-vaiErs« (Vflkr~ <-r» scheint täglich einmal, außer den 2. Feiertagen. «ttugdpreie: Dom 1. 618 It.yiuguft ÖOx flür Ad« Haler 57 OOO JL Luch durch die Post zu dezirhcn. Redaktion: lVeblandstrotze I I, erster SWS. Derantwortlichcr Redakteur: Johannes iHrii-c. Hamburg, «rxvedltton: ssehlandstratze 11, Erdgeschoß. Buchhandlung: Erdgeschoß. BuchdruScrei-kkontor: Fehlandstrahe 11, erster Stock. Ur. 220. «irnelpreiS 6000 JL. «niet gen die MgestxM«»^ isterineilc -2OOOO.il untre Ausschluß der,o><-schüstlichcn Rundschau^. LieUenangebole 15000H., 2,eIIengrs.5OOO>L Priv. Snmiltnuint. '1500 X Siltine -Anzeigen di? » Zeilen dl« Zeile 10 o «L, von lo di? 15 Zellen i i noox Sieklamezerle 75 000 X Anzeigen müssen im voran» oder sosort deiadlt werden. -N »zeigen. >it »nah n, e Febl.mds.raße Rr. 11 tm Erd« geschoß ibi» 7 Uhr abends für den folgenden 7ag> in den Mialcn (619 s unn und tu allen Annoncen-Tinreau». via», und D>>icnvei-ichrljte» ohne BcrdMdlichkett. Sonnavend, den 11. August 1923. 37. Jahrgang. Bewog#, Wolle naö siootslflie. / 1 L Der uferte Jahrestag der Reichsverfassung findet die junge, mit dem furchtbaren Erbe des militärischen Zusammen - bruchs vom Herbst 1918 belastete Republik in einer schwie - rigen, ja krisenhaften Situation. Heraufgeführt durch die un - günstige Konstellation der in der Weltpolitik wirkenden Kräfte, ist diese Krise durch die besondere Lagerung der im Innern der Nation wirkenden Trieb- und Willenskräfte, die eine Re - gierung Cuno möglich gemacht haben, noch verschärft worden. So hat die Gleichzeitigkeit und Verknüpfung des alle Kräfte erfordernden Ringens mit dem bewaffneten Imperialismus Frankreichs mit einer für Mittel- und Westeuropa beispiellosen Währungszerrüttung zu einer schleichenden Regierungskrise geführt, die alle staatsbildenden und staatserhaltenden Kräfte zumindest lähmt und die auch auf die Autorität der Landes - regierungen im ungünstigen Sinne zurückwirken muß. Dazu kommt, daß die unbegreifliche Nachgiebigkeit der zentralen Re- gierungsgewaü gegenüber den Unbotmäßigkeiten eines Bun - desstaates einerseits, die Anrempelungen zweier verfassungs- treuen, sozialistisch regierten Staaten durch den Kanzler ander - seits tiefgehende Beunruhigungen in die breiten Massen des deutschen Volkes getragen haben. Dies überdies in einem Zettpunkt, in dem die nicht unverschuldete Auswirkung einer ideen- und kraftlosen Finanzpolitik die deutsche Währung an den Rand des völligen Zusammenbruchs geführt und die ernstesten Gefahren für Wirtschaft und Ernährung heraus - beschworen hat. Kein Wunder, wenn sich als Reaktion auf eine solche Ver - kettung widriger Umstände Giftstoffe in den gesunden Or - ganismus eines Volkes einschleichen, das in weiten Kreisen politisch noch ahnungslos und ungeschult, jahrzehntelang künst - lich von der verantwortlichen Mitwirkung an den Staats- geschäften ferngehalten worden war. Verschärfend tritt hinzu, daß diese Krise mit einem sozialen Umschichtungsprozeß zusammen - fällt, der darin besteht, daß durch die Entwicklung der Wäh - rung in den letzten Jahren eine ganze breite Bildungsschicht, der sogenannte Mittelstand, geistig und materiell entwurzelt wurde; daß auf der andern Seite ein Großteil des deutschen Proletariats infolge der Geldentwertung auf die Lebenshaltung des Lumpenproletariats herabgedrückt wurde und in immer steigendem Maße seine ganze Kraft und seinen Lebenswillen auf den Kampf gegen die furchtbare Not konzentriert. Da - durch ist ein Zustand sozialer Unsicherheit geschaffen, eine soziale Labilität heraufbeschworen, die jeder sozialen Ein - ordnung und parteipolitischen Festigkeit zu spotten scheint. Sind jene, die entwurzelten Kleinbürger, nur zu sehr geneigt, die Schuld an allem der neuen Zeit und mit ihr der parla - mentarischen Demokratie aufzuladen und aus Ressentiment nach der äußersten Rechten abzumarschieren, so sind diese, die hungernden und von rücksichtslosen Kapitalisten überdies da und dort ausgesperrten und auf die Straße gesetzten Prole - tarier anderseits geneigt, denen nachzulaufen, die in einer Diktatur das Heil und in einer Räteregierung das Paradies auf Erden verkünden. So ist die Demokratie, eingekeilt zwischen die Demagogie von rechts und von links, in einer schweren Lage. Zumal sie, nüchterner und weniger theatra - lisch, kein Paradies, sondern Zähigkeit, Disziplin und Arbeit fordern muß und auf die Wirksamkeit des parlamentarischen Apparates gestellt ist. Der aber verlangt große Reife, echte Politisierung des ganzen Volkes in seiner ganzen Breite und Tiefe, Verständnis für den langsamen, in der Auseinander - setzung der Kräfte und Gegenkräfte erfolgenden Fortschritt und vor allem Glaube an den Sieg des Rechts auf friedlichem Wege über angemaßte und zufällige Gewalt. Am vierten Verfassungstage ist die Demokratie in Deutsch - land, die in der Verfassung der Republik ihre Verankerung und chren lcheudigen Ausdruck gefunden hat, keineswegs ge - sichert. Jene brodelnden, zerstörerischen Kräfte sind heimlich und offen am Wepke, sie zu untergraben, und die Rufer, die gegen sie aufstehen, finden nur allzu willige Ohren. Allent - halben stehen undemokratische Ideen und antidemokratische Vorschläge in Gunst; jene selben Ideen, die das kaiserliche Deutschland schon von Kindheit an durch einen verfälschten Geschichtsunterricht in die Herzen der Deutschen geseutt hat, die es durch alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Presse und Propaganda ins Blut der Nation eingeflößt hat, leben wieder auf. Begreiflich immerhin, daß dies für die entwurzelten Bürger gilt, unbegreiflich aber und schmachvoll, daß auch ein Teil der Arbeiterschaft sich dieser Ideologie, dieser Weltanschauung in die Arme wirst. Denn nichts anderes ist es, was Moskau in Deutschland verkündet: die Gewaltideologie der absolutistischen Monarchie in das soziale Gewand gekleidet, in der Toga der proletarischen Gefühlswelt einherschreitend. So ist es mehr als eine Lächerlichkeit, mehr als ein Spiel mit dem Feuer, wenn wir beobachten, wie von der äußersten Rechten und der äußersten Linken seit kurzem gewisse Gedankenbälle hin- und hergeworfen werden. Und wenn in jener kürzlich vom „Vorwärts" enthüllten Geheim - instruktion der Kommunistischen Partei als der gemeinsame Boden die gemeinsame Verachtung für die verfassungstreue Mitte hingestellt wurde, so heißt das aus Deutsch nichts anderes, als gemeinsamer Kampf gegen die in der Verfassung festgelegte Herrschaft des Mehrheitswillens des Volkes, also Kampf gegen die Demokratie. II. x So ist es durchaus zeitgemäß und selbst in ernstester Stunde Pflicht, auf das Werk von Weimar hinzuweisen, das vor vier Jahren Gesetzeskraft erhielt und das, trotz aller Kompromisse, die Souveränität des Volkes in einer Reinheit verkündet, wie vielleicht keine andere Verfassung des Erdballes. So ist es durchaus zeitgemäß, darauf hinzuweisen, daß mit dieser Ver - fassung der große Trennungsstrich gegen die wilhelminische Aera gezogen wurde, deren unerträgliche politische Atmosphäre von weiten Kreisen des Volkes nur zu leicht vergessen wurde, so wie die Schrecknisse des Krieges und des bewaffneten Bürgerkrieges im Gedächtnis des einzelnen und der Massen nur zu leicht schönfärbender Erinnerung weichen. So ist e8 durchaus zeitgemäß, an den Grundcharakter dieser Verfassung zu erinnern, die die Macht des einzelnen „durch die Macht der Organisation" ersetzt, das Gericht der Massen übet das Gericht des einzelnen stellt. „Ihr demokratischer Grundcharakter" — so führt ein parteigenössischer Schriftsteller aus — „der aus der Einleitungsformel hervorgeht: Das ganze deutsche Volk, einig in seinen Stämmen, hat sich diese Verfassung gegeben, kommt in allen Teilen zum Ausdruck. Am klarsten herausgearbeitet ist dieser demokratische Grundcharakter in den Bestimmungen über das Wahlrecht und über die Staatsgewalten. Hier sind die Schlüsselstellungen der Verfassung. Die Bestimmungen über das Wahlrecht haben den einzelnen soweit wie nur möglich in das politische Leben der Gesamtheit eingegliedert. Sie haben in Wahrheit erst das deutsche Volk zur politischen Nation zusammengeschmiedet. Der Aufbau des Wahlsystems zieht die Folgerungen aus der parteimäßigen Durchorganisierung des Volkes. Damit ist ein Gipfel parlamentarischer Demokratie erreicht, der nicht zu übertreffen ist. Die parlamentarische Demokratie gibt anderseits den Massenkräften, den Parteikräften den freiesten Spielraum. Eben dadurch hat sich die Form der staatlichen Organisation des staatlichen Aufbaus dem Streite des Tages entzogen, der sich nun so rein, als es nur immer möglich ist, den sachlichen politischen Fragen zuwenden kann." Am Tage der Republik, der mit einer schweren krisenhaften Erschütterung des deutschen Staates zusammenfällt, muß sich die Arbeiterschaft bewußt werden, daß sie auf dieser Basis, und nur auf ihr, sich zu höchster Schlagkraft zusammenfassen und von da aus zur Verwirklichung ihrer großen Ziele wetter - schreiten kann. Sie muß sich bewußt sein, daß die, welche in grenzenloser Leichtfertigkeit oder in fanatischer Verblendung die Not ausnutzen, um sie zu undemokratischen Methoden in der Ab - wehr der gegenwärtigen Krise zu verführen und diejenigen, die die Entwicklung im denkbar ungünstigsten Augenblick durch anti - demokratische Mittel künstlich weitertreiben wollen, die die be - greifliche Erregung zur Siedehitze steigern, bewußt oder un - bewußt, guten Glaubens oder gegen besseres Wissen und Ge - wissen die deutsche Arbeiterschaft in ein Chaos hineinführen, in dem die in jahrzehntelanger Arbeit aufgebauten Organi - sationen zerbrochen, Arbeiterblut in Strömen fließen und schließlich der Kapitalismus, sei es als weißer Terror, sei es als internationale Kontrolle und Kolonialverwaltung über Deutschland herrschen würde. Und daß dann noch ein langer, endlos langer Weg unter Kämpfen und Entbehrungen zurück- gelegt werden müßte, um das Verlorene und Verspielte zurück - zugewinnen. Die Arbeiterschaft darf unter dem Diktat einer schier unerträglichen Not und unter der Drohung des Hungers nicht die Nerven verlieren und sich zu Schritten hinreißen lassen, die den Grund zerstören, auf dem sie steht. Sie darf die Unfähigkeit einer bürgerlichen Regierung, deren Tage gezählt sind, nicht zum Anlaß, nehmen, die Regierungsgewalt über - haupt und den demokratischen Staat zu verneinen und zu Experimenten schreiten, die in Deutschland zum sicheren Scheitern verurteilt wären. Die deutsche Arbeiterschaft darf nicht vergessen, daß ihre Vertreter in den Parlamenten und Regierungen der Länder wachen und entschlossen sind, das letzte an Kraft herzugeben, um die Krise zu überwinden, die sich — ein drohendes Gespenst — vor uns aufrichtet. Wenn nicht alle» täuscht, ist der HöheMntt der Not erreicht, wenn nicht schon überschritten. Die Maßnahmen, die unter dem Druck der sozialistischen Forderungen getroffen worden sind, werden sich schon in kürzester Frist auszuwirken beginnen, wenn sich keine Unbesonnenheiten ereignen. Radikale Maßnahmen stehen bevor, sie sind unbedingt nötig, sie sind selbst von bürgerlicher Seite gefordert. Die Arbeiterschaft muß zur Sozialdemokratie das Verttauen haben, daß sie alles tut, was in ihren Kräften liegt, diese unvermeidlichen radikalen Maß - nahmen der Regierung aufzuzwingen. Die Sozialdemokratie muß das Verttauen von den Massen fordern, daß sie, falls das Notwendige sabotiert werden sollte ober die gegenwärtige Regierung an ihrer eigenen Schwäche wie ein Kartenhaus zu - sammenstürzen sollte, die ganze Autorität, das ganze Gewicht chrer parlamentarischen Macht einsetzen wirb, um eine Re« * gierung zu schaffen, bie bie Staatskrise überroinbet. Die l Weimarer Verfassung gibt ihr hierzu bas Recht, bie Macht und bie Pflicht. E. w.R, M MrvliWM an Hub tenWM WTB. Berlin, 10. August. Der Reichspräsident erläßt folgenden Aufruf: An das deutsche Volk! In schwerer Bedrängnis, rückblickend auf ein Jahr deS Leidens und Duldens, vorwärtsschauend in eine dunkelverhangene Zu - kunft, begeht heute Deutschland seinen VerfassungStag. Jeder von uns kennt das ungeheure Ausmaß unserer Not und Bitterkeit. Und dennoch: Wir wolle» den besonderen (Sinn dieses Tages nicht vergessen! Das deutsche Volk hat sich eine Verfassung gegeben, einig in seinen Stämmen und von dem Willen beseelt, sein Reich in Frei - heit und Gerechtigkeit zu erneuern und zu festigen, dem inneren und äußeren Frieden zu dienen und den gesellschaftlichen Fort - schritt zu fördern. Diesen Willen wollen wir heute aufs neue bekunden und bekräftigen! Gerade auf den Tag sind heute 7 Monate vergangen, seit Franzosen und Belgier in unser Land eingebrochen sind. Sie haben unsere fleißige Arbeit stillgelegt, schuldlose Menschen, jung und alt, verjagt, gepeinigt, gemartert, getötet. Sie haben unser redliches Bemühen, Unerfüllbares erfüllbar zu machen, in tiefe Erbitterung verwandelt. Etwas Gutes für sich und für Europa haben ste nicht erreicht. ES sei denn, daß sie dies eine erreicht haben: Nie noch so felsenfest, nie noch so innigen Glaubens wie jetzt sind wir Deutsche unserer Stammcszugehörigkeü uns bewußt geworden! Unglück verbindet: ManneSfaust schlägt ein in ManneS- faust; Frauenhand faßt Frauenhandl Deutsch sind wir und deutsch wollen wir bleiben! Wir blicken vergeblich in die Ferne. Schutz und Hilse kommen nicht von dort. DieBegeisterung für dar Recht scheint draußen schlafen gegangen zu sein. Wo sie wach ist, fährt sie willkürlicher Gewalt nicht in den ftcvelnden Arm. Wir muffen uns selber helfen. Deutsche an Rhein, Ruhr und Saar: Ihr seid unS ein Beispiel, das uns immer wieder erheben soll. Verzagt nicht: Noch nie hat ein Sieger im Rausche seiner Macht Recht behalten. Das lehrt die Weltgeschichte. Deutsche an allen freien Strömen des Vaterlandes: Laßt Euch nicht vom Kleinmut niederdrücken und von Selbstsucht leiten! Für Genußsucht und Luxus läßt die Not b e 8 Volkes keinen Raum; fort daher mit all den häßlichen, heute besonders vcrächilichen, die Darbenden aufreizenden Er - scheinungen des gedankenlosen Taumels! Seid Euch stets bewußt, daß der Kampf um Rhein und Ruhr auch von Euch gesteigerte Cpfertraft, daß die Not der Stunde von allen Gliedern unseres Volkes selbstlose und große Leistungen verlangt! Regierung und Reichstag sollen Mut und Tatkraft zeigen und Entschlüsse finden, um durch eigene Kraftanstrengungen die Not dieser Tage zu meistern. Verzehrt Euch nicht in Zwietracht, im Kampfe der Sonderinteresicn, in Markten und Feilschen, sondern helft! Für Eure Brüder und Schwestern an Rhein und Ruhr ist heute eine große Sammlung vor bereitet. Gebt auch hier mit vollen Händen! Bedenkt, daß mit Geld wenigsten? um ein Geringes unseren gequälten Volksgenossen geholfen werden kann. Deutsche! Laht das Ergebnis dieses TngeS mitten in der Rot ein unerschütterliches Bekenntnis sein, ein Bekenntnis zum einigen, unteilbaren, der Zukunft trotz allem ungebeugt entgegenschenden Deutschen Reiche, zur deutschen Republik! Das deutsche Volk hat in seiner harten Geschichte schwere Zeiten bestanden; es wird auch diese trüben Stunden überwinden, wenn e» standhaft bleibt in treuem Zusammenhalten, in Gemein- firm, Ordnung, Arbeit und Opferwilligkeit. Berlin, am Verfasfungstage 1923. Der Reichspräsident, gez. Ebert. Der deutschen Republik. Von HanS Gathmann -Breslau. Wir sahen dich im festlichen Gewand freudig zur Arbeit und zum Frieden geh'n. Wir sahen uns nach blutigem Schlachtenbrand beglückt in deinem Freiheitsglanze steh'n. Das Volk schien frei im freien Land Und schrieb mit souveräner Kraft sein Recht. Die deutschen Stämme reichten sich die Handl Ein zukunftsfrohes, leidgeläutertes Geschlecht. Der Siegerwahn, der Kriegswahn schien verbannt. Wir wollten Gleiche unter Gleichen sein. Wir haben eine Menschheit unser Ziel genannt und sah'n verzückt aus unsrer Nacht in dieses Licht hinein. War's nur ein Traum? Dein festliches Gewand o Republik, ist elendlich zerrissen und zersetzt. Dein Land ist nur ein armes Hungerland. Dein Recht ist tausendfach verletzt. Verruchte Mörderhand schlug deine Führer tot. Auf deinem Boden tobt der Siegerwahn der andern, und es schreit dein Volk nach 93rot, und jeder Feigling speit dich an. O Republik,. sie schlagen dich ohn' Unterlaß, sie hämmern dich ans Kreuz und reißen dich herab. Sie schüren Krieg und Bürgerkrieg und Hatz und sckaufeln schon dein Grab. Du stehst verlassen da, bespien, im Bettlerkleid. Die Arbeit und die Hoffnung, nichts gelingt dir mehr. Es dämmert eine neue blutige Zeit, und deine Feinde laden ihr Gewehr. Wir aber und die Toten, die mit ihrem Blut dich bauen halfon für ein kommendes Geschlecht, wir steh'n mit wahrem deutschen Mut ein für dein Leben und dein Recht. Sei arm, sei elend, wir sind's auch. Noch lebst du, Republik und Zukunftsland! Wir aber leben für dich bis zum letzten Hauch! Wir weben dir ein neues, festliches Gewand! Wir werden einmal doch in deinem Freiheitsglanze steh'n! Hier unser Herzl Hier unsre Hand! Das deutsche Volk ist frei und souverän! Kein Heiligtum ist Republik genannt! Das Metall der Toten. Roman von Concha Esping. (Schluß.) „So bald schon?" ,Ja." Er streckte ihr mit starker Gebärde beide Hände hin und beugte sich herab, um feine Tochter zu küssen, die gemächlich herbeikam. „Sönnen Sie denn nicht eine Minute warten?" „Wozu?" „Sie haben recht." Sie blickten einander in feierticher, wortloser Hingabe bis aus den Grund der Seele. „Leben Sie wohl!" „Leben Sie wohl!" Das junge Mädchen blieb mit dem Kinde auf dem Treppen« absatz stehen: von »er Tür aus wandte ihnen der Scheidende noch oftmals das Gesicht zu. Erst unterwegs teilten die Gendarmen ihm mit sichtlichem Ver« drutz mit, daß sie Befchl lütten, ihm .Handschellen anzulegen. Bleich und finster wollte er ausfahren, besann sich gber und erwiderte ruhig: „Sie verleihen mir also die Treffen?" Hochmütig bot er seine Handgelenke den Eisen dar und fragte, welchen Weg er gehen müsse. „Nach dem Bahnhof." . Er wuvde in einem Extrazuge befördert, wie die Opfer der Arbeit, und zwar, um Unruhen zu vermeiden, um die Mittags - zeit, die stillste und unbelebteste der Stadt. Der junge Mann ging barhaupt, wie es seine Gewohnheit war, und schritt behende aus. Von ihrem Balkon aus blickte Rosariio mit der Kleinen im Arm ihm mit undurchdringlichem, erstarrtem Gesicht nach. Er fühlte den Blick, und um ihr zu danken, wandt« er sich auf der Höhe, bevor die Straße um die Ecke biegt, ruxB einmal i«n. Einsam schnitt sein Profil sich in den Himmel: es schien, als be - rührte er mit der Stirn die Sonne. Aurora kehrt mit ihren Freunden aus der Stadt zurück, als ein leerer, geheimnisvoller Zug NerLg in der Richtung nach Estuwriq verläßt. Noch immer bettachtet Rosarito Gaieillän jc-wn blauen Grund, von dem das Bild des Gefangenen sich abhob. Des Mädchens Augen sind geblendet und trocken, ihr Ausdruck verschleiert. Sie ist die Hüterin des heiligen Feuers auf dem Herde der Ewigkeit, wie einst die Vestalinnen. Aber Jie ist eine moderne Jungfrau mit kuirzgeschnitteneir Mähne und hält in ihren Armen zärtlich ein Kind. * Die Stadt der Bergleute ist fast verlaffen. Seit Aurelio Echeas Verhaftung, die überraschend kam wie eine Entführung, fliehen die Strickenden einer nach lern andern in Ordnung und Rube aus dem Londe — einige nach Portugal, viele andere nach Estuaria und Cadiz, um nach Amerika atiszuwandern. Eine große Anzahl von Frauen und Kindern ist freigiebig unter« stützt worden: die ärmtkbe Naöbb erschuft der Stadt braucht die Aehrenkefe des Elends nun nicht mehr unter dem ungeheuren Schwarm der Bedünstigen auszuleilein. Von Gabriel hört man nichts: Aurora wartet noch immer aus ihn. i Noch stoßt der Mund de? großen HauptsckackiteS Ranch auS, der in den Nächten in geheimen, beharrlichen Glitten leuchtet. DaS unglückliche Mädchen.sieht in diesen Stacken, wie in einem Versprechen, die pochenden Fibern eines Herzens brennen; schwei - gend, mit gespanntem Ohr lauschend, geht sie umher; ihr Fenster seheint der Horcherposten zu sein, an dem ihr eine Kunde, ein Zeichen werden mutz. Gabriel konnte einen einsamen, furchtbaren Tod in den etp- stürzenden Stollen des Bergwerks erleiden, er konnte aber auch zurückkehren zum Licht, die Kette der Borge sprengen und auf dem Meere Rettung finden. Tavan dachte die Liebende in Stunden mil - derer Trauer, in denen sie — wie ein Kind — au? den Worten deS Lehrers die Orakeffprüche der ewigen Glaubens lernte. Estövez wünscht sehnlichst, daß dar junix.’ Mädchen das Feuer dieses unsterbiiL-en Glaubens eni.chinden und ibren Schmerz auf die Gewißheit eines Daseins stützen lerne, daS höher als das menschliehe ist. „Wir muffen leben, um seiner würdig zu werden," sagt er. um um sie auf die Bestätigung ihres Unglücks vorzubereiten, fügt er hmzii:: „Der Tod ist eine Furt zwischen den beiden Wetten: wir aber sind unvergänglich in Gott, der niemals stirbt." Erschüttert n irrn tu Aurora diese Lcbr-u in sich auf, die -um Bal - sam für ihre Seele werden. Rosarito Hilst ihr zu vertrauen und zu glauben, und schon ertragt sie die Loft der Tage nicht mehr mit so erbitterte; Ruhelosigkeit. SMlitliMsoM not (Ennos 6nöe Volldampf im Kessel, die Maschine läuft. Hätte bet Reichstag, tote ee seine Pflicht war, vor sieben Monaten gleich schnell und gleich durchgreifend gearbeitet, so wäre die surchtbare Not nickt über Deutschland gekommen. Not lehrt beten! Den bürgerlichen. Parteien hat sie gelehrt, tafdi zu arbeiten. Not kennt kein Gebot! Bis jetzt ist zwar im allgemeinen gewahrt worden, was man äußere Ordnung nennt, aber der Reichstag muffte sich sagei^ höchste Gefahr sei im Verzug. Es bedurfte gewiß nicht des Maffenaufmarsches kommunistischer Betriebsräte, die gestern den Reichstag heimsuchten und das Eingreifen des Präsidenttn not - wendig machten. Dieser Riaffendaufmarfch konnte praktisch nur die Arbeitsunfähigkeit der Reichstages herbeiführen, und damtt wäre gar nichts gewonnen. Was nun bet Reichstag beschlossen hat, reicht keineswegs auS, aber es ist ein Anfang. In bttfer Richtung nytj; weitergedrängt werden. Der Reichstag hat die gestern von und skizzierten Steuerbeschlüsse angenommen, zuzüglich einer Steuer für die Landwirtschaft, und zwar von 9 Goldmark für den Hektar, was in ß Monaten 216 Millionen Goldmark auSmotttt, das sind bei einem Dckllarstand von 2 Millionen 108 Billionen Papier- mark. Die Lohnsteuer ist jedoch vom 2'chsachen auf das zweifache ermäßigt worden. Die Freilassung der kleinen Landwirtschafts - betriebe bis zu 2% Hektar ist in Aussicht genommen. Indem die Sozialdemokratie diese positiven Maßnahmen durchsetztt, hat sie praktische Arbeit geleistet, während die Kommuni- sten mtt bet Not bet Massen spielten. • A Trotz ber Steuerbeschlüffe ist Cuno erlebigt. Er war längst ein toter Mann und ersehnte wohl selbst seine Beisetzung. Heute noch sitzt er im Amt, aber die sinkende llkacht wird ihn voraus - sichtlich zu seinen Vorgängern versammeln. Der Kuri hat reichlich Schonfrist genossen, ober nickt einmal die letzten Augenblicke ver - mochte er nutzbar zu machen; er versteht nicht einmal, in Schönheit zu sterben. Er hat dahingewnrstelt wie ein Minister Altöiterretchs. Die Flut stieg, der Mann battx aber nicht einmal ein Rettungsboot bereit. Zuletzt Iieff_ seine Regierung sogar bie Notenbrucker leichtherzig in den Streik treten. Diese vollenbete Hilflosigkeit rief bie Berliner Arbeiterorganisationen auf den Plan. Rach einer Be - ratung unter Hinzuziehung der Sozialdemokratischen Partei erließen bie freigewerkschastlichen Ortsausschüsse unter Mitwirkung der Zen - trale des ADGB., der freigewerkschaftlicken Betriebsrätezentrale, des Afa-DundeS und ber Arbeiterparteien an die Arbeiter, An - gestellten und Beamten einen Aufruf, bei in bie folgenden For - derungen auSmünbet: Einführung einer wirklich wertbeständigen Entlohnung, Me die Lebenshaltung der Lohn- und Gehaltsempfänger sichert, flute« musische Anpassung der gesamten Sozialversicherungs- und Wohl - fahrtsfragen an die Geldentwertung. Deckung aller Staats, und Gemeindeausgaben durch die Eegebniffe schärfster Goldbelastung deS Besitzes in Industrie, .Handel und Landwirtschaft. Berschärfte gesetzliche Sicherung gegen Einschränkung und Schliefning der Be. triebe. Organisierte Sicherstellung aller Lebensrnittel und Be- darfsarsikel. Die Regierung Euno bietet keine Gewähr für die Durch, fiihrung dieser Maßnahmen. Die Beseitigung dieser Negierung Ist daher eine Notwendigkeit. Wir verlangen vom Reichstag so» fortige gesetzgeberische Entscheidungen zur Berwirklichung dieser Forderungen. * Heute wirb bie sozialdemokratische Reichstag-- fraftion nochmals zur Lag- Stellung nehmen; über die Ent - scheidung kann kaum noch ein Zweifel bestehen. Vielleicht fragen sich bie Genossen nn Lande, warum denn nicht gleich ttuuo bet Stoß versetzt worden fei, man habe doch nur kostbare Zeit verloren. Wir bitten aber zu bedenken, baff im parlamentarischen Betrieb öfters gewundene Wege gegangen werden müssen. Der Ideal - zustand ist, wenn bie Massen des werktätigen Volkes fest zur parla - mentarischen Verttetung ihrer Klasse stehen und wenn gleichzeitig jeden Augenblick gewiß ist, daß gegebenenfalls bie Massen bereit sind, hinter ParlcnnentSsorderungen der Sozialdemokraten s>m Druck von außen zu setzen. 5uno wäre natürlich leicht zu be - seitigen gewesen, ob jedoch bie völlige Umstülpung bet Regierung, ohne daß vorher völlige Klarhett über die Neubesetzung erzielt Ivar, die Sache gefordert hätte, das ist sehr zweifelhaft. Nein, es ist gewiß, baff bei einem solwen Verfahren so blieb Schaben ent - stehen muffte. Wenn heute bas Kabinett Euno gestürzt wird, so müssen Nachfolger bcreitstehen! MerbingS h-rtte bie märchenhafte Ungeschicklichkeit be? Kabi - netür Cuno zuletzt noch, bie ärgsten Verlegenheiten verschuldet. Der Streik ber Rotenbrucker (er ist inzwischen beigelent wor - ben) verschärfte den Mangel an Zahlungsmitteln un - glaublich. Die Banken konnten ber stürmischen Nachfrage in keiner Weise genügen, auch bie ReickiSbank war nach bteiftür.bigcr Streck - bauer „ausverkauft". Tausende von Kaffenboteii, Sie Geld abholen sollten, hatten schon von 6 Uhr morgen» am Freitag bas Reichs- bankgebäube belagert. Dereu Direktion wußte leinen besseren Rat, als den Anschlag eines knallroten Pl als: Durch den Buckbruckcr stre-k sc! e8 ber ReichSbaick nicht möglich, bie nolweitt -gen Zahlungs - mittel bereitzustellen, auch bie n.v.-en gen Lohngelder könne sie nicht auszahlen." Die A u 8 z a h l u n g s k a s s e n ünb daher f> 3 auf wetcres geschlossc n." Eine beenteme Manier, bie Folgen ber eigenen Kurzsichtigl-.it ganz unb gar L.r.cr Jrbeiterlategarie auf« zuhalsen. Der Staat bringt sich au| biefc Weise selbst um. Unter anberm haben bie Vertragspart ien ber Metallmbustrie sich über bie Herausgabe von Notgeld uerjtänbigt, das bei den Lohnzahlungen verwendet wird. Natürlich gibt auch die Stadt Berlin Notgeld heraus. Nächstens kann es ja auch dahin kommen, daß andere staatliche Funktionen an private Bereinignngch abgetreten werden; ■ ■■IW I — liMHI l.mnu W h Hl.; Dollar. 10 Uhr: ISOOOdO Mark. , qgMMMBnMBOMK'AwruurfKnn-oti'HHI-wi Kirrze Zeit erst ist es her, baff sie auf einem ifirerJBüfftttocgf — alle, bie sie gegangen ist, waren solche! — hre Tochter in den Armen hockhoö, voll Sehnsucht, sie an bie Schwall bc, Himmels zu legen. Heute will es ihr scheinen, ' n ff sic zum Preise einer töd - lichen flraftanftrengung ihr Ziel erreicht bat, uiid nun ist ihr Leib so schwer ermüdet, baff sie lairm mehr das fremds Strnb an ihrem Herzen halten kann. Aber »erlassen will sie e' nicht; mit einem trüben, fcmftai Läckrin läßt sie sich von den Foeim^n umsorgeit, mit aer Miene der Trauer ohne Ende, die bat- Leben erduldet und die bei-rt . ■'•'nen Vorteile nicht ziiriickwcist, die die An.wanxrimg dem Rest der Hunaernen überläßt. Noch immer gefangen einige Cfaben an die Gowerkfcha Ikkaffe, bie die Dtteikhomissi.men mit verhältnismäßig gutem Erfolg auf ire Bewohner des MinonrevierS ausdehnen; schon ist bie private Wohltätigkeit keine so gebieterische Notwei-rigfett mehr, unb mich bie Pflicht gegen den Nächsten erheischt nicht mehr die stete strenge Erftillung. Alejandro Rmnero, Estevez und Otarciffin baten nnsteich mit der zusammengeschmolzer!eii 9fad-fcarfd>aft ei en $ s-.nstillüanb . mit dem Hunger abgeschlossen: Anita sm-nt n"- ; r mehr die 7allein ber Zwergpalmen auS, zu ~em trügerischen (-'tauben übern: , baff sie mich Gewürzkuchen schmecken . . . Heute wollen Santiago unb Jose Louis nach Estuaria; sie gehen zu Fuß bis Riebla, um dort mon c.t ganz fritz ersten Zug n.-ch Sanlla zu nehmen. Nachdem sie luielio gesprockien habeii, werden sie vielleicht nach- Madrid wciterfahren: die Verwüst.-.: - der vom Streik betroffenen Städte ist so cottftärt. ■ 1, daß sie ein lost le? Vorgehen des