e d e r i ch, Minister des Innern L o v a c z y , Kultus Karl H u s z a r lchrist- lich-sozial), Ackerbau Julius Rubiurk ung, um in dieser mühelosen Herrschaft Befriedigung zu finden und das Verlangen tropfte hervor, aus der schläfernden Einförmig- geweckt zu werden, nicht im Khffhäuser eingeschlopen zu sein, andern mit den Raben um den Gipfeln zu fliegen und den Achsel her Zeiten flugkräftig zu Überwinden; und der Gedanke °urde immer quälender, wie anders sich ihr Leben wohl gestaltet haben würde, wenn sie jenem Unvergessenen, im Frühlingssturm e r Liebe Gewählten, hätte das Haus bereiten dürfen. Aber was Een meine törichten Träume, sie geben Abendrot, wo ich das ^ue Tageslicht brauche. Man soll die Wirklichkeit nicht an die J'W der Vergangenheit binden, und soll sich von der Gegen- nähren, daß die Wünsche nicht überspannte Farben tragen. ■ n J? Üe zog den Schlüssel von der Kammer ihre» Hungseins und suchte stch ; ln bilden Licht des Tages zurechtzufinden. Aber das Herz ist langsamer als die Hand, und die 9s6er- ih ree Qu $ unvernarbten Wunden. Denn auch leiblich blieb bi? e- 6 unfruchtbar. Wie gern hätte sie die sorgende Unruhe, ni*t nt>er mit sich bringen, auf sich genommen. Aber sie sollte, einmal die Freude haben, die anderen so reichlich zuteil wird. (J, Liebe waren auch alle Hoffnungen gegangen, die sie ge- ber kann. Verzichten war auch hier das Los, das ihr aus «in ^bbqnsurne in den Sckvß gefallen war. Sie kannte ja sein Unh ue ^- eintöniges Lied; es sang ihr zu allen Zeiten durch Blut« h'nf>„? uine- Einmal mußte man sich an seine Klänge doch ge- tu'r die Tage imirden tröstlicher, von der inneren Un- l«i sein; und sie zwang sich, heiter zu scheinen. Aber um 0 uud Stirn legten sich langsam eigensinnige Falten, die ^m^j?iteiide Hand durchstreichen konnte. ihre immer sah Marie wie in ihren SKäbdjeniaQen au»; war nicht voller geworden; kein, Zug voq Fraulich, leit hatte die Linien ihres Gesichts fester geprägt, und es war für Gustav ein nie ruhender Vorwurf, daß seine Männlichkeit ohnmächtig gewesen war, die Frauenreife zu beschleunigen, «seine Kraft ging Den Weg der Zeit, und in der staubigen Regelmühle seiner Amtsgeschäfte zerbröckelte unaufhaltsam die spärliche ?u- gendhafttgkeit, die ihm mitgegeben war. Das Alter setzte sich ihm mit leisem Tritt in Blut und Mark, und mit wachsendem Unbehagen ergriff es ihn, dqß Marie noch immer nichts von der schleichenden Vergänglichkeit spürte. Er fürchtete, daß sie ihm entgleiten, daß ihre Genußfähigkeit zu weit auseinanderklaffen könnte, daß ste noch den bunten Wechsel des Lebens begehrte, wenn er schon die ungestörte Ruhe des Lehnstuhls nötig hätte. Er hatte sie immer tiefer in die Hausstandssorgen getrieben, hatte ihr die Obhut über den Garten aujgebiiröct und ihr die Verpflichtungen der gesellschaftlichen Wohltätigkeit anS Herz gelegt, damit ihre Gedanken von der ihm pentlickten Tatsache eines nicht erfüllten Lebens abgelenkt wurden. Und sie hatte alles willig auf sich genommen, bestritt die Aufgaben eines vergrößerten Haushalts, zog Blumen und ^Küchenkräuter und fand in dem Verkehr mit den Frauen der Stadtachtung eine gewisse Bciriedigung. Aber alle Geschäftigkeit hatte, da sie mehr aus Zeitübersluß als aus Notwendigkeit entsprang, die geheime Leere im .tiefsten Grunde ihres Wesens nicht ausfüllen können, und Gustav sah eS nicht ungern, daß auch ihr die Hinfälligkeit aus der Ferne mit dem Krückswck winkte. Was er auf seine Frau zuschreiten sah. packte ihn mit harter Faust; eS lichtete sein dünnes Haar und machte seine Backen hohl und grau: eS schlug ihn auf Brust unb Rücken, daß Der Atem keuchte und hüstelte, unb es warf ihn zu Boden, daß _er starb, ehe er den Tod drohend an seinem Bette gesehen hatte. So unerwartet war daS Sterben gekommen, daß das Staunen über die Trauer hinwegschritt. Marie war wieder allein und empfand, daß in ihr Sorgen eine Lücks gebrochen war, daß die Gewohnheit, die ste mit hundert Zielen an den Tag gebunden hatte, zerriffen war, daß sie den Brennpunkt ihres Tuns verloren harte. Es war ganz kalt tmd leer um sie geworden, und die Vereinsamung saß auf ihrer Schwelle und sang das dumpfe Sieb des Klagens und Grauens Aber daS Leben ließ sie nicht los, von allen Seiten sprach man ihr Trost zu, bot man ihr Hilfe an. Sie fühlte, daß sie das Glied einer Gemeinschaft war, die Wert auf ihre Zugehörigkeit legte, daß sie nur den Arm zu erheben brauchte, um das grau - hockende Gespenst aus ihrer Nähe zu verjagen. Die Ehe hatte ihr diesen Halt gebracht und der Dank über die Sicherung ihrer Lebensstellung reinigte das Gedenken des Mannes von den Un - zulänglichkeiten, die das Entbehren in fein Bild getragen batte. Und ihre Trager wurde ernst und aufrichtig. Sie fetzte sich mit leisem Schritt an die Stelle der berbunfei - len unerfüllten Blutwünsche und baute einen Altar in ihrem Herzen, vor dem die Dankbarkeit schmächtige Weihrauchwolken entzündete. In ihren ungenutzten Stunden kniet« sie dort nieder, und ihre angestrengte Hingabe vermochte es, eine Verehrung durch ihr «Aemüt zu breiten, die aus Lerderdulden und Leidbewundern dauernde Nahrung zog. Und sie brauchte einen inneren «stab. Tic Teilnahme, aus Gewohnheit gegeben, verflüchtigte sich, wie das GraS des Vergessens länger wuchs und durch ähnliche Zu - fälle auf andere abgelenkt wurde. Sie fühlte, daß sie allmählich ins Altenteil' gedrängt würde, wenn sie nicht so viel Selbstbe - hauptung aufbrächt«, um der gedächtnisschwachen Zeit immer wieder einen Nasenstüber zu geben. Sie ging tapfer zu den eingesessenen Besuchsstunden, war die nie erlahmende Uhr selbst - gefälliger Wohltätigkeit und putzte mit der unverrosteten Licht- scherc des Selbstbetruges die Altarkerzen ihrer ^lebensbedürftigen Seelenmeßnerei. Sie empsaud die Mühe, die sie es kostete, ein Licht nach dem anderen zu verbrennen, aber sie ließ ihr Denken nicht hineinsehen, und Aufrichtigkeit und Täuschung knäuelten sich zur scheinbaften Witwenverehrung durcheinander. In dieser Zwielichtsdämmerun^kam ein unerwarteter Brief, ein Brief des müde gewordenen Luchems und Genießcns, auf der Wandcrrast • heimatlosen Lebens geschrieben, Einkehr zu halten, «he das große Vergessen alles Wollen auslöscht. Sic er - kannte in der Handschrift die einst vertrauten Züge wieber, ob - gleich sie herrischer und flüchtiger geworden waren, und sie hörte in den Worten die Klänge einer erstickten Liebe von neuem laut werden, und in ihrem Herzen stürzte das Gebäude der andächtigen Trauer zusammen, und die eri./«ebene Begehrlichkeit sprang in kleinen Flammen blutrot auf. Endlich! wehte es durch die Sinne, riß die schwarzen Flore ihres Blutes herunter, daß es seine ver - sandende Tätigkeit verlor und. wie ein Bächlein über Kiesel hüpfte. Sie legte die Zeichen ihrer spätgeborenen Gattenliebe ab, und mit den freudigen Härten ihres äußeren Menschen fiel die ungesunde Versunkenheit von ihr. Sie erkannte den Verfall, in dem sie sich heimisch gemacht hatte, daß sie Tempelruinen gehütet hatte, aus denen längst die tragende Gläubigkeit gewichen war, daß sie dem Opferrauch leere Schalen nachgetrauert hatte. Die betörende Vergangenheit entfloh, mit dem Ruck eines plötzlichen Erwachens, aus ihrem Fühlen; sie stellte sich selbst in die Gegen - wart auf' die brennende Hoffnung einer irregcgangenen großen Lebensfreude, und die Rosen schlugen aus ihrem graugefalteten Gesicht und Üverbiühteu die Tritte des gebrochenen Verzicht- willens. Und eines Tages zerstob das Blühen in jähem Windstoß; er war rascher, als ste vermutet hatte, selbst in die offenen Gürten ihrer Wünsche getreten, daß im Wirbel der Ueberraschung und der stürzenden Furcht ihre.bunte junge Freude entblätterte unb aus dem kahlen Gehege ihres Herzens der drängende Zweifel schrie: Kommst du zurück r kommst du vorbei t Nein, er war politifthe Nachrichten. Ans Michaelis Lchuldkouto. Die Enthüllungen sind noch lange nicht beendet. Der neun- unimeunzig Tage-Kcmzler Michaelis hat mit seiner bekannten Er - klärung auch ben bekannten Pazifisten Professor Dr. Förster auf ben Plan gelockt, der dem «Vorwärts" aus Bern folgende telegraphische Darstellung sendet: Als Deutscher, der 1917 im neutralen Ausland viel Gelegen - heit zu authentischer Information über FriedenSmöglichkeiien hatte, bemerk« ich zu den Erklärungen des Herrn Michaelis folgendes: E r st e n s : Warum wurde nur die Freigabe, nicht aber die Wiederherstellung Belgiens zugesagt, hie bet Entente * genau so wichtig war wie bie Freigabe? Zweitens: Falls der kaiserliche Vorbehalt, betreffend die Befristung des Zugeständnisses, ebenfalls weitergeleitet wurde, so gab cS keine Möglichkeit zum Frieden, da dt^Gegner mit Recht darauf bestanden, daß die Wiedergutmachung einer Schuld keine Befristung vertrag« und auxb kein HandelSobjekt sein dütse. Drittens: Warum wurde nicht wenigstens der Ent - schluß zur. Freigabe Belgiens öffentlich ausgesprochen statt der immer wiederholten Allgemeinheiten und Zweideutig - keiten, durch die eine bestimmte wirtschaftliche, politisch« oder militärische Abhängigkeit Belgiens keineswegs ausgeschlossen wurde? Gmrz zweifellos hat dieses «schiveiqen und diese Halbheit die» damals sehr zum Frieden geneigte öftentliche Meinung des Westens völlig lahm gelegt und dadurch die Anbahnung von Verhandlungen entscheidend verhindert. Lord LanSdowne sagt« damals: «Das deutsche Volk wird in bezug auf die Motive belogen, aus denen wir den Krieg fort setzen müssen." Diese Worte durft« die deutsche Presse damals nicht ver - öffentlichen. Vielleicht helfen sie jetzt dem deutschen Volke, zu erkennen, wo die wahren Schuldigen der KricgSverlängerung zu suchen sind. Hochachtungsvoll F. W. F ö r st e r. Möglichkeit der Nichtunterzeichnung des österreichischen Vertrags. Staatslanzler Nenner erklärte auf seiner Durch - reise durch die Sckweiz einem Vertreter des «Petit Journal", wenn die Entente nicht ganz bedeutende Erleichterungen in finanzieller Beziehung gewähre, würden die d e u t s ch - ö st e r - reichiichen Delegierten Varis verlassen, ohne den Vertrag zu unterzeichnen. Da» letzte Wort hätte dann die Konstituante. Er selbst fei sieb in dieser Beziehung mit dem ganzen Kabinett einig. Eduard Bernstei«, Botschafter in England? (Eigener Drahtbericht des «Hamburger Echo".) Der „Daily Expreß" erfahrt: In britischen Arbeiterireisen hält man es für wahrscheinlich, daß Ed. Bernstein dem - nächst deutscher Botschafter in England werden soll. Wie der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" hierzu erklärt wird, ist noch kein Beschluß über die Besetzung der deutschen Bot- schafts- und Gesandtscbaftsposten in den bisher feindlichen Län - dern gefaßt. • Frantndemonstration für die Kriegsgefangenen. In einer Berliner Massenversammlung von Frauen, die einen stürmischen Charakter annahm und heftige Anschuldigungen gegen die Regierung zuiage brachte, wurde beschlossen, eine Ab - ordnung nach Weimar zu entsenden, die bei der Regierung wegen beschleunigter Befreiung unserer Kriegsgefangenen vorstellig werden soll. Rach der Versammlung versuchte ein Demonstrationszug von Frauen nach der Reichskanzlei borzudringen, wurde jedoch, von Polizei und Soldaten aufgelöst. WTB. Amsterdam. Den englischen Blättern bt?m 12. August zufolge erklärte BoNar Law auf eine Frag- Sien worthyS. welche «Schritte unternommen werden, um die bciu« scheu Kriegsgefangenen in England setzt, wo die deutsche Regierung den Friedensvertrag genehmigte, in die Hei ¬ nich! mit kalten, leeren Händen gekommen; sie suhlte in feinem verhaltenen Sein die unruhigen Feuer brennender Fragen zucken. Eine sonnende Ruhe legte sich durch ihr Geblüt und trieb aufs neue die Knospen glückhafter Zuversicht. Die Raubarme beS Leben? hatten ihm nicht ins Mork ge - griffen; er war schlank unb aufrecht geblieben; der dichte Busck- wald seines Haares war wohl lichter geworden, aber der ein setzende Verfall hatte weder blanke Sonnenteller m;-.-heben, nock graue Herbstfäbcn spinnen können. Die Augen halten ihre zuckende Klarheit bewahrt, um di« Außenwinkel aber hatte die Vereisung des sck-leichenden Sliter? ein wirre? Gekrih von Furchen eingegraben, und durch die lockere Hautspanuung^ des Gesiwts legte die ruhelose Vergänglichkeit zögernd Sie Geleise kommenocr Runzelitng. (Schlus felgt.) Runst, Wissenschaft und Leben. Veranstaltungen z» Vorzugspreisen. Karten zu Vorzug?preisen werden nur an der Kasse Des Bil - dungswesen?, Große Theaters!roße 42, I., ausgegcben. Die Kaste ist geöffnet vormittags vckn 10 bis 1 Uhr, nachmittag» von 4 bis 6 Uhr. Telephonische Anfragen nach Billetten bleiben unberück - sichtigt. Folgend« Karten sind vorrätig: Hamburger Ltadttheater. Montag: «Tiefland". Volksoper. Sonnabend nachmittag zu kleinen Preisen: «Zar und Zimmer - mann'. Sonntag nachmittag: «Der fibete Bauer*. Dienstag: «Der fidele Bauer*. > Schiller Thcatcr. Sonnabend, Dienstag und Mittwoch: .Die Glocken von Corite- villc*. , Altonaer Ltadttheater. Täglich, außer Sonntag»: «Das blonde Glück". Condcutgarleu. Täglich, außer SonnlagS: .Hemrich Heine» erste Liebe*. Gast - spiel Eduard Lichtensteinl Achtung, VrwerbSlosel Wir utachen die Erwerbslosen aus die oben angrkündigtc Nachmittagsvorstellung in der Volksoper am Sonnabends, 16- Augull, besonders aufmerksam. Karten werden mt jedermann in unbeschränkter Anzahl abgegeben.