Montag, den 10. llourmbcr 1919 ilr. 583 Abcnd-Auogabe. 33. Jahrgang Weit draußen sah sie die beiden Wattenwandercr. Die frisch rasch sic dahinschritten! Wie hoch und stolz sich Renate trug! 8] (Rartfeeutia folgt.) r Renate CIvershoi. Erzählung von Wilhelm Lodsieu. fung ungeheurer Mengen wertloser papier« ner Zahlungsmittel. Diese Tatsache wird uns noch klarer, wenn wir bedenken, daß heute hundert Papicrmark im neutralen Ausland nur noch M 20 in Gold wert sind, das heißt, daß man im Ausland heute für M 20 in Gold ebenso - viel Waren bekommt, wie für JH 100 in Papier. Die Folge davon ist, daß alle Waren, die wir aus dem neutralen Aus - land einführen, noch weit teurer sind, als die gleichen Waren, die wir selbst' im Inland erzeugen. Lder mit anderen Wor - ten: Die Preise in Deutschland sind — am Golde als allge - meinem Wertmaßftab und Weltgeld gemesien — im allge - meinen immer noch niedriger als im neutralen Ausland, und auck als in England, Frankreich und Amerika. Und das ist der Hauptgrund, weshalb der Negierung eine künstliche Sen - kung der Preise nicht möglich ist. Wir werden im Gegenteil noch mit einer weiteren Steigerung der Preise zu rechnen haben, urb zwar so lange, bis unsere im Papiergeld zwar sehr hohen, aber in Goldwährung doch noch verhältnismäßig niedrigen Preise den Stand der Weltmarktpreise erreichen, oder bis unser Geld im Ausland wieder höher bewertet wird. Wollen wir wieder zu einer höheren Bewertung unseres Gel - des und zu einer Senkung der Preise bcitroaen, so können wir das wieder nicht dadurch, daß wir auf das Parlament und die Negierung schimpfen, sondern nur dadurch, daß wir unsere Produktion und damit das Angebot an Waren so steigern, daß es mit der Nachfrage wieder einigermaßen in Einklang steht. die Negierung olle Schleichhandelsware erfaflen könnt«, längst nicht genug vorhanden wäre, um Vie Bedürfnisse aller befriedigen zu können. Aber die Regierung kann auch den Schleichhande gar nicht unterbinden, so lange nicht die Zwangswirtschaft auf - gehoben werden kann, da« heißt, so lange nicht wenigsten» an - nähernd wieder so viel Lebensmittel und sonstige Waren er - zeugt oder durch Einfuhr beschafft werden können, wie ^ur Befriedigung der Bedürfnisse all-er notwendig sind, feie kann eS schon deshalb nicht, weil sich jeder einzelne Volks- genoffe dagegen zur Wehr setzt, indem er ohne Rücksicht auf Anordnungen bet Regierung und ohne Rücksicht auf das Wohl der Allgemeinheit das im Schleichhandel zu erwerben sucht, was et zur Fristung seines Lebens unbedingt braucht und was ihm seine finanziellen Derhältniffe gestatten. E» ist ein Trug - schluß. wenn immer behauptet wird, daß nur deshalb im Schleichhandel gekauft werd«, weil die Regierung nicht mehr Lebensmittel und sonstige Waren verteile. Umgekehrt ist es: die Regierung kann, auch wenn sie den besten Willen dazu hat, nicht mehr Waren verteilen, weil sich die Ver - braucher einen großen Teil der Waren durch den Schleich - handel zuführen, bevor eine behördliche Erfassung möglich ist. Dabei wird von Produzenten wie von Konsumenten gesündigt; von ersteren, indem sie höhere als die amtlich festgesetzten Preise nehmen, von letzteren, indem sie die geforderten Prise zahlen und sich gegenseitig sogar noch überbieten. Wenn wir also mit Recht unzufrieden sind, daß wir immer noch so wenig Lebensmittel bekommen, so dürfen wir doch ehr - licherweise mit dieser Unzufriedenheit nicht die gegenwärtige Regierung belasten, sondern wir müssen die Knappheit zurück- führen auf unsere allgemeine Verarmung und auf die Unvoll - kommenheit der Menschen. Deshalb dürfen wir natürlich trotzdem den Kampf um eine Besierung nicht aufgeben, son - dern müssen ihn führen mit oller Kraft. Aber wir müssen uns darüber klar fein, daß eine Besserung von oben nicht zu erwarten ist, wenn nicht imVolkeselbst dafür die Grund - lagen geschossen werden. Unsere Losung muß vor allem sein: Steigerung der Erzeugung! Sobald wieder ge - nügend Lebensmittel und Waren vorhanden sind, hören Schleichhandel und Hunger von selber auf. Eine weitere Enttäuschung hat vielen Arbeitern die Steigerung der Preise bereitet. Eie hatten nach dem Siege der Revolution einen raschen Abbau der Preise er - wartet und müssen nun im Gegenteil ein fortgesetztes Steigen aller Preise erleben. Natürlich sind sie leicht geneigt, auch daran der Negierung die Schuld zuzuschieben. Sic glauben, die Regierung könnte die Preise einfach durch Dekret herab - setzen, und dann wäre alles gut. Allein, so einsach ist bv|t Sache nicht. Das geht schon daraus hervor, daß es bis jetzt der Negierung keines Landes gelungen ist, einen Abbau der Preise herbeizusühren, den bolschewistischen Regierungen Rußlands und Ungarns ebensowenig, ja noch viel weniger, als der bürgerlich-sozialistischen Negierung Deutschlands oder als den kapitalistischen lliegierungen England» und Frankreichs. Gerade aus dem stark landwirtschaftlichen Rußland müssen wir immer wieder hören, daß man dort das Pfund Brot mit Rubeln bezahle, und im agrarischen Räte-Nngarn waren die Preis« für Fleisch und Butter unerschwinglich. Schon daran ist zu erkennen, daß sich die Warenpreise auf die Dauer von keiner Regierung künstlich niedrig halten lasten, sondern daß sie sich letzten Endes nach wirtschaftlichen Ge - setzen, nämlich nach Angebot und Nachfrage richten. Ist das Angebot an Waren knapp und die Nachfrage groß, so gehen die Preise stets in die Höhe. Ehe jemand hungert oder verhungert, legt er für ein Brot lieber den doppelten, drei-, ja fünf- und mehrfachen Preis wie in normalen Zeiten an, vorausgesetzt, daß er ihn anlegen kann. Und dafür, daß heute im allgemeinen höhere Preise als im Frieden gezahlt werden können, wurde durch ein« ins Riesenhafte gehende künstliche Vermehrung unserer Zahlungsmittel gesorgt. Durch die kolostale Ueberschwemmiing des Markte« mit Papiergeld wurde erst die Voraussetzung für die wahnsinnige Steigerung der Preise geschaffen. Ohne sie wäre weder den Unter - nehmern die Zahlung bet heutigen Löhne und Materialpreise, noch den Konsumenten die Zahlung der heutigen LcbenSmittcl- unb Warenpreise möglich. Betrachtet man den heutigen hohen Stand aller Preise von dieser Seite, so stellt er sich dar als das, was er in Wahr - heit zum größten Teil ist: eine Folge unserer ge - waltigen Geldentwertung durch die Schaf - De liau aS Ebb un Flöt. So war e». Alles war ein Kommen unb Geben, Geben und Kommen, unb sie hatte es längst verlernt, dem Schicksal #u trotzen. Es kam ja doch alles, wie es tommen mutzte. Sie kannte den alten Spruch: As't kämmt. So nimmt Nähr bi Un wehr bi. Nur das Sichwchren, nein, da» hatte sie nie verstanden unb nie gekannt; sie nahm alles hin. tote es kam, nahm «S al» ein« berbtente Schickung Gottes. Unirinen Me wSnceftfattene Vetthctle eo 4, zuzüglich 60 Prozent vorschrtflen ohneVerdindlicb» fett. Reklamen tm redaktio - nellen Leu werden auch geac» GnlaeU ntchk ausgenommen. Poh'h^e Nachrichten. Ter Jahrestag der Nevoluticu in Berlin. WTB. Berlin, 9. N.veniber. Bei kräftigem Schnee» treiben und 4 Grad Kälte würd: heui« der Jahre.taa der beut» sch:n Revolution in Berlin drangen. Die Mehrheit, sozialisten batten für ihre Anhä igcr in Berlin sowie in den Kreisen bliebet» batnim unb Teltow für 10 Uhr vormittags itj 47 Lokalen, davon 11 in Berlin, Leisaminlungen an beraumt, wo führend« Männer dieser Partei Ansprachen über das gemeinsame Thema »Di« Cozialbemokratt« und her 9. November hielten. Die Unabhän - gigen führten in 45 Lokalen, davon ebenfalls 11 jn Berlin, ihre Mitglieder zusammen. Auf der Tagesordnung st'md das Thema .Die Nevolution unb der 9. November". Tie Versammlungen nahmen bei nrtttelmätzigem Besuch einen ruhigen Verlauf unb waren meist schon nach einer Stund« beendet. Stretkdemon» streitionen haben nid# ftaitgefunbcn. Auf dem Friedhof der Märzgefallenen wurden einig« Kränze niedergelegt. Die Mehr» beit-osozialisten veranstalteten abends in Theatern. Gesellschafts- Häusern, R. st 'urants unb Schulen besondere Festlichkeiten, wo Dr. David, Richard Fischer, Rausch. Mari« Fuchaez. Adele 5<6rei - bet, Scheidemann, Hirsch und andere hervorragende Mitglieder der Partei Festreden hielten, denen Vorträge unb musikalische Darbietungen folgten. Im Lause de# ganzen Tages wurde« keinerlei Ruhestörungen bekannt. Hin« Bitte der fo;ia!dkmokr«1ifche« Landtagssrattioa. Unser« Fraktion in der Lando-vers immlung wird in letzter Reit mit Petitionen unb Anfragen von Cris» unb Zweigvereinen bei verschiedenen Organisationen, besonders der Beamtenverbände, überschwemmt, welche sich häufig auf dieselben Gegenstände beziehen. Die Fraktion bittet daher, solche Petitionen nicht selbständig, sondern nur durck> Vermittlung der Zentralorgemisationen an si« gelangen zu lassen. Strafen geahndet werden können Für Bestrafungen im Falle der Fahrlässigkett ist nur fakultative öffentliche Bekanntmachung vorgesehen. In der Vollversammlung des Neichsrats erklärte ji-h der Vertreter der Regierung von Sachsen-Weimar, rote auch schon im Ausschuß, >m Auftrage der Regierung von Sachjcn« Weimar gegen die Verordnung. Nach Bcendigiing der Kriege» sollten Sottdergerichtc als eine bedenklidte Ausnahme nur int alleräußersten Notfälle errichtet werden. Die Badische Regtecung hält, rote ihr Vertreter mitteilte, eine schärfere Kontrolle der Post» pakete und Telegramme für notwendig und hat einen Antrag in dtztiem Sinne on den Reid;Sk-nzler gestellt. — Minister Schif - fe r teilte mit, daß diese Anregung der badischen Regierung be« reits Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen sei. und et glaube, daß die Regierung unmittelbar vor einer Entschließung in dreier Frage stehe. — Die Verordnung wurde gegen die Stimm' des Vertreters von Sachsen-Weimar angenommen. unb rasch sie dahinschrittenl Wie hoch und stolz sich Renate trug! Mit bitterem Lächeln sah sie an sich selbst herab. War es ein Wunder, daß Melfs Angen mit größerer Freude an Renate hingen? Mußte eS nicht so kommen? Müde ließ sie das Glas sinken. Aber bann raffte sie sich zu» sammen. Sie wollte nicht mehr daran beulen, nie wieber. Wi« hietz eS noch auf ber Truhe, die in ihrer Schlafstube stand 1 Glück un Not, Di« Sondrrsi«richte flfflen den Wucher. In ber öffentlichen Sitzung de« ReichSrateS, die am Sonnabend abend im Ministerium deS Innern unter Vor - sitz des Justizministers ftattfanb, stand der Entwurf einer Ver. orbnung über Son bergerichte gegen Schleichhandel und Preistreiberei zur Beratung. Die Verordnung kürzt das langsame Gerichtsverfahren wesentlich ab. Das ganze Fwischenverfahren fällt weg. Da« Gericht kann in ber Beweisaufnahme nach fernem Ermessen handeln. E» wird in erster und einziger Instanz ersannt. AIS Kautelen gegen ein allzu summarisches Verfahren ist die Notwendigkeit der Ver - teidigung vorgesehen. Auch hat da» Wud-evgericht die Befugnis, wenn es die Sache nicht geeignet hält für ein summarisches Ver - fahren, sie an die ordentlichen Gerichte abzugcben. Besetzt sind die Wuckiergerichte mit zwei Berufsrichtern und zwei Laten- rrchtern, je einem aus den Kreisen der Verbraucher und der Pro - duzenten oder des Handels. Trotz mancher Bedenken hat die Mehrheit des Ausschusses de» NeichSratS sich für Annahme bet Verordnung entschieden. Aus Wunsch Württembergs ist eine Verschärfung der Strafen eingetreten, '/aß auf Gefängnis nicht unter drei Monaten erkannt werden soa, während «S in der Re - gierungsvorlage hieß: .nicht unter einem Monat'. Auch fahr» lässige Verfehlungen sollen mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis «K 100 000 oder mit einer dieser bethen Frau Taben nieste schweigend, stellte sich anS Fenster unb blickte ihnen nach, so lange sie sie sehen konnte. Ein bitteres Gefühl stieg in ihr auf. Sie kam sich auf einmal so überflüssig unb vom Leben verstoßen unb zurückgesetzt vor. An vollen Tischen saß sie und stand doch hungrig unb durstig auf. Noch nie hatte sie ihr Leiden so sehr als Last empfunben, wie in diesem Jahre, seit ber Stunde, in der die Fremde in ihr Haus gekommen war. Doch nein, sie wollte nicht ungerecht sein! Renate hatte ihr auch viel Sonne ins HauS getragen, ihr unb Mels. Mels wohl am meisten. Aber sie konnte nicht mehr mit denselben Gefühlen wie in ber ersten Zeit das stete Zusammensein der beiden beobachten, immer stieg es quälend in ihr hoch: Du solltest ihm dar sein, waS die andere ihm ist, und dir sollte er die herzlickw Freude ent - gegenbringen, die er ihr bringt. Ober war das, waS die beiden so oft zusammenführte, etwas anderes als die bloße Freundsdiaft zweier frischer, gesunder Menschen? Manche Stunde in der Nadst -wenn sie schlummerloS in den Kissen lag, peinigte und quälte sie der Gedanke. Immer und immer wieder versuchte sie, die Gedanken zu bannen, aber sie ließen sich nicht bannen, son - dern tarnen immer unb immer wieder. Dadurch verschob sich ihr ganzes Verhältnis zu Renate. Sie fing an, sie tn all ihrem Tun und Reden heimlid) zu beobadsten, achtete auf jedes Wort, das sie sagte, merkte sich's und drehte und deutelte in den fdilaflofcn Stunden so lange daran herum, bis es zu einer Schuld sich anS- wuchs. Wenn aber bann der Helle Tag kam. verwarf si« alles und glaubte ober wollte nicht glauben an die dunllen Spuk- gestalten der Nacht. Unb doch liefen ihre Gedanken immer hinter den beiden her. Auch heute, wo sie einsam zurückbliop. Was hatte sie eigentlich von ihrem Leben gehabt? Hatte die Liebe ihres Mannes sie je ganz glücklich gemacht? Wenn sie eS recht überdachte, hatte sie nie an eine große Liebe geglaubt Ihr Gefühl für ihn war immer viel stärker gewesen al» das, waS er ihr entgegengebracht hatte. Ja, eine selige Stunde hatte sie doch gehabt; da» war, als sie ihr kleine» Kind in den Armen hielt. Als es starb — ja, das war wohl die schwerste Stunde ihre» Lebens gewesen. Die Stund« warf noch beute_ ihre düsteren Schatten über sie und über ihr ganze« Hau». Für sie war der Tod de« Kinde« mehr al« das bloße Erlöschen eine» Leben«, für sie war e» die Strafe, die furchtbare Strafe Gotte« für die eine Stunde, da sie sich vergessen hatte, war e« die Rache Gotte« genau so wie auch ihr Leiden. Jeden Tag stand diese drohende Predigt vor ihr, erschlug jede frohe Stunde und machte ihr alles zur CuaL E« war eine Strafe, die fort und fort wirkte, die ihr schließlich auch die Liebe ihres Manne« raubte, ober doch das, was er ihr al» Liebe entgegcnbradjte, seine oft rührende Fürsorge unb alle« ©ute, da« er, ohne Aufheben» davon zu machen, ihr tat War eS nun so weit? Reiht« sich jetzt diese« neue Glied in die Kette ihrer Leiden? Sie langte das Fernrohr her, stellte e« ein unb suchte den Horizont ab. na» .««rl-pe* e »; ^aL "" nrt A < eteriHldee» W m. «■an«. „WM" 1 ’ 1 " 6 - ■ nonetL **- -H-nattten : j«eiaa»fu a * < ”• *" «^"‘^Teombure. (5r p t ö 11 icw. a ti iunVnraN«'i.er W 1»<* ^ictiormwreunonlot: (irtlanbltiabr n ' -w«- Lloyd Georg« über Bolfckewi wlls und Frtrdm. Aus dem Londoner Lordmahorstag hielt unter anderem auch Lloyd George eine Rede, in bet et sagte Wir können keinen Frieden hakuen, wenn in Rußland k-in Friede ’ st Tie AuSstchien sind nicht günstig. Vor einer Woche bestanden Aussichten aus eine rasche Losung, heute weist aber alle» auf einen langen blutigen Kamps hin. Der Angriff auf Petersburg konnte nicht durchgesetzl werden, Denikin« Vormarsch auf Moskau sei vorläusig auigcbalicn. Auch die letzten Nach - richten au« Omsk seien wenig beruhigend. Er glaube nicht, daß die bolichewistiicden Arnieen ganz Rußland erobern werden, da d d Bauern dem BolsechwiSmuS feinblidi gegenüberfiänben. Er habe, bereits früher vorhergefagl, daß ber BolschewiSmu« nicht mit b e m Schwerte unterdrückt roerber sönne unb baß man zur Diebethetslellung von Frieden unb Ordnung in Rußland zu anderen Methoden werde greifen müssen. Er wollte, daß diese Pro - phezeiung unrichtig gewesen wäre, denn die zivilij-erte Welt könne ein ck)aolitck>eS Rußland nickst dulden. Wenn man von Rußland ab- sehe, so seien die Aussichten gut Man könne nicht ermatten, in einem einzigen Jahre zu normalen Zuständen zutückznkommen. Zwei Dinge seien notwendig, nämlich Arbeit unb Ver - trauen. Llohb George sprach dann Pon der Festigkeit in der Lage England« im Vergleich zu anderen Ländern unb sagte, nur Englands Seite sei eine bewunderungswerte Erholung ersicht - lich. Die Arbeiterschwierigkeiten hätten zwar md>: aufgehört, iie seien aber weniger drohend al? früher. Da» Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit habe sich pebcücrl. Er vertraue darauf, daß das britische Volk da» zweite Ftiedensjahr mit neuer Hoffnung beginnen werde, da e? einsehe, daß England, wenn es sich seiner Aufgabe mit Liebe widme, nicht nur den Schaden, den der grojjc Krieg angerichtet hat, wieder gut machen wird, sondern auch ui einer Periode des Gedeihen» eintreten wird, wie t» sie nie zuvor kannte. Frtkdknsvoischlösse der Sowjetrepublik. Dem .Nieuwe Notterdamsckxn Courant* zufolge veröffent - licht der sozialistische Londoner .Daily Herold* den Tert bet Frieden«vorsd>läge ber tussisd^en (Eorojcttcgietung, bie Oberst Malen« aus Rußland milbtatWe. Danach sollte ber Wassenstill- stanb auf zunächst 14 Tage abgeschlossen werden. Keine Partei bars ihn zum Transport von Truppen ober Kriegsmaterial be - nutzen. Die Bürger ber russischen Sowjetrepublik sollen freien Zugang zu den alliierten und asioziiertcn Ländern unb allen ben llä obern erhalten, bie aus dem Gebiet deS früheren russischeir Reiches entstanden sind, sie sollen freipn Aufenthalt und Verkehr ksiiben unb Lchiitz genießen, solange sie sich nichl m bie Inneren Angelegenheiten dieser Länder einmischen. TLch glaube, ich bin schon viel zu lange hier. Mir tut bie ^"somkcit nicht gut." “äbet Fräulein Elvershoi, so schnell dürfen Sie nicht sott* ,. GrjDurbe ganz eifrig und merkte gar nicht, wie die Augen "’Wr Frau unverwandt an ihm hingen. -Aber Fräulein ElverShoi. erst wollen wir doch noch unsere i ®attentDanbcrung nach Halieroog machen. Da8 haben wir beschlossen, und dabei bleibt es doch, nicht wahr?" . -Ich will es mir überlegen." sagte si« zögernd, während ihr ij * ,a ng und klang vor Glück, einen Grund zum Verlängern " Aufenthalt? gefunden zu haben. . blieb si«, und tröstete ihre aufsteigendon warnenden . sinken damit, daß es y nur ein Aufschub um einige Tage v. baß si« dann ganz sicher fortgehen werde. Tag« später tagte Mels zu Renate: Gibt bald andere» Wetter, unb bann wird e» mit der knwanderung nichts. Lassen Sie un« heute gehen." ttiditto n ° bch den mit Proviant gefüllten Rucksack um unb gu, *■ “cnate einen der großen Bambusstäbe, die er aui bem °" 1 holte. U emi S en Stunden sind wir wieder hier," rief er seiner psi .äu zu, »sollte Fräulein Elvershoi zu müde werden, bleiben 4ar nächsten siibe. Du brauchst Dich bann nicht ,u M ÄIWMsjir WMiimM. Aktivistische Kunst verlangt unsere Zeit. Eine Kunst, bie sich nicht erhaben über da« gemeine Geschehen deS Tage« sich selbst genügt, fonbern bie sich mitten Hineinstellt inS Leben, teil Hat an ben kleinen unb großen Sergen ber Menschheit, an ihren Freu- bett. (Sine Kunst, die bie Gebanken ber Menschheit bentt, in ihrem Fühlen empfinbet, ihr Leben lebt mit allen ben Hoffnungen, Wünschen, Enttäuschungen, bem Auf unb Ab unb bem fdjreienben, iubelnben Vorwärts, zu bem bie Menschheit drängt. Die deutsche sozialdemokratische Arbeiterschaft Hai immer zu dieser aktivistischen Kunst aestanden. Keine Schickt hat zu jeder Zeit aller Entwicklung der Kunst mit größerem Verstandn,» gegen- übetpeftanben als sie, keine sich freudiger zu,den Stürmern und Drängern der Literatur bekannt als sie. Börne und Heine, sie .Räuber" und ber .FieSko" Schiller» waren in den siebziger und den achtziger Jahren ständige .Repertoirstucke" tn den Vor- lesungen auf den Hamburger-Altonaer-Ottensener Zigarren- macherbuden. Und al» Anfang der neunziger Jahr« ber Polizei- knüttel Hauptmann« .Weber" von ben öffentlichen Buhnen ttieb: bie Freien Volksbühnen ber sozialbemokratischen Arbeiterschaft nahmen sie aus. ..... Aktivistische» Theater im schönsten, kräftigsten Sinn war -», al» bei Hamburg-Attona-r Arbeiwr-BilbungsauSsckuß ben sozial- beinokratischen Arbeitern Beethoven« gewaltiges Hohe« Lieb tzer Llenschheiisverbrüberung in ber 9. Symphonie bot, als er seinen jungen Genossen unb Genossinnen unter Leopold Jeßner« künst - lerischer Führung am Dergpavillon in ber Selbe bie Rütli-Szen« aus bem .Tell", als er den Arbeitern Paul? .TeuselSkirche", BjörnsonS „Ueber bie Kraft", Shaws -Häuser bes Herrn Sar - torius", Büchners .Danton? Tob" Vorspielen ließ. Der Krieg ha» im August 1914 ba« Unternehmen jäh verschlagen. Erft jetzt können wir beginnen, von neuem aufzubauen. Erne breite £uaber legte er in ben Grunb biese« Baue« mit ber Festauf - führung zur Revolutionsfeier. Al» ihm die Aufgabe ber Festvorstellung würbe, war «» ihm selbstverständlich, daß e« nur ein Werk sinnvoller aktivistischer Liieratur sein könn«, ba? biese? Feste« roürbig sei. Wer freilich ber RevolutionSdramen, bie bühnenrecht sind, gibt e» nicht allzu» viele. Han« Pichler vom Schillertheater wollte c» wagen, Robert Hamerling« große Tragödie -Danton und RobeSpierre" anfzuführen, bie Max Monlor vor etwa sechs Jahren hier einmal laS, bie in Teulschlanb aber noch nie gegeben rooibcn ist. Man stimmte ihm gern zu. Zuerst war die grosie Arena beS Zirkus bafür auSerseben. Tie war aber nicht zu haben, beshalb muhte man sich beim Schillerlheoter bescheiden unb wegen be« kleineren Raume« mehrer« Vorstellungen in Aussicht nehme«. Mußte e« auch gern zufrieben sein, wenn Hamerling» Drama, ba» nicht nur wegen seine« beim satten Thealerpublikum nickt gangbaren Stoffes, fonbern auch wegen feines ungewöhnlickei, Umfange« nur ganz vereinzelte Aufführungen in bei Heimat be« Diryter» erlebt hat, stark zusammeiigestrichen würbe. Sonst wäre eine Ausführung — gitmnl in bieser Zeit ber argen «erkedrS- schwierigkeiten — unmöglich gewesen. E» konnte bennod) eine wuchtige unb roürbtge Feier roerben. Unb e» würbe eine Feier, bic ollen Teilnehmern sicher in Erinnerung bleiben wird. Die Aufführung war eine sehr bebeutende Bühnenleiitiing. Die eifervolle, freubige Hingabe Han« Pichler« an die Einstudie - rung und Jnsgenierung lohnte sich voll. Er brachte da« T'eient»- siche der Dichtung und lieg uns die große, stürmische ti cit der französischen Revolution durchau« miterleben. Ungeheure ^chw'»* rigkeiten galt e« zu überwinden. Vor allem für bie große Vol.t- fgene im ersten Akt. In gang wenigen tUroben nur ichante er hier mit einem Ensemble von wenigen Berufsschauspie-rn und einem großen Heer von Jugenbgenojsen, die fick thm gur ver» Fügung gestellt haben, ledendigite« Leben, cm wenig inng war bisweilen ba« Volk, gu bem bie revolutionären ■ (c.cn spradien. Aber das soll bei Revolutionen in der Tat guroeilen vorkomme«. Der große Eindruck, ben bi- Aufführung hinterließ, ist neben Pichlers hingebentzer Arbctt in erster Lime der gang auSaegei U- neien Darstellung bet heiben Titelrollen., bie ba« gange Dram« ja tragen, gu bunten. Für Danson, ben stimmgewaltigen T'tanen der Revolutton, setzte sich Alex Otto, für seinen ©cgeiipan ylobes- pitrte Franz Kreidemann ein. Beide waren restlos gut. Ich habe A^ex Otto feit bald 27 Jahren in unzäh.igen Rollen gesehen, nie sah ich ihn besser, nie mehr in seiner Aufgabe oufgehcn, nie mit feiner Persönlichkeit tiefer in der Gestalt, b-e er na zu schal hattv, uiiteriauchen unb sie charakteristisch au« bem -Mier, gc- ftalten, al, on btefem Abenb in feinem Danton. Er war gang so, wie Thomas Laichte diesen Tanten zeichnet: eine glgcuttijche Zerstörte Hoffnungen. 6?ui Kapitel für Unzusriedeue. Von A. Ellinger. Seil ber Novemberrevolution ist nun ein Jahr vergangen, gjlit welchen Hofsnungen Hal die Arbeilerjchost nach dem eschen Siege dieser Ncvolutton der Zukunft eitlgcgengesehen? Und was ist von diesen Hoffnungen bis jetzt verwirMchl Morden? Es .ist kein Zweifel, daß in weiten Kreisen der Arbeiter - schaft mit dem bisher Erreichte» große UnzusriLdenheit herrscht. Und zwar ist die Unzufriedenheit dort am größten, iDo hie wirtschaftliche Schulung der Arbeiter am meisten zu wünschen übrig läßt. Diejenigen, bie erst während des Krie- politisch wachgerüttelt worden und die erst nach der Dpcmbcrrevolution den proletarischen Organisationen zuge- firömt sind, schimpfen am meisten darüber, daß „nichts ge - tan" wird und daß es so gar „nicht ein Bischen vorwärts" acht. Wir haben zwar durch die Revolution politische Fort - schritte errungen, um die wir in normalen Zeiten wahrschein - lich noch Jahrzehnte hätten kämpfen müssen. Wir haben die Herrschaft der Junker gestürzt und haben durch das allgemeine, «Iciche und geheime Wahlrecht für alle über 20 Jahre alten Wnner und Frauen das Polk in feiner Gesamtheit zur Herr - schaft gebracht. Wir haben damit die Bahn frcigcmachl für jpl Ausstieg der Arbeiterschaft und für bie organische Fort- tktwieflung unserer Wirtschaft und unseres Rechts. Wir haben in wenigen Monaten die freiheitlichste Derfaffung der ganzen Welt geschaffen. Wir haben den Achtstundentag dekre - tiert, haben die Demokratisierung des ArbcitSverhältnisseS, Has vordem nur die bestorganisiertcn Arbeiter mittelst der Tarifverträge teilweise durchgcsührt hatten, in vollem Um - fang in die Wege geleitet und werden sie demnächst durch das Gesetz über die Betriebsräte noch weiter ausbauen. Wir haben außerdem eine ganze Reihe anderer wichtiger Dinge erreicht und mit alledem so manchen wichtigen Punkt unseres sozialdewokratischen Programms verwirkliUht. Wenn trotzdem die Unzusricdcnheit mit dem Erreichten bei einem Teil unserer Arbeiterschaft groß ist, so ist das viel weniger darauf zurückzuführen, daß bis jetzt unter Führung der feozialdcmokralie nichts getan waren ist, was nach Lage ber Sache getan werden konnte, als baren f, daß sich viel« mferer Volksgenossen — und durchaus nicht nur Arbeiter — nach der siegreichen Novemberrevolution Hoffnungen hin - gegeben hatten, deren Erfüllung nach Lage der Sache bis jetzt völlig außer dem Bereiche jeder Möglichkeit lag. Zu diesen Hossuuiigcn gehört in erster Linie jene auf eine rasche Verbesserung unserer Lebenshaltung. Unsere Lebenshaltung ist zwar — ganz besonders infolge einer । reichlicheren Zuweisung von Fett unb Brot unter Aufwen - dung von Milliardcnsummen durch die Regierung — heute er- I heblich besser, als sie 1918 und 1917 war; aber sie ist natür - lich noch lange nicht so, wie sie vor dem Kriege war. Sie wird auch in absehbarer Zeit nicht wieder so werden. Kein« Negierung, weder eine sozialistische, noch eine konservative I oder kommunistische kann dem Volk in seiner Gesamtheit mehr Lebensmittel zukommen lassen, als erzeugt werden und of» wir allenfalls vom Ausland zu kaufen in bet Lage sind. Ja, selbst wenn in Deutschland wieder so viel erzeugt wird, wie vor dem Krieg, wird doch die Gesamtheit des beute schen Volkes weniger verbrauchen können, al« in ber Vor - kriegszeit, aus bem einfachen Grunde, weil noch auf viele Jahre hinaus ein großer Teil von den Werten, die deutsche Arbeiter erzeugen, als Kriegsentschädigung ohne jede Ecgenleitstung ins Ausland wandern werden. Nun wird mit Vorliebe darauf hingewicfen, daß gar nicht p wenig Waren und Lebensmittel vorhanden feien, denn e6 fei ja im Schleichhandel alles zu haben. Die Negierung brauchte nur den Schleichhandel zu unterbinden, dann hätten die genug. Diese Annahme ist ein Trugschluß. Sie setzt voraus, baß die zahlungsfähige Bevölkerung nicht nur so viel Waren und Lebinsmittcl verbrauche, als sie zur Befriedigung ihrer I eigenen Bedürfnisse haben muß, sondern daß sie auch ben Teil an Waren und Lebensmitteln mit verkonsumiere, ben die große Masse der minder zahlungsfähigen Bevölkerung haben müßte. Davon ist natürlich gar keine Rede. Nie - mand, auch ber reichste Mann nicht, kann auf bie Dauer mehr essen, als bis er satt ist. Daraus folgt, baß auch bann, wen» CtaKlttnmmer morgens 10 4, aBenbS 15 4. amtmrgerEcho »