•ae„e#wBnenttfffl>o* etldjetm lagttch uroefmal, Conntafl* u. nach ffetertagtn nur einmal. «e,iia»prel»7 «Schenll. » «» *, monotU IO A ooraulAabsbar ftef in« Haus. Redaktion: WIonbflraRi 11, i. etott. veranlworllicher Medakleun Rebnimr» Reitze, Hamburg iikv -d tl Ion: kiehiandstrab, u,6rbnefd)0B. veichhandlun«: «rdgefcho». »uchdrulkeret'llonlor: Stlblandftlabe ii, i. eiert Lamb urgerEcho KtuHflfit Mt MaeivaNen« veNlzctle S,»<> .iv. ,i<-,üq»ch 50 dro,;eut —eueruugS» »uschlag. illrbei,«martl u. Tsamilienanteigen 8,40 A. An,et«en-Annahme gehlandstrahe ii im erb» geschah (bis 7 Uhr abend» für den folgenden lag), in den Filialen (bl» > Uhr) und in allen Annoncen« Bureau». •tat« und Datenoorfchriflen ohn« Verbindlich kett. Mr. 386. Sonnabend, den 20. August 1921 - Morgen Ausgabe. 35. Jahrgang. WM MlkM und mir. i f Wie nach jeder der bisherigen Konferenzen des Obersten Rates haben die beteiligten Staatsmänner in besonderen Reden und Interviews ihre Haltung nochmals begründet und ihren Standpunkt präzisiert. Die Erklärungen tfbn Lloyd George im Unterhaus und Vie darauf erfolgte Erwiderung Briands enihalicn zwar im Grunde genommen nichts Neues, aber es kann indessen der Welt nichts schaden, wenn sie infolge dieser neuen Kundgebungen noch besser weiß als bisher, woran sie ist. Beide Ministerpräsivcnten spiegeln die Stimmung ihres jeweiligen Landes Deutschland gegenüber getreu wider, das heißt die Stimmung der Parlamente, vor denen sie verantwortlich sind. Das englische Unterhaus wurde Ende Dezember 1918 in einer Zeit höchster Nachkricgspsychose gewählt und ist auch dementsprechend zusammengesetzt. Und doch hat sich die Wandlung in der Stimmung des britischen Volkes bereits so stark fühlbar gemacht, daß Lloyd George im vollen Ein - verständnis mit seinem Parlament eine ganz andere Politik betreibt, als die, die er damals, bei den Kakiwahlen, enipfohlen hatte. Es zeigt sich, vaß der nüchterne Sinn des britischen Volkes sehr rasch zu einer vernünftigen Betrachtung der Probleme der Nachkriegszeit gelangt ist, nicht nur Deutschlmid, sondern auch den eigenen Bundesgenossen gegenüber. Man ist eben in England des Kriegsrummels, des Säbelrasielns überdrüssig, man will wieder und möglichst balv seinen Friedensgeschäftcn nach- gehcn und man verfolgt vaher mißmutig und mißtrauisch die rauf- süchtige Politik Polens, ebenso wie die nörglerische Politik Frank - reichs. Würde Lloyd George den Versuch unternehmen, die auswärtigen Geschäfte seines &mbe§ auf der Grundlage seiner eigenen Wahlparolen vom Dezember 1918 zu betreiben, dann ginge er einer Wahlkatastrophe sondergleichen entgegen. So aber hat er es tatsächlich erreicht, daß seine Stellung in England ge - festigter denn je ist, und wenn er morgen, zu dem von ihm selbst gewählten Zeitpunkt, allgemeine Neuwahlen ausschreiben läßt, dann Dürfte er wiederum eine beträchtliche Koalitionsmehrheit erzielen. Die linksliberale Opposition hat er dadurch am wirk - samsten entwafftiet, daß er allmählich dazu übergegangen ist, linksliberale Politik zu treiben, uno selbst die sozialistische Ar - beiterpartei wird ihm gegenüber einen schweren Stand haben, weil er ihr auf manchem wichtigen Gebiet entgegengekommen ist. Die Zeichen der Zeit rechtzeitig zu ersassen, den Stier bei den Hörnern zu packen, vas ist das Geheimnis der Politik Lloyd Georges, wie überhaupt das Geheimnis der Macht der englischen Bourgeoisie. Die jetzige französische Kammer ist zwar fast ein Jahr später als das jetzige Unterhaus gewählt worden — zu einer Zeit, in der diese Wandlung der englischen öffentlichen Meiimng bereits in vollem Gange war — aber sie weist womöglich noch stärker alle Symptome der Nachkriegspsychose auf. Nach einigen schwachen Versuchen, sich der Vormundschaft des nationalen Blockes zu entledigen, ist Briand wieder in dessen Gefangenschaft geraten, und er muß dcher, vielleicht gegen seine bessere Ueber - zeugung, jene Politik des Mißtrauens, der Rachsucht, der Gewalt fortsetzen, die Clemenceau allen seinen Nachfolgern als Erbschaft hinterlassen hat, und die dadurch nicht um ein Haar sympathischer wird, daß er sie mit tönenden Redensarten von Gerechtigkeit, Großmut und dergleichen zu beschönigen sucht. Die Haltung Frankreichs auf der jüngsten Pariser Konferenz läßt sich' nur dadurch erklären, daß sich der Geist seiner leitenden Staatsmänner seit 1918 kaum verändert hat, und es ist auch anzunehmen, daß eine solche Veränderung nicht eintreten wird, solange die Kammer des nationalen Blocks weiter die Politik Frankreichs bestimmt. Dies hat sich nicht allein in der oberschlesischen Frage, sondern auch in der Frage der Auchebung der Sanktionen gezeigt. Die offiziöse Pariser Presse wirft Deutschland Undankbarkeit und Unversöhnlichkeit vor, weil es die Tatsache nicht genügend be - achtet habe, daß die Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen angeblich von Louchcur beantragt worden sei. Der „TempS" und die anderen Blätter, die sich so entrüsten, halten uns für dümmer als wir sind. Erstens haben wir nicht vergessen, daß England schon lange vor Frankreich diese Aufhebung verlangt hatte und daß sich bisher lediglich Frankreich diesem Verlangen widersetzt, zweitens hat die Rede Loucheurs in Deutschland einen sehr schlechten Eindruck gemacht und drittens läßt sich die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß Frankreich es gewesen ist, das die Aufrechterhaltung der militärischen Sanktionen mit sophisti - schen Argumenten von „Sicherheit" und „Verfehlungen" ge - fordert und durchgesetzt hat. Ebenso hat es sich der Abschaffung der militärischen Kontrolle widersetzt. Wir haben daher nicht den leisesten Grund, Frankreich gegenüber eine Dankbarkeit zu markieren, die wir nicht empfinden. Um es rund herauszusprechen, empfinden wir ganz int Gegenteil die Haltung Frankreichs auf der Pariser Konferenz als die eines unversöhnlichen, gchässigcn Gegners, und die jüngsten Erklärungen von Briand, Pariser Pressevertretern gegenüber sind ganz und gar nicht dazu angetan, uns „dankbarer" zu stimmen. Es besteht leider 3 Jahre nach Kriegs - ende noch immer eine sehr breite Kluft zwischen Frankreich und Deutschland und diese Kluft er - weitert sich automatisch in demselben Maße, wie sich die Annäherung Englands und Deutsch - lands vollzieht. Auch wir haben dabei ein volles Ver ¬ ständnis für die Gefchle des französischen Volkes, für seine Leiden, für seine Angst, ja sogar für sein Mißtrauen. Nur muß alles seine Grenzen haben. Gerade die deutsche Sozialdemokratie hat seit der Revolution oft genug Beweise chres ehrlichen Verständigungswillens gegeben, sie denkt aber nicht daran, auf Fußtritte mit Freundlichkeiten zu reagieren. Die neuen Sienern. Berlin, 19. August. Das Reichsfinanzministerium hat der Berliner Presse am Freitag nachmittag die bisher ausgearbeiteten Steuergesetzentwürfe in Druck übergeben. Aus - drücklich wurde hierbei bemerkt, daß es sich bei diesen Entwürfen nicht um eine Steuerreform handle, sondern um Erweite- rungderbisherbe st ehenden Steuern. Eine Steuer - reform bedeutet eine Aenderung der Grundsätze in dem bisherigen Steuerwesen, wovon aber erst die Rede sein könne, wenn sich die Reichsregierung nicht nur die Steuerpläne des Finanzministe - riums, sondern auch die des Wirtschaftsministe - riums zu eigen machen würde. Kurz gesagt: wenn man auch in irgendeiner Form zur Erfassung der Sach- und Goldwerte überginge. In wesentlichen Abschnitten sind die Entwürfe des Reichsfinanzministeriums bereits in der Öffent - lichkeit bekannt. Es ist kein Geheimnis mehr, daß es sich um eine Erhöhung gewisser Zölle, um Erweiterung der Zünd- roarenfteuer, Bier st euer, Tabaksteuer, Umsatz - waren steuer, Verkehrssteuer, geringe Besitzsteuern usw. handelt. Insgesamt verschaffen diese Steuern dem Reich eine Einnahme, die nicht im geringsten für eine Deckung der Aus - gaben und zur Erfüllung der Reparationsverpflichtungen aus - reichen. Der Trost, mit dem der Finanz minister die Oeffenllichkeit abspeisen will, ist der Hinweis, daß es sich bei den Entwürfen nicht um eine Steuerreform handelt. Wir müssen demgegenüber entschieden fordern, daß man die notwendige Steuerreform bald in Angriff nimmt und auf die Mitteilungen, die von fortwährenden „Erwägungen" sprechen, endlich Verzicht leistet. Eine Gesundung der Reichssinanzen und eine Durch - führung unserer Reparationsverpflichtungen ist nur möglich durch weitgehende Steuern auf den Besitz. Solange das Reichssinanzministerium diese Erkenntnis nicht zeigt, solange wird die Sozialdemokratie nicht in der Lage sein, über Einzel - heiten des neuen Steuerprogramms zu beraten. Grundsätzlich fordern wir eine allgemeine Uebersicht über die Deckungsmözlich- leiten, Die zur Balancierung Des Etats führen. — Jede Bcrmung von Einzelsteuern muß vorher abgelehnt werden. # Die UerbrauchsAeuer«. Der Reparaiionsausschuß des vorläufigen ReichS- wirtschaftsrates nahm gestern den Bericht des Unterausschusses über die Erhöhung einzelner Verbrauchs st euern entgegen. Entsprechend einer Regierungsvorlage wurde der Leuchtmittel st euer, der Zündwarensteuer mit Streichung der Paragraphen 48 und 51 der Vorlage, sowie der B i e r st e u c r und der M i n e r a l w a s s e r ft e u e r zugestimmt. Die Tabalsteuervorla^ge wurde als Ganzes ab. gelehnt. Bezüglich Ler Steuersätze im einzelnen fahle der Ausschuß folgende Beschlüsse: Zigarren und Zigaretten sind be - reits so stark belastet, daß eine weitere Er - höhung der Steuersätze nicht mehr tragbar er- scheint. Mit Einfügung der neuen Steuerstufe für feinge« schnittenen Tabak, der Festsetzung de? Steuersatzes für Pfeifen« tabak, z. B. in Steuerstufe 7 auf 8 M pro Kilogramm, der Steuerstufe 10 auf 30 .Ä pro Kilogramm und mit den von der Regierung vorgeschlagenen Sätzen für Kau« und Schnupftabak erklärte sich der Reparationsausschuß einverstanden. Sodann hörte der Reparalioneausschuß den Bericht des UnterausschuffeS über die Abänderung dcS Kühlensteuergesetzes. Er erteilte der Regierungsvorlage grundsätzlich seine Zustimmung. Gegen die Ermächtigung des Finanzministers zur Ermäßigung des Steuer - satzes sprach man sich einmütig aus und beschloß folgende Fassung: Der Reichsminister der Finanzen ist ermächtigt, auf gemeinsames Verlangen von Reichskohlenrat und ReichSrat und nach Anhören des Reichswirtschaftsrates verpflichtet, den Steuer - satz zu ermäßigen oder nach seiner Mäßigung wieder auf 80 % zu erhöhen. Baldige Entscheidung? Der „Matin" glaubt zu wissen, daß der Völkerbund ent - schlossen ist, in der oberschlesischen *ragc schnell zu ent - scheiden. ES sei wahrscheinlich, daß er keinerlei weitere Untersuchungen vornehmen, sondern seine Beschlüsse auf Grund der Dokumente, die ihm der Oberste Rat übermitteln werde, fassen werde. Ein weiterer Grund, der eine rasche Lösung er - hoffen lasse, sei der, daß der Rat sich nur über die Frage des JndustriebezirkS auszusprechen habe. Er sei nicht berufen, sich über die ZuteiNing der Gebiete auszusprechen, worüber man sich schon einigte. Der Völkerbundsrat werde also über da? Gebiet, das zwischen der Briand- und Lloyd George- Linie liegt, zu urteilen haben. Theater und Musik. Carl Schultze - Theater. DaS langjährige Mitglied dieser Bühne, der Koniiker Curt Lilien, verubschiedeie sich am Donners - tag m der Operette .Die Postmeisterin' vom hiesigen Publikum. In den 14 Jahren seiner hiesigen Tätigkeit erfreute er sich seines lebhaften Spiels und feinet glänzenden Situationskomik wegen von Jahr zu Jahr wachiender Beliebtheit Er war in allen Sätteln gerecht. Ob es sich darum handelte, eine moderne Geiangsposse oder eine klassische Operette zum Siege zu steuern, stell gebührte ihm ein nicht geringer Anteil am Erfolg. Selbst die gewagtesten Kalauer brachte er mit einer so selbstverständlichen Frechdachsigkeit, daß ihm nientanb gram .sein konnte. Aul der llnzahl der Rollen, die er in dieser langen Zett spielte, möchten mir als besonders tueechfellerschüiternde Glanz - leistungen hervorheben feinen Fürsten Ottokar im „Walzertraum" und feilten Chinamann in der „ÜSciftja“. Seine grotesken Tänze waren manchmal wahre Akrodalenleistungen. — Das onSverlaufte HauS brachte itiuen Dank in grölten Ovationen bar und überschüttete ihn am Schluß des zweiten Akte! mit einer Fülle von Stimmen» spenden und beruhigte sich erst, all der Künstler einige Worte bei Tankes an das Publikum richtete. Der Weggang Curt LilienS be» deutet für Hamburgs Operelteubühne einen Verlust, der nicht so leicht zu ersetzen sein dürfte. KunJI, Wissenschaft und Leden. Kleine Siolnen. Die prämiierten Entwürfe bei Wettbewerbs für ein Heldeudankmal sind von Sonnabend, SO. diese! > :, ionat*, ab in beut Schaufenster der Firma Joost, Ecke Hermann- und Paulstraße, MiSgestelll. Sucher und Schriften. Pauli- „Kunst «ul Revolution". Aus einem Vortrag unseres Kunsthallendirektor! Gustav Pauli ist ein kleines, aber kluges und gehaltvolles Büchlein ge - worden (Verlag Bruno Lassirer. Berlin), das von historisch rück - schauender Betrachtung zur ausklärcndcr Vergleichung mit der Gegenwart und zu bcsiernden Forderungen für die Zukunft fort - schreitet. Mit der and neuester Kunst gewonnenen Erkenntnis, Kunst sei nicht dargestellte Natur, sondern dargestelltes Gefühl, Offendorung eines Seelenzustandel, ist schon gegeben, daß sie auch Wahrsager ihrer Zeit und ihres Zeitgeistes sei, der schassen - den Kräfte, di« hinter dem Trubel des Alltags, seiner Sorge und Notdurft, das ewige Streben nach einem Höheren, nach einem besseren Morgen iebendig erhalten, die im Glauben an einem Fortschritt, ein Entwickeln aller schaffenden und forschenden Kräfte des Dlenschen lebendig erhalten. Zeigt sich au! dem Un - bewußten heraus in dem Wirken des Besten ahnungsvoll das Leben der nächsten Zukunft, möglich geworden erst durch das Wirken der jüngsten Vergangenheit, des Tages, der lebendigen Gegenwart, so muß im schöpferischen Leben der Kunst die Stimme de? Zeitgeistes in jedem Jahrhundert am klarsten und vernehm - lichsten ertönen. Wie überlebt die Monarchie war, das zeigte lange vor dem Krieg die amtliche, von oben her beschützte und aufgcpäppelte Hohenzollcrn-Kunst, die es unter den günstigsten äußeren Bedingungen doch nur bis zu einem Anton von Werner in der Malerei, zur 'Sicgesallee-Puppcnsabrik in der Plastik, zum Berliner Dom-Gespreize in der Baukunst brachte. Die echte Kunst aber war lange vor der Revolution schon revolutionär, der Natura - lismus in der Dichtkunst, der Impressionismus in der Malerei, Die Zetten andern ftch. Mr lesen im „Vorwärts": „Dal Abendblatt des Herrn Wnlle („jede Nummer ein politisches Ereignis") hat den „Vorwärts" zu einem Zitaten- Wettkampf herausgefordert, den es allerdings, wie wir schon fest - nagelten, selber mit einer Zitaten f ä l s ch u n g begonnen hat. Doch auch ohne dal war diese Herausforderung eine grobe Un - vorsichtigkeit. Denn sie nötigt uns, einiges von dem zu zitieren, was Herr Mulle selber in vergangenen Tagen geschrieben hat, noch ehe er all Hauptschriftleiter der „Deutschen Zeitung" von Herrn Claß vor die Tür gesetzt worden war. Herr Mulle, dessen Brust heute dermaßen von Heldenmut geschwellt ist, daß er in jeder Nummer finstere Drohungen gegen die Republik und ihre Führer ausstößt, war nicht immer von solchem KampfeSeifer beseelt. Als die Revolution sich noch in einem für Herrn Mulle gefährlichen Stadium befand, da war er, wie man es in seinen Kreisen nennt, „klein und häßlich". Äm 16. November 1918 schrieb er in der „Deutschen Zeitung": „Helfen kann uns nur die befreiende schwarz- rot-goldene Tat zur Einheit, Ordnung und Freiheit. Und mit schlotternden Knien schrieb er am 16. November 1918: „Menn heute dos ganze deutsche Volk zusammengefaßt werden soll, unseretwegen auch im Zeichen der Demokratie, dann besinne man sich wieder auf d i e Farben schwarz.rot-gold. (Judenfahne? Red. des „Vorwärts".) Sie sind die Kennzeichen des deut - schen Idealismus. Sie sind das Sinnbild großer Gedanken, denen damals allerdings die großen Taten fehlten. . . . Die Einheit del deutschen Volke» ist in diesen Farben versinnbildlicht." Mal meinen unsere ließen Deutschvölkischen zu dieser schwarz- rot-goldenen Begeisterung ihres hervorragenden Wortführers? Ein dreimaliges Hoch der menschlichen Vergeßlichkeit! — Au» unserem Leserkreis werden wir gefragt, ob Herr Mulle auch bei einer Sanitäishundkompagnie gewesen ist, wie fein Leidens - gefährte von der „Tägl. Rundschau"^ Wir müssen dem Neugierigen mitteilen, daß Herr Mulle e» nicht einmal dazu gebracht hat, sondern Herr Reinhold Wulle (geb. 1. August 1882) hat den ganzen Krieg an feinem Schreibtisch im Hinterland verbracht. Er ist also der Berufene Mann, über die „Erdolchung der Front von hinten" genauesten! zu urteilen. Immer wieder die Schuldfrage. Aus Stockholm meldet WTB.: Ter frühere Reichskanzler Genope Hermann Müller äußerte in einem Interview, es sei zwecklos, ständig an der Schuldfrage zu rühren. Wenn auch bedauerlicherweise die Franzosen und Belgier dem diesjährigen Kongreß der interparlamentarischen Union fernblieben, bestünde doch kein Zweifel, daß sie bald wieder an der Arbeit teilnehmen würden, zumal deutsche und französische Sozialisten bereits im März in Amsterdam eintrafen. Der frühere Reichsminister Ge - nosse Köster lehnte ebenfalls das Ansinnen eines neuen deutschen Kriegsschuldbekenntnisses ab. Diese Frage gehöre nicht auf den internationalen Kongreß. Tie Deutschen seien gern zur Debatte mit den Franzosen bereit, aber nur als Gleichberechtigte, die auch gewiye Fragen zu stellen haben. Die Dußlandhilfe. Berlin, 19. August. -3er Parteivorstand beschäftigte sich in einer Vorstandssitzung am Freitag unter anberm auch mit der Rußlandhilfe. Es wurde beschlossen, in dieser Frage solidarisch mit dem Allge - meinen Deutschen Gewerkschaftsbund vorzu - gehen. Eine Anregung von den Kommunisten, nach der ein proletarische» Hilfskomitee gebildet werden soll, lehnte der Partei- vorstand, ebenso wie der ATGB. ab, da dieser Plan lediglich dem Zweck dient, kommunistische Interessen zu fördern. Die Partei richtet an ihre Mitglieder die Aufforderung, nur die Ab - machungen der Gewerkschaften zu unterstützen. Ein entsprechender Aufruf wird in den nächsten Tagen ver - öffentlicht werden. Die englisch-irischen Verhandlungen. Im Unterlaufe erklärte Lloyd George bei der Einbringung eines Vertagungsantrages, daß es wichtig sei, daß in Großbritannien, Irland und der Welt sich eine den Regierungsvorschlägen günstige Meinung herausbilde. So feien diese ausführlich in einem Brief an De Valero, der am 14. August veröffentlicht wurde, dargelegt worden. Falls die Bedingungen angenommen würden, so würden ihnen Verbanblungen folgen; die Ergebnisse würden bann in einem dem Parlament zu unterbreitendem Ge - setze niedergelgt werden. Sollten die Bedingungen wider Er - warten abgelehnt werden, so werde die Regierung genötigt fein, nach der Befragung des Parlaments ihre schritte zu ergreifen. Lloyd George schloß mit einer Aufforderung an die Sinnfeiner, lieber die Bedingungen anzunehmen, als einen neuen Streit zu entfachen. Auch den 2. Vorsitzenden verloren hat die Reichstagsfraktion des Zentrum». Wie die „B. Z. am Mittag" meldet, ist gestern vormittag der zweite Vorsitzende der Zentrumsfraktion im Reichs - tage, Abgeordneter B u r l a g e, im Elisabethkrankenhaus ge - storben. Wilson für Abrüstung? Nach einer Meldung des „Eclair" au8 Washington bringt Senator King in Harding, Wilson zum Delegierten der amerikanischen Regierung für die Abrüstungs - konferenz in Washington zu Ernennen. Der Gesundheitszustand del früheren Präsidenten besserte sich bedeutend. Ein guter Anfang. Wie „Le Peuple" mitteilt, beschloß die Bereinigung der Seine-Syndikate, die intersyndikaliftische Vereini - gung der Schuhfabrikation, der Bekleidungsindustrie, der chemi - schen Industrie und aller Kriegsindustrien eine Organisation in» Leben zu rufen, die eine großzügige Propaganda gegen die Fabrikation aller für einen neuen Krieg be - stimmten Dinge, vor allem von Munition unternehmen soll. An - schläge, Broschürenverteilung und Versammlungen im ganzen sind in Aussicht genommen. Irwin- Roi MksleReMMßW. Hamburg and Umgegend. Sabotage des Achtstundentages. Die Firma J.F. Kölzen, Winterhude, Rehmstraßc 4/6, Wischerei - betrieb , gehört on>ckeii end zu denjenigen, die die Revolution ver - schlafen haben. Aul dem Kunbenkreil der Firma erhielten wir dieser Tage die Anfrage, ob dieser Betrieb ein Nachtbetrieb fei, da die Kutscher und Beifahrer genannter Firma be» abend» zwischen 9 und 10, sogar mitunter lOi Uhr zur Kundschaft kommen, um Wäsche abzuliesern ober abzuholen. Aus diese Anfrage möchten wir der Kundschaft öffentlich empfehlen, den Kutichern ober Bei'ahrern mit während der gesetzlichen Arbeitszeit Wäsche abzunehmen beziehungsweise milzugeben, noch 5 Uhr nachmittag» die Annahme sowie Milgabe von Wäsche zu verweigern. Sollte durch diese >2),afnähme den Uebelständen nicht abgeholfen werden, so haben wir in Hamburg eine Reihe von Wäschereien, für die der gesetzliche achtstündige ArdeiiStag maßgebend ist. Auch dürfte el Aufgabe der Polizeibehörde sowie bei Temobil- machunglkommissats sein, ihr Augenmerk auf diese Firma zu richten. Nach un erer Ansicht ist el Pflicht der Behörde, gegen Ueber tntungen bet Gesetze einzuschreiten. Der Achtstunbentag ist auch gesetzlich. T'S weiteren haben wir in Erfahrung gebracht, daß die Firma ihren Beifahrern — ganz gleich in welchem Alter bieieiben stehen — einen Wochenlohn von 100 X, abzüglich Steuern, Kranken» und 3ni alibengelb, zahlt, während der Taris für diese Arbeitnehmer - gruppe ganz andere Löhne vorfieht. Mst dieser Angelegenheit wird sich da» Gewerbegericht beschäftigen. Deutscher Traniportarbeiterverband. LrtSverwaltung Hamburg. Aus der Gehaltsbeweguug der BerficheruugSaugestellten. In ben ReichStarnverhandlungen am 18. August 1921 in Berlin wurde vom Arbeitgeberverband für die privaten Versichermiglunter- nehmuiigen solgendcS Angebot gemacht: Für männliche Angestellte vom vollendeten 20. Lebensjahre an einen Zuschlag von 6% zum Jahreseinkommen, eine Erhöhung der Lerheiratetenzulage auf 3000 Jt pro Jahr „ „ „ Kinderzulage „ 1000 „ „ „ Im übrigen lehnten die Arbeitgeber die Angestelltenforberungen nach einer einmaligen Beihilfe, nach monatlichen Teuerungszulagen in der bekanntgegebenen Höhe, sowie nach befenoeren OrtSzinchlägen für Hamburg, Berlin und dal rheinisch-weftfäliiche Industriegebiet ab. Die Verhandlungen wurden darauthin abgebrochen und die Schlichtungs - stelle beim Reichsarbeitsministerium angerufen. In einer Zusammenkunft der Vertrauensleute bei Zentralderbanbel der Angestellten am Sonnabend, 20. August, 2 Uhr nachmittag», im kleinen Saale de» GewerkfchaftShaufel, Besenbinderhof, 1. Stock, wird dal ReichSfachanSschußmitglied, Kollege Stille, über dir Ver - handlungen Bericht erstatten und werden die weiteren Maßnahmen besprochen werden. Deutsches Reich. Die Berliner Holzinduftriellen sperren ans. Wegen Streik! eine! Teile» der Berliner Holzarbeiter ordneten die Berliner Holzinduftriellen die Stillegung sämtlicher Betriebe von heute ab an. ÄkhaltSbewegung der vehördeuangestelften. Tie Gehaltsverhältnisse der Angestellten in den Verwaltungen und Betrieben des Reiches und der Länder sind durch einen Tarifvertrag geregelt, der in seinen Grundlagen sich eng an die Besoldungsordnungen der Reichs- und Staatsbeamten anschließt. Ter Allgemeine freie Angesielltenbund — AfA-Bund —, in dem die freigewerkschaftlichen Angestelltenverbände zusammen - geschloffen sind, ist bereits vor einiger Zeit an die Reichsregierung und an die preußische StaatSregierung herangetreten mit dem Antrag auf Herbeiführung von Verhandlungen über eine Auf - besserung der Einkünfte der Behördenangestellten. Nachdem nunmehr auch die Gewerkschaften bpr Beamten und bet Arbeiter ihre Forderungen an die Reichsregierung gestellt haben, ist zu erwarten, daß die Verhandlungen über eine Auf- oeycrung bet Gehälter und Löhne der Beamten, Angestellten und Arbeiter alsbald ausgenommen werden. BkrbindlichkeitScrkliirnng ttntd Tarifvertrages. Vom Reichsarbcilsministerium ist bet Nachtrag zum Tarif - vertrag vom 22. Dezember W19 für die Rechtsanwalts- und die Notariatäangeftellten im Amisgerilbtsbezirk Hamburg für allgemein verbindlich erklärt worden. Die allgemeine Verbindlichkeit gilt für alle Arbeit-verhältnisse, die am 1. Mai 1921 ungekündigt im Stic« rufSkreiS bestanden haben. Alle Angestellten, die noch Ansprüche gellend zu machen haben, werden gebeten, sich an den Zentral- vetband bet Angestellten, Hamburg, Besenbindethof 57, V.. zu wenden. Tages-Sericht. Hamburg. Helssolanv und Kroft-Hamburq. Lon der Arbeitsgemeinschaft Groß-Hamburg wird un» ge - schrieben: In einer Zuschrift an hamburgische und schleimig-holsteinische Blätter wird die Behauptung aufgestellt, daß in Hamburger Schiff- fahttS- und Wirtschaftlkreisen erwogen werde, innerhalb der Groß- Hamburg - Frage eine Lösung der Schwierigkeiten zu suchen, die zwischen Helgoland, Preußen und dem Reich bestchen. Dazu sei Be - rn erst, daß jedenfalls in ben Kreisen, die sich bisher mit dem Groß- Hamburg-Prohlem beschäftigt haben, diese Auffassung keine»weg» besteht, und daß man in der Verknüptung dieser Angelegenheit mit dem großhamburgifchen Problem ein Abweichen von dem streng zu tierfolgenben Grundsatz sehen würde, daß preußische» Gebiet für ein Groß Hamburg nur insoweit erstrebt werben darf, alS el durch wirt - schaftliche Notwendigkeiten zwingend gefordert wird. Da dal in bezug auf Helgoland selbstverständlich nicht behauptet werden kann, darf die Helgoland- Frage nicht zusammen mit großhamburgischen Wünschen, die ebenso sehr im Interesse bei Reichel all in dem bei Bierstädtegebiete» an der Unterelbe erhoben werden, besprochen und gelöst werden. der suchend-ringende neudeutsche Derkstil in Kunstgewerbe, Haus - und Gartenbau. Wie die innere Gesetzmäßigkeit der Kunstent- Wicklung durch den Zufall der Geburt schöpferischer Persönlich- leiten abgewandelt, aber nicht zerbrochen werden kann, wie der ursächliche Zusammenhang zwischen Staat, Religion imb Kultur überall und jederzeit nachweisbar bleibt, das hat Jakob Burck - hardt in seinen Büchern über die italienische Renaissance muiter» gültig gezeigt. Für unsere Zeit gibt Pauli in knappem Ver- gleich der vorrevolutionären Kunst bis 1914 mit den Zeiten der großen Umwälzungen in Europa vor der Reformation und vor 1789 die geschichtliche Aufklärung. Ein merkwürdig plötzlicher Umschlag von begeistertem Ueberschwang zu ruhig-kühler Er- Nüchterung ist jedesmal bezeichnender Vorbote der neuen Zeit. Der Wechsel von Spätgotik zur Renaissance, von Spätbarock und Rokoko zum Kaiscrstil und Biedermeier ist dem Kampf von Er- pressioniSmnS, Impressionismus und neuer formklarer Klassik vergleichbar, wie er von vielen noch unerkannt vor unseren Augen sich abspielt. Das Einzelbewußtsein wandelt sich zum Gemein - schaftsbewußtsein, und eine neue religiöse Kunst tritt hervor; Seelcnkunst, innerlich verkrampft, formal haltlos, muß über - wunden werden. Die große Ueberlieferung, die hohen Errungen - schaften der Malerei des 19. Jahrhunderts, die handwerkliche und geschmackliche Vollkommenheit werden verachtet. Negerplastik gilt als Muster. Erstlinge halbreifer Jünglinge, kindlich seelenvoller Nichtskönner werden als Offenbarungen gepriesen, lächerlich über - schätzt. Da erhebt sich die Frage nach dem Segen und Unfegen der Kun st Pflege, wie wir sie in den Akademien, Ausstellungen, Museen seit zwei, drei Jahrhunderten wirken saben. Tie Akademien, im 17. und 18. Jahrhundert von Fürsten als Kunst, schulen der Fürstenkunst begründet, haben heute jede Dascins- berechiigung verloren. Sie verursachen nur eine sinnlose Ver- | Mehrung be? KünstlcrproletariatS über alles Bedürfnis hinaus. I 1914 gab es in Deutschland übet 11 000 freie Künstler, lieber- । angebot von Mittelmäßigkeiten, Sinken des Gesamtniveaus, Künstlernot und -elend sind die Folgen. Einschränkung der Kunstschulen ist die Forderung des Tages; Verweis wirklich starker Begabungen in die Werkstätten der führenden Meister. Ebenso überschreitet der Riesenbetrieb des KunstauSstellungs- wescns alle Grenzen. Die Glaspalastausstellungen, die Jahre?- ausstellungen der Künsflervereinigungcn, die wechselnden Monats- auSstellungen bet Kunstvereine, des Kunsthandels, alles zeigt un- gesunden Massenbetrieb. Schließlich sind auch die Museen zu Riesenraritätenkammern ausgewachsen. Auch hier gilt eS, zu beschränken, zu scheiden zwischen Sammlung für Kunstwissen - schaft unb für Kunstfreunde. Ein Irrtum ist da? Schlagwort: die Kunst für alle. Es bandelt sich darum, mit allen Einrichtungen öffentlicher Kunstpslege nur den Berufenen zu dienen. Hier sind Paulis Vorschläge grundlegend. Man sollte ihn hören, man wird ihm folgen müssen, wenn nicht au? Ueberzeugung, so ge- zwungen, weil die Noi der Zeit Einschränkung dringend fordert. Hakon. „®ie SStltbübut". bei Schaubühne XVH. Jahr, Wochenschrift für Politik Kunst. Wirtschaft, betau ägcaeben von Siegfried Jacobsohn, enthält in bet Nr. 33: Soll und Oeben nach sieben jähren, von Emil Ludwig.- Tie Tivlomatie. von Egon ssriedell. Tal Zölibat der Lehrerin, von -dann Meißner. Ein Buch über Karl Uran!, von Hein rich Fischer. Kean von 91 holt von Oatz'eidt. Antwort an Wenzel Vvld- bauni, von Alireb Sablin. Mignone von Walter Mehring. Rund - schau von Wrobel. Rei-mer Marcus. Antworten. — Tie .Weltbllhne" erscheint wöchrnllich und kostet 2,50 Vie Nummer. 25 JI vierteljährlich. PcoOemimmcrn festen-iei durch alle Buchhandlungen und Postanstalten sowie durch den Verlag der Welibühne, Eharlottenburg, Königslveg 33.