rajrautmifter morgens Sv «Ben» führte Somr- nnk Festtags 80 4. LamvurgerEcho Ztr. 300 Donnerstag, den 1. JuU 1920.- Morgen Ausgadr 34. Jahrgang bfe «Cfgetoane* «etttjrtle 8,80 A, t<» SO Prozinr leafrnn«*» lufrtilnq. -UrbcitSeiarft n. ffamUieuantcigeu 2,40 *. A»z»tgeu-Annabm« Fehlandstratzs 11 im Ln» fl*f»o6 tbis 7 Uhr ebtnb# fite drn folgexbett Zag), tn ben Filiale« (bii s Lhr> und In allen Annoncen. Bureau«. Platz, und Dale». vorichrtstrnohnePerbindlich. Kit. Reklamen tot rebottto« nellen Teil werben auch gegen Sntgell nicht aulgenommen. «scheint täglich fwetmal, Sonntag« n. nach Feierlaatn nur einmal, «ezngbvrri«: wSchentl. 2.35 x. monatl. io X vorauSzallldar tret in« Hau«, areuin Meabimg monalli» 12 X. Redaktion: Fehlanbftragc ii, i. Stock. verauMorlli'tnr Redakteur: Tiohauurd -«eltze,Haml>urg lirp «btt ton: Rftlmth' .ade».Srdgeichotz. WWchhonbluNg: «rdgelchob. Badibtuderei-Äonlor: Fehlanbftraße 11. 1. Stock. Reichswirtschaftsrat. (Grifiener Drcchöbericht.) . .. . Berlin, 30. Juni. Di« erste Sitzung des Reichswirtschaftsrats wurde heute abgchalten. Der Sitzungssaal des Herrenhauses ist bis auf den letzten Platz besetzt. Auch die Tribünen sind gut besucht. Am Regierungstisch: Reichskanzler Fehrenbach und die Minister Koch und Scholz, ferner Reichstagspräsident köbe. Kommerzienrat Bamberg eröffnet als Alterspräsident bie Sitzung pünktlich 3 Uhr. Zu Schriftführern werden be - rufen : Hepp, Aufhäuser, Böslein und Georg Bernhard. Reichskanzler Fehrenbach begrüßt den vorläusigen Reichswirtschaftsrat namens der Rcichsregierung und führt aus: Die Rcichsverfassung habe sich das ideale Ziel gesetzt, chie Gleichberechtigung aller in der Wirtschaft tätigen Kräfte bei der Entwicklung der produktiven Kräfte der Nation herbei - zuführen. Der vorläufige Reichswirtschaftsrat ist ein wich - tiges Glied zur Verwirklichung dieses Zieles. Nach seiner Zusammensetzung und seinen Aufgaben steht er als eine neue Erscheinung unter den Parlamenten der Welt 5>a. Der Zusammenschluß von wirtschaftlich gleichberechtigten Dersonen ist den Deutschen nicht fremd. Wir finden ihn ver - wirklicht in unsern Markgenossenschaften, Zünften, Gilden und Gewerkschaften. Die Revolution hat auch den Arbeit - nehmern den Weg zur Einwirkung auf den Produktionsprozeß .freigemacht. Im Zusammenhang mit der Gesamtwirtschaft sollen Sie Ihre Sachkenntnis in den Dienst der Weiter - entwicklung der Wirtschaft stellen, um Freude am Schaffen daraus zu gewinnen. Neu ist auch die Aufgabe, die dem Reichswirtschaftsrat gestellt ist. Er soll das Reichsparlament entlasten. Er ist nicht zusammengesetzt aus rein zufälligen Vertretern von Wirtschaftsgruppcn, sondcr/l in ihm sind plan - mäßig und versasiungsgemäß alle Kreise unseres Wirtschafts - lebens vertreten. Ihm liegt die Aufgabe ob, entsprechend dem Artikel 155 eine rein wirtschaftliche Körperschaft aufzubauen, die bis heute noch nicht besteht. Sie zu schaffen, wird die Aufgabe der nächsten Monate sein. Die wirtschaftliche Lage ließ es der Reichsregierung geboten erscheinen, sich die wirt - schaftliche Hilfe des vorläufigen Reichswirtschastsrates zu sichern bei den schweren Proben, denen die deutsche Wirtschaft in den nächsten Monaten ausgesetzt sein wird. Dem vor - läufigen Reichswirtschaftsrat wird die Bedeutung zukommen, die er sich selbst zu geben weiß. Er muß sich bewußt sein, daß der wirtschaftliche Fortschritt heute weniger Sache des ein - zelnen ist, und daß es notwendig ist, daß der einzelne lernt, sich dem Interesse des Ganzen einzufügen. Möge dieses erste Wirtschaftsparlament der Welt den Grundstein legen, auf wir weilerbauen zum Wohle des VarerlanveS. (Beifall.) Danach nimmt der Reichswirtschaftsrat den Entwurf einer Geschäftsordnung an. Es folgt die Wahl des P r ä s i d i u m s unter Namensaufruf mit Abgabe von Zenem: • Es wurden 296 Stimmzettel abgegeben, davon waren 63 undeschrieven, 238 lauteten auf den Arbeitgeber Edlen v. Braun, der damit gewählt ist. Der Vorsitzende übernahm darauf die Leitung der Versammlung und erklärte: Ein großer Teil Deutschlands sicht auf den Reichswirtschaftsrat mit der Hoffnung, daß er die Gesundung und den Wiederausbau des deutschen Wirt - schaftslebens fördern wird. Wir werden alle Kraft anspannen müssen, wenn wir die in uns gesetzten Erwartungen erfüllen wollen. Wir wollen mit frischem Mut und Vertrauen an die Arbeit gehen in der Ueberzeugung, daß es nun gilt, wirtschaft - liche Fragen von wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus zu be - handeln und zu lösen. Wir wollen versuchen, die Jnteresien- gegensätze auszugleichen. Als Vorsitzender werde ich bemüht sein, dahin zu wirken, daß hier keine Redetourniere staitfinden, daß keine Reden zum Fenster hinausgehalten werden, sondern sachlich gearbeitet wird. (Lebhafter Beifall.) Zuin ersten stellvertretenden Vorsitzenden wird dann als Vertreter der Arbeitnehmer der sozialdemokratische Reichstags- äbgeordnete Legien gewählt mit 243 Stimmen bei 42 Ent - haltungen. Durch Zuruf werden noch weitere sieben stell - vertretende Vorsitzende aus den einzelnen Gruppen gewählt. Ferner wurden 9 Schriftführer gewählt. Es wurde dann ein wirtschaftspolitischer Aus - schuß gewählt, dem 30 Mitglieder angehören, weiter ein sozialpolitischer Ausschuß von 30 Mitgliedern, ein Geschäftsordnüngsausschuß mit 20 Mitgliedern und ein Wahlprüfungsauöschuß mit 4 Mitgliedern. Darauf bittet der Vorsitzende, daß der wirtschafts - politische Ausschuß wegen der Entsendung von Ver - tretern nach Spa sich möglichst bald konstituieren möge. Auf Vorschlag Georg Bernhards beschließt die Ver - sammlung, daß sämtliche Ausschüße gleich nach Schluß der Versammlung zusammentreten. Eingegangen ist ein Antrag Wissell, nach dem die Schließung von Betrieben wegen der daraus entstehenden volkswirtschaftlichen und sozialen Schäden als unmöglich ge - boten erscheine. Dieserhalb möge der wirtschaftspolitische Ausschuß in eine sofortige Prüfung der Frage eintreten und dem Reichswirtschaftsrat Vorschläge zur Beschlußfasiung vor - legen. Der Antrag wird dem wirtschaftspolitischen Ausschuß Überwiesen. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Nächste Sitzung: Donnerstag 11 Uhr. — Schluß 5 Uhr. die Aussprache im Reichstag. Von unserem Berliner parlamentarischen ■ Mitarbeiter. In der Fortsetzung der politischen Aussprache hielt am Mitt - woch die weitaus beste Rede der Bayerische VollLparteiler Dr. Heim. Wenn auch aus der Schar der Freunde und Gönner, die ihn dicht Uindrnngten, laute Zwischenrufe erschallten, so war sich doch am Schluß das Haus darüber einig, eine politisch kluge Rede von einem gescheiten und vor allem wirtschaftlich gut unter - richteten Manne gehört ,iu haben. Heim steht seit langem in nicht ganz unbegründetem Verdacht, mehr mit gewissen Kreisen der französischen Ostpolitiler zu liebäugeln, als für eilten deutschen Abgeordneten wünschenswert i(F< Um so beachtenswerter ist die eindringliche Rede, die der fitddeutsche Sonderbündler an die Adresse Frankreichs gerichtet Hat. Er sprach von einem gewissen Sadismus, der sich an den Cualeit Deutschlands weide, anstatt unser Land und unser Volk durch richtige Unterstützung zum Nutzen der ganzen Welt wieder flott zu machen. Heim brachte viel Verständnis für die Sorgen deö erschöpften, schiverleidenden Frankreichs auf, das sich für Jahrzehnte militärisch gegen Osten sichern wolle. Er, der gewtß ein Preußenfresser ersten Ranges ist, $äi Frankreich aber auch, sich von der Furcht vor einer deutschen Revanche fveizirmachen, weit die Überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes niemals für einen solchen Gedanken zu haben ist. Möchte Frankreich gerade im Hinblick auf Spa von diesem ltaherischen Abgeordneten die Mahnung anhören, daß vielleicht das Bestehen Europas davon abhängt, daß Deutschland und Frank - reich sich auf einer mittleren Basis einigen. Manches, was Heim über die Landwirtschaft und über die jetzigen Notstände sagte, wird der Sozialdemokrat ablehnen, manches aber findet auch in unseren Reihen Widerhall. So das Wettern des Bauernführers gegen unberechtigte Steigerungen der Erzeugerpreise, zum Bei - spiel bei den Kartoffeln. Heim tief der Landwirtschaft und ihren Vertretern in den Rechtsparteien zu, daß nun der Landwirt sein soziales Gewisien entscheiden lasien möge, sonst werde er vielleicht einen Berg von Papierzetteln aufhäufen, aber am Schluß doch alles verlieren. Heim verlangte, daß endlich das Gewissen der Bauern- geweckt werden solle, aber auch in Handel und Industrie die Profite stabilisiert werden müßten. — Wie sehr unterschied sich von der Rede des bayerischen Bauern Vertreters die Rede des Zentrumsabgeordneten Trimborn. Das Zentrum beginnt schon merklich nach rechts zu rücken. Trimborn scheint reichlich viel Rotgardisten zu sehen und sehr scharf auf die Gewaltmenschen von links, sehr wenig aber auf die Gewaltmenschen von rechts zu achten. Er unterstrich die Berührungspunkte, die seit Jahr - zehnten das Zentrum mit den .KonsAvativen, den jetzigen Deutschnationalen habe. In geradezu leidenschaftlicher Form rief der sonst so gemütliche Trimborn nach einer starken Regie - rung, nach einer Festigung der Autorität. Mit den Sozialdemo - kraten möchte es Herr Trimborn so wenig verderben, wie Stresemann, der nach ihm zu Worte kam. Der Führer der Deutschen Volkspartei nahm einige Flegeleien, die seine Presse gegen sozialdmokratische Parteiführer gebracht hatte, ausdrücklich und mit Bedauern zurück. Auch außerhalb bet Regierung bleibt unsere Partei — das mögen die Arbeiter nicht vergessen — eine Macht. So sehr Trimborn, Stresemann und Schiffer einen Block mit den Deuffchnationalen zurzeit wegen des Empfindens der Volksmehrheit als unmöglich erklärten, so lebhaft warben sie um die Mitarbeit der Sozialdemokratie. Es ist richtig, was^der Zentrmnssprecher sagte, daß die Sozialdemokratie auch in der Opposition viel Verantwortung trägt, und sie wird ihre Macht zum Wohle der Arbeiterschichten auch außerhalb der Regierung, wenn es nottut auch gegen die Regierung, zu nutzen haben. (Telephonischer Bericht.) : E 4. Sihu ng. Berlin, 30. Juni, mittag» 1 Uhr. Anträgen und Anträge. Am Regierungstisch: Fehrenbach, Dr. Heinze, Koch, Wirth. Vizekanzler Heinze erklärt auf Anfrage, daß die Regierung bereit sei, bie Interpellationen über Vorbereitungen. zum Ge - neralstreik, über die Brotversorgung im rheinisch-wesffälischen Industriegebiet und über die Erhöhung der Lebeusmittelpreise in ben nächsten Tagen zu beantworten. Ein Antrag des Geschäfts- ordnungsausschusies auf Aufhebung der gegen den Abg. Mi tt- w o ch (USP.) verhängten Festungsstrafe torrb nach ben Ausfüh - rungen des Berichterstatters Dr. Pfeiffer (Z.) für die Dauer der SitzunySpetiooe einstweilen angenommen. Der^gleichc Berichterstatter erklärt, daß der Ausschuß ben Antrag Schulz- Bromberg (DRP.) auf Aufhebung eines gegen den Abg. v. b. Kerkhofs (DNP.) schwebenden Strafverfahrens für bie Dauer der Session zustimmt. Rosenfeld (USP.): Wir treten unter allen Umständen für den Schutz der Immunität ein, gleickgültig, um welche Partei es sich handelt. Hier kommt eines der wichtigsten Volks rechte in Frage. Wir schützen die Immunität nicht, weil sie ein Ptivilg bei Abgeordneten ist, sondern weil eine Verbürgung der Rechte yljpf-.-- THH'üiuw., die -ein Recht darauf haben, daß die von ihnen gewählten Männer auch mikintagen tn W 'Zita? vnb.^Jm" Gegensatz zur Rechten rmtzen wir solche Frage nie parteipolitiich aus, sondern kennen nur eins, Schutz der Rechte des Volkes. Der Ausschußantrag wird darauf einstimmig angenommen. Die Aussprache über die RegieravgSerttärvag wird daraus fortgesetzt. Trimborn (Z.): W« sind m eine neue Periode unserer politischen Entwicklung eingetreten. Die Grundlage unserer Tätigkeit muß die Reichsverfaffung fein. Sie ist unverrückbar. Wir sind heute noch trotz aller Kritik der festen Ueberzeugung, daß die alte RegterungSkoalition die einzige Möglichkeit bot, zur Verfassung und zum Wiede ramfbau zu kommen. Wir haben es begrüßt, daß die Deuffche Volkspartei nunmehr der Regierung beigetreten ist. Das fit eine wesentliche Stärkung der Regierung. Wir beklagen es anderseits, daß die Sozialdemokratie au» der Regierung ausgeschieden ist. Eine Regierung ohne jede Demo - kratie und Arbeitervertretung kann uns nicht helfen. — Unsere herzlichsten Segenswünsche begleiten den Reichskanzler bei der Uebernahme seines opferreichen Amtes. — In Spa muß unfern Gegnern klavgemacht werden, daß Deutschland Lebenslust und Lebenshoffnung nicht 'gewinnen kann, wenn ihm nicht eine Lebensmöglichkeit geboten wird. Die überwiegende Mehrheit des Volkes sehnt sich aber nach einer starken Regierung. Die ewige Notenherstellung kann unS nicht helfen. Die Einnahmen und Ausgaben müssen in Einklang gebracht werden, sonst find wir tot. Wir sind ja schon dem Abgrund nahe. Die von Preußen geplante ZwangSpensionterung aller Beamten über 65 Jahre rst auch vom Sparsamkeitsstandpunkt bedenklich Vor allem müssen Eisenbahn und Post billiger arbeiten. Die neue Besoldn ngs- reform ist schon jetzt wieder lückenhaft geworden. Wir müssen mehr Waren, mehr Rohstoffe erzeugen. Kohle und Kali müssen der Volkswirtschaft zu erschwinglichen Preisen gugeführt werden. Wir billigen alle Maßnahmen, bie dazu helfen, um der wachsen - den Arbeitslosigkeit vorzubeugen. Das Bekenntnis des Reichs - kanzlers zur sozialen Reform begrüßen wir. Die^Lebensmittel- versorgung kann nurr verbessert werden durch di« Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion. Bei der schlechten Lage der Ernäh - rung würde die Aufhebung der Zwangswirtschaft zu Preissteige, rungen führen, die mit dem Woble der Bevölkerung nicht vereinbar find. Die Männer bet neuen Regierung können unseres vollen Vertrauens gewiß sein. Dr. Stresemann (DVP.f: Es ist schärfste Kritik geübt worden an dem parlamentarischen System. Besonders bezeichnend war die Stellung der Mehrheitssozialdemokratie. Obgleich man ihre Mitarbeit wünschte, versagte sic die Mitarbeit.