Montag, den 14. Januar 1924 Ur. 14 38. Jahrgang ffeOlonbftraße 11 tm ersten i.‘0<£ <*« T UDr aieni» Tur Den fol,enden lag) tn ben Rtltalen ibie 9 Ubti unb ™ allen Snnoncen-Lureau». Was« unb St>atenoorl<$rttwt ottne GerblnbUtsCtlL tn woibmart: bie isaetnait. jetltieHe 40 Vtg. private Hcmiürn . 9(ii)f gen ■ o t>fg. aielle.aneeboie !t » Pfennig. •teUeenefutbe 180 Lisa, »leine Antigen bis v Zell, die Zeile *®W. loe.igAtu.itöefg. «ctlame» 1.40 ölf. Anzeigen muffen tm vorauSoder sofort dezahlt werden. Ito •**•**•* e ** M Ve^vgS-reir frei in« Han« do» 12. »iS 18. Immen- 1924 0,80 So»«tn. ifeefnt tftaita einmal, mrtet 0 ” T , v ».hin«. t a L wiwprnrrrnrxnym» iro VTTinnfl War», ben 8. Retertagcn. Zaylom: am 19. Jamtar. ” «9ejnrel» für «bßolet Z >»L. ; -4 M KambnrgerEcho > 6eCiianbftra6en,erfter®to. Zwlkka»: SPD. 10 203 (13 Mandate), USP. 1063 (1), KPD. 6415 18), DNVP. 6334 (8), TVP. 6272 (8), DTP. 5196 (6), Slliltelstandsoereinigung 3534 (5). Dresden: Die BiirgerUchen erhalten 89 Mandate, die Deutsch- soziabn 4, die vereinigten Linlsparteien 88. Das bisherige Ver - hältnis war 42: 42. Leipzig. WiitschastS-Gemeinschaftslisle 115 481, TDP. 31 596, Völkisch < Soziale 31 836, Teutschsogale 3118, USP. 7263, SPD. 90 723, KPD 68 752. Die Mandate verteilen sich wie folgt: Die Völkisch.Sozialen 7, DTP. und Wirlschafls-Gentellischasislifte 31, die drei sozialistischen Parteien 35. Tas Verhältnis ist also 88 BiiigerUchc und 35 sozialistische Mandate gegenüber 36:36 bisher. Bautzen: die Bürgerlichen 21 (20), tue Linksparteien 14 (15). Plauen: die Bürgerlichen 38 Mandate, die Linksparteien 25, bisher 33:27 Meisten: die Bürgerlichen 20 Mandate, dir Linksparteien 17, bisher 18:18. Z ttau: die Bürgerlichen 20 Mandate, die Linksparteien 19, bisher 17:10. Die obigen Einzelresultate stammen aus Gemeinden der verschiedensten LandeStcile, sie umfassen Groß-, Mittel- und kleine Dlittclstädte. 9)iit Ausnahme der landwirtschaftlichen, sind auch alle ökonomisch-sozialen Strukturen darin vertreten. Wenn dennoch überall das Anwachsen der Extreme rechts und links in Erscheinung tritt, so dürfen wir darin einen für das ganze Land charakteristischen Zug erblicken. Trotz Ausnahme- zustand und Partciverbot ist die KPD. stark gewachsen, ge- wachsen ist aber auch der bürgerliche Heerhaufen, anscheinend Dank der Anziehungskraft der äußersten Rechten. (Deutsch- nationale, Dcutschsoziale, Grundbesitzer.) Da trotz des An- wachsens der extremen Parteien die Wahlbeteiligung zurück - ging, hat die Sozialdemokratie Einbuße erlitten, vermutlich aber, das ist 'vorläufig nicht genau erkennbar, auch die bürger - lichen Mittclparteien. Das Wahlergebnis ist in erster Linie eine Vankerotterklä- rung der Ausnahmcpolilik. Es ist eingetreten, was wir von dem Parteienverbot vorauögesagt haben: daß das Verbot nicht nur zum Widerspruch, sondern zur offenen Auflehnung an - reizt. So mancher ehrliche Republikaner, der durchaus für eine ehrliche, in staatsbürgerlicher Freiheit zu vollziehende Politik republikanischer Sammlung zu haben wäre, Ijat von seinem Gerechtigkeitsgefühl geleitet, der KPD. seine Stimme gegeben. So manchen Bürgerlichen hat das Regiment des Säbels nach ganz rechts getrieben. Und ein großer Haufen folgte dem Trieb nach verbotenen Früchten, die am besten schmecken. Wenn auch zweifellos die in Sachsen besonders schlimme wirtschaftliche Rot den extremen Parteien zumeist zugute kam, so kann doch der Bankerott einer Politik, die den militärischen Verstand zum Staatslenker macht, nicht ver - tuscht werden. Aber auch der Sozialdemokratie wird das Wahlergebnis zum Warnungszeichen. Die Wahlmüdigkeit macht klar, daß breitere Kreise sich in der Reichspolitik der Partei nicht mehr zurechtfinden, das Ausweichen vor sachlichen Notwendigkeiten wirkt als Mangel an Führung, wenn die Trommel ruft, säumt ein Teil der Truppen. Schärfer noch kennzeichnet der Wahl - ausgang jene Politik der Mehrheit der sächsischen Sozialdemo, kratie, die die Partei unter kommunistische Diktate stellt und für eine Einheitsfront unter allen Umständen das Erstgeburtsrecht preisgibt. Man sehe sich doch die ver - schwommene Bezeichnung „Vereinigte Linke" an. Vielleicht soll sie nur die an sich verständige Wahllistenverbindung decken, aber was vorausging, lähmte die Spannkraft der Partei, brach ihrem Stoß die Spitze ab. Es wirkt beinahe komisch, in sächsischen sozialdemokratischen Blättern Klagen zu lesen, daß die KPD. ihre Agitation ausschließlich gegen die Sozialdemo - kratie richte und die Bügerlichen ganz in Ruhe laste. War anderes zu erwarten? Die Dinge auf die Spitze zu treiben, ist in Zeiten der Entscheidung eine wertvolle strategische Regel, aber die Spitze muß man selbst nehmen, immer muß der Ein - druck sich ergeben, daß man berufen ist, aus eigener Kraft die Entscheidung zu erzwingen. Da die sächsische Sozialdemo - kratie aber zu gut weiß, daß dieses innerhalb des ReichSver- bandes beinahe machtlose Sachsen nicht das große Gewicht sein kann, das die niederziehende Last der andern Reichsteile auch nur auazugleichen vermag, so entbehrte von vornherein die Taktik des Auf-die^pitzetreiben» der inneren Wahrheit und der überzeugenden Kraft. Sie leistete Arbeit für Moskau! Und noch eins kam dazu. Die Wählerschaft muß ein Ziel al- erreichbar erkennen-, in Sachsen aber sah sie schließlich nur den leeren Raum vor sich, neue Wahlen müssen ihr al» Stoß in die Luft erscheinen. Da» Festfahren der Landespolitik Hai offenbar auch in die Gemeindepolitik einen fatalistischen Zug getragen. „Schon wieder wählen? Macht Eure Meerde aUeciie, ich tue nicht mehr mit." Für den Landtag sollte sich eine Lehre ergeben. Land - tagswahlen würden voraussichtlich wie die Gemeindewahlen auSgehcn, der Landtag erhält stärkere Flügelparteien, aber die Sozialdcmokatie bliebe die weitaus stärkste Partei und das RgierungSproblem bliebe unverändert. Roch ist e» Zeit zur Selbstbesinnung. Sie hat zur Voraussetzung die richtige Einschätzung der Machtverhältniste, auch in der Stellung Sachsens im Reich. Und dann klar und bestimmt alle Kon - sequenzen gezogen! Märchen über die sächsische Politik. Die »Kölnisch« Zeilung", die vor langen Jahren ganz regierungSoffiziö» war unb noch jetzt gelegentlich Regierung», männern als Sprachrohr dient, hat behauptet, Herr Zeign er hab« als Ministerpräsivrnt Dachsrn» mandjtrlei Treibereien gegen da» Reich verbrochen, u. a. habe et unmittelbar und über bie Leitung der Hamburgischen Sozialdemokratie versucht, in Ham - burg zu erzielen, daß die Bereinigung JR t p u b H f* förmlich zu einer StaatSeincichtung ausgebaut werde, natürlich mit dem Hintergedanken, damit eine bewaffnet« Macht zu ge - winnen, die eventuell norddeutsche Reichswehr von Sachsen fern - halten unb überhaupt im Sinne der Zeignerschen Politik wirken könnte. Wie un» von zwei Stellen, bi« unterrichtet sein müßten, mit - geteilt wird, ist von diesen Dingen in Hamburg nicht da» Mindest« bekannt. Di« .Kölnische Zritung" erzählt Mär- dnn. Märchen von jener Art, die verbrrilet wurden, um die Schädigung der sächsischen Industrie durch Zrrgner zu beweisen. AIS dann infolge dieser Märchen wirklich Schädigungen eintraten, schrie man Ach und Weh. Wir treten da» jüngst» Märchen tot und verhindern so neue Schäden. .. Neichsaosglelch mit Thüringen. Die Berhanbiungen zwischen der Re chsregieruna un5 ter thüringischen «l.iateiegierung sind nunmehr endgültig zum Abschluß gelangt. Da» Reich verzichtet endgültig auf die Ent- sendung eine» SieichSkommissar» sowie auf die übrigen Er«kutiv- maßnahmen. Dagegen ist die thüringische Regierung gewiß« erträglich« Verpflichtungen «ingegangen. Sowohl bi« ReichS- regierung wi« di« thüringisch« SlaatSrrgierung werden b:e gegenseitigen Vereinbarungen tm Laufe deS Montag der Oeffentlichkeit übergeben. Wahlausrns Her Sozialdemokratie. Weimar, 13. Januar. Der ordentliche Bez^rkßparteitag der Sozialdemokratie Thüringens, der am Sonntag zusainntentrat, gab ein Bild von Ginmünflteit und Geschlossenheit. Der Parteitag sprach zunächst dem verhafteten Innenminister, Genossen Herrmann, da» Ver - trauen aus. In einer weiteren Entschllehung wird schärfster Protest gegen den Ausnahmezustand erhoben und der Abzug der Reichswehr aus Thüringen gefordert. Von der ReichStagSfraktion wird erwartet, daß sie den sofortigen Zusammentritt d«S RetchStag» veranlaßt und sich bentüht, durch eine Entscheidung de» Reichs - präsidenten den Ausnahmezustand aufheben zu lasten. Außerdem forderte der Parteitag schärfst« Opposition gegen bi« Regierung Marx—Stresemann, Sicherung der Republik, Fortsetzung des Kampfes um den Achtstundentag, eine'sozial« Preispolitik und Löhne bezw. Gehälter, die ein menschenwürdige» Dasein ermög - lichen, ferner eine Verständigungspolitik. Ueber die Landtags - wahlen referierte Genoste Brill, über die Reichspolitik Genosse Breitscheid. Beide Referate wurden ohn« AuSfprachr entgegen» genommen. Auch die Aufstellung der Kandidaten zur Landtags - wahl erfolgte in fast restloser Einmütigkeit. /Ibbau des fiosnohmezustanöes! Der Reichspräsident hat sich auf Antrag de» Reichsministers der Justiz entschlossen, di« Verordnung vom 17. Dezember vorigen Jahres zum 1. Februar diese» Jahres außer Kraft zu setzen. In der Ver - ordnung vom 17. Dezember werden die E 1 r a f k a m m e r n für zu - ständig edklärt zur Aburteilung von Straftaten gegen di« öffentliche Ordnung, unb zwar bei abgekürztem Verfahren. Wegen Vergehen» gegen ba» Gesetz zum Schutze der Republik, owie gegen verschiedene Paragraphen de» Strafgesetzbuches hatten ich in fünftägiger Verhandlung vor der Strafkammer in Frank,- u r t a. M. 13 Kommunisten zu verantworten, die im Oktober vorigen Jahres Ueberfälle auf eine Schar Ausflügler am Lohrberg, auf das SportShauS des Sportklub» von 1880 und auf das Besitztum eines Gastwirts unternommen hatten. Nach Auflösung der prole- tarischen Hundertschaften unterhielten die Angeklagten eine die gleichen Ziele verfolgende Organisation. DaS Gericht verurteilte die Angeklagten zu Gefängnisstrafen von 6 Monaten bis zu Jahren. In zwei Fällen erfolgt- Freisprechung. — So meldet WTB. Wir setzen hinzu, daß die »Ausflügler" Hakenkreuzler waren, dir von einer „Uebung" heimgckehrt, und im Sporchau» waren Waffen, verborgen. Nachklüage zu Lu-eu-orff-hltlers deutscher Tag. vor dem Volk »g »richt in Nürnberg Hanen sich 24 Ar» beüer der Schuckert-Werke wegen Lands«!, d-nsbruch» zu vrrantwortrn. Di« «ngektagten haben am 4. September vorigen Jahre» Angestellte unb Arbeiter bei Betriebe», bie am Deutschen la.i teilgenommen hatten, mit Gewalt au» bem Betriebe entfern! unb sich hierbei Mißhanblungen zuschulben kommen lasten. DaS Urteil lautete gegen 13 Angeklagte auf Gefängnisstrafen von 1 Monat bi» 1 Jahr 8 Monate. Drei Angeklagte erhielten Geld- strafen von je 80 Die üvrigen würben freigesprochen Rachbem einmal Anklage erhoben war, war Venirteilung selbst- verstSnblich. Denn tatsächlich waren einige Arbeiter von S.emenft- Schuckert, bie an der von Ludendocfs und Hittier veranstalteten Parade als dem Auftakt zum Münchener Novemberputsch leugenommen halten, verprügelt worden. Noch eine zweite Prozeßverharldiuiig, in bst es sich um Arbeiter der Eisenbahnwcckstätte handelt, ist im Gange; auch sie wird mit bei Verurteilung treuer Republikaner enttn. Tatsächlich gehen he Republikaner ins Gcfängn-s als Cpfer der V2N den bayrischen Negierungsgewalten verübten B i g ü n (t: g u n g antirepublikanischer Treibereien. — Die wahren LandfritdenSbrecher sind bie Veranstalter unb Förderer des Deutschen Tage», bet al» Auftakt zum Münchener Lubentiorff-Hitler-Putsch biente. In benkbar größter Ofsenheü war dieser Deutsche Tag als Purscheinleitung aufgrzäumt worden, wa» nicht Hinberte, daß eine Abteilung LandeSpolize: ben Paradezug eröffnete. Die doppelzüngige verräterisch« Politik Kahr« vom November kündigte sich in Nürnberg bereit» an. Die Getreuen Ludendorff» unb Hitlers müssen jetzt glauben, Kahr habe bereits in Nürnberg die Falle gestellt, die im November in München zuklappte. Den ehrlichen Republikanern in Bayern aber werben bie Nürnberger Prozesse zu einem Antrieb wer- den, mit der verräterischen Politik Kahrs aufzuräumen. Die Neichsregierung an öle Interalliierte MlltärkontrollkommiPon. Die ReichSregierung hat an bie 3 n t e r a I lii e rte Mili» tärkonttollkommisflon eine Note gerichtet, in der sie bie Mitteilungen von bet Wiederaufnahme der Militärkonirolle be - stätigt unb mitteilt, daß bie beutschen Verbindungsstellen und die für die Kontrolle selbst in Betracht kommenden Behörden ange- tmesen sind, den Kontrollofsizieren die Durchführung dieser Besuche zu ermöglichen. ES heißt zum Schluß m der deutschen Note u. a. wörtlich: -Die Reichsregierung hat mich Indesten beauftragt, Ihnen, Herr General, bei dieser Eelcgenhei« zu erttären, daß Ihrer Ansicht nach die Kontrollkommission ihre Aufgabe, soweit trefe si« mit den militärischen Stellen in persönlichen Kontakt bringt, decrrdet hat. Diejenigen Aufgaben, welche dtt Botschofterkonseren, als noch offen betrachtet unb an deren Durchführung tne deutsch« Regie - rung milzuwirken durchaus bereit ist, erfordern keine B-fuck» bei militärischen Stellen. Abgesehen von jenen noch offenen Ausgaben wurde alles, wa» der Teil 7 bc» Vertrag« von Versailles an Ab- rüstungSforderungen enthält, längst erfüllt. Der burch diese Ab - rüstung gesck-assene Zustanb unterliegt nach Artikel 213 de» Ver - trag» von Versai,e» nicht dauernder Kontrolle, sondern lediglich der Möglichkeit einer etwa oul besonderen Gründen vom Rate dc« Völkerbundes anzuordnrnden Speiialunlersuchung. Wenn die deutsche Regierung gleichwohl die Voraussetzungen für die am 10. und 12. Januar in Aussicht genommenen Kontrollbesuche schuf, so tat sie bie» tn ber gewissen Erwartung, daß ihre eben batßelegtc RechtSauffastung auch bei bet Interalliierten Militärkontroll- komnrission volle Würdigung ftn bet und daß von weiteren Kontroll - besuchen abgesehen wird." • Zu bteftr Rote bemerkt ein eigener Drahtbericht de» Pariser Korrespondenlkn des SPD.: Wenn auch die juristische und moralische Lerechtigung der von der deutschen Regierung der Interalliierten Militär - kontrollkommission gemachten Mitteilungen, daß sie deren Tätigkeit, soweit sie sich auf Heere»- und Marinedienststellen bezieht, nach dem Friedensvertrag al» beendigt ansehe, nicht zu bestreiten ist, so wird man sich doch fragen dür - fen, ob der Zeitpunkt für einen solchen Schritt sehrgeschicktgewählt war. Wenn auch die vor kurzem eingeleiteten Verhandlungen über einen Modus vivendi in den besetzten Gebieten nach der französisch-belgischen Antwort faktisch al» beendet angesehen werden können, so ist doch ander - seits die gesamte Situation so, daß die Einleitung einer neuen Aussprache zur Bereinigung der gegenwärtigen für beide Telle unhaltbaren Lage nur eine Frage von Wochen sein kann. Er kann deshalb als taktisch nicht sehr klug bezeichnet werden, wenn di« deutsche Regierung gerade in diesem Augenblick nicht nur Herrn PoincarS eine neue Waffe In dle Hand gibtzurVerteidigungderfranzösischenSicher- heitSfordrrungen, sondern auch im übrigen Aus - land« den Eindruck aufkommen läßt, als ob man in Deutschland die Tätigkeit der Interalliierten Militärkontrollkommission ju scheuen habe. ES ist zu befürchten, daß man in Frankreich sehr geschickt Kapi - tal daraus zu schlagen wisien wird. In unterrichteten Kreisen verlautet, daß die Botschafterkonfrrenz bereits in den nächsten Tagen zusammentreten wird, um zu der Mitteilung der deut - schen Regierung Stellung zu nehmen. Die Sonntagmorgen - blätter, die die deutsche Meldung erst spät am Sonnabend er - halten haben, enthalten sich jeglicher eigener Aeußerung; aber es ist nicht schwer zu prophezeien, daß am Montag der Lärm der gesamten Presie ertönen wird. Frankreich und öle Vorgänge in der Pfalz. Genervt be Mch, bei französische Oberbefehl, Habei für Ne r i; & ^ et ^-tauetfeiet für ben erschossenen Separatisten» fahret Hemz-Orbis am Sonntag vormittag eine Ansprache gehalten, m bei er ben Getöteten ali Freund Frankreich» feierte. Im Nomen Frankreichs legte er einen Kranz nieder. Der Sonderberichterstatter der .Daily New,' in Spey«r peht in der Teilnahme des G e n e r a I » de Mey an der Beerdigung ie6 .v e,n d- Ctbl * «men weiteren Beweis der Tatsache, daß die scpa» rattstische Bewegung von ben höheren französischen Vertretern in der vT aI 8 begünstigt wird. Der Berichterstatter schreibt, di» von bet englischen Regierung für die offizielle Untersuchung angegebenen QJrunie seien also vollauf berechtigt. In unterrichteten Pariser Kreisen verlautet, wie der Pariser Korreipondent des SPD. meldet, daß die ftanzösische Negierung bic Ent,endung de» englischen Generalkonsuls in München noch Speyer daniit beantworte, daß sie einen höheren Offizier beauftragt hat, dem englischen Beamten auf seiner Reise durch die Pfalz zu folgen und bei allen Unterredungen, die Herr Elive mit den Behörden der Pfalz haben werde, anwesend zu fcim Der englisch-franzosisch» Gegensatz hat damit nach Ansicht der Korrespondenten ernsten KonfliktScharakter angenommen. Die französisch« Presse polemgiert aufs heftigste gegen bie englisch« Politik. Sie spricht von < gegen Frankreich gerichteten tipwmatischen Offensive, deren Zweck «S offenbar sei, einen Vorwand za schaffen jür die Zurückziehung der englischen Truppen ouS dem Rheinland und ben HdSiütt Englands au, der Rheiniandkommisjion. Orr Srtzma -er Tätigkeit -er Sachversiänüigea- ausschüsse. SPD. Pari», 13. Januar. (Eigener Drahtbericht.) Der erste ber beiden von der ReparationSkommission ein - gesetzten Sachverstäiidigenaurschüfs« tritt am Montag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die beiden amerikanischen Dele - gierten, die bereit» vor acht Tagen in Paris eingetroffen sind, haben die abgelaufene Woche dazu benutzt, sich in bie Materie einjuarbeiten. Sie haben zahlreiche Konferenzen mit den Mit - gliedern der Reparationskommission unb insbesondere mit dem amerikanischen Delegierten Loogan gehabt. Der öruöerzwift fn den Reihen -er französischen Gewerkschafter. Di« bedauerlichen Zwischenfall«, zu denen die kommunistisch» Versamoilung am Freitag abend geführt hat und in deren Ver - laus zwei Arbeiter getötet und etwa MO mehr oder weniger schwer verletzt wurden, sind noch nicht rejtlo» aufgeklärt. Die Ion* munistischen und die revolutionären Gewerschaf» t e n versuchen, sich gegenseitig die Verantwortung für die Vor - fälle zuzuschieben. Der tiefer» Grund dürfte aber in der seit dem Kongreß von Bourges von Woche zu Woche gewachsenen Gegnerschaft zwischen ber ben Befehlen Moskau- gehorchenben politischen Organisation und den auf ihre Unabhängigkeit eifer - süchtig bedachten revolutionären Gewerkschaften zu juchen sein. Diese haben eS al» eine Provokation empfunden, daß die Kom - munistische Partei ihre Versammlung gerade In ba? Gewerk- schaftshaiis einberufen hat, um so mehr, nl8 auf der Tagesordnung Fragen standen, die eigentlich gewerkschaftlicher Natur waren. Die Zwischenfälle selbst scheinen durch Anarchisten pruBo.-.xrt wor - den zu sein, die schon vor einiger Zeil angedroht hatten, daß sie künftig jede kommunistische Versammlung sabotieren würden. Di« unabhängigen Gewerkschaften haben mit Rücksicht auf die stark« Spannung innerhalb der Arbeiterschaft ihren für den letzten Sonntag anberaumten Gewerkschaftskongreß abgesagt. Die alten Gewerkschaften (sozialistische Richtung) veröffentlichen einen Ausruf, in dem sie die blutigen Ereigniste aufs tiefste beklagen unb der Hoffnung AuSbruck geben, daß die Wiedervereinigung der gesamten Arbeiterschaft in der 6. G. T. > Gew-rkscbaftsbund) dem Bruderzwist und Haß so bald wi« möglich ein Ende machen werde. Ein Ottes Macöonalös an seine französischen Secunde. WTB. Paris, 12. Januar. Hanas meldet aus Marseille: Das dortige Blatt .Le petit Proveneule-- veröffentlicht einen Brief Ramsay Macdonalds an den französischen Svzialisleniührer Reynaudel, in dem ber englische Aibeilenührer den Wunsch ausdrückt, daß das sranzösische Volk fteundschaitttch mit dem englischen Volke zusammen« wi'keu möge, um aus dem ruinierten Europa eia neues Europa erstehen zu lassen, das für bie gemeinsamen Interessen handeln müsse. Macdonald beklagt den Umfang der militänschen Ausgaben. Er würde sich freuen, wenn bie nächsten französischen Wahlen An - laß zu der Hofsnung gäben, baS zwischen Eng - land und Frankreich Beziehungen möglich würden, die von kleinlicher Eifersucht frei wären, denn er, Macdonald, hänge derartigen Gedanken nach und werde sich mit aller Kraft bemühen, sie in Wirtlichkeit umzusetzen, gerade »eil er ein Freund Frankreichs sei. In dem oben angeführten Briefe Ramsay Macdonalds an bex französischen Eozialiftenführer Renaudel erfährt Reuter, daß dieser Bries ein persönliches Schieiben war, daS nicht zur Veröffentlichung bestimmt war. Die in dem Briese auSqedrücklen Gefühle ent - sprächen aber vollauf ben Anschauungen Macdonalds und jem«m Wunsche nach Freundschaft mit Frankreich. Schiltzixger, der bekannte sächsische Polizeioberst, steht jetzt im Herrschastsbereich der 8ieichswehrgenerale überall unter Redeverbot. Die Ortgruppe Bremen des Deuischen Republikanischen Reichs» dundes richtet nun eine Beschwerde an den Inhaber der voll» ziebenden Gewalt, um die Giünde zu erfahren, v. Secckt ant - wortete mit dem Hinweis auf Artikel, in denen Schützmger .schwere, völlig halilofe Angriff« gegen die verfassungsmäßige, bewaffnete Macht dcs Reiches" gerichtet habe. — Eine bequeme Mainer, deswegen einen Mann mundtot zu machen. Warum wirb bann Schützing«« nicht einfach verklagt — wegen .Beleidigung der Wehrmacht"? — i^qMal v. Lossow würde sich totlachenl Das Wirtshaus Zur Kapelle. Roman von Gustav Schröer. [13] .Schmeißen Sie doch mal, wenn Sie zuzeiten auf jeder Treppenstufe stehen bleiben müssen, weil baS Herz wie an einem Zwirnsfaden hängt uni) ganz verrück! hin und her baumelt. ,— Mutter Kolbe trägt viel auf ihren Schultern, und wenn sie nicht so stark wäre, wie sie ist, dann läge sie lange auf der Nase. Ahr Seliger ist nämlich sehr soso gewesen. Ich habe ihn nicht gekannt. Sie hat in ihrer Stube ein Bild von ihm hängen. Ein hübscher Kerl mit einem sckzwarzen Spitzbarte, aber ein unruhiger Geist. Wollte durchaus Geschäfte machen, und eS ist schief gegangen. 5Lxrs kann jedem passieren und ist weiter nicht schlimm, wenn er sich hernach wieder fest auf seine Füße stellt. DaS hat aber der gute Kolbe nicht getan. Ich weiß vom Hörensagen, daß er immer unterwegs gewesen ist. Das andere ist leicht zusainmenzureiuien. Die ganze Wirtsck-aft wäre zugrunde gegangen, wenn die Frau nicht nüchtern und klar bei der Stange gebothen träte. Dem Manne hat ber GeschäftSteickel in den Knochen gelegen, und er hat anfangs verdient. Das ist der Fehler gewesen. Hätte _ei anfangs verloren, bann wäre er bei Verstände gevlieben. So hat er sich später immer damit getröstet, daß cs ihm doch anfangs geglückt ist. WaS er alle? gehandelt hat, das weih ich nicht. DaS meiste Geld hat er im Holzhandel verloren. Dabei taun einer natürlich ein reicher Mann, aber er kann auch ein Bettler werden. Bei dem Kolbe ift's auf den Bettler ^'.gegangen. AIS ich hertam, war er zwei Iahte tot Die Kapelle ist so überschuldet, daß bie Sparkasse hinter dem Toten her keinen Pfeniiig mehr gegeben hat. DaS einzige, waS sie tat, war, daß sie da? WirtShau» nicht zur Dersieigerung brachte DaS tat sie um bet Frau willen. Für die andern Schulden ist Schulze Weiße cingesprungen. Wenn ich recht imterrichtet bin, dann sind eS zwanzigtausend Mark gewesen. Das ist auch etwas, das mir an dem Vorsteher gefällt, aber ich »erde ein Unbehagen nicht los, nun ich weiß, daß Mutter bleibe inben Händen ist Wenn sie nicht so bockbeinig wäre, dann hätte ihr lange geholfen werden können. Ich habe doch niemand unb hinterlasse weder «ine trauernd« Witw«, noch unmündig« ÄBaiS* lein." .Kann man doch noch nicht wiffen," warf Sahnet ein. HanS Wohlgemut lächelte. .Reden Sie kein dumme» Zeug, Sahnet. Nein, jo ruppig bin ich denn doch nicht, dah . . . Ganz abgesehen davon, dah ich nun mal auch keine heiraten würde, die ich nicht wirklich lieb hätte. Ja, und sehen Sie, da wird di« Geschichte niemals stimmen, sondern wird immer einseitig bleiben. — Also, wenn Mutter Selbe nicht so bockbeinig wär«, aber sie ist'» nun einmal. — Langen Sie mit mal meine Laute her. St« brauchen bleh link» zu greifen, hinter Ihnen auf bet Kommode liegt sie. — Danke." HanS Wohlgemut klimperte etliche Akkorde, bann sang er: »Denn int Walde die Heckenrosen blühn", Gerhard Sahnet fiel ein, und Doktor Stein, der in da- dunkle Wohnzimmer trat, brauchte nur den Tönen naclzzugehen. 4 So stand er auf einmal vor den zweien, lachte imb sagte: .Na, Han». eS geht also wieder besser?' .Ja, aber daran bist Du nicht schuld." • »Darauf kommt es auch gar nicht an." .Doig Pyramiden und bann Bromkali oder umgekehrt Brom- kali und Phraniidon. — Renk' die Klappe ein, dann bist Tu ein richtiger Kerl, sonst , < .Nun?" »Frag' nicht." .DaS ist mir das sicherste Zeichen, daß cS Dir wieder mit geht, Han». Wenn Du grob wirst, bann bist Du allemal wieder bei Wege." HanS Wohlgemut klimperte. Darauf stimmte «r an: »Was bie Welt morgen bringt“ Die zwei ankern aber liehen ihn allein singen. Sie fühlten den verhaltenen Schmerz, der hinter dem lcichtjertigen Liede fchivang. Als der Maler die erste Strophe beendet, griff der Arzt nach der Laute. .So, HanS, wir glauben c8 Dir nun, daß Du ein IreuzfideleS HauS bist Nun ist genug geklimpert Zeig' mal Deinen Pul». — öut* »Lüg' nicht, Doktor." »Zum Kuckuck!" fuhr ber Arzt auf. »Jetzt sei still. Nicht tadellos, jage ich, aber gut — Morgen kannst Du Dir mal in der Stube die Beine ein bihchen vertreten, aber gearbeitet wird noch nicht, höchsten» waS ganz Gemütliche» lesen. — Geben Sie mit, Herr Safener? Der Wohlgemut muh jetzt allein bleiben. — Gute Nacht, HanS." Als ihm Safener die Hand reichte, bat er, die Geige am besten gleich da zu lasten. Der aber entgegnete: .Nein, Herr Wohlgemut, alle Tage ist Ihnen daS nicht dienlich. Morgen abend . . ." .Spielen wir einen Skai," fiel Dr. Stein ein. Unterwegs sagte er zu Gerhard Safener: .Armer Kerl! 9t legt zu viel Herz in seine Bilder, zu viel gesundes Herz und hat davon nichts wegzugeben. — Wollen Sie mit das Vergnügen machen, mit mir zu Abend zu essen?" Gerhard Safener nahm an, und als er gegen zehn heim- ging, da trug er ein Übervolles Herz in seine Stube. Doktor Stein war Hans Wohlgemut geistesverwandt. Auch er fern- tüchtig, ernst unb doch ost ein scharfer Spötter. Er geihelte aoer weniger die Schwächen einzelner Mitmenschen als die unsere» ganzen Zusammenlebens. De» Doktors Hausdame war eine Ma- lorStochter, die an der HeiratSecke gescheitert war; aber sie hatte einen gesunden Humor mit in die Altjaiiisternzest genommen, war nun an die Vierzig. Sie spielte trefflich Klavier, wühle Bescheid auf vielen Gebieten, ohne jemals mit ihrem Wisten zu prunken. Ganz im Handumdrehen war eia Duett fert;g gewesen. Tottor Stein hatte behaglich in o-r Sofaccke gelehnt, und das Hände! sch- Largo verlangte er zweimnl zu hören. „Wirb ewig schön blei - ben," sagte er, .unb ist so deutsche Musik wie nur etwa», cbwchl der Händel einer von ben getimt.»,: Engländern geworden ist. Ich will nicht bitter werden. — Noch ein bissel was fürs Gemüt, bitte." — Gerhard Safener ruhte auf dem Lager und sann. Das nannte sich nun abseits, dies HilgendorfI Acht Tage barauf, als Hans Wohlgemut bereits wieder die ersten kleinen Ausflüge gemacht, sah Schulze Weiße in ber Ka - pelle fest hinter seinem Glase unb wich nicht, bis auch der letzte ber andern gegangen war. Dann wandt« «r sich an Mutter Kolbe. „Wann kommt denn nun die Elfriede heim?" ^Arn Gründonnerstage." »Hat sie nun das Wirtschaften gelernt?" »Deswegen habe ich sie nicht fortgetan.* »Nein, daS konnte sie bei Dir lernen." .Sic sollte einmal für ein Jahr unter andere Leute. Wenn sie ein bißchen roaS zu dem gelernt hat, daS sie von zu Hause her konnte, dann ist e? mir recht. Vor allen Dingen sollte sie mal unter eine ordentliche Hetze junge Mädel und sollte lustig jein. Vielleicht muh da? für lange vorhalten." »Tatata, wir sind doch auch Menschen, die leben und leben lassen. Na, daS ist nun mal so eine Ansicht von Dir. Geschadet wird es ja dem Mädel nicht» haben. — Wie denkst Du nun über die zwei?" »Ich habe nicht» gegen Deinen Albin einzuwenden." • »ES ist zwar mein Junge, aber da» muh ich doch jagen, ei kann such sehen lasten. Scheint auch auf dem Gute seine Sache zu machen. Der Oberinspektor ist scharf hinter den jungen Serien her; aber «r hat mir gestern geschrieben, daß er mit dem Albin gut auskomme unb sich aus ihn verlasten könne. Und sonst ist doch auch alles in Ordnung. Cv hat jein Jahr bei den Dragonern abgemacht, ist nun Vize — daß er Offizier wird, das will ich gar nicht, — ich wüßte nicht, warum er der Elfriede nicht gefallen sollte." .Wüßte ich auch nicht, Vorsteher. Wie gejagt, von mir uu» liegt nichts im Wege . . .Aljo." .Ek kommt allein auf daß Mädel und ben Albin an." .Auf den? Da bin ich doch auch noch da." .Nein, Schulze, zujammenheißen muß man so was nicht Das muß von selber kommen. Wenn da. nicht geschieht, bann tut cS nicht gut." Weihe lachte. »Ueber» Jahr, Anna, wollen wir mal den Hllgendorjern zeigen, wer wir sind. — Lute Nacht." , c)orti«tzung !i—j».