Stuzelmlmmer morgen« 10 4, abend« 15 4» KamburgerEcho Montag, den 22. September 1919 Mr. 439 Abend-Ausgabe. 33. Jahrgang mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit annahm. | effe sei. beizeiten darüber tnsormiert gu werden, .wohin unse« Jie Mm brs WettMegtt bar 8sn der ganzen Der letzterwähnten tlussassung werden sich auch die Völker In ihrer überwiegenden Mehrheit anschließen, wenn ihnen erst die ganze Wahrheit über den Ursprung de« Kriege» zugänglich ge - macht ist. Doß e« gerade die reaktionärsten Blätter Wien» sind, di« sich gegen bk Veröfsentlichung Im jetzigen Moment wenden, ist erklärlich, denn gerade die reaktionären Parteien Trutsch- testerceich» waren eben dabei, für die Wiederherstellung der habiburgtschen Monarchie Elimmung zu machen, wobei sie von der Entente unterstützt wurden. Di« Wiener Ent- tzuüangen 8«t)i»Len öicfi» lichtscheu« KouiploU. Diese Tchisfr Strtreide für Einfuhr auf ehrmalS benlschen Schiffen. Gelrcideverichirönust an der hollänüiichcn Grenze. Lu« Brüssel wird berichtet: Auf Ersuchen der deutschen Regierung habe der C berste Wirtschafttrat vingewilligt, datz, wenn kein Schiffsraum der Alliierten verfüg. Schließlich schickte man einen Legationörat in das Wolff- Bureau, um auf den Text zu warten. Diese bezeichnenden Vorgänge wollte Schiff schon im Juli 1917 bekannt geben, als Oskar Lohn Im Reichstag »Enthüllungen" machte über den »Potsdamer Kronrat" vom 7. Juli 1914. Schiff war damals Soldat. Cr wollte seine Mitteilungen in der I. K. veröffentlichen. Der Leiter Heilmann hielt es bei den da - maligen Zensurverhältniffen für angezeigt, da» Auswärtige Amt und die Direktion des Wolff-Bureau von dem Inhalt der Mitteilungen Schiffs in Kenntnis zu setzen und anzu- fragen, wie sie zu der Veröffentlichung ständen. Beide Stellen gaben darauf einen ablehnenden Bescheid. Die Angaben ent - sprächen zwar den Tatsachen, aber ihre Veröffentlichung sei höchst unerwünscht. Die deutsche Regierung ließ also lieber den Vorwurf auf sich sitzen, Oester - reich-Ungar» zu seinem Vorgehen ermuntert oder sogar veranlaßt zu haben, al» daß sie die Wahrheit bekannt gab, die dem vallplatz un - angenehm gewesen wäre. Der „Vorwärts" veröffentlicht diese Tatsachen unter der Ueberschrift „Getreu bis zum Idiotismus'. di« deutsche Einfuhr auf frühere. Da« Tnilfchland retten kann. Dal .Amsterdamer Handelrblad' bezeichnet al» Gründe fite den furchtbarem Tiefstand der deutschen Valuta, da^ man eine Reaktion von recht» fürchte und einen Um - sturz von link«. Da» Mißtrauen gegenüber Deutschland könnte nur beseitigt werden durch bindende Erklärungen sowohl der Konservativen als auch der Unabhängigen und Kommunist«b treu zur Regierung zu halten und da» Interesse de» Vaterländer über die Parteiziele zu setzew Da selbstverständlich nicht im Traum daran zu denken ift LJÄttnt idflit» rodmal, eoantofl« u. "ach detertoflen einmal. «fcaiiflWwift L-nalW otertrtUftt. u t) x 1»,- frei In« Hau«. jteewMnbfenb. monatL K e. fWehatilo» ! ertlanhflraSe 11. i. etoamlmrg. drp «Ml I o n: gegtanbfira8eil.Sr6fle1d>otu gad)l)on6lung: Bnd>bni* abenb« für brn folgenben ?» teil. Reklamen Im rebaktto» utn Lell werben auch aeaea •nlgelt nlchl eule«nomnvn. politisihe Nachrichten. die Lebensmittel-Preistreiber des Weltmarktes. Nirscnkorrnption in Amerika. (Eigener Drahtbericht be» .Hamburger Echo'.) Die »Bofsische Ztg." meldet au» Kopenhagen: Gegen bie fünf Besitzer bet gelittn Schlächtereien und Fleisch- konservenfabriken in llhikago ist Anklage erhoben worden. ES ist festgestellt, datz diese fünf Manner nicht nur 7 0 | 3 L aller FleischvorrSte kontrollieren, sondern auch über 4 0 p Z t. bei gesamten EiermarkteS, be» Buttev- markte» und bet Käse- und MeiSvorrSte. Außerdem liegt ein bo- beutenber Anteil be» gesamten Handel» mit Kolonialwaren in ihren Händen. Den Verkehr mit Obstkonserven be - herrschen sie vollständig. Man führt auf diese Verhältnisse bie gewaltigen Preissteigerungen in Roroamerika zurück. Der GcneralstaatSanwalt erklärte, daß die ganze Welt erstaunt und entsetzt sein würde, wenn die E'.nzelhelten der Untersuchung bekanntgegeben werden. Kein Gericht der Welt wurde e» wagen dürfen, diese fünf verbrechet freizusprechen. Die Dokumente. Di« gseickzeitig mit bet quellenkritischen Schrift be6 Dt. R. ® o o y berauSgegebtnen biplomatischen A k l e n st ü ck e be« österreichischen StaatSamteS für Aeußere» beginnen mit einer vom I. u. k. Ministerium verfaßten Denkschrift Über bi« politisch« Lag«, bi« am 6. Jhili mit «inem Hand - schreiben Kaiser Franz Joseph» Kaiser Wilhelm in Berlin, über - reicht wurde. Der Hauptsache nach weist sie auf bie unerläßliche Notwendigkeit bet Klärung be» Verhältnisse» Oesterreich-!! ngatn« zu Serbien und zu Rumänien hin, da» al» höchst unbefriedigend unb gefahrdrohend geschildert und auf die russischen Einkreisungs - tendenzen zurückgeführt wirb. $U8 erforderlich bezeichnet die Denkschrift ein Bündnis mit Bulgarien, dessen Bekanntgabe in Bukarest Rumänien von bet schon rech gediehenen Annäherung an Rußland zurückbringen könnte. Die Denkschrift, die eben fcrtiggcfteUt war, a!» die furchtbaren Ereignisie von Serajewo eintraten, schließt mit den Worten: .Um so gebieterischer tritt an bie Monarchie die Notwendigkeit heran, mit entschlossener Hand di« gäben zu zerreißen, die ihre Gegner zu einem Netz über ihrem Haupte verdichten wollen." In dem Ministerra! vom 10. Juli wurde der definitiv« Text bet an Serbien zu richtenden Not« (bie im Prinzip schon am 7. Juli beschlossen wart feftgefteUL Graf Berchtold konsta - tierte bie erzielte vollständige Einmütigkeit in allen Sragen, öiral £ü|a hatt« .uzw.scheu seine Bedenken fallen lassen. Auf seinen Antrag wurde jedoch beschlossen, sofort bei Be - ginn del Kriege» den frtmber. Mächten zu erklären, .bafe bi« Monarchie keinen 6roberung3frieg führe und nicht die Einver - leibung bei Königreiche» beabsichtig«''. Bemerkenswert ist, daß Graf Berchtold schon vor bet Ueber» reichn ng be» Ultimatum» in Belgrad damit rechnete, daß Italien die Aktion gegen Serbien zum Anlaß von Kompensattonlforde- tungen nehmen könnte unb den österreichisch-ungarischen Bot - schafter in Rom instruierte, wie solchen italienischen Forderungen entgegenzulreten fei. In Berlin war man, wie au» einer in der Versammlung mitgcteilten Unterredung de» Grafen Berchtold mit dem deutschen Botschafter in Wien, v. Tschirschky, hervorgeht, über bie Haltung, die Italien im Kalle eine» Kriege» gegen Ser - bien einnehmen würde, schon zu diesem Zeitpunkt sehrbe sorgt. Di« oft erörterte Frage, ob Deutschland an der Ab - fassung b e» serbischen Ultimatum» beteiligt gewesen fei, erfährt ihr« endgültig« Klärung durch ba» Akten- stück 41, ein Schreiben be» Grafen Szögyenv an den Grafen Berchtold vom 21. Juli. Der Botschafter empfiehlt darin brin - ge nb, bem Berliner Kabinett bie Ultimatumnote früher, als ben anderen Kadi netten, mitzuteilen, um bie Verstimmung zu bet» meiden, .die dadurch entstehen könnt«, daß wir durch gleichzeitig« Bekanntgabe unserer Note an Serbien an all« Kabinett« das - jenige Deutschland», unsere» Bundesgenossen, auf bi« gleich« Linie mit den Regierungen der anderen Großmächte stellen würden." In der Tat erhielt dann Herr d. Tschirschky die Note ungefähr 2 4 Stunden früher, al» sie den übrigen Kabinetten zur Kenntnis gebracht wurde. Ueber ihren Inhalt wurde aber auch Eir Edward Grey vorher in vertraulicher Weise informiert Au» einer Unterredung mit dem deutschen Staatssekretär bei Aeußern v. Jagow teilt Szögyeny in diesem Schreiben mit, der Staat», fefretär habe ihm tlar zu verstehen gegeben, daß Deutschland zwar unbedingt hinter der Monarchie stehen werde, daß e» aber für bie deutsche Regierung gerade au» diesem Grunde von vitalem Jnter- Noch bevor das von Karl Kautsky gesammelte Material aus den Akten der Berliner Wilhelmstraße den Weg in die Oefsentlichkeit gefunden hat, ist man In Wien dazu über- gegangen, die dort aufgefundenen Dokumente der daoongejagten Diplomatenzunft herauüzugeben. Rücksichten auf den Gang der FriedenSverhandlungen halten auch dort bislang die ver - antwortlichen Stellen von diesem Schritt zurückgchalten. Nach - dem aber nun der Friedensvertrag unterzeichnet, an ihm also nicht» mehr zu verderben ist, hat das gegenwärtige Auswärtige Amt in Wien nicht mehr gezögert, die so lange gehüteten Ge- heimniffe preiszugeben. Sie bestätigen, wie wir schon durch ein Telegramm unseres Berliner Mitarbeiter» in der Sonntag- Nummer mitteilen konnten, die schwere und entscheidende Kriegsschuld de» Wiener Kabinett» von 1914. Dessen unerhörtes Ultimatum an Serbien hat nicht nur die unmittelbare Kriegsgefahr heraufbeschworen, sondern es hat auch in den darauffolgenden kritischen Tagen die schwachen Hoffnungen auf Erhaltung deS Frieden« zertreten. Wie weit durch diese Enthüllungen die damalige deutsche Reichsregierung e n t l a st e t wird, ist im Augenblick noch nicht zu übersehen, da hierzu der Vergleich mit den Berliner Akten nötig ist, deren Veröffentlichung hoffentlich nun nicht mehr allzulange auf sich warten läßt. Auf keinen Fall kann aber, wie da» setzt «in großer Teil der bürgerlichen Presse, voran da» Wolff-Bureau, versucht, auf Grund der Wiener Enthüllungen für die Freisprechung der ehemaligen deutschen Regierung plädiert werden. Zum mindesten bleibt an ihr die Schuld einer un - verantwortlichen Nachlässigkeit gegenüber den Kriegstreibereien des Wiener Kabinetts haften. Au» Wien liegen heute noch folgende Meldungen vor: Unter dem Titel „Das Wiener Kabinett und die Ent - stehung des Weltkrieges" hat Dr. Roderich G o o ß mit der Er - mächtigung des Leiters des deutsch-österreichischen StaatSamteS für AeußereS auf Grund aktenmäßiger Forschung eine historische Arbeit publiziert, welch« am 20. d. M. erschienen ist. Sie gibt eine genaue Darstellung der Haltung de» Wiener Kabinetts vom 28. Juni bis 1. August 1914, also von der Bluttat von Serajewo bi» zur Kriegserklärung de» Deutschen Reiches an Rußland. Aus den veröffent - lichten Aktenstücken geht hervor, daß da» bisherige hauptsächliche Beweisdokument der Entente für die ablehnende Haltung der deutschen Negierung gegenüber den englischen Vermittlungs - vorschlägen schwerwiegende materielle Irrtümer enthält. ES wirb festgeftellt, daß der angebliche Potsdamer Kronrat am 5. Juli 1914 in Wahrheit eine Sitzung de» Minister- rate» für gemeinsame Angelegenheiten In Wien vom 7. Juli war. Nach dem Protokoll über diese Sitzung einigten sich alle Anwesenden, mit Ausnahme de» un- ggrischen Ministerpräsidenten, auf den Standpunkt, daß ftn diploutatischer Erfolg, wenn er auch mit einer eklatanten Demütigung Serbiens endigen würde, wertlos wär« und daß daher so weitgehende Forderungen an Serbien gestellt werden müßten, daß sie eine Ablehnung vorauösehen ließen, damit eine radikale Lösung Im Wege militärischen Ein- greifen» angebahnt würde. Aus der Veröffentlichung geht weiter hervor, daß da» Berliner Kabinett ohne Kenntnis be» Wortlaute» der österreichisch-ungarischen Rote an Serbien ge - blieben sei und an ihrer Abfassung keinen Anteil hatte, sowie daß die serbische Antwortnote vom Wiener Kabinett nach Berlin überhaupt nicht mitgeteilt wurde. Des weiteren wird aktenmäßig nachgewiesen, daß der englische Vermittlungsvorschlag vom 29. Juli eine dringliche und nach - drückliche Befürwortung durch die Berliner Regierung ge - funden habe. Herr v. Tschirschky war beauftragt worden, an die nach Wien weitergegebenen Aeußerungen Sir Edward Greys u. a. folgende Bemerkung zu knüpfen: Da« deutsche Kabinett müsse e» dringlichst und nachdrücklichst der Erwägung der k. und k. Regierung anheimstellen, die Vermittlung Eng - lands unter den angegebenen ehrenvollen Bedingungen anzu- nehmen. Es wäre für Oesterreich-Ungarn und Deutschland ungemein schwer, die Verantwortung für die Folgen der ab - lehnenden Haltung zu tragen. Al» ebenso unverkennbar wird die weitere Tatsache bezeichnet, daß der englische Vorschlag in- folge der dilatorischen und unsachlichen Behandlung seitens des Wiener Kabinetts kein« Annahme gefunden hat. Dies« Enthüllungen bestätigen nur, was man bisher schon Die Wiener Presse zu den Euthüllnnge«. Wien, 21. September. Di« gesamt« Presse bespricht bie gestern begonnene Veröffentlichung übet bi« Vorgrschtcht« bei Kriege». Di« Beurteilung bet Echulbftage sowie be» Zeitpunkte» unb bet Zweckmäßigkeit der Veröffentlichung im letzigen Augenblick sind je nach der Parteirichtung bet Blätter nnb ihrer wähcrnb be» Kriegel beobachteten Haltung geteilt Di« .Atbeit«r-Z«itung" begrüßt bie Herausgabe be» neuen Rotbuche« durch da» Staatiomt be« Aeußern, ba hierdurch viel« Wahrheiten enthüllt mürben, melche aöetbing» niederschmetternd feien, ba sie unumstößlich bie Schuld bet habsburgischen Regie - rung ergäben, van bet bet Krieg mit Vorbebacht beschlossen und mit Lücke in bie tat umgesetzt worden sei. Da» Blatt hebt R« Haltung bet Berliner Regierung hervor, welch« el mit den Ver - mittlungsversuchen ebenso aufrichtig unb ernst gemeint hab« wie England. Einige freiheitlich« Blätter, rote .Der Morgen", messen »war auch die Hauptschuld bet habsburgischen Regierung bei, ver - langen aber bie Herausgabe aller Dokumente und werfen bie Frage auf. warum bie Veröffentlichung nicht viel früher erfolgt«, »u einem Zeitpunkt, reo ft« die deutschen Stammesgenossen ebenso wie dal deutsch« Volk in Oesterreich von schwerem Verdacht hätte befreien unb feine Sage bei den {friebenlBetbanblungen hätte verbessern können. Dal .Reue Wiener Tagblatt" unb bie .Reu« fireie Presse" halten anderlei!« ben Zeitpunkt ber Veröffentlichung für stark verfrüht. Sie bezeichnen mit Hinreeil aus die tiefer liegenden Ursachen be» Weltkriege! unb auf gewiss« Vorgänge in ben Ententestaaten bie Enthüllungen au« einem einzigen Staats - archiv al» völlig einseitig und unzureichend unb nicht geeignet, bie bette Wahrheit an ben Tag zu bringen. Sie bezweifeln baher die Cpportunität ber Veröffentlichungen. Mit ähnlicher Begrün - dung, doch weit schärfer, lehnt die .Reichspost" bie Enthüllungen ab. wobei sie kategorisch erklärt, bah bie äfsentliche Aufmerksam - keit nur von ben traurigen unb für bie Bevölkerung geradezu kata - strophalen Ergebnissen bet sozialistischen RegterungSkunst burch da» Wiederauf rollen bet Schulbftage unb burch entsprechend« Aus - deutung der Vorgänge in Wien nach bet Ermordung de» Thron - folger» in ben Hintergrund gerückt werden solle. Da« Blatt ver - harrt dabei, baß die Hauptschuld, ba man zurzeit au« Cpportu» nität von Frankreich und England nicht sprechen dürfe, vor allem in Belgrad und Petersburg gelegen habe. (Eine besondere Hal - tung nimmt der »Reue Tag* ein. welcher bet Auffassung ent- gegentritt, daß bie Hauptschuld in Wien gelegen habe. Man brauche Berlin nicht, rote el den Anschein habe, zu entlasten. Habsburg und Hohenzolletn trügen gleiche Schuld unb gleiche Cetbammni». Rubinke. Roman von Georg Hermann. 182] (Emil Kubins« schritt langsam zur Tür von Löwenberg» hin- Übet. Und er war sanft beglückt unb erstaunt zugleich — ver - wundert, warum die lange (Emma, für bie er doch bisher kaum borhanden gewesen, plötzlich so überaus entgegenkommend sich gezeigt hatte. Acht (Emil Kubinke wußte eben nicht daß Frauen wie Kinder sind, wie Kinder, bie sich zwar au» einer Puppe nicht» madten, bie es aber noch nicht wollen unb «» nicht sehen können, daß «in anderes Kind damit spielt. Lei Löwenberg» schrie Goldhänkchen, und Pauline lies mit bem Stubentuch umher unb reinigte die Ritterburg. Und da sie erst um halb sieben nach Hause gekommen roat, und ba sie seit gestern früh kein Bett gesehen hatte, so glich sie ein wenig einem müden und atgeflatterten Schmetterling. Und selbst ihre schöne Frisur» die ihr Emik Kubinke mit soviel Kunst und Sorg - falt erbaut hatt«, da» graziöse Gebilde aus Gold- und Kupfer- laben war eingesunken, unb einzelne Strähnen hatten sich schon eunb flatterten ihr um Stirn, Ohren unb Nacken. Nur ine» groß«, feucht schimmernde braune Augen erzählten noch babon, rote schön e» doch gestern gewesen war, und welche Triumphe di« .Ritterin" im Hohenzollerngarlen gefeiert hatte. Di« »Königin ber Nacht" hätte nicht annähernd so viel getanzt, unb bei ber Kaffeepause wäre sie sogar sitzen geblieben, wenn sie wicht ihrem Herrn noch schnell gesagt hätte, daß er ihre öteunbln auch mitnehmen sollte. .stet, Herr Kubinke," sagte Pauline, und der Don ihrer stimme war gar nicht so verheißungsvoll wie gestern abend, »warum haben S« denn nich jetoartet?" .Ach, tote ich Ihre Herrschaft jehort habe, ba Bin ich doch lieber jegangen, sagte Emil Kubinke. »Sol" sagte Pauline noch kühler deren vorher. .Na, haben Se sich denn nu auch amüsiert?" fragte (Emil Kubinke. «Wat fragen Se denn, Herr Kubinfe! Da» interessiert Sie ja noch nid),' sagte Pauline und schluckte. .Des i» Ihn' ja doch tanz jleich, ob ich mir amüsiert habe ober nid).* Denn sie erregt war, nahm e» nämlich Pauline mit der deutschen Sprach, lehre nicht fo genau. .aber Fraulein Paulinel" stotterte (Emil Kubinke, und er »atte ein sehr böse» Gewissen. natürlich, die Hedwig gefällt Ihn' ja besser tote ich. Ich qab Sie ja noch hinten jehn sehn, Ivie ich bin auf de Straß« je. «atmen. —Sie wollte wohl nicht länger warten!" Fräulein Pauline!" meinte Emil Kubinke und machte seine laiönfien Bugen. .Da bin ich wirklich ganz unschuldig vo»u gelangt. Richt wahr — wir sind so in» Jesprüch jekommen. und da bin ich ein Stückchen mit ihr auf. und abgegangen. Denn Cie werden doch selbst sagen, daß ich mich nicht mit dem Mädchen hier hinstellen kann, wo mich jeder kennt. — Und rote ich dann schnell roicber umjekehrl bin, da waren Sie wohl doch schon weg." Emil Kubinke fühlte, daß er ba« sagen mußt«. Denn wenn er auch erst Rekrut in ßiebeSbingen roat, so ahnte er doch, daß es durchaus unratsam ist, sich einer Frau wegen mit all ben anderen zu überwerfen, ba man nie reissen kann, rote sehr man in Zukunft ber anderen noch benötigt. .Ach!" sagte Pauline, und ihre Augen wurden um einen Schimmer freundlicher, .nee, Herr Kubinke — wenn ich Ihnen alle» jtaube — da» glaube ich Ihnen nun doch nich" Aber im Ton ber Stimme war schon zu hören, daß bi« rot - blonde Pauline e» nur zu gern glauben möchte unb daß sie nur noch, um e» wirklich zu tun, auf eine neu« Versicherung wartet«. Und daran liefe e» Emil Kubinke nicht fehlen. Und Paulin« nickte und lächelt« und sagte, e» wäre sehr schon gewesen gestern, unb er hätt« mitkommen sollen. Unb da erschien schon Herr Löwenberg — denn beute war Bade tag — und zog al» flatternder Araber ben Gang entlang. Und Paulin« huschte, Emil Kubinke zuwinkend, schnell nach dem Salon. Man mache bitte hieraus, bafe feine Aussagen nicht ganz ben Geschehnissen entsprechen, meinem Freund Emil Kubinke nicht etwa einen Vorwurf. Denn erstens — Hand aus» Herz — wer von unS hätte denn ander» gesprochen! — Und fürder: wa» ist Wahrheit? — Doch nur da», wa» geglaubt wird. Unb bie rotblonde Pauline glaubte e», wollte c» glauben. Und al» Emil Kubinke Pauline gegenüberstand und wieder gefangen war von dieser hellen und goldfarbigen Schönheit, bie gerade durch bie leichte Ermattung doppelt hilfsbedürftig erschien und doppelte Zärtlichkeit heischt«, da hatt« er vielleicht gar nicht empfunden, bafe er irgend etwas Unwahre» sprach; denn ba gab e» nur eine Wahrheit für ihn, eben dies« helle unb goldfarben« Person mit ben großen braunen Augen, bie so dankbar und fttunblirf) ihn ansehen konnten — unb alle» andere lag weit hinten unb war schon wieder zur Lüge geworden. Aber als da» schöne, glatte Kinn de» Herm Max Löwenberg blank unb sauber unter bem Messer Emil Äubinf«» hervorging und Herr Max Löwenberg sich sehr befriedigt mit bem Hand- rucken über die Backe gefahren roat, unb al» er sogar ganz reibet feine Art Emil Kubinke als Lohn ein paar englisch« Zigaretten «inaehändigt hatte, und al» Emil Kubinke baoontrottete, da tauchte doch jetzt endlich in ihm wieder da» Bild ber kleinen, drallen, blonden Hedwig auf. Unb Pauline unb die lange Emma sanken von neuem in» Dunkel hinab. Denn, wenn Pauline unb Emma eben nur zarte unb zärtliche Schatten in ihm waren — ba re ar ja Fleisch unb Blut und Hand und Fufe, unb Küsse unb Berührungen, da war ein Stück Leben, Erfahrung ihn nur nwa doch .Emil" genannt. Wer u nach nicht Pertoren geben. •Unp wa» machjt Du unb Erkenntnis. Unb all ba» zog unb zerrte an geheimen Fäden zu sich hin. Unb Emil Kubinke konnt« gar nicht schnell genug hier bie Korkenziehertreppe hinunter und drüben die Korkeuziehertrepp« hinauf kommen. Trotzdem, möchte ich bitten, woll« niemand meinem Freund« Emil Kubinke deswegen Unbeständigkeit vorwersen. Denn — wa» können wir denn nun einmal dafür: in unserem Herzen ist eben eine Wage, unb die steht nie still. Und wenn eine Schale unten ist unb man meint, sie wird ewig ba bleiben, und die andere ewig in ber Höhe schweben . . . ehe wir e» un» versehen, fällt da oben irgend etwa» in» Gereicht, unb sie, bie eben noch fest unten lag, steigt empor. Einen Augenblick balancieren wohl bie beiden Schalen — aber bann bleibt bie ander« Siegerin, nur um vielleicht schon in einer Stunde wieder Besiegte zu sein. Da» können reit Armen denn dafür, bafe in unserem Herzen eine Wage ist?! — Und so klingelte Emil Kubinke bei Markowski», unb ba» Spiel ber Wage da drinnen und da» schnelle Hinaufstürmen über die Treppe, es hatte Emil Kubinke» Herz so in Verwirrung ge - setzt, bafe e» ebenso hastig unb heftig schlug, wie bie Klingel, bie ganz kurz Schlag auf Schlag folgen liefe. .Herrjeh! schrie Hedwig drinnen, und Männe blaffte, .herrjeh. ick komme ja schon! Und dann riß sie die Tür auf. .Na, Sw könn' wohl auch nich dafür?!" »Tag, Hedwig," sagte Emil Kubinke und versuchte, ein freundlicher Gesicht zu machen. .Tag, Hedwig. Wa» machst Du denn? Gestern gut bekommen?" .Sieb, lang jut," meinte Hedwig sehr gleichgültig und fuhr sich mit dem biofeen dicken Arm unter der Nase hin und her. »Ru jehn Sc man rin, ber Herr wartet." »kommst Du heute abend?" sagte Emil Kubinke leise. .Der Herr hat schon zweimal nach Ihn' jefragt," meinte Hedwig unb machte sich am Spültisch zu schaffen. .Wann bist« denn heute abend unten?" fragte Emil Kubinke noch leiser und mit jenem bestechenden Lon in ber Stimm«, der ben Reiz be» Verbotenen noch erhöhen soll. .Nee," sagt« Hebwig spitz unb drehte sich in ben Hüsten, .mit Ihn' geh ick überhaupt nich mehrl — Sie werben jleich immer so jewöhnlichl" .Aber Hedwig," flüsterte Emik Kubinke «inbringlich und war mit einem Schritt neben ihr; denn er fühlt«, bafe e» sich um die Wahrung berechtigter Interessen handelt« — .aber Hebwig!" .Unb was denken 6e denn? Meinen 6e denn, ick kann jeden Abend so runterjehn? — M ba würde mit ja be Herr- schäft nett bringen!" _ _ . Möglich, bafe Herr Markowski Emil Kubinke» Stimme Per- Bcauutx hatte — möglich, datz (tmflt irrendem Otelüfte in die hinteren Regionen seiner Wohnung getrieben hatte . . . kurz — tr erschien, ein grauer Koloß in Unterhosen und Jäger Hemd in ber Tür, in seiner vollen Breite, mit seiner rauhen deutschen Männerbrust: .Na, junger Mann," rief er, _ .nu mal ran* jeroienert! Wie lange soll ich 'n warten? Erzählen S« Hedwig da» heute abend." .Ich bitte, Herr Markowski," sagte Hedwig — keineswegs über ba» Kostüm ihre» Brotherrn indigniert, sondern nur schwer gekränkt ob de» Verdachte», bafe ihr vielleicht Emil Kubinke irgend etwa» heute abend zu erzählen hätte. .Ja — lassen Sie dal!" Emil Kubinke hatte sich indessen etwas warmes Wasser zum Rasierbecken geholt unb war Herm Markowski ziemlich miß - gestimmt gefolgt — Merkwürdig — in der Siebe ging e» immer ander», al» man erwartete! Und Emi! Kubinke strich zittrig unb unruhig Ü6er Markow». Kl feiste» Gesicht mit dem Messer hin. Vorhin bei Herrn Böromv betg war ihm dte Arbeit doch ganz ander» von der Hanid gegangen. Und auch Herr Markowski, der zwar in anerkennenswerter Grafe- zügigkeil Emil Kub-nke bei feiner Hedwig alle» Gute gönnte, der aber gestern auf .Best, Flor" statt auf .Rosalinds" gesetzt hätte, west ihm Herr Ziedorn diesen besonders feinen unb über- rasche reden Tip gegeben hatte, mit dem geheimnisvollen Bemerken e» wäre da etwa» im Werks, eine ganz grofee und totsichsr« Schiebung . . . und bei mm natürlich wieder sein Goldstück ber« loren hatte, ... ja, dieser Herr Markowski roat tückisch wie ein Affe geworben; und auf Herrn Ziedorn, da» Ztedomin und alle», wa» sonst mit Herrn Ziedorn in Verbindung stared. unb sewst reenm c» nur der harmlose Rubins« war, — darauf roat et beut« ganj besonder» geladen, und et wartete nur eine Gelegenheit ab, um mit dieser Sippschaft anaufrinben. Doch all er die nicht fand, trug et noch Emil fivbinte Grüße an feinen Herrn auf# unb er möchte ihm im Mondschein begegnen. Unb er entließ knurrend und brummend rote ein Bär Emil Kubi nie. Der jedoch wat Menschenfenreer genug, um nicht durch 5t* fetigteit Konflikte heraufzubeschworen. $n der Küche aber traf Emil Kubink« nochmal» auf Hedwig die sich gerade zum Reinemachen au» den W.nkeln Besen, Hand - feger und Müllschippe »usammensuchte, und sich bückend unb neigend all bie Rundlichkeiten ihre« Körver» verriet. Da aber beschloß doch Emil Kudinke, noch einmal sein G-luck gu versuchen. .Du — Hedroig," sagte et, — er konnt« sich noch nicht wieder an da» .Sie" gewöhnen — .na wie ist e» heute ab«red?" ,$et hab ick Ihn' doch schon einmal gejagt! — Ick weefe Jot nich Sie laufen een' ooch na<$ wie st, junger Hund, Here Kubintel" _