Ur. 27« Freitag, den 16. Juni 1922 — Abend Ausgabe 36. Jahrgang Wnjei«« bk ettgtfpelUn« WitjUk 13,- X, ■ntn flu«fd)lub der „®e. toäftUditn Rundschau". fflrbritSmarH 6,—, bnbnte Smnilienimirinttt 5,50 X. fr leine Mnietgen btsö -j eilen die .'teile 7.— X Reklameteile «0,— X ee»N»«*»*rgtee!*o” erscheint iS glich zweimal. OonntngS u. nach Feiertagen nur einmal. vezngSprek.- möchentl. 10,50 x, monatl. 45,— *, voraus,ahwar tret ins Hau«. Für Abholer 40,— A Redaktion: FehlandNrabe 11, i. Stock. Serantmntttirlier Redakteur: A.V.NalkborVloior, Hamburg. «rpedttiou: Kkhlandstraßeil, Erdgeschoß. Buchhandlung: Erdgeschoß. Buchdruckerei-«onwr: Fehlandstraße 11, i. Stock. Anzeigen-Annahme Fehlandftraße ii im Erd - geschoß (biS 7 Uhr abenM »>r den folgenden Tag), in den Filialen (616 s Uhr> und in allen Knnoncen- Bureau«. Platz- und Datenoorschristen ohne Verbindlichkett. eütylintmmer morge*< 1,— X., abends sowie Soun- and Kesttaz» 1,50 M. LamburgerEcho Dirs Kevustiick drv Groß- Hamburg-Frage. Dic „Tägliche Rundschau" veröffentlicht in ihrer Nr. 274 eine ihr „von unterrichteter Seite" zugegangene Mitteilung, in der ausgeführt wird, Preußenhabefich bereite r- klärt, alles zur Hafcnerweiterung nach- gewics euer maßen erforderliche Gebiet an H a m b u r g a b z u t r e t e n und sei auch gewillt, den G e c st - rücken an der Bille, ein ausgezeichnetes Siedlungsland in Größe von 3000 Hektar, zur Ansiedlung von Ar - beitern Hamburg zuzuweisen. Es dürste sich daher jedes zeitraubende und zweckwidrige Feilschen um die Notwendigkeit und das Ausmaß von Gebietsabtretungen erübrigen. Weiter führt die Zuschrift der „Tägl. Rundschau" aus: „Es gewinnt jedoch den Anschein, als ob Hamburg durch die von Preugen zugesicherte Erweiterung seiner Häfen nicht be - friedigt ist. Es begehrt aufs dringlichste die bisher von Preußen abgclehnte Abtretung Wilhelmsburgs und hat erklärt, daß obnc sie eine Losung der Groß-Hamburg-Frage nicht möglich sei. Tie Existenz dieser südlich von Hamburg gelegenen Elbgemeinde mit etwa 31600 Einwohnern ist bisher verhältnismäßig wenig bekannt. Und doch hat sie nicht nur in der Groß-Hamburg-Frage, sondern auch in der deutschen Volkswirtschaft eine große Be - deutung. Es gibt in Deutschland kein zweites Gebiet, das sich wie Wilhelmsburg zur Ansiedlung von Industrien, insbesondere Weredlungsindustrien, eignet. An seeschifftiefem Wasser gelegen, kann es mit verhältnismäßig geringfügigen Mitteln durch Aus - bau seiner natürlichen Wasserstraßen und durch Anlegung von Kanälen und Stichkanälen in großzügiger Weise für eine In. dustriesiedlung größten Stils aufgeschlossen werden. Schon jetzt sind dort rund 50 größere industrielle Werke ansässig, darunter einige von internationalem Ruf. .Jede Verwendung der hoch, wertigen Insel für andere Zwecke wäre eine Versündigung an der deutschen Volkswirtschaft." (Stadtbaurat a. D. Beuster in der „Bauwelt" vom 18. Mai 1922.) Dieses Gebiet aufzuschlietzen und zu industrialisieren und damit gewiße Unterlassungen der Vergangenheit wieder gutzumachen, ist Preußen gewillt und in der Lage. Hamburg aber verlangt Wilhelmsburg von Preußen in erster Linie zur Ansiedelung seiner Hafen - arbeiter in Kleinsiedlungshäusern, zum Teil will es auch die Niederlassung von Industrien zulassen. So wünschenswert es an sich wäre, den Arbeitern des Hafens nahegelegene moderne Wohn- quartiere zu verschaffen, so undurchfiihrbar ist der Plan in der Wirklichkeit. Auf dem moorigen Gelände der Insel muß jedes noch so kleine Haus entweder auf einer durch Sandauftchüttung gewonnenen Warf aufgeführt oder auf tief zu gründende Pfahl- röste gestellt werden, will man ein Versacken verhüten. Hamburg sagt in seiner Denkschrift vom September 1921 (Seite 37) selbst mit klaren Worten, daß die Marsch — und Wilhelmsburg ist Marsch — als Wohn gebiet nicht geeignet ist. Schon die Kostenfrage hinsichtlich der FundainentSsicherung müßte Hamburg in ganz kurzer Zeit von seinem Vorhaben abbringen; in Wil - helmsburg selbst, wo man, durch mancherlei böse Erfahrungen klug geworden, die dort mögliche Bauweise naturgemäß am besten kennt, hält man Hamburgs Absichten für völlig undurchführbar. Der ablehnende Standpunkt Preußens ist daher v e r st ä n d l i ch. Er stützt sich aber auf noch weit wichtigere Gründe. Die Industrie, deren Belastung durch die ständig steigenden Trans - portkosten immer größer wird, ist auf der Wanderung nach dem betriebsgünstigsteii Standorte, nach der Wasserkante. Erschließt Preußen Wilhelmsburg, das zukunftsreichste Industriegebiet Deutschlands, so kann es durch eine planmäßige Jndustriepolitik die Gefahren für andere Jndustriebezirke fernhalten, während Hamburg, das übrigens auf Billwärder umfangreiches Jn- dustriegelände besitzt, zu einer solchen Jndustriepolitik keine Ver - anlassung hätte; es beabsichtigt ja jetzt erst, die Industrie, die es in der Vergangenheit absichtlich ferngehalten hat, cm sich zu ziehen. Dabei braucht auf die wahrfcheinlich von Hamburg beab - sichtigte Einbeziehung des Industriegebiets von Wilhelmsburg in das Hamburger Freihafengebiet gar nicht eingegangen zu werden; sie würde auf die Veredlungsindustrie anderer Bezirke in Deutsch - land geradezu katastrophal wirken. Hamburg hat als See- und H a n d e l S st a d t, Preußen als I n d u st r i e st a a t den Befähigungsnachweis erbracht. Der Standpunkt Preußens, Wilhelmsburg, das für Hafenerweiterungen nicht in Frage kommt, zu behalten und selbst zu industrialisieren, erscheint daher einwandfrei und entspricht nach jeder Richtung dem deutschen Reichsintereste." Wir möchten hierzu bemerken, daß diese Mitteilungen nach verschiedsner Richtung hin der Korrektur bedürfen. Zunächst glauben wir nicht, daß Preußen ohne jede Gegenleistung — wie man das nach den obigen Ausführungen annehmen müßte — das zur Hafcnerweiterung unbedingt erforderliche Gelände und, dazu noch den Billwärder Gcestrücken an Hamburg ab- treten will. Bisher war immer davon die Rede, daß Hamburg dafür seine Walddörfer und außerdem Moorburg an Preußen abtreten solle. Wollte Preußen wirklich auf solches für Hamburg unannehmbare Handelsgeschäft verzichten, so wäre sicherlich die Groß-Hamburg-Frage ihrer Lösung bedeutend näher gerückt. Es bliebe dann noch die Frage, was aus Wilhelmsburg, dem „Kernstück" Groß-Haniburgs, werden soll. Richtig ist, daß dic Besiedlung mit Ärbeiterwohnhäusern im Marschgebiet nicht empfehlenswert ist, sondern nur als Notbehelf in Frage kommen kann. Daß aber die Elbinsel Wilhelmsburg in ihrer ganzen Ausdehnung als Wohngebiet völlig ungeeignet sei, wie es der Artikel in der „Tägl. Rundschau" darzustcllcn beliebt, wird schon durch die Tatsache widerlegt, daß heute bereits mehrere tausend Menschen dort wohnen, zum Teil in großen Mietskasernen. Hat Preußen diese unzweckmäßige Bebauung der Insel in vergangenen Zeit nicht gehindert, so ist schwer zu glauben, daß es in Zukunft anders würde, wenn Wilhelmsburg preußisch bliebe. Hamburg hat Anspruch auf Wilhelmsburg erhoben, weil die Insel mit dem hamburgischen Hafengebiet eine wirtschaftliche Einheit bildet und weil die Bewohner Wil - helmsburgs „zu 95 %" selbst den Anschluß an Hamburg drin - gend wünschen. Dieser Wille der Bevölkerung wird von Preu - ßen dauernd vergewaltigt, und nach der obigen Zuschrift soll die Vergewaltigung fortgesetzt werden. Es bliebe dann aber (Hamburg allerdings nichts weiter übrig, als mit gleicher Rück - sichtslosigkeit sich über die Jnteresien seiner preußischen Nach - bargemeinden hinwegzusetzen. Da der Billwärder Geestrücken als Siedlungsgebiet für die Hafenarbeiter wegen der weiten Entfernung keinen Wert hätte, müßte Hamburg dazu übergehen, seine Exklave Moorburg als Wohngebiet zu be - bauen und damit würde dem HarburgerHafeu jede Aus- dehnungsmöglichkeit genommen. Den Schaden von einer solchen „Lösung", wie sie jetzt Preußen anzustreben scheint, würden also in erster Linie die preußischen Gemeinden des Groß-Ham- burg-Gebietes zu tragen haben, während Hamburg, wie sein erst jetzt wieder von der Bürgerschaft einstimmig bewillig - ter Hafenerweiterungsplan beweist, auch in Zukunft alles daran setzen wird, sich als „Seetor Mitteleuropas", als größt; der freien Welthafenstädte, zu behaupten. Preußens böser Wille, die Entwicklung Hamburgs zur Industrie- und Handelsstadt zu hemmen, wird nur die Anstrengungen ver - doppeln, diese Entwicklung doch zu fördern, von der bei ver - nünftiger Haltung der preußischen Regierung das gesamte Reich, vor allem aber die preußischen Nachbargebiete Ham - burgs selbst den größten Vorteil haben könnten. In diesem Zusammenhang sei noch darauf hiugewiesen, daß bei der Aussprache der Bürgerschaft über die Hafen- erweiterungsbauten am letzten Dtittwoch der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion bereits die Notwendigkeit betont hat, alle in der Nähe des Hafens liegenden, für Wohnungs - bauten irgendwie geeigneten Gebiete (dazu gehört in erster Linie Moorburg) nun auch bald für diesen Zweck zu er - schließen. Nach dem jetzt vorliegenden stenographischen Be - richt führte Genosie P e r n e r in diesem Teil seiner Red« fol - gendes ans: „Soweit aber die Hamburger Wünsche dort (bei den Ver - handlungen in der Groß-Hamburg-Frage) nicht auf Befriedigung rechnen können, wird es doch notwendig sein, in der Nähe des £>afen§ die für Wohnungsbauten irgendwie geeigneten Gebiete doch nun auch bald dafür zu erschließen und auch für diesen Zweck den Hamburger Kredit bis auf- äußerste anzuspannen. Weiter aber werden die In. du st r teilen, die ja so freigebig sind, wenn es sich um die Erweiterung ihrer Unternehmungen handelt, auch mit für die nötigen Verkehrserleichterungen sorgen müssen. Wir haben wiederholt dagegen Einspruch erhoben, daß die Ar- beiter durch die Kosten des Verkehrs allzusehr belastet werden. Ich erinnere an die Abgabe, die beim Elbtunnel geplant war. Solche Lasten auf die Arbeiterschaft abzuwälzen, wird nicht angängig fein. Kann die Industrie so große Opfer bringen für die Fabrikanlagen, dann muß sie auch Opfer bringen dafür, daß die Arbeiter dorthin gelangen können." Auch in diesen Fragen besteht übrigens in der hambur - gischen Bürgerschaft vollkommene Einmütigkeit, nur mit dem Unterschied, daß bei den Rechtsparteien eine gewiffe Wneigung herrscht, die Unternehmer zur Kostendeckung für die infolge der weiten Entfernungen sehr kostspieligen Verkehrsanstalten heran - zuziehen. Dagegen wird die Dringlichkeit bet Errichtung von Arbeiterwohnungen in unmittelbarer Nähe des Hafens von allen Parteien anerkannt. Wenn die von bestimmten politischen Absichten eingegebene Aeußerung von Wünschen der deutschnationalen Fraftim in dieser Frage von uns zurückgewiesen wurde, so nicht wegen sachlicher Mei - nungsverschiedenheiten, sondern lediglich deshalb, weil wir nicht der von preußischer Seile verbreiteten Ansicht Vorschub leisten wollen, als ob Hamburg eben nur Handel und Schiffahrt treiben dürfe, die Industrie aber Preußen überlassen müsse. Die F«echt vor der Wahrheit. Beschlagnahme der Rede Vanderveldes ie Moskau. Ans HelsingforS wird uns geschrieben: Aus Verfügung de? Chefs der Politischen Verwaltung beschlagnahmte die Moskauer Miliz in den Zeitungskiosken und bei den Zeitungsverkäufern die RedeVanderveldes am ersten Prozeßtage, die als Einzel - ausgabe gedruckt worden war. Die Beschlagnahme wird offiziell da. durch begründet, daß die Rede entstellt und ihre llebersetzung nn- genau sei. Ungeachtet der strengen Maßnahmen, die getroffen wurden, um eine Verbreitung der Rede unter der Moskauer Bevölkerung zu verhindern, ist sie dennoch in Zehntausenden von Exemplaren in die Hände der Arbeiter gelangt Die Arbeiter selbst haben für ihre Verbreitung auch in der Provinz Sorge getragen. Der Sowjetregierung wird sicherlich weniger die „genaue Urtier- setzung", desto mehr aber die Furcht vor der Wahrheit bei ihrer Maßnahme am Herzen gelegen haben. Wie sie denn auch bisher überhaupt jede freie Meinungsäußerung unterdrückte. Die Derhandlungen mit der Deparatimrskommisstorr. SPD. Berlin, 15. Juni. Der kritische 31. Mai ist bekanntlich ohne Störung vorüber- gegMrgen. Die von der Sozialdemokratie empfohlene Methode, die scharfen Forderungen der Reparationskommisiion auf dem Wege von Verhandlungen herunterzudrücken, hat sich durchaus bewährt. Bekanntlich hatte die Reparationskommission ursprünglich gefordert daß^ über die Einnahmen aus dem Fmanzkompromiß hinaus im laufenden Jahr noch 60 Milliarden neuer Steuern geschaffen wer - den sollten. Sie hatte außerdem weitgehende Forderungen in der Richtung einer Finanzkontrolle gestellt. Die deutsche Regierung hat rhr batauf geantwortet, paß von 60 Milliarden neuen Steuern keine Rede sein könne und daß sie an der Souveränität des Deutschen Reiches sesthalle. Ueber anderes ließe sich verhandeln. Und es wurde verhandelt. Im Laufe dieser Verhandlungen tauchte das Pro- lekl einer großen von Amerika geführten Anleihe und einer gleich - zeitigen Hevcibsetzung der demsckien Schulden mit überraschender Schnelligkeit auf,, freilich ohne sofort zur Durchführung zu kommen. Das Projekt selbst ist aber wicht aufgegeben. Wenn es zunächst am Widersinni) Frankreichs gescheuert ist, so ist es doch tatsächlich von Ler ganzen Übrigen Welt gutgeheißen und begrüßt worden. Und in Frankreich selbst werden täglich die Stimmen zahlreicher und tauter, die erklären, daß die Isolierung der französischen Regierung gegen - über der ganzen Welt auf ine Tauer nicht aufrecht zu erhacken sein werde. Der Gedanke der Revision marschiert. Er marschiert schneller als selbst Optimisten bei der Annahme des Londoner Finanzdcktats im Mai »origen Jahres gehofft hatten. Da die Revision aber noch wich vollzogen ist, muß die Reparn- tionskommisfion weiter ihres Amtes walten. Die Ereignisse der letzten Zeit haben indesien es klar werden lasten, daß bei ihren Mit- federn, ausgenommen die Franzosen, keineswegs die Absicht besteht, bie Reparationsftage Ks zum Koniliki und zur .Krise zu treiben. 2)en gemäßigten Absichten der Mehrheit der Reparationskommisiion entspricht auch der Inhalt der neuesten Note. Die Note trägt in keiner Weise ultimativen Tharakter. Sie verweist alles auf den Weg der Verhandlungen. Von 60 Milliarden neuer Steuern ist mit keinem Wort mehr die Rede. Es wird nur die Erwartung ausgestwochen, daß von der ZwangSanleÄe, die 5e. kenntlich >n das Finanzkompromiß eingeschlossen ist, bis zum 1. Ja- nutrt 1928 mindestens 40 Milliarden aufgebracht sein werden. Im übrigen läßt die Note bat begreiflichen Wunsch erkennen, daß für die Fehlbeträge der Eisenbahn und der Post Deckung geschaffen und die Autonomie der Reichsbank sichergestellt werde, ohne daß jedoch neue Gesetze zur Durchführung dieser Forderungen verlangt werden. Wertvoll ist die Anerkenmtng der Taffache. daß eine Beseitigung der Inflation der Beanspruchung der Notenpreste zurzeit noch nicht mög» sich ist,, daß sie vielmehr erst durchgeführt werden kann, wenn die StaatSfinarizen in Ordnung gebrockt sein werden. Hier muß jeder - mann an das berühmte Gutachten des Anleihekomirees denken, nach dem eine Ordnung der deutschen Reichsftnanzen ohne Revision der finanziellen Bedingungen von Versailles und London nicht möglich ist. Die deutsche Regierung halte bekanntlich ernsteste Bemühungen zur Beseitigung der Inflation in Aussicht gestellt für den Fall, daß fne__8htfncnme der großen Anleihe gelänge. Die ReparasionSkom- tniipon erkennt letzt an, baß solche Bestrebungen ohne die große An - leihe, d. h. ohne Revision, aussichtslos blecken müßten. Hier hat sich also eine Uebereinstimmung der Meinungen Zwischen ihr und der deutschen Regierung herausgestellt. Wenn jetzt die Recktspresie schreit, die deulsche Regierung müßte iäeie neueste Note der Reparaiionskommiffion schlankweg und schroff zurülSveisen, so nimmt sie sich camit wahrscheinlich selber nicht ernst. Sie will nur ihren leichtgläustigen Lesern gegenüber da? Gesicht wahren eine besonders plumpe Fälschung der r«sachen leisten sich einige Blätter, die die Dinge so darstellen, als ob ba? (Garantie, iwntee eine neu getroffene Einrichtung zur Kontrolle der deutschen ,Finanzen wäre und als ob die deutsche Regierung durch ihre Bereit - schaft, mit diesem Komitee zu handeln, der ursprünglichen Forde - rung nach einer weitgehenden Finanzkontrolle reffte entgegen - gekommen wäre. So etwa? kann man nur Leuten Einreden, die nicht wissen, daß die Reparationskommission schon au5 dem FriedenS- fertrag das Recht einer ziemlich weitgehenden Kontrolle besitzt urib daß das Garantiekomitee als ihr untergeordnetes Organ schon feit dem Londoner Finanzultimatum besteht. Eine weitere Fälschung des Sachverhalts siegt darin, daß behauptet wird, die deutsche Re- g-rerung hätte alle Zugeständnisse, Vie sie in ihrer letzten Note machte, von dem Zustandekommen der großen Anleihe abhängig gemacht. Wer die Note gelesen hat, weiß, daß nur die bestimmten näher um- ischnebenen Bestrebungen zur Beseitigung der Inflation an die Vor. Aussetzung der großen Anleihe gefunden waren. Es ist daher falsch, von einem weiteren Rückzug der deutschen Regierung zu sprechen. Gewiß ist es keine Annehmsichkelt, mit einer ReparationS- komMission verhandeln zu müssen, auch wenn sie mildere Saiten puszieht. Gewiß ist eS ein drückender Zustand, daß diese .Kommiffimr vnS mit ihren Ratschlägen und Wünschen bezüglich der Gestaltung unserer Finanzen dauernd verfolgen kann. Aber längst begreift jeder vernünftige Mensch, daß diese bitteren Folgen eines verlorenen Kriege? nicht von heute auf morgen, sondern nur allmählich beseitigt itoerben können. Zu dem Ziel, die Härten des enkentistischen Sieg- Frieden? zu mildern und eine Revision der finanziellen Beftim- imungen zu erreichen, hat sich die bisherige Politik durchaus auf dem richtigen Wege bewegt. Dzs erkennt man auch aas der neuesten ErgänzungSmste der ReparationSkommiffion, wenn man sie im Zu- Klmmenbang mit ihrer Vorgeschichte betrachtet. Die Krise im italienischen Sorialismns. Innerhalb der italienischen Sozialdemokratie werden Vor - bereitungen für große Auseinandersetzungen getroffen. Bekanntlich hat die sozialistische Kammeffraktion mit Mehrheit be - schlossen, die bisherige Abstinenzpolitit aufzugeben und eine Koalition zu unterstützen, die für Freiheit und Recht eintritt. Der Parteiausschuß bet italienischen Sozialdemokratie verurteilte diesen Beschluß. Die hiermit notwendig gewordene Auseinander - setzung soll nunmehr auf einem außerordentlichen Partei - tage, der im Juli abgehalten wird, erfolgen. ES ist anzunehmen, daß dieser Parteitag, Cerati, der gegen den Beschluß der sozia- listischen Kammerftaktion ist, als Führer der Opposition eine Absage erteilt. Henle Beratung der Zwangsanleiffe. Aus Berlin schreibt man unS: Die Beratungen der Deutschnationalen und der Deutfcho Volkspartei hinter den Kulissen haben, wie jetzt bekannt wird, den Zweck gehabt, übet die Umgestaltung deS Erbschafts, stenergesetzes ein gemeinsames Vorgehen zu erzielen. Die genannten Parteien fordern jetzt, daß gleichzeitig mit der ersten Lesung deS ZwangSanleihegesetzeS auch die Beratung ihrer Anträge zur Abänderung des ErbschaftSftenergesetzes beraten werden. Die Volkspartei droht mit einer Verschleppung der Zwangs- a n l e i h e, falls dem gemeinsamen Wunsche der Rechten nicht ent - sprochen wird, und stellt die Angelegenheit so dar, als ob die Ab - änderungsanträge zum Umsatzsteuergesetz die Erfüllung eines Teils. deS Kompromisses darstellt. — Wie unS hierzu von der Reichstags- ftaktion mitgeteilt wird, ist diese Auffassung falsch. Die Zwangs - anleihe, die, nebenbei gesagt, als ein Teil der Finanzreform der Entente notifiziert wurde, ist ein Teil des Kompromisses. Sie muß jetzt erledigt werden, weil ein Teil der Eingänge der Zwangsanleihe noch für das EtatSjabr 1922 Verwendung sinken muß. Die Aenderung des Erbschaftssteuergesetzes ist von Mit» gliedern der Deutschen Volkspartei als notwendig proklamiert worden, als vor Abschluß des Kompromisses über die Beckersche Denkschrift gesprochen wurde. Die Deutsche Volkspartei hat damals nur be - hauptet, daß die Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes der Geldentwertung a n g e p a ß t werden müßten, wenn einesolche Anpassung für andere Steuergesetze ftattfinden sollte. Daß daS geltende Erbschaftssteuergesetz infolge der Geld - entwertung die Erben kleiner und mittlerer Vermögen hart trifft, ist nicht zu bestreiten. Der SteuerauSschuh wird sich deshalb in aller Ruhe mit dem Jniativantrag der Deutschen Volkspartei be - sassen. Soweit wir unterrichtet sind, ist über die Behandlung dieses Antrages eine Verständigung bereits angebahnt. Zur Auf - regung ist also keine Ursache. So einfach werden die ©errett von der Deutschen Volkspartei von dem Kom - promiß-Standpunkt der Zwangs anleihe nicht wegkommen. Außer der Zwangsanleibe wird von Beteiligen Journalist-n, auch die Abstimmung über die Getreideumlage als K r i s e n p u n f t für das Kabinett Wirth bezeichnet. Man hat ohne Klarheitl" über die politische Situation in den kommenden Tagen zu haben, bereits zahlenmäßig einen Sturz geS ctabinetts Wirth errechnet. Demgegenüber ist festzustellen, daß erst die kommenden Tage abgekartet werden müssen, nm eine Uebersicht über die Gestaltung der politischen Situation im Laufe der kommen - den Woche zu gewinnen. Das ist um so mehr erforderlich, als fast [ämtlidbe Fraktionen des Reichstages zu dem Gesetzentwurf über die Getreideumlage, wie er vorliegt, noch keine end - gültige Stellung genommen haben. Kommunisten gegen eine Arbeiterregirrnng. SPD. Dresden, 16. Juni. (Drahkbericht.' Die Kommunisten im sächsischen Landtag Haden m_ ber ant Donnerstag erfolgten Abstimmung über den Polizeietat sich ab - lehnend verhalten und so das Bestreben der bürgerlichen Par- leien, die Regierung unmöglich zu machen, unterstützt. Zwar tritt bgi- sächsische Kabinett jetzt noch nicht zurück, über e 8 ,i it m i i Sicherheit anzunchmon, daß sein Rücktritt er* .folgt, soback der Gesamtetat abgelehnt werden sollte, hiermit ist zu rechnen, so daß dann von der Soziakdemokratic der Zerrn: n zur Neuwahl in Sachsen bestimmt und damit der Volks^ent- ,scheid für die Auflösung des Lanstags h r n fällig wird. Die bürgerliche Presse, darunter vor allem der Korrespondenk des „Bersiner Tageblatt", gib: bereits seiner Freude über bie kommunistische Unterstützung Ausdruck. In der heuti - gen Morgenausgabe des genannten Blattes heißt ei unter aride nm: „Vorläufig kann von einer ernsten Krise noch nicht gesprochen wer - den, denn die wirkliche Entscheidung wich erst fallen, wenn über den .©cfamietttt abgestimmt wird. Stimmen die Kommunisten dann abermals gegen die Regierung, dann durste et mit dem reinen sozia - listischen Regiment in Sachsen vorbei sein, und man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß Sann die Regierung entweder zurücktreten„ oder, was vielleicht wahrscheinlicher ist, den Weg zur Hingefttilhing des Kabinetts beschreiten wird, das heißt, auf die bisherige Unter - stützung der Kommunssten offiziell verzichten will und sich auf irgend eine Weise ein Stück weiter nach der Mitte orientiert." Die Uebrrgabe Oderschlefteus. WTB. Oppeln, 16. Juni. In der elften Abendstunde sind die Bestimmungen, betreffend die Uebergabe der Deutschland und Polen zu- erkannten Gebietsteile durch die interallnerte Regierungs - und Plebiszitkommission von Oberschlefien auf Grund des in Ver - sailles unterzeichneten Friedensvertrages vom 28. Jun: 1919 von der interalliierten Regierungskommission und Vertretern Deutsch - lands und Polens unterzeichnet worden. Anschließend an oie Unterzeichnung ist die Grenze notifiziert worden. Die näherem Bestimmungen werden morgen veröffentlichi. Zwischen dem deutschen und polnischen Verireter der Eisenbahn- verwaltungen ist vereinbart worden, daß die Uebergabe des gesamten Eisenbahnbetriebes durch den polnischen Beamtenapparat in b er Nacht vom Sonnabend zum Sonntag erfolgt. Die Internationale Lj hat in Franffurt eine Sitzung ab» gehalten, an der u. a. 91 b l e r » Oesterreich, CriSpien - Deutsch - land, L o n g u e t-Frankreick, W a l l h e a d - England, mit bera - tender Stimme, C e r m ak - Tschechossowakei sowie Martow und Schreiber-Rußland teilgenommen haben. Die Versammlung Hot die Tagesordnung für die allgemeine internationale Ronfe renz in Karlsbad am 16.9. 22 festgesetzt. Stand des Dollars (vorbörslich) 316. W1 in MW, in ßnnoröeit Ist WNg. Eine Novelle von Franz Werfel. 116] Sie wissen nichts von mir. Sie wollen zew ß auch nichts von mir wissen. Jetzt aber nehme ick ttb'ch'ed von Ihnen für ewig. Denn ob es mir gelingt oder mißlingt, .ch habe mein Seben fort- geworfen und werde es höchstwahrsck;e 'tick in kurzer Zeit lassen müssen. Aber daß es so ist, erfüllt meine Seele m't Glück. Denn Wer bin ich, um Ihnen nahe kommen zu dürfen?" Sie zog sein ihre Hand zurück und sagte: „Es ist gut, daß wir voneinander Abschied nehmen müssen. Mir fehlt ja alles, das Wichtigste. Wem kann ich noch etwas ' n 1 " Ich hörte einen Klang in ihrer Stimme, der sich mir eniegen« neigte. Und dennoch, alles war so hoffnungslos. Plötzlich krampfte sich ihre Hand zur Faust. Sie flüsterte wie geistesabwesend: „Tun Sie es nicht! Ueberlassen Sie es HixpMt, überlassen Eie es Jegor!" . . . Sann, als wüßte sie nicht, was fte -wen gesagt hatte, gleich - mütig: .Jal Wir werden uns wohl nicht Wiedersehen, wir alle nicht. An vier Tagen werden Sie vor dem Untersuchungsrichter, stehen — und wir — nun, wir auch, wenn wir nicht sogleich ausgeliefert wer - ten. Doch — es ist gut so! Endlich!" Eine Hand legte sich auf die meine. Beschitzer wandte sich mir zu. Seine schweren Tränensäcke, die roten Lidränder gaben ihm ein trauriges und müdes Aussehen: „In keinem Augenblick der Prüfung, Bruder, vergiß die Sinn- losigkeit des Lebens! Bedenke, daß all unser Treiben, Essen, Trinken, Reden, schlafen, Spielen der wahre Tod ist, und daß wir unser Leben erst vom Tode erwecken, indem wir ihn zu einem g e w eilten Ziel erheben und dadurch znm Leben aller Leben machen, reicher pn Entzückungen, Freuden, Ekstasen und glückseligen Schmerzen, als nur eine ahnt. Ich bin alt genug, um zu wissen, daß aller ibeelogtidie Hochmut und alle Erlösermühe vergeblich sind. Aber was ist der <;tnn dieses sinnlosen Menschenlebens? Ich sehe nur einen Sinn: Niederen Wahn mit höherem Wahn zu vertauschen! Du fragst mtt Recht: Was beißt denn das: Höherer Wahn? Was fft der Gradmesser allen Wahns? Nun, lieber Bruder Tuschek, ich gebe Dir zur Ant - wort: Der Wert eines Wahns- nimmt mit abnehmender Dicktigkei: seiner egoistischen Tendenz zu! Das ist doch klar. Im übrigen! Höchster Zweifel bei höchster Jllusionskraft ist die Lebenskunst des wahren Genies. Wahnfähigkeit zeigt ein großes Herz, Zweifelfähigkeit einen starken Kopf. Eins ohne das andere ist ekelhaft — ekelhaft find mir die Illusionisten, was, ich sag's grab heraus, die romantischen Goim, fast noch ekelhafter aber sind mir die jüdischen Entwerter!" „Ist, was wir Vorhaben, waS wir tun, nicht Romantik?" „Es ist, — hol'S der Teufel, — es ist trotz allem Hoffnung." Nock andere Lehren gab mir der Alte. Angst ist immer ein Irrtum! Wiederhole Dir diesen Satz mit ruhiger, innerer Stimme immer wieder angesichts der Tat und vor Gericht- Dieser Satz ist eine Arznei. Er lehrt Dich das- Leben richtig etn- schützen. Was kann Dir denn geschehen? Bedenke, daß unsere Natur so gnädig ist, nur soviel Schmerz bewußt werden zu lassen, als sie ertragen kann. — Und das ist gar nicht so viel. Dreiviertel unserer Schmerzen sind Einbildung, daß etwas wehe tut, pure Kon - zentrationen der Aufmerksamkeit auf eine recht geringe Schmerz - tatsache. Das Ticken einer Taschenuhr in der Stille der Nacht oder gar im Traum gleicht den mächtigen Axtschlägen der Holzbacker. Nicht anders ist es mit unfern Schmerzen, bie des Menschen angsterfüllte Aufmerksamkeit übertreibt" Nock; an einen Ausspruch Beschitzers erinnere ich mich: „Jeder anständige Mensch glaubt an zweierlei: an bie Unsterb - lichkeit deS Lebens unb an die Geringfügigkeit alles Individuellen. Wie kann also der Tod furchtbar sein, da ja das Leben unsterblich und der Bestand des gerade So und So gebotenen Ich weiter nicht wünschenswert ist? Und bienen wir der Unsterblichkeit des Lebens, bie wir mit unserer Form zu verlieren zittern, nicht am besten, indem wir den passiven Tob auSfdjalten, uns dem unsterblichen Lebensstrom der Liebe anpassen unb einem Menschen ober einer Wahrheit zu Liebe den Tod willkürlich erleiden? Heroismus ist nichts als höhere Intelligenz." Eine Stunde »ar vergangen. Der Alte erhob sich unb gebot Schweigen; „Die Seit ist da! Wir müssen Abschied voneinander nehmen und uns in der Stabt unb in den Dörfern so gut verbergen, als nur möglich. Ob wir ergriffen werden ober freibleiben, keiner bars vom andern das Geringste wissen. Ihr vermeidet es. Euch zu begegnen! Einzig und allein ich bin es, den Ihr an dem bekannten Ort und zur bekannten Stunde aufsuchen dürft. Und nun, genug!“ Schweigend traten wir zueinander, schweigend umarmten wir uns. Ick wußte: Keinen werde ich je Wiedersehen. Sinaida! Ueber ihr strenges Gesicht lief keine Träne. Sie stand ganz still. Ihre Augen warteten und zogen, einmal, ganz kurz, zuckte ihr Mund. Sie machte ein Schrittchen nach vor — langsam — das erste- und letztemal im Leben neigte ich meinen Mund diesem wahn - sinnig zärtlichen Dust entgegen unb, küßte sie. Wilder Ruf gellte, grell brach ein Lichtquadrat durch die auf- geklappte Falltürr. Ter Schiefäugige schwankte mit seiner DiebS- laterne hinab. Keuchend: „Damn it! Saldiere! Policemen! Fifty, hundred, firehundred! Run away! Klee! J am lost! Every door is ß-narded!“ Biele Menschen ^drängten sich durck die Falltüre, traten auf- einander, fielen die Stiege hinab, kämpften um den Eingang oder kugelten sich auf dem Boden unseres Kellers. Sie glichen un scharfen Lickt der Blendlaterne strapazierten Puppen eines Jahr- markttheaterö. Der Neger in weißem Flauellanzug gebärdete sich wahnsinnig, der Matrose kroch am Boden, der Syphilitiker grüßte gleichmütig und klapperte mit den Goldstücken in seiner Hosentasche. Der Meh - ner und einige Gespenster jammerten laut Verdächtige Paare in unordentlicher Kleidung schlichen verstört umher und hatten noch nicht die Besinnung gefunden, die aut-* gelöschten Kerzenlenckter, die sie in der Hand trugen, wegzustellen. Die Mgnner nestelten nervös an geheimen Knöpfen ihres An- zuges, die Weiber kreischten roh und schleiften, schlampig breiten Schrittes, die Schnürriemen ihrer hohen Stiefel nach. Breitspurig hohnlachend stand der riesige Kerl in Uniform ba. ES war ein sinnlos tolles Wirbeln, gedämpftes Jammern unb Pst-Rusen! Eine Stimme: „Die Türe zu!" Eure andere: „Roch nicht! Es sind noch nicht alle da!" „Wer fehlt noch?" „Die Opiumraucher'" Durch die Falltüre floß das übernatürliche Monblicht; in beut kraftlosen Strahl tanzten die Stäubchen abgewandter Welten. Und jetzt geschah etwas Seltsames. Langsam und mondsüchtig, jeder mit einer kleinen Kerze in bet Hand, Abstand haltend im Gänsemarsch, stiegen die Oviumraucher bk. steile Treppe hinab, allen voran Herr Seebär. Von seinem Zplmdep hatte sich der Trauerflor losgelöst und wehte hinter ihm her wie eine Fahne für die andern. Jetzt erst, in diesem BerwesungSiicht bemerkte ich, daß bie meisten, dieser alten Männer Backenbärte trugen, dünn und zerflgttert. Dia werden, fiel mir ein, an bet Totenmaske hängen bleiben. Endlich waren alle unten. Keiner mulfte. Wie eine Gesellschaft von durch ein Erdbeben aus dem Spital aufgescheuchten Sterbenden beToegte sich alles mt Schein der Windlicktcr burcheinander. „Auslöschen," schrie einer plötzlich Ich fand Sinaida unb lieg sie nicht von meiner Seite. Jetzt brannte nur mehr ein einziges gut abgeblcubcteS Licht. ES geschah, daß sich alle um mich scharten und mich gleichsam durch stumme Abstimmung zum Führer wählten. Ja — und das war ich auch! Niemals vor Soldaten, an der Spitze meine:- _ Buges, selbst wenn ich hinter der Regrineiitsmusik her durch daS Städtchen marschierte, hatte ich mich als Führer gefühlt. Entschlossenheit stopfte gleichmäßig in nur. Ich 'chnall.e mir den Säbel um, ordnete bedachtsam die Rückenfalten meines Waffen» rockeS, zog die Handschuhe mt nnb liefe meinen Blick über die auf- gestörten Schatten schweifen, die mich anrührten wie einen Helfer, einen Retter. Meine Freunde, die Russen, standen wortlos itm das einzige Licht, das kaum einen Strahl hergab. Sie verschmähten es, sich in den Wnikeln der riesigen Kellereien zu verstecken. , Sinaida war in dem Augenblick von meiner Seite getreten, _aJ ich mit, gewiss mit einer allzu ausgreifenden Bewegung, den Säbd um geschnallt batte. Nun stand sie stumm trotzig unb unbestimmt ba, wahrend >hi allein das Licht eine schwache weiße Hand auf bie Stirne legte. Äodjd** Mat)