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Beziehen. 
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in  allen  HnnonttneSBureau- 
Maß-  und  Dakrnoorschrlsten 
ohne  Verdlndstchkeit. 
Ur.  S33. 
Dienstag,  den  14.  August  1933. 
37.  Jahrgang. 
Das  Kabinett  der  großen  Koalition. 
Die  Zusammensetzung. 
4  Sozialdemokrate«  —  8  Bürgerliche. 
Amtlich  nrirb  aus  Berlin  vom  Montag  abend  mitgetellt: 
Der  Reichspräsident  hat  den  Reichstagsabgeordneten 
Dr.  Stresemann  zum  Reichskanzler  ernannt  und  auf 
seinen  Vorschlag  die  RcichSministerien  wie  folgt  besetzt:  Reichs- 
Minister  für  Wiederaufbau  und  Stellvertreter  des  Reichs -
kanzlers  :  Reichsminister  a.  D.  Robert  Schmidt;  Reichs -
arbeitsminister  :  Reichsminister  Dr.  BraunS;  Reichsminister 
des  Innern:  Reichstagsabgeordneter  Sollmann ;  Reichs- 
verkehrsminister:  Reichsminister  Oeser;  Reichsfinanz -
minister  :  Dr.  Hilferding;  Reichswehrminister:  Reichs -
minister  Dr.  Geßler;  Reichsjustizminister:  Reichsminister 
a.  D.  Radbruch  ;  ReichSernährungSminister:  Reichsminister 
Dr.  Luther. 
_  Das  neu  zu  schaffende  Amt  eines  Reichsministers  für  die 
besetzten  Gebiete  wird  dem  früheren  rheinischen  Oberpräsidenten 
Fuchs  übertragen. 
Mit  der  Wahrnehmung  der  Geschäfte  des  Reichsministers 
des  Auswärtigen  ist  bis  auf  weiteres  der  Reichskanzler  be -
auftragt. 
Für  das  Reichswirtschastsministerium  ist  der  Reichs- 
Minister  a.  D.  v.  Raumer  in  Aussicht  genommen. 
Das  Reichspostministerium  ist  noch  unbesetzt.  (Einer 
späteren  Meldung  zufolge  soll  Giesberts  wieder  Post -
minister  werden.) 
♦ 
Mit  dieser  Regierungsbildung  ist  das  vlelumstrittene 
Kabinett  der  großen  Koalition  zur  Tatsache  geworden.  In 
einer  Stunde,  von  der  jeder  Einsichtige  sagen  muß,  daß  sic 
keinen  andern  Ausweg  mehr  offen  ließ,  wollte  man  nicht 
außen-  und  innenpolitisch  das  Chaos  über  Deutschland  Herein -
brechen  lassen.  Die  Rot  des  Volkes  hat  einen  Grad  erreicht, 
der  ein  längeres  Zuwarten  der  sich  verantwortlich  fühlenden 
Parteien  zum  Verbrechen  gestempelt  hätte.  Das  Kabinett 
Cuno  war  tatsächlich  —  nicht  nur  nach  Meinung  der  Sozial -
demokratie  —  am  Ende  seines  Lateins  angelangt.  Wenn  es 
noch  eine  Rettung  vor  schmählichster  Kapitulation,  vor  der 
Entfesselung  des  Bürgerkriegs,  vor  der  Zerschlagung  des 
Reiches  geben  sollte,  dann  muhte  dieser  Schritt  gewagt  wer -
den,  gegen  den  im  voraus  innerhalb  der  sozialdemokratischen 
Arbeiterschaft,  und  auch  in  unserm  Blatt,  die  allerschwcrstcn 
Bedenken  erhoben  worden  find,  um  den  aber,  wie  sich  die 
Dinge  in  der  letzten  Zeit  entwickelt  hatten,  doch  nicht  mehr 
herumzukommen  war.  Wieder  einmal  hat  sich  die  Macht  der 
Verhältnisse  stärker  erwiesen  als  alle  theoretisch  vorgefaßten 
Meinungen,  wieder  einmal  muß  der  praktische  Versuch  lehren, 
was  der  Erfolg  dieses  äußersten  Wagnisses,  das  unsere  Partei 
unternehmen  konnte,  sein  wird.  Auch  dem  neuen  Kabinett 
gegenüber  gilt  es,  wachsam  zu  bleiben.  Seine  Zusammen -
setzung,  wie  sie  oben  angekündigt  ist,  bietet  noch  keineswegs  die 
Gewähr  dafür,  daß  einheitliche  Politik  im  Sinne  der  von  uns 
aufgestellten  Forderungen  getrieben  wird.  Namentlich  ist  das 
Verbleiben  des  Reichswehrministers  Geßler  auf  seinem  Posten, 
nach  allem,  was  vorgefallen,  eine  harte  Belastungsprobe  und 
läßt  es  dringend  geboten  erscheinen,  hier  noch  eine  Aenderung 
durchzusetzen  —  sofern  es  möglich  sein  wird.  Allerdings  soll 
das  Kabinett  zu  der  Zeit,  in  der  diese  Zeilen  im  Druck  er -
scheinen,  schon  dem  Reichstag,  der  um  1  Uhr  Zusammentritt, 
sich  vorstellen,  und  alles  Interesse  wird  sich  dann  zunächst  auf 
die  Programmrede  des  neuen  Kanzlers  Dr.  Stresemann 
konzentrieren. 
Erwartungen  und  Versprechungen. 
Der  Sozialdemokratische  Parlamentsdienst  glaubt  mitteilen  zu 
können,  daß  die  Programmerklärung  des  neuen  Kabinetts  den  ersten 
Beweis  dafür  liefern  wird,  daß  die  Forderungen  unsere  r 
Partei  Anerkennung  gefunden  haben,  und  daß  jetzt  ganze 
Arbeit  gemacht  werden  soll.  Er  nennt  das  Kabinett  Stresemann 
ein  „Kabinett  der  Sachwerterfassung  und  Erfüllungspolitik".  Die 
Zusammensetzung  des  Kabinetts  bürgt  für  eine  ehrliche  republi- 
anische  Politik,  drei  Viertel  seiner  Mitglieder  sind  überzeugte 
Republikaner  und  der  Rest  steht  dem  republikanischen  Staats -
gedanken  innerlich  nicht  mehr  fremd  gegenüber.  Durch  Taten 
werden  die  neuen  Männer,  insbesondere  aber  unsere  Vertrauens -
leute  in  der  Regierung  beweisen  müssen,  daß  die  Hoffnungen,  die 
ein  großer  Teil  des  Volkes  auf  sie  setzt,  zu  Recht  bestehen. 
* 
Varlei  rmd  Gewerkschaften  ;«r  Regierungs -
bildung. 
Eine  Versammlung  der  sozialdemokratischen  Partei-  und  Ge -
werkschaftsfunktionäre  von  Groß-Berlin  nahm  am  Montag  abend 
nach  Referaten  der  Reichstagsabgeordneten  Otto  Wels  und 
Dr.  H  ertz  und  nach  einem  Korreferat  des  Abgeordneten  Künstler, 
der  den  Standpunkt  der  Minderheit  der  Fraktion  vertrat,  eine  Ent« 
chließung  an,  die  sich  das  Programm  der  Fraktion  und  der  Gewerk -
schaften  zu  eigen  machte  und  von  den  neuen  sozialdemokratischen 
Ministern  und  der  Reichstagsfraktion  verlangt,  daß  sie  mit  aller 
Energie  und  ohne  irgendwelches  Nachgeben  darauf  bestehen,  daß  das 
MurlM  des  WM  VmetzM  W. 
Eine  Erzählung  von  Ricarda  Huch. 
12]  
Indessen  wurde  eine  suoenülickkiche  Wirkung  nicht  bemerkbar, 
vieimehr  entfaltete  er  seine  fröhlichen  Triebe,  nachocvr  er  Bencfiziat 
in  einem  kleinen  entlegenen  Dorfe  geworden  war,  erst  recht,  als 
wäre  nach  mannigfacher  Entbehrung  nun  die,  schöne  Zeit  der  Ernte 
herbeigekommen.  Was  er  durchaus  nicht  lassen  konnte  und  mochte, 
war,  mit  hübschen  Weibern,  wenn  es  irgend  anging,  Liebschaften 
unzuknüpfen,  wodurch  er  die  Bauern  nicht  wenig  ärgerte,  und  da 
er  ihnen  dazu  noch  dadurch  anstößig  wurde,  dass  er  sich  so  viel  wie 
möglich  Hühner,  Eier  und,  Butter  schenken  ließ,  hielten  sie  mit 
lautem  Drdel  seiner  Predigten  nicht  zurück,  die  kurz,  hohl  und  un -
nütz  wie  Seifenblasen  über  thron  Köpfen  zeichlatzten.  Der  Bischof, 
zu  dessen  Regiment  er  gehörte,  sah  sich  genötigt,  WlMNÄbald  einen 
Vorhalt  zu  machen  über  den  Leichtsinn,  mit  dem  er  seinen  Beruf 
Mffaßte,  worauf  dieser  sich  damit  entschuldigte,  dass  das  Feine  Dorf 
ihm  keine  jeinem  Geiste  angenehme  Nahrung  gewährte,  und  das; 
er  deshalb  den  gröberen  Zerstreuungen  nachginge,  die  eS  ihm.  dar -
böte,  ferner,  was  die  Predigt  beträfe,  daß  die  Bauern  sich  zu  seiner 
Höhe  nicht  aufschwingen  könnten,  er  zu  ihrer  Dummheit  sich  nicht 
heraülassen  möchte.  Hierauf  bildete  sich  die  Ansicht,  es  würde  das 
best«  sein,  den  jungen  Mann  an  eine  bessere  Stelle  zu  setzen,  wo 
seine  Vorzüge  mehr  zur  Geltung  kämen,  seine  lasterhaften  Gewöhn- 
Heiden  aber  teils  weniger  auffielen,  teils  wegen  der  beständigen 
Neberwachung  durch  Gieichstehende  und  Vorgesetzte  sich  mehr  in 
ein  schützendes  Dunkel  verkriechen  würden.  Solche  Erwartungen 
enttäuschte  jedoch  Puck,  der  nunmehr  Pfarrer  in  einer  größeren 
w  Programm  der  Fraktion  sofort  restlos  durchgeführt  werde  und  daß 
;  die  Verwaltung,  die  unter  Cuno  wieder  in  vorrevolutionäre 
Bahnen  gelenkt  wurde,  endlich  demokratisiert  werde,  andernfalls 
sei  die  jetzige  Koalition  für  die  Partei  nicht  tragbar.  In  der  Ent -
schließung  heißt  es  außerdem,  daß  der  große  Erfolg,  den  die  Reichs -
tagsfraktion  durch  die  Zustimmung  aller  Parteien  einschließlich  der 
Kommunisten  für  ihre  Steuervorschläge  gefunden  habe,  nunmehr  zu 
einer  wirklichen  Besserung  der  Finanz-  und  Wirtschaftslage  Deutsch -
lands  führen  könne,  wenn  dem  ersten  Schritt  der  sofortige  und 
energische  Umbau  der  gesamten  Steuer  ge  etzgrbung 
folg«. 
* 
Die  Bundesvorstände  des  ATGB.  und  des  AfA.-Bundes  sagen 
in  einem  Aufruf,  der  sich  erneut  gegen  die  Generalstreikparole  der 
Kommunisten  wendet  und  die  Gewerkschaftsmitglieder  auffordert, 
sich  in  keinerlei  Gemeinschaft  mit  kommunistischen 
Aktionen  einzulassen: 
Die  Regierung  Cuno  wußte  bereits  seit  unserer  Erklärung  am 
30.  Juli,  daß  sie  jedes  Vertrauen  der  arbeitenden  Bevölkerung 
verloren  hatte.  Mit  großer  Schuld  beladen  ist  die  Regierung  Cuno 
jetzt  verschwunden,  sie  ist  dem  zornigen  Unwillen  des  Volkes  ge -
wichen.  Die  nun  zu  bildende  neue  Regierung  wird  sich  nur 
halten  können,  wenn  sie  durch  wirklich  tief  greifende  Maßnahmen 
die  Ursachen  beseitigt,  welche  die  gegenwärtige  furchtbare  Lage  her -
beigeführt  haben.  Sie  muß  also,  wenn  sie  nicht  ebenso  wie  ihre 
Vorgängerin  scheitern  will,  die  Forderungen  der  Gewerkschaften  und 
der  sozialdemokratischen  Partei  erfüllen.  —  Diese  Forderungen 
können  aber  nicht  erfüllt  werden,  wenn  durch  den  Generalstreik  die 
Not  im  Land«  noch  riesenhaft  vergrößert  wird.  —  Wir  rufen  aus 
diesem  Grunde  im  Bewußtsein  unserer  Verantwortung  für 
das  Wohl  der  arbeitenden  Bevölkerung,  alle  Arbeiter  und 
Angestellten  im  ganzen  Reiche  auf,  trotz  deö  kommunistischen 
Drucke»  die  Arbeit  fortzusetzen  resp,  wieder  auszunehmen. 
• 
Der  preußische  Ministerpräsident  gleichrritig 
Mitglied  der  Reichsregiernng? 
Als  wahrscheinlich  wird  mitgeteilt,  daß  der  preußische  Minister -
präsident  Otto  Braun  bei  Beibehaltung  seines  Amtes  in  Preußen 
der  Reichsregierung  als  Minister  ohne  Portefeuille  angehören 
werde.  Diese  Funktion  soll  dazu  dienen,  das  Verhältnis  zwischen 
Preußen  und  dem  Reich  zu  stärken. 
♦ 
Bayern  grollt  weiter? 
Die  Fraktion  der  Bayrischen  Volkspartei  des  Reichstags 
hat  es  abgelehnt,  in  die  Regierung  Stresemann  einzutreten 
und  beabsichtigt  nicht,  ihr  das  Vertrauen  zu  geben.  Infolgedessen 
mußte  sie  auch  auf  eine  Vertrauensstellung  im  gegenwärtigen 
Ministerium  verzichten.  Es  verlautet,  daß  sie  eine  Beteiligung  an 
der  Regierung  wegen  der  Anwesenheit  der  Sozialdemokraten  in 
der  Koalition  ablehnt, 
Englands  Schlag  gegen  Uoincarö. 
Am  Montag  warteten  die  deutschen  Zoimngsredaktwnon  ver -
gebens  auf  die  Uebermittlung  der  fälligen  SonntagSpreüigt  Poin- 
careS,  die  ausdrücklich  als  Polemik  gegen  Englands  jüngste  Noten 
cmgekündigt  war.  Anscheinend  ist  der  Inhalt  der  am  Sonnabend 
an  Frankreich  übermittelten  englischen  Note  Herrn  Paincare  ins 
Gedärm  geschlagen.  Sein  Rededrang  wurde  augenblicklich  ausge- 
schaltet.  Diese  Note  ist  eine  Tat,  die  Kulturwelt  wird  nicht  über- 
hören  können,  was  Baldwin  sagt.  Dem  gestern  mitgeteilten  Aus -
zug  lassen  wir  einige  Kernstellen  folgen. 
Unparteiische  Sachverständigen-Kommission. 
Je  umfassender  die  Körperschaft,  um  so  besser.  England  würde 
gern  Vertreter  der  Mächte  sehen,  die  Anspruch  auf  Reparationen 
hätten,  wie  die  Vereinigten  Staaten,  sowie  auch  von  Mächten,  die 
an  dem  letzten  Krieg  nicht  teilnahmen.  Wünschenswert  erscheine 
auch  die  Teilnahme  Deutschlands.  England  sei  bereit,  eine  Verein -
barung  einzugehen,  durch  die  sich  die  Alliierten  im  voraus  binden 
würden,  der  Reparationskomission  die  Annahme  der  Vorschläge  der 
Sachverständigenkommission  zu  empfehlen,  anderseits,  wenn  Frank -
reich  und  Belgien  nicht  bereit  wären,  soweit  zu  gehen,  sich  damit  be -
gnügen,  daß  die  Funktionen  der  Sachverständigen  nur  beratender 
Natur  sein  sollen. 
Festlegung  und  freiwillige  Anerkennung  einer  Gesamt -
leistung. 
Sowohl  die  französische  als  auch  die  belgische  Not»  fechte  die 
britische  Behauptung  cm,  daß  eS  im  Interesse  aller  Mliierten  liege, 
eine  Summe  endgültig  als  Gesamtverpslichtung  Deutschlands  fest -
zustellen,  eine  Summe,  die  von  Deutschland  selbst  als  gerecht  und 
angemessen  angesehen  werde. 
Die  britische  Regierung  werde  von  der  Ansicht  beherrscht,  daß 
eine  frei  eingegangene  und  als  angemessen  er -
achtete  Verpflichtung  in  der  Praxis  auf  einer  andern 
Grundlage  stehe  und  auf  treuere  Ausführung  zu  rechnen 
habe,  als  etwa  eine  Verpflichtung,  die  unter  dem  Druck  eines 
Ultimatums  unterschrieben  wurde  und  bei  deren  Unterzeichnung 
der  Unterzeichner  Einspruch  erhebe. 
Berechtigung  LeS  passiven  Widerstandes. 
Wenn  die  britische  Regierung  die  Bereitschaft  zu  ernennen  ge -
geben  habe,  sich  einem  guten  Rat  an  Deutschland,  ohne  Verzöge -
rung,  die  Erlasse  und  Verordnungen  zurückzuziehen,  die  den  passiven 
Widerstand  mit  verursachten,  anzuschließen,  könne  sie  doch  ander -
seits  keineswegs  die  These  unterschreiben,  daß  der  Widerstand 
bedingungslos  aufhören  müsse,  da  er  dem  Versailler 
Vertrag  widerspreche. 
Die  höchsten  juristischen  Autoritäten  in  Großbritannien  hätten 
der  britischen  Regierung  ihre  Gutachten  abgegeben,  daß  die  Be -
hauptung  der  deutschen  Regierung,  laut  der  die  Ruhrbesetzung 
i  m  Vertrag  von  Versailles  keine  Begründung 
findet,  wohl  begründet  sei  und  die  britische  Regierung  habe 
ihre  Ansicht,  daß  die  französisch-belgische  Ruhraktion  (ganz  abge- 
Stadt  wurde,  vollständig,  indem  er  der  vermehrten  Gelegenheit  zu 
Lust  und  Wonne  nicht  widerstehen  konnte  und  es  weit  ausgelassener 
trieb  als  zuvor,  so  daß  an  Abhilfe  ernst'ich  gedacht  werden  mußte. 
* 
In  derselben  Stadt  war  der  Sitz  eines  Weihbischofs,  der,  ge- 
lehrt  und  sittenstreng,  an  dem  ungebührlichen  Betragen  WonnebÄdS 
einen  großen  Anstoß  nahm  und  sich  häufig  über  ihn  so  ereiferte, 
daß  er  ihn  gern  mit  schimpf  und  Schande  ans  der  Kirche  anj- 
gcstoßen  hätte.  Doch  überlegte  er  sich,  daß  der  leidige  Mensch  einen 
reichen  und  hochansehnlichen  Familienaichang  habe,  der  ein  so  scharfes 
Vorgehen  übel  aufnehmen  würde,  und  ferner,  daß  es  der  Kirche 
einen  schlechten  Leumund  bereiten  könnte,  wenn  man  erführe,  daß 
ein  unwissender,  untüchtiger  und  gewissenloser  Mensch  wie  Pück  es 
bis  zum  Pfarrer  hätte  bringen  können.  Unter  seinen  Augen  aber 
wollte  er  solche  Leichtfertigkeit  sich  nicht  lweitmachen  sehen  und 
betrieb  deshalb  seinen  llebergang  in  ein  Kloster,  so  die  Verant -
wortung  für  seine  scham'ose  Aufführung  von  sich  asiladend,  aber 
nicht  ohne  ihn  mit  nachdrücklichen  Empfehlungen  auSzurüsten.  In 
dieser  und  ähiAicher  Art  rückte  Wonnebald  mühelos  empor  und 
wurde  etwa  fünfundvierzigjährig  Abt  eines  Klosters,  da?  in  schöner, 
waldreicher  Gegend,  abseits  vom  Verkehr  der  großen  Welt,  gelegen 
war.  Immerhin  gab  e-3  in  der  Nachbarschaft  de?  Klosters  mehrere 
große  Güter,  deren  Besitzer  mit  dem  geselligen  Abte  in  freundliche 
Beziehungen  traten  und  im  Verein  mit  welchen  er  sich  bald^daS 
Leben  so  genußreich  einzurichten  wußte,  wie  es  nach  seinem  Sinn 
war.  Umsonst  freilich  gelangte  er  weder  zu  den  üppigen  Speisen 
noch  zu  den  Zärtlichkeiten  der  Frauen,  vielmehr  gab  er  dafür  so  viel 
Geld  aus,  daß  er  sich  auf  das  Spielen  verlegte,  wobei  er  im  ganzen 
mehr  verlor  als  gewann  und  seine  Lage  noch  verschlimmerte.  Was 
er  von  seinen  inzwischen  verstorbenen  Eltern  geerbt  hatte,  war 
sehen  von  ihrer  Zweckmäßigkeit)  keine  durch  den  Vertrag  selbst  auto -
risierte  Sanktion  darstelle,  niemals  verhehlt.  Sie  sei  jebocb  bereit, 
diese  oder  irgendeine  andere  Meinungsverschiedenheit  über  die  legale 
Auslegung  der  zahlreichen  Bestimmungen  des  Vertrages,  soweit  sie 
nicht  durch  einstimmige  Entscheidung  der  ReparationSkommission 
entschieden  werden  könnten,  an  den  internationalen  G  e  - 
richtShof  im  Haag  oder  ein  anderes  geeigneter  Schiedsgericht 
zu  verweisen. 
Militärische  Besetzung  rechtsrheinischen  GeßietS 
unjulässiig. 
Dar  Recht,  das  linke  Rheinufer  und  die  Brückenköpfe  zu  be -
setzen,  sei  den  Allierien  als  Garantie  für  die  Durchführung  des  Ver -
trages  gegeben  worden.  Außerdem  bestimme  Artikel  430  besonders, 
daß,  wenn  die  Reparationskommission  finde,  daß  Deutschland  sich 
weigere,  seine  Verpflichtungen  mit  Bezug  auf  die  Reparationen  oder 
einen  Teil  davon,  nach  den  Bestimmungen  des  Vertrages  zu  beob -
achten,  die  gesamten  besetzten  Gebiete  oder  einen  Teil  davon, 
die  vielleicht  schon  geräumt  seien,  unverzüglich  wieder  besetzt 
würden.  Es  wäre  nötig  gewesen,  im  Falle  eines  Verzuges  in  den 
Reparationen  ausdrücklich  eine  derartige  Wiederbesetzung  zu  be -
stimmen,  wenn  die  Alliierten  bereits  das  unbeschränkte  Recht  gehabt 
hätten,  irgendein  deutsches  Gebiet  unter  einer  andern  Bestimmung 
des  Vertrages  zu  besetzen.  Die  britische  Regierung  müsse,  dazu 
herausgefordert,  sagen,  daß  die  Besetzung  des  Ruhr- 
gebiete?  ungesetzlich  sei. 
Ruhrbesetzilng  eiu  un^uieckmätziger  Wiirgekrieg. 
Die  französische  Regierung  erkläre,  daß  der  Zweck  ihres  Ein -
dringens  ins  Ruhrgebiet  nicht  eine  prompte  oder  vollständige  Be -
zahlung  der  Reparationen  gewesen  sei,  sondern  das  Brechen  des 
deutschen  Widerstandes  und  die  Schaffung  eines  Willens  zum  Zahlen 
ri  Deutschland.  Nach  Ansicht  der  britischen  Regierung  werde  da -
gegen  die  Zahlungsfähigkeit  durch  eine  Fortdauer  der  Besetzung  mit 
ihrem  Würgekrieg  im  wichtigsten  Mittelpunkt  der  deutschen  In -
dustrie  vollkommen  erlahmen.  Die  Parallele,  die  die  französische 
Regierung  mit  der  deutschen  Aktion  1871  zu  ziehen  sucht,  könne 
schwerlich  aufrecht  erhalten  werden;  denn  damals  habe  der  Friedens- 
Vertrag  die  Besetzung  ausdrücklich  vorgesehen. 
Deutschland  hat  nach  Kräften  erfüllt. 
Die  nach  dem  kurzen  Feld-zuge  von  1870/71  durchgeführt,.'  De- 
Zahlung  der  Kriegsentsckädigung  nn  Werte  von  4  Milliarden  Gold -
mark  könne  nicht  in  Wirklichkeit  verglichen  werden  mit  der  33trwl 
so  großen  Forderung  an  ein  Land,  daS  finanziell  durch  einen  vier 
Jahre  dauernden  Krieg  erschöpft  wurde.  Die  Leichtigkeit,  mit  der 
die  1871  aufevlegte  Entschädigung  bezahlt  wurde,  sei  zum  großen 
Teil  das  Ergebnis  einer  Krediterleichterung  gewesen,  die  Frankreich 
in  der  Lage  war,  zu  erhalten.  Deutschland  habe  auf  der  andern 
Seite  unter  der  vollkommenen  Unfähigkeit,  aus -
wärtige  Anleihen  zu  erhalten,  gelitten.  Außerdem 
habe  ein  langer  Zeitraum  bestanden,  bis  die  Regelung  der 
Reparationen  bestimmt  wurde. 
Obgleich  die  britische  Regierung  keineswegs  von  den  Reparations -
leistungen  befriedigt  sei,  sei  es  doch  fair,  zu  erklären,  daß  Deutsch -
land  tatsächlich  cm  Reparationen  und  Kosten  für  die  Besatzungsheere 
mehr  als  den  doppelten  Betrag  bezahlt  hat,  der  von  Frankreich  1871 
gefordert  worden  ist,  und  auch  noch  beträchtliche  Zahlungen  im  Zu -
sammenhang  mit  den  Cleoringämtern  und  verschiedenen  andern 
Verpflichtungen  aus  dem  Vertrage  geleistet  hat. 
Dir  Ruljrbrsetzung  ruiniert  die  Welt. 
Die  wiederholte  Erklärung  Frankreichs  und  Belgiens,  verbunden 
mit  dem  Bestehen  darauf,  daß  die  Gesamtsumme  von  132  Milliarden 
unvermindert  gelassen  wird,  könne  nur  aufgelegt  werden  als  Absicht, 
in  der  Besetzung  des  Ruhrgebietes  für  eine  Anzahl  von 
Jahren  zu  bleiben,  die  im  besten  Falle  nicht  weniger  sein 
könne  a  ls  36  Jahre,  da  dies  der  Mindestzeitraum  ist,  über 
den  die  Zahlung  der  Schuld  auf  Grund  des  Zahlungsplanes  verteilt 
ist  ein  Zeitraum,  der,  da  es  allgemein  für  unwahrscheinlich  gehalten 
werde,  daß  die  vollständige  Durchführung  des  Zahlungsplanes  unter 
irgendwelchen  Umständen  möglich  sei,  auf  unbeschränkte  Zeit,  wenn 
nicht  gar  für  dauernd  fortgesetzt  werden  kann. 
Eine  derartige  Lage,  deren  politische  Folgen,  ganz  abgesehen 
von  den  wirtschaftlichen,  nur  al?  katastrophal  bezeichnet  werden 
könnten,  könne  von  der  britischen  Regierung  nur  mit  der  größten 
Besorgnis  betrachtet  werden.  Sie  würde  die  lebhafte  Gefahr 
heraufbrichwören,  daß  die  internationalen  Beziehungen  in  irgend -
einer  Weise  berührt  würden,  die  —  um  die  Worte  des  Artikels  11 
des  Völkerbundspaktes  zu  gebrauchen  —  den  internationalen 
Frieden  und  das  gute  Einvernehmen  zwischen  den  Nationen,  von 
denen  der  Friede  abhangt,  zu  stören  drohe.  Die  britische  Regie -
rung  samt  nicht  glauben,  daß  die  französische  und  belgische  Negierung 
in  der  Lage  fein  werden,  die  Meinung  der  Welt  in  der  unbeschränkten 
Aufrechterhaltung  einer  so  gefährlichen  Lage  unberücksichtigt  zu 
lassen. 
Es  geht  von  der  Besetzung  des  Ruhrgebietes  bereits 
mittelbar  und  unmittelbar  eine  ernste  Wirkung  auf  die  wirt- 
schaftliche  und  industrielle  Lage  nicht  nur  in  Deutschland  aus,  dessen 
Fähigkeit,  Reparationen  zu  zahlen,  mehr  und  mehr  schwinde  sondern 
auch  im  übrigen  Europa,  wenn  nicht  in  der  ganzen  Welt,  und 
nicht  zum  wenigsten  in  England. 
Englands  Ansprüche  an  Deutschland  und  an  die  Alliierten. 
Der  Hauptgrundsatz  des  britischen  Planes  sei,  daß  Grosi- 
britnnnien  bereit  fei,  feine  Forderung  an  die  Alliierten  und 
Teutschland  zusammen  auf  eine  Summe  von  _  annähernd 
14,2  Milliarden  Goldmark  zu  beschränken,  welche  Summe  den 
augenblicklichen  Wert  der  vor  kurzem  fundierten  britischen  Schuld 
an  die  amerikanische  Negierung  darstelle. 
$ic_  Zugeständisse,  die  die  britische  Negierung  für  die  alli -
ierten  Schulden  vielleicht  anbieten  könne,  müßten  demgemäß  in 
hohem  Maße  abhängen  von  einem  Teil  dieser  Summe,  die  sie 
von  Deutschland  erhalten  könne.  Zugeständnisse  könnten  also  nur 
gewährt  werden,  wenn  die  allgemeine  Neparations-regelung,  auf 
die  die  britische  Regierung  bringe,  getroffen  sei,  und  zwar  derart, 
daß  die  britische  Regierung  ihren  Anteil  an  den  deutschen  Zah -
lungen  als  Zutaten  von  wirklich  finanziellem  Wert  anseheu  könne. 
Zu  diesem  Zwecke  müsse  der  erste  Schritt  fein,  die  Höchstsumme 
festzusehen,  die  die  Alliierten  vernünftigerweise  von  Deutschland 
zu  erhalten  hoffen  könnten.  Sie  müsse  von  Vereinbarungen  ge -
folgt  oder  begleitet  fein,  die  eine  wirksame  Wiederaufrtchtung  der 
Finanzen  und  des  Kredites  Deutschlands  auf  einer  gesunken 
Grundlage  sichern  und  die  künftige  Zahlung  der  deutschen  Schuld 
garantieren  werde. 
bereits  aufgebraucht,  und  die  Geschwister,  die  ihm  öfters  Geld  vor -
gestreckt,  atxr  stets  vergeblich  auf  Wiedererstattung  gedrungen  hatten, 
weigerten  sich  durchaus,  ihm  nochmals  beizuspringcu;  so  kam  er 
dazu,  den  Gutsbesitzern  abzuborgen,  was  er  ihnen  nicht  abgewinnen 
konnte,  und  ihnen  ebenfalls  nichts  davon  zurückzuzahlen.  Dies 
verdroß  die  Herren,  die  alle  nacheinander  an  die  Reihe  kamen, 
mehr  und  mehr  und  vergällte  ihnen  das  Zechen  und  Bechern  mit 
dem  Abte,  ja  manchen  unter  ihnen  fiel  es  jetzt  auf,  daß  er  kein 
Gottesmann  wäre,  wie  et  fein  jollte,  und  sie  setzten  ihn  daheim 
und  öffentlich  mit  deutlichen  Anspielungen  herunter.  Im  K'oster 
selbst  hatte  et  alle  diejenigen  auf  seiner  Seite,  denen  ein  gemächliches 
Leben  übet  alles  gefiel,  einige  aber,  die  ans  Frömmigkeit  oder  gal -
liger  Gemütsart  den  Freudentaumel  nicht  mitmachen  wollten,  miß -
billigten  ihn  durch  schweigend-  Zurückhaltung  oder  verklagten  ihn 
böswillig,  trenn  sich  eine  Gelegenheit  dazu  bot. 
Diese  Zustände  bewirkten  mit  der  Zeit,  daß  Wonnebald  zu -
weilen  von  fernen  Oberen  Sendbriefe  mit  Vorwürfen  und  Drohungen 
erhielt,  über  deren  Beantwortung  et  seufzte,  ohne  loch  etwas 
Rechtes  zustande  zu  bringen,  wodurch  er  auf  den  Gedanken  kam, 
die  Arbeit  einem  geschickten  Kops  zu  übertragen,  der  ihm  ergeben 
wäre.  Dies  auszuführen  war  ober  nicht  leicht,  denn  er  wollte  ich 
weder  den  Klosterbrüdern  noch  den  Gutsnachcharn  anvertrauen,  son -
dern  am  liebsten  einem  einfachen,  armen  Maune,  der  ihn  wo -
möglich  für  einen  übel  bcrleumlbeten,  ehrwürdigen  Kirchenvater  an -
sähe  und  außerdem  durch  kleine  Belohnungen  in  Abhängigkeit  zu 
halten  wäre.  Unter  den  Bauern  und  Tagelöhnern,  die  in  der 
Gegend  wohnten,  war  ihm  indessen  keiner  bekannt,  bet  gescheiter 
als  er  selbst  gewesen  wäre,  doch  fiel  ihm  ein,  einmal  von  einer 
Frau  gehört  zu  haben,  die  mit  zierlicher  Handschrift  wundervoll  zu 
schreiben  verstände  und  für  die  ganze  Bauernschaft  ringsum  ans- 
Der  Aabinettswechsel  und  die  äußere 
Politik  Deutschlands. 
Daß  die  äußere  und  innere  Politik  eines  Lande»  nicht  zwei 
unabhängig  voneinander  wirkende  Sphären  darstellen,  daß  sie  in- 
einem  der  greifen  und  sich  gegenseitig  bedingen,  da»  wurde  in  den 
jüngsten  Wochen  und  Monaten  von  der  Regierung  Cuno,  die  ja 
nunmehr  das  Zeitliche  gesegnet  hat,  am  Körper  de»  siechen  Deutsch  , 
land  selbst  dem  Blindesten  vor  Augen  geführt.  Die  Rechte  wußte 
nicht,  was  die  Linke  tat  Das  Außenministerium  machte  ferne 
Pclitik  wie  im  leeren  Raum,  so  trls  ob  Deutschland  unbegrenzte 
innere  und  äußere  Hilfsquellen  zur  Verfügung  ständen.  Man 
sprach  sehr  ernst,  ja  geradezu  salbungsvoll,  aber  man  machte 
nicht  Ernst.  Man  führte  einen  Kampf  von  welthistorischem  Aus- 
maße,  trat  mit  einer  neuen  Waffe,  dem  passiven  Widerstand,  in  die 
europäische  Geschichte  ein,  ließ  sich  als  „SiegeUnwahrer  deutscher 
Würde"  feiern,  tät  aber  nichts  ober  nur  unzulängliche»,  halbe», 
falsches,  um  jenem  Kampf,  der  al»  solcher  berechtigt  und  selbstver -
ständlich  war,  jene  Grundlage  zu  geben,  auf  der  einzig  und  allein 
er  ausgesuchten  werden  konnte.  Das  ist  die  historische  Schuld,  daß 
diese  Männer  der  starken  Worte  im  Innern  Angst  vor  ihrer  eigenen 
Sourage  bekamen,  niemand  weh  tun  wollten  und  so  alles  laufen, 
ließen. 
Das  bedeutete  aber  in  diesem  Fall  die  Notenpresse  laufen  lassen. 
Das  bedeutete  finanzielles  CbaoS  und  Zusammenbruch  der  Währung. 
Und  indes  man  niemand  weh  tun  wollte,  schickte  man  da»  gesamte 
Volk  in  eine  Verelendung,  da»  Wirtschaftsleben  in  eine  Verwirrung 
von  so  furchtbaren  Ausmaßen,  daß  nicht  nur  der  deutsche  Staat  in 
die  schwerste  Krise  geriet,  sondern  damit  auch  jede  außenpolitisch* 
Aktivität  gehemmt  wurde  und  die  starken  Worte  nach  außen  recht 
bedenklich  nach  Renomisterei  klangen.  Die  Regierung  Cuno  hatte 
auch  außenpolitisch  abgewirtschaftet,  denn  sse  stand  am  Ende  ihres 
Latein»,  das  in  diesem  Falle  allerdings  mehr  ein  Englisch  war. 
Die  Hoffnungen  und  Erwartungen  auf  die  man  außenpolitisch  alles 
aufgebaut  hatte,  waren  zerstoben,  die  Jnterventions-Fllusion,  baS 
Kernstück  der  äußeren  Politik  CunoS,  war  verflogen.  ES  blieb 
die  Parole;  .durchhalten";  aber  ein  Durchhalten,  da»  von  innen 
zermürbt  und  keinerlei  Gewähr  dasüp  bot,  daß  es  nicht  zum  Selbst -
zweck  auSarten  würde.  Denn  eS  wurde  nirgend»  sichtbar,  daß  man 
auf  eine  Lösung  hinarbeitete  ober  auch  nur  bie  elementarsten  Grnnb- 
lagen  für  jebe  Lösung  schuf. 
In  diesem  Sinne  gesehen  ist  bet  Zusammenbruch  des  Kabinetts 
Cuno  alletbingS  in  seiner  Außenpolitik  begründet,  aber  es  wäre  ein 
Irrtum,  diesen  Zusammenbruch  mit  einem  moralischen  Zusammen -
bruch  des  passiven  Widerstandes  gleichzusehen.  In  diesen  Irrtum 
sind  anscheinend  im  ersten  Augenblick  die  französischen  Zeitungen 
verfallen.  Sie  sind  aber  von  ihrem  Irrtum  inzwischen  wieder 
kuriert  und  geben  ihrer  Mißstimmung  recht  kräftigen  Ausdruck. 
Die  Blldultg  einer  Regierung  Stresemann  ist,  außenpolitisch 
gesehen,  jd  gerade  rm  Gegenteil  der  Beweis  dafür,  dass  Deutschland 
trotz  Not  und  Elend,  bie  Nerven  nicht  völlig  verloren  hat,  sondern 
weiß,  daß  ein  Verzicht  auf  den  passiven  Widerstand  Kapitulation  be -
deutet  und  Kapitulation  an  der  Ruhr  den  Anfang  einer  (in  Oester -
reich  schon  recht  fortgeschrittenen)  „Cttomanifienmg",  wie  man  jene 
Summe  von  Kontrollen  und  lleverwachungen  in  der  diplomatischen 
Sprache  zu  nennen  pflegt. 
Daß  es  sich  um  keine  Politik  der  Kapitulation  handelt,  das  be -
weist  ein  Blick  in  die  Presse  von  den  sozialistischen  Zeitungen  bil 
nach  recht»,  das  beweist  bie  Ministerliste,  die  für  den,  bet  hinter  den 
Namen  die  Richtungen,  Strömungen  und  Auffassungen  zu  lesen 
versteht  und  die  Personen  kennt,  auf  den  ersten  Blick.  DaS  beweist 
die  Tatsache,  daß  Stresemann  selbst  vorläufig  da»  Außenministerium 
führen  wird,  das  beweisen  die  Namen  der  Minister  Oeser, 
Luther  und  Geßler,  die  aus  dem  Ministerium  Timo  über -
nommen  wurden  (von  letzterem  muß  man  sagen:  leibet!),  das  be -
weisen  die  Namen  unserer  Parteigenossen  Soll  mann, 
Schmidt  und  Hilferding.  Sollmann,  der  Rheinländer  und 
Bekämpfet  des  rheinländischen  Separatismus,  ist  ja  schon  für  seine 
Person  ein  Programm,  das  Programm  des  reinen  passiven  Wider -
standes  unter  Vermeidung  und  Verdammung  jeglicher  aktivistischer 
Attentate  und  ähnlicher  Wahnsinnsausbrüche.  Und  auch  Hilferding 
hat  ja  vor  kurzem  einem  französischen  Journalisten  gegenüber  ein 
Bekenntnis  zum  passiven  Widerstand  abgelegt,  daS  bei  ihm,  dem 
typischen  Vertreter  einer  Politik  der  Verständigung,  dem  Gegner 
der  deutschen  Kriegspolitik  und  bewährten  Führer  der  früheren 
lISP.,  ungeheures  Au  flehen  im  Ausland  erregt  hat.  Da»  Kabinett 
bekommt  aber  gerade  dadurch  feine  besondere  außenpolitische  Schlag- 
frost,  daß  der  Wille  zur  Fortführung  des  passiven  Widerstande» 
gepaart  ist  mit  der  Gewähr  füj:  die  tatsächliche  Beschränkung  auf  den 
passiven  Widerstand.  ES  ist  undenkbar,  daß  ein  Kabinett,  in  dein 
Sollman»  und  Hilferding  sitzen,  mit  den  Kreisen  liebäugelt,  die  nur 
knirschend  sich  auf  den  passiven  Widerstand  beschränken,  ihn  im 
Grunde  nur  für  das  kleinere  Uebel  halten,  für  einen  unzulänglichen 
Ersatz  für  aktiven  Widerstand.  Damit  wird  der  passive  Widerstand 
auf  feinen  eigentlichen  Sinn  und  Charakter  zurückgeführt  werden; 
die  Abenteurer  der  Ruhrfront,  die  sich  Icjjber  in  nicht  geringer  An -
zahl  rm  Ruhrgebiet  herumgetrieben  haben,  werden  verschwinden, 
und  die  ganze  Verantwortung  und  alle  Führung  wieder  auf  die 
große  Masse  der  organisierten  Arbeiter,  Angestellten  imb  Beamten 
Dollar  (vorbörslich)  107*  Uhr:  3  225  000. 
fertigte,  was  an  Schreibereien  vor  käme,  sei  c?  in  Lieb-sachen  oact 
beim  Handel  oder  vor  Gericht.  Wonnebald,  .er  unter-ben  Frauen 
und  Mädchen  übrigen»  gut  Bescheid  wußte,  hatte  sich  di«  Afrmnt- 
fekrft  der  Lu;  Berükul«,  denn  um  diese  handette  es  sich,  aus  mehre -
ren  Gründen  bisher  entgehen  lassen:  einmal  weil  er  bie  gelehrten 
Weiber  verabscheute  und  sodann  weil  er  wußte,  daß  sie  eines  Fägers 
Frau  war,  eines  strengen,  aufbrausenden  Mannen,  der  überdies  auf 
die  Geistlichkeit  nicht  gut  zu  sprechen  war. 
Lux  war  das  Kind  einer  Nonne,  einet  vornehmen  und  hoch -
gebildeten,  in  allerlei  Künsten  geübten  Dame,  tie  einen  lchon  vor 
ihrer  Einkleidung  ihr  vertrauten  Liebhaber  auch  im  Kloster  noch 
öfters  gesehen  und  eine  Tochter  geboren  hatte,  und  der  eine  nach- 
sichsig.'  Aebtifsin  gestattete,  daß  das  Kind  unter  den  Bedienstete« 
des  Klosters  auiftoachsem  durfte.  Zwar  durfte  sie  mit  ihrer  Mutter 
nur  flüchtig  verkehren  und  ihr  auch  nie,  obwohl  ihr  daS  'fegen- 
seifige  Verhältnis  nickst  verltewgeu  blieb,  den  Mutternamen  geben, 
doch  hatte  sie  Gelegenheit,  mancherlei  zu  lernen  und  sich  zu  bitten, 
und  benutzte  sie  willig,  wie  denn  überhaupt  ihrem  gefüllten  Geste 
von  allen  Seiten  Nährendes  und  Heilsames  zu  geflogen  kam.  Manche. 
Mädchen  wäre  unter  so  heiklen  Umständen  vergrämt  und  rergrill! 
geworden,  Lu;  indessen  war  mild  und  heiter  geartet,  durchschoi.tr 
die  Tinge  und  die  Menschen,  ohne  sich  an  ihnen  zu  ärgern,  uirb  ue: 
langte  nicht  viel,  außer  daß  man  sie  anständig  und  freundlich  be -
handelte,  denn  sie  war  empfindlich  gegen  harte  und  unschöne  Ve 
rühmiigeii,  wie  ihr  denn  überhaupt  ein  gewisser  Hang  für  an -
mutige  Lebensformen  angeboren  war.  Trotzdem  verliebte  sie  sich, 
als  sie  achtzehnjährig  war,  in  den  Jäger  Henne  j’ernfule,  ter  ein 
Mann  ohne  gebildete  Sitten  war,  wo-  freilich  in  der  Zeit  der 
Werbung,  wo  die  Leidenschaft  seine  fräs;;,  a  Schönheit  veredelte  und 
immerwährender  Sonntag  in  ihren  erwartungsvollen  Herzen