Ur. 142 Freitag, den 25. Mai 1923 37.Jahrgang ®as „eambutget 14.6)0« et* 'tn ' Sctrttnae.i* Einrelvrett 330 < etiurigui die iSflefpaltent /wr WÄÄT -ÄT’ ZI || W Illi x/U /7P < W tos MV ■«£:' SffiSk^Ää;; L^/ / .▼▼ A ▼ ▼▼ S" A r f w/ Rcblanbftraßel], erster Stoi. Z KÄS , “ ■‘-F ”*4 ebne Berbtnbitcbtctt. Poinrares Demission Ein taktisches Manöver? SPD. S er I in, 25. Mai. (Drahtbericht.) Neberraschend kommt aus Paris die Nachricht, daß Poin- r a r K im Laufe desselben Tages, an dem er in der Kammer bei der Debatte über die Ruhrpolitik wie immer den starken Mann gespielt hat, dem Präsidenten Millerand fein Rücktritts- g e s u ch unterbreitete. Dieser Schritt Poincarcs ist allerdings nur als ein taktisches Manödcr zu bewerten. Der Präsident der französischen Republik hat es auch ab gelehnt, die Demission anzunehmen, so daß vermutlich alles beim alten bleiben wird. Der Grund für Poincares Schritt besteht darin, daß sich der Senat wieder einmal nicht als dasselbe willfährige In - strument von Poincare gebrauchen ließ, wie die Kammer des nationalen Blocks. In der Kammer trumpfte Poincare unter dem Beifall der bürgerlichen Parteien gegen den Genossen Auriol auf, der in der Ruhrpolitit den Standpunkt der Verständigung verfocht. 3m Senat wurde das Ansinnen Poincares, sich als Kommunistenschreck gebrauchen zu lassen, ab - gelehnt. Die Regierung Poincare wollte den Senat als Staats- gerichttzhof zur Aburteilung über den Kommunisten Cachin und seine Mitangeklagten, zu denen auch der deutsche ReichstagSabgeordnetc Höllein gehört, zwingen. Der Senat trat daher am Donnerstag mittag um 2 Uhr unter seinem Präsidenten zusammen, um sich über die Frage der Zuständigkeit schlüssig zu werden Der Oberstaatsanwalt und sein Vertreter vertraten zu - nächst die Anklage, die auf „Gefährdung der Sicherheit des fran - zösischen Staates nach außen und innen infolge der von der intcr. nationalen kommunistischen Partei gegebenen Direktiven" lautet. Die Anklage behauptet, daß sich die Aktion der Kommunisten gegen dcn Versailler Vertrag und die Ruhrbesetzung richte und bezieht sich vor allem auf eine kommunistische Konferenz, die kurz vor dem Ruhreinmarsch in Essen stattfand, do» nach halbstündiger geheimer Beratung erklärte der Senat sich mit 14 8 gegen 104 Stimmen als unzuständig für die Aburteilung der kommunistischen Angeklagten Kein Zweifel, dieser Beschluß des Senat? bedeutet für Poincare, der einen sehr großen Wert auf den Senat als StaatSgerichtshof legte, eine schwere Schlappe. Tatsächlich hat der KabinettSrat, der am Abend zusammentrat, den Senatsbcschlnß na» halbstündiger Beratung als Miß - trauensvotum aufgefaßt und dir Demission des Gesamtkabinrtts beschlossen. • * GTL. Paris, 24. Mai. In der Kautmer ergriff Minifter- pcoiident Poincare das Don. Er habe e? nicht nötig, noch, mals an die Verfehlungen Deutschlands zu erinnern. Poincare ging jedoch nochmals auf die Vorgeschichte deS Londoner Zahlungs - planes ein und erklärte, b i e Summe, des Friedensvec- irages von Versailles bilde ein Minim ii m. Trotz - dem habe Frankreich ^entgegenkommend den Londoner Zahlungs- vlan angenommen. Seitdem habe aber Deutschland nicht einen Augenblick unterlassen, sich seinen Verpflichtungen zu entziehen. Poincare erinnert alsdann daran, wie Deutschland sein Mora - torium verlangt habe. Frankreich habe e» nicht bewilligen sönnen, weil ei gewußt habe, daß die bewaffneten Formationen und Ge Heimorganisationen sich in Deutschland vermehrten und daß bte llliierten nach drei Jahren auf einen noch größeren schlechten Pillen Deutschlands gestoßen fein wurden. Die Reparaticms- kommiision habe unter diesen Umständen die Verfehlungen Deutschlands feststellen müssen, die die Besetzung des Ruhrgebiets ureterstrichen habe, da Deutschland nach der Besetzung auf die Kohlen habe verzichten sönnen, bte es vor der Besetzung Frankreich nicht habe liefern wollen. Frankreich hätte eS.zwar vorgezogen, wenn die Aktion m Ruhrgebiet von allen Alliierten angenommen worden wäre, habe darin aber nicht die Initiative zu einem Bruch erblickt. Alle lktc der Kommission seien mit Stimmenmehrheit beschlossen ivorden. Poincare dankt den Belgiern und Italienern, zollt der Haltung Bonar Laws Anerkennung und begrüßt den neuen englischen P r e.m ier minister, der dem Kabinett angehört habe, das Frankreich so viele Beweise von Freundschaft gegeben habe. Trotzdem habe Eng - land durch seine Absonderung in Deutschland den Glauben ver - stärkt, daß unter ben Alliierten wenigstens ein schwacher Punkt sestzuilellen sei. Auf diese glücklicherweise unbegründete Schwäche habe Deutschlaiid spekuliert. Wäre England den anderen Alli - ierten Norangegangen, hätten die deutschen Industriellen, Beamten und Arbeiter sich geweigert. Widerstand zu leisten. Die Zusammen - arbeit zwischen der deutschen Bevölkerung und den französischen und alliierten Behörden härte durchgeführt werden können, wenn nicht der Befehl vori Berlin (?) gekommen wäre, sie zu verhindern. * Paul Favre über die Krise. Ein Mitglied der Redaktion de? „Hamburger Echo" nahm auf dem Kongreß Gelegenheit, den Generalsekretär der französischen Partei, den Genossen Faure, über das Rücktrittsgesuch Poincare? zll befragen. Aus die Frage, welche Bedeutung dem Rücktrittsgesuch zukomme, erklärte Fallre, daß dieses Gesuch eine politische Riederlage des Kabinetts Poincare sei. Die Anklage gegen den Kommunistenführer Cachin sei ohne ersichtlichen Grund ausgenommen worden. Poincare habe nicht gewagt, Cachin vor ein ordentliches Gericht zu stellen, weil zweifellos dieses zu einem Freispruch g e - kommen wäre. Poincare habe vielmehr beabsichtigt, ein p o I i • tisches Geri cht über den Komunistenführer abzuhalten, und hat darum den Senat als StaatsgerichtShof angerufen. iluf die Frage, wie es komme, daß der Senat zu einem der- artigen Beschluß gelangt sei, antwortete Faure, daß der fran - zösische S.enat in manchen Fällen demokratischer sei alSdie Kammer, denn er ist sozusagen der Siegelbewahrer deS republikanischen Gedankens tn Frankreich und habe darum seine Hand nicht bieten wollen zu dem gegen Cachin beabsichtigten rechts - widrigen Verfahren. Auf die Frage, welche Umstände eintreten würden, falls Poin - care vom Präsidenten der Republik nicht bewogen werden könne, im Amte zu bleiben, antwortete Faure, als Nachfolger Poincares komme jedenfalls B a r t h o u in Frage, aber das würde keine prinzipielle Aenderung der französischen Po - litik bringen, denn Barthou würde besonders in der Repara - tionsfrage durchaus im Stile Poincares weiter - arbeiten. Faure erklärte, nach seiner Meinung und nach ben Nach - richten, die ihm Vorgelegen hätten, sei nicht anzunehmen, daß Poincare Ern st zu machen beabsichtigt. Die Gründe der Unruhen im Unhrgebiet. Die letzten Tumulte im Ruhrgebiet geben der Rechtspresse die willkommene Gelegenheit, die „rote Gefahr" auch für da? unbesetzte deutsche Gebiet an die Wand zu malen und die alten unwahrhaftigen Angriffe gegen bett Genoffen Severing wegen feiner angeblich unendlichen Langmut gegenüber den Kommunisten zu erneuern. Die Rechtspreffe Übersicht, wenn sie schreibt/ daß der kommunistische Aufstand nicht mit derartiger Wucht hätte zum Ausbruch kommen können, wenn Minister Seve - ring die kommunistischen Hundertschaften früher im Keime er - stickt hätte, geflissentlich, daß hier gar nicht b er Kern der' Sache getroffenwird. Es sollte auch ihr bekannt fein — denn sie hat es ja oft genug in ben Reiseberichten ihrer „Kriegsberichterstatter" au? dem Ruhrgebiet schreiben -lassen — daß seit der Besetzung des RuhrgebieteS zum Sammelpunkt und Tummelplatz alles lichtscheuen und verbrecherischen Gesindels Europa? geworden ist, daS sich dort insbesondere wohlfühlt, seit - dem die Franzosen irr finnigerweise unsere grüne Schutzpolizei mit Gewalt abgeschoben haben. Das Verbrecherpack beherrscht heute die Situation und ist überall, wo es gilt, Unruhen zu stiften und dabei im Trüben zu fischen. Man sollte doch auch nicht übersehen, daß die ganze Wühlarbeit dieser dunklen Elemente und ihrer Helfershelfer, der französischen Spitzel und russischen Provokateure, nicht einen solchen Erfolg haben könnte, wenn nicht durch die wucherische Lebensmittelverteuerung im Ruhrgebiet die Arbeiter massen auf das äußer st c gereizt und erbittert wären. Dutzende und Hunderte Male ist von den zuständigen Stellen und von unserer Parteipreffe auf die Gefahr hingewiesen worden, die in dieser katastrophalen Preisgestaltung im Ruhrgebiet für die Stimmung der Arbeiterbevölkerung liegt. Aber weder die Preispolitik der großen schwerindustriellen Kon - zerne, deren Kohlen- und Eisenpreise alle übrigen Preise re - gieren, noch die der landwirtschaftlichen Erzeuger hat sich da - durch irgendwie beirren lassen. Jetzt ist eS den berufsmäßi - gen Unruhestiftern ein leichtes, die ausgehungerten und verelendeten Mafien zu Gewalttaten aufzupeitschen. Und die Preiotreiber und Großverdiener stehen augenverdrehcnd und ties- entrüstet und jammernd über die „Zerrüttung der Ruhrfront", anstatt sich au ihre Brust zu schlagen und auszurvfen: „Meine Schuld, meine große Schuld!" Ehe sich die Französeb- nicht dazu bequemen, unsere grüne Schutzpolizei wieder in das Ruhrgebiet hineinzulaffen und ihr volle Bewegungsfreiheit zu geben, ehe nicht der Preis - wucher im Ruhrgebiet aufhört, werden Tumulte wie die jetzigen nicht zu unterbinden sein. „Auch Lebensfragen großer Uolber gehören vor den Uölkerbnnd". SPD. Berlin, 25. Mai. fDrahtberichi. Lord zftobert Cecil, her amtliche Vertreter Eng - lands im Völkerbundsrat, der vermutlich auch dem neuen Kabinett Baldwin angehören wird, hielt am Donnerstag eine programmatische Rede über die Grundlage des V ö l k er - kund g e d a n k e n s, in der er die Politik begründete, die er bqt Vertretern des englischen Volkes in Gens zu führen gedenke. Ter Völkerbund soll zu einer moralischen Macht auSgestaltet werden, dazu berufen, als Vertreter der öffentlichen Meinung der Welt auf Friedeii und schiedsrichterliche Lösung der politischen Konflikte hinzuwirken. Neven der negativen Tätigkeit der Verhinderung von Kriegen durch den Völkerbund muß eine positivePolitik der schrittweisen Entwaffnung mit gegenseitigen Friedensgarantien einhergehen. Es handelt sich nun darum, die Organisation des Völkerbundes auf alle Völker auszudehnen und den Mut zu haben, ihm nicht nur kleine Fragen, sondern auch Lebensfragen großer Völker zur Erörterung in breiter Oefsentlichkeit unter Ansehen der öffentlichen Meinung der Welt zu unterbreiten. Die ame - rikanische Forderung, den Krieg schlechthin zu verbieten und als Verbrechen gegen Völkerrecht und Völkermoral zu brandmarken, sei allerdings noch nicht erfüllbar; aber zu einem Verbrechen müsse es gestempelt werden, wenn ein Volk seine Interessen durch Gewaltanwendung durchsetzen wolle bevor seine Ansprüche vor den Richterstuhl der öffentlichen Meinung der Welt gebracht wor - den sind. Bisher wurde die Gewaltpolitik eines Volkes nur ver - urteilt, wenn es unterlegen fei. Ueber unrechtmäßige Gewalt - anwendung eines siegreichen Volkes spreche man aber höchstens im Flüstertöne. MlMM WWW MiMwU. Der letzte Tag des Interuationalen Zorialisten- Kongresses Abschiedsstimmung liegt heute schon über dem Kongreßsaal. Tie politische Spannung, die in fast allen europäischen Ländern herrscht, duldet kein längeres Verweilen der Männer, die für die Geschicke ihrer Volksgenossen mit verantwortlich sind. Nicht allen aber ist vergönnt, im eigenen Lande für ihre politischen Ideale zu wirken. K u n f i - Ungarn, der erste Redner, bet heute das Wort erhält, ist Emigrant, muß außerhalb seine? Heimatlandes leben, weil das Horthy-Regiment, da? seit vier Jahren in Ungarn herrscht, keine legale Vertretung sozialistischer Grundsätze zulätzt. In leidenschaftlichen Worten klagt Kunfi dieses Horthy-Ungarn an, daß es nicht mehr Freiheit gewährt wie daS bolschewistische Rußland. Während die Anwesenheit einer italienischen Dele - gation auf dem Kongreß beweise, daß dort unter dem faszistischen Regiment immerhin die sozialistische Partei, wenn auch unter - drückt, existieren kann, mußte die in Ungarn gewählte Delegation fernbleiben, weil ihr sonst daS Gewaltregime des weihen Schreckens die Rückkehr unmöglich gemacht hätte. So spricht nun da? ungarische Proletariat in deutscher Sprache durch die Stimme eines Emigranten zum Internationalen Kongreß und dieser unterstützt durch lebhafen Beifall den energischen Protest, den bas Exekutivkomitee zur Kenntnis der ungarischen Regierung brin - gen soll. Während der Uebersetzung dieser Rede haben sich die Dele - gierten noch einmal, zum letztenmal fast vollzählig im Saale ver - sammelt. Man sieht noch einmal die markantesten Erscheinungen dieses KongreffeS beisammen. Ten Vorsitz führt heute 23 el 8 , der gleich nach Kunsi das Wort ergreift, um für Deutschland da? Zeugnis abzulegen, daß es in ben breiten Schichten seiner pro - letarischen und republikanischen Bevölkerung nicht weniger ernst und leidenschaftlich um Verständnis beim französischen Volke wirbt, wie dieses durch den Mund des Genoffen Blum gestern um Verständnis im deutschen Volke geworben hat. Spontaner Beifall aus den Reihen der deutschen und beutschsprechenden Delegierten tierftärlt diesen Appell. Wels kurze Rede ist ein flammendes Plädoyer für Deutschland und die deutsche Sache. Er schildert die Verhältnisie in Deutschland vor dem Kriege und zeigt in großen Strichen die Entwicklung vom deutschen Kaiser - tum zur deutschen Republik. Er zerstreut das Märchen, ba8 im AuSlande hier und dort kolportiert wird, als wenn in Deutsch - land nur eine Firmenänderung vor sich gegangen fei und die Republik nur unter einem andern Namen bas alte Deutschland barstelle. Er bezeichnet diese Redensart unter dem Beifall der Deutschen aus dem Kongreß als kompletten Unsinn. Vor dem Kriege fei nirgendwo in Deutschland ein solcher Kongreß, wie der hier in Hamburg tagende, möglich gewesen. Heute wäre jeder Ort in Deutschland freudig in der Lage, den Kongreß zu emp - fangen. Vor dem Kriege habe die Bureaukratie ben ganzen Staatsapparat beherrscht und das deutsche Volk habe sich in einer unglaublichen Anwendung des Cäsarismus gefallen. Diese Dinge haben sich geändert, und wenn heute vor diesem Kongreß die Flagge der Republik, die schwarz-rot-goldene und die rote Fahne, weht, so ist da? nur ein Symbol dafür, daß Deutschland wirklich eine Demokratie geworden ist. Nun weist man ater im AuSlande auf die deutsche Reaktion hin. Wels schilderte darum den demschen Faszismus und wie er entstanden ist. weil der Krieg eine Menge Leute hinterlaffen habe, die nichiS anbereS können, als sich dem blütigen Handwerk hingeben. Diese LandsknechtSbanden und dieser Unfug der Eeheimorganisationcn sei nur nach diesem Kriege möglich, und et findet bei dem rechts - stehenden Bürgertum nicht nur eine moralische, sondern auch eine finanzielle Förderung. Ter Faszismus treibe eine so lebhafte Agitation auS zwei Gründen. Den einen Grund liefert ihm bet Kommunismus mit feinen wiederholten Putschversuchen, der andere wird ihm von der auswärtigen Politik ge - liefert. Der Pariser Militarismus und der Moskauer Kom - munismus haben erst die deutsche Reaktion stark gemacht. (Leb- Hafter Beifall.) DelS weist in diesem Zusammenhänge auf Bayern hin und erklärt, daß trotz allem, was man von dort hört, auch in Bayern die Bäume der Reaktion nicht in ben Himmel wachsen. In Bayern habe die Arbeiterschaft den Kampf gegen die Reaktion ausgenommen nnb sie fei dazu übergegangen, einen Selbstschutz zu bilden, Ser genau so gut organisiert sei, wie die nationalsozialistischen Banden, und der gewillt fei, in jedem Falle Übergriffen von dieser Seite cntgegenzutreten. Wels ruft zum Schluffe feiner Rede den ausländischen Genoffen zu, die deutsche Republik in ihrem Kampfe zu unterstützen. WaS dort an bet Ruhr sich abspicle, daS fei ein Kampf für die Republik; denn ein Zusammenbruch würde die Republik mitzerschlägen. Tie deutsche Republik fei nicht nur von Bedeutung für die deutsche Arbeiterklasse, sondern für die Arbeiterklasse der Welt. Helft unS die Republik schützen, nicht nur unS, sondern auch Euch zuliebe. (Stürmischer Beifalls Nunmehr erstattet Genosse Brailsford- England Bertw: über die Arbeit der Kommission, die die Frage der intet nationalen Reaktion beraten hat. Er berichtet, daß die Kov- Mission sich auf zwei Entschließungen geeinigt hat, von denen die eine die Frage der internationalen Reaktion betrifft, die andere ben speziellen Verhältnissen Rußlands gewidmet ist. Brailsford gibt in seinen Erläuterungen . seine Meinung wieder über die Kampsesweise der internationalen Reaktion, der mit ihren eigenen Mitteln begegnet werden müsse. Er weist alS Herausgeber eine. neuen englischen parteigenössischen Blattes darauf hin, wie sehr die kapitalistischen Regierungen aller Länder, insbesondere aber diejenigen Regierungen, die rein reaktionär eingestellt sind, z. SS. die italienische und die ungarische, cS verstehen, die Presse in fremden Ländern für s i ch zu beeinflussen. Jedes Mittel wird da angewendet und es wird unter einem großen Aufwand von Geldmitteln darauf hingearbeitet, für diese real tionären Regierungen Stimmung zu machen. Brailsford erzäblt dabei, bafj- bald nach Gründung seine? »New Leader" ein Ver - treter der ungarische nRcgierung zu ihm gekommen sei, um ihn zu veranlassen, für die ungarische Regierung cinzu- treten und ihre finanziellen und wirtschaftlichen Nöte gebührend zu würdigen. Er erklärte unter dem Beifall des KongreffeS, daß er natürlich abgelehnt habe, auf ein derartiges Anerbieten ein zugehen und dem Vertreter Ungarn? mit den Worten geantwortet habe, die auch in feiner Resolution hier Ausnahme gesunden haben, und die besage, daß er niemals einer Regierung hilfreiche Hand bieten würde, bie bte bemo- kratischen Freiheiten eines Volkes unterdrücke. Brailsford spricht sodann über bie Sowjetregierung, deren An - erkennung er von den kapitalistischen Regierungen des Westet- verlangt. Zwar fei der Terror, den die bolschewistischen Organe auSüben, auf das strengste zu verurteilen; aber immerhin seien diese Exzefie der Revolution nur eine Folge von dem Wirken bei kapitalistischen Regierungen des Westens. Er schloß mit der Aul forberung, daß die Internationale, die heute gegründet werden solle, mit zwei Methoden den Sieg erringen müsse: M i t der Methode der Arbeit und bei Kampfe?. ES werden nunmehr die Resolutionen der Kommission gegen die internationale Reaktion vorgelesen. Wir werden den Text der Resolutionen in der Morgenausgabe vom Sonnabend mitteilen. Auf dem Kongreß entspinnt sich eine lebhafte kurze GeschäftsorbnungSdebatte, an deren Schluß beschlossen wird, das über bie Resolutionen nicht en bloe, sondern nach Nationen ab- gestimmt werden soll. Dann ergreift Vandervelde Belgien daS Wort und spricht bei Schluß de? Blattes über den Punkt 1 der Tagesordnung. * Internationaler AustauschdienS. Hm Donnerstag abend trat nach Beendigung der fiongictv arbeit eine Anzahl Delegierter aus allen Landern zusammen, um die Frage der zukünftigen Organisation einet internationale.- Nachrichten- und Informationsdienstes zu besprechen Friedn» Adler legte einen Plan vor, der jedoch tn der Diskussion als angenblicklich noch nicht bitrchfübrvar erachtet wurde, niimerhtn ist man dazu gekommen, einen Ausschuß cinzuseyen, der in br; allernächsten Zeit bereite greifbare Resultate zeigen soll, um jo bald wie möglich den Jnternaiwnalen Austauschdtenst ju _organ fieren. Diese Kommission besteht aus: van RoeSbcoeck, Holland. Walsford und Allen, England. -Braimtbal, Oesterreich, und AlftingbauS, Deutschland. jotetnow wWm öetKMwin toast WaMAl Met ml Cehtetloaea. Donnerstag fand am Abend eines laugen, übervollen Kon- greßtages im Gewerkschaftshause noch ein Treffen der sozialer, ichen Lehrer und Lehrerinnen statt. Genosse Adams < Hamburg eröffnete die sehr gut, auch von vielen Gäiteii besuchte Versamm lung mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer sozialistische i E-ziehung, deren Aufgaben international seien und international ersaßt »erben müßten. Die lose und unbefriedigende Lehre - internationale aus der Vorkriegszeit, die noch den Rest eine - Sekretariat? in Brüffel zu haben scheint, versagt vollständig. Der noch vorhandene Sekretär Cnudde ist so nationalistiich, bas; er sich mit keinem deutschen Lehrer an einen Tisch setzen will E i n • neue Lehrerinternationale im Anschluß an die Amstci Barner GewerkschaftSinternationale soll entstehen hoffentlich unter Erfassung der großen nationalen Lehrerorgannationen, vor allem deS Teutschen Lehrervereins. Genofie F. Köhne (Schriftleiter Der „Hamburger Lehre, Leitung") hielt bann ein Referat über die Erziehung , m G e i st e d e r G e m c i n s ch a f t. Er entwickelte in kurzen prn zipiellcn Zügen daS Wesen der Hamburger Gemein, chastSichulen. von denen eine allmähliche innere Umgestaltung der ganzen schu erziehung dieser Stadt auSgeht. Tie weitgehende- organifatort;»; Demokratisierung und Selbstverwaltung her schulen durch Elter und Lehrer hatte schon AdamS skizziert. Köhne charakterisiert mit starker persönlicher Note den neuen erzieherischen Geist ’n ben Gemeinschaftsschulen, bie neuartige, völlig auf sclbsterziehei an reichen hofft. (Fmtfetzimg folgt.) dem Eindruck des Erstaunens, fragt er: „aber wie bist Du in den Schacht heruntergekommen?' ..Ohne Erlaubnis, durch einen ganz schwarzen «chlund." „Und ohne Laterne?" „Mit einem Grude nlicht, rote Du ein# hast. Ick habe et einem Fluh sieben gelassen." „D a bist Du gewesen?" 18] , . Das seufzende Echo hat in dem düsteren Gewölbe den gleichen seltsamen Klang, wie der Name des Erzengel? in ihrer schmerzens - reichen Liebe. Das Mädcken fleht um den Schutz, den sie sucht, und verbirgt ihren eigenen Jammer, den sie ben ..Wassern der Ver - gessenheit" anoertraut. Endlich flicht sie zitternd durck da? Labyrinth de? Bergwerks pnd läßt ihr Grubenlicht auf der Erde stehen, weil sie nicht tiefer zu steigen gedenkt; sie ist gewiß, daß sie sich jetzt schon in der letzten Falte der Erde befindet. Von der Bcrgspalte angelockt, geht sie vor, um gleich darauf in unruhiger Hast wieder umzukehrcn. Zum zweitenmal tritt ihr im Spiegel der Erzader ihr Bild entgegen, und sie schlägt eine beliebige Richtung ein, bis da? Tageslicht schwindet und sie ihre Laterne ver - mißt. Sic möchte zurückgehen, aber Furcht lähmt ihre Glieder, die Kräfte verlassen sie; mechanisch tastet sie sich weiter, wie eine Jrr- ' sinnige rufend: Gabriel! . . . Gabriel! ... Ziellos, von Sehnsucht getrieben, läuft sie ihrer eigenen Stimme „ach, strauchelt, fällt, verletzt sich die Hände. Sie schleppt sich durch den Gang wie eine Schnecke, all sich pilige Schritte nähern. Aurora erhebt sich, einer neuen Gefahr ge wärtig, drückt sich gegen bie Wand in dem Wunsche, sich zu verstecken, und erblickt ben Schein eine? Lichts, da? sich nähert und bann still- steht. Ein junger Mann trägt c?, fast noch ein Knabe, ein Stein- föMägcr, der mit Spitzhacke und Doppelspitzharniner beladen ist. Er tu sehr schmutzig und außer Atem, bat glatte Wangen, vortrewnde Sckläsen und freundliche Augen, mit denen er verwirrt und über - rascht da? Mädcken betrachtet, da? er offenbar für ein Trugbild seiner Phantasie hält. Wie er sie dort ängstlich kauern sieht, hält er sie für ein Kind und fragt erstaunt: „Hast Du gerufen?" _ „Ja, ich rief nach Gabriel . . ., Gabriel Suarez, einem Berg - mann ..." „Ach, der schielende, der immer so heurig ist, ben sie einen Anarchisten schimpfen?" „Ja, dcn!" . ^Jsi ba? Dein Bruder?" „Ja, mein Bruder!" wiederholt Aurora mit inbrünstiger Ueber - zeugung. „Der ist nicht mehr hier." „Nicht mehr hier . . .?" „Gestern ist er fort!" „Wohin?" „Zur See, er will ganz weit weg", fugt der Bursche mit kind - lich sehnsüchtigem Ausdruck hinzu, während Aurora zu einer Frage ansetzt, die in schluchzen erstick: „Gräme Dich nicht" — tröstet der Bergmann voll Mitleid mit dem Schmerz, den seine Worte Hervorrufen, - „möglicherweise ist er noch nicht fort, ich weiß nur mit Sicherheit, daß beute von Torremar ein Schift abgeht, auf dem er sich anheuern lallen wollte." „Wie spät ist e-3?" stammelt da? Mädchen, dem der Sinn für Zeit und Entfernung abhanden gekommen war und das bat ver - hängnisvolle Schift vielleicht noch erreichen zu können glaubt. „Zeit zum Ausfahren", erwidert der Bursche, dem es zum Be - wußtsein kommt, daß er sich verspätet hat. Und, noch immer unter Das Metall der Tote» Roman von Concha Esping. Rumps, bei Kiel ist mit Mennige angestrichen, bai Deck m- tn ickiedenen Geschützen bewehrt, ßie von einem Offizier der Koma licken Brittschen Marine befehligt werden. Nack Uebercinlommen oder entv Gefälligkeit ;ithn dar ^ch ' zwei Passagiere mit. die von Deck aus mit großer Aufmeiksamk. t bas Kommen und Gehen an Bord, die Landschaft und die Küste beobachten. Es sind junge Leute und scheinen Geschwister zu sei- Das Mädchen trägt das Haar kurzgeschnitten nne ein Kind, trau und dunkel umgibt es das interessante Gesicht, aus dem die Augen in eigentümlich traurigem Feuer leuchten, bet gleiche Jaubn brennt in feinen helleren und kühneren Pupillen und verleiht seinem männlichen Gesicht einen durchgeistigten Reiz. Beide sind einfach, aber mit einer gewissen Eleganz gekleidet, bie auf dem Deck bte;. Schiffes fremd an mutet. Gabriel Suarez arbeitet im Laderaum, Haar uii? Kleider vo. Staub uni Schmutz dunkel, wie in Trauer gehüllt. Der rote Mann aus dem Bergwerk verwandelte sich auf der See tn einen schwarzen llnb während er kämpft und leidet, betrachtet er neidernilli ben SchiffSrnast, der, au» dem Holze eineo riesigen Bamnes gebredne! einst int Walde mit ben Winden der Höbe Zwiesprache gehalten mit und jetzt wie ein Vogel hoch über dem Meere bahiitschwebt . . Sowie bie ersten Wellen fühlbar oerden, verläßt der jung Mann seine Arbeit, um von der Küste Abschied zu nehmen, bte ihn gebieterisch ruft; in einer Scksiftsluke sitzend, richtet er die müden ‘.'lugen auf die mit Felbern und Gärten übersäte Lanbsckiaft, die unter dem Atem des großen Werdens in der ^chöpsung erwacht it! lieber die .Küstenlinie, bte m leichten Dunst gehüllt ist, gebt ein Zittern, bas beginnendes Leben fühlen läßt; au» bem Innern fer Stobt tönt das friedliche Läuten einet .Kirchenglocke, uns vor ihren Hellen Klängen verzieht sich der Nebel wie ein fliehender Vogel die Berge, die unter dem Triumphbogen be? Morgenrots auh'trcber, umschließen die Bückt. An ber Spitze ber Mole, bie andern Zuruckbietbenden und Nachschauendet: weit hinter sich kiffend, steht mtt zitternden Muskeln ein Sund, der in höchster Erregung ben Schwanz aufriebtet und die Ohren spitzt Man hat ibn zu wiederholtei, Malen vom Hardt, geworfen, und er verfolgt nun von hier aus das Schift mit wachsen ber Angst, die in ein Jammergeheul übergeht und in einem Sprung endet, mit dem das Tier bie enteilende Spur be? Schifte? zu er« „Ja, da bin ich gewesen . . .“ Sie sprechen mit gedämpfter Stimme, »re in einem Tempel, benommen von der Seltsamkeit be? Augenblicks, ber ihnen unwirk - lich erscheint. „Komm jetzt mit," sagt der Knabe mit raschem Entschluß. »Mr müssen laufen, weil hier gleich gesprengt werden wird." Sic nehmen einander an der Hand und eilen in Sprüngen zurück, schwer atmend und stumm. Aurora hält die Laterne, während ihr Begleiter das Werkzeug trägt. Die Luft wird aünncr hier, wo der Weg nur von einer Wand begrenzt ist und offen über der Höhle des Bergwerks dahinläuft. Die ganze Verästelung der Mnienwcge ist letzt von Getöse erfüllt, und plötzlich^ erschallen von allen Seiten dumpfe Schritte, Laternen tauchen wie Sterne aus dem Dunkel und täuschen das Bild eines Lichtfeste? von sais vor: es I sind die Bergleute, bie vor ber Explosion Schutz suchen und das Steinfeld mit schwirrenden Leuchtkäfern besäen. | Tie dunkle Höhlung bet Berges ist von Lichtern umkränzi, bie I sich aneinander reihen wie die Glieder einer Kette. Ein Donner- gctöse rollt wild durch die Galerien, und in der dämmerigen Ferne prasieln schaurig die Felsblöcke herab. Es scheint,'daß das Stürzen der Lawine die roten Funken in ber furchtbaren Nacht des Schachte? zum Verlöschen bringt, denn sie verschwinden, einer nach dem andern, unter bem Geheul der Explosion, während bie Flüchtigen, über Felsblöcke unb Spalten hinweg, am Haupttunnel ankommen, dessen Mündung im Sonnen« glanz wie in Flammen steht. Aurora und der Knappe treten mit ben Gruppen der Arbeiter ans Tageslicht, und der junge Mann führt sie zu einem Aufseher, ben sie mit einem letzten Rest von Hoffnung nach Gabriel ouarez fragt. „Der ist gestern abend fortgegangen," erwidert jener, „er wollte heute morgen in Toremar an Bord err englischen Schiffes gehen." Das Mädchen hörte ein paar rohr Wiyc, dreiste Liebesworte, freches Lachen. Tie Männerhorde läßt ihre 'Brutalität mit bem unverhüllten Eifer völliger Unbefangenheit burchblicken. Es ist ja Feierabend, die Stunde der Freiheit, wo man lachen und sich einer Frau nähern darf, wenn sich die Gelegenheit bietet! . . . Brennend und wolkenlos steht der Mittag im Raum; b’t Linien ber glühenden Landschaft lösen sich in heißem Glanz: auf ber andern Seite deS Berges murmelt daS Meer sein ewige? Gebet. Und Aurora steht allein im Angesicht ihrer tragischen Geschickes, geängstigt von ber Ruhe des Himmels, wie zur Falter auf das Rad ber Welt geflochten . . . VI. Der Unerschrocken e". Die Morgendämmerung bricht an. DaS Frühge,ttm tjt hinab, gestiegen, um sein morgendliches Antlitz im Meer zu haben, unb schon zückt der Horizont einen Degen von Licht. Dicht am Kran zieht der „Hardy" fein: Ankert aus ein unb manövriert mit bem Anker ä la pandura. Ohne sich um bie starke Strömung zu kümment, stampfte er zwischen _bein rauhen Gebrüll ber Sirene und beut malerischen Gewoge be? Schift svolkes. Es ist ein englisches Schiff, so tapfer wie sein Name, das mit halber Ladung von Cardiff gekommen ist unb diese in Torremar ergänzt hat, um nun ben Kurs nach dem andalusischen Hasen Estuaria ein- zuschlagen, wo cj seine Kohle gegen. Kupfer eintauschen unb dann | in sein Land zurückkehren soll. Es hat einen hohen, düsteren |