»al ,.$«m»itrger (M)o" ft. scheint tSgltch flnmol, aufcer den s. ffeltrtaocn. eifitniurfie tat «tjoiet «»,««»«olbmati. Auch durch b.'ßoft ,u beheben. Preise srelblcidend. Redaktion: Sevlaudstratzeit, erster TtoL Verantwortlicher Redakteur: Pau! Bugdahu, Altona, «nzetgen.rlnnabme: Sehlanbftrofie 11, 1. Stock. Buchhandlung: lkrdgelchok. Buchdruckerei-Kontor: kehlandstrake 11, ersttrStock. dejahit werden. Be;ug«-rei» frei Hau» vom 16. bis 22. Februar 1924 0,70 Goldmark. Einjelverkaufspreis 15 Pfeuniq Gold. Dfrn ' 6 ? n .® Zahlbar am L8. Aebraar v vcnuctif'“je »u Pr>>>°» KamvUMrEchos “ V ohne Derbtndlichkett Ur. 47. Sonnabend, den 16. Februar 1924. 38. Jahrgang. Preußen in Not! Es wird immer schöner in unserm lieben Deutschland, ganz und ^ar wie zu Ludwigs XIV. Zeiten scheint eZ zu kommen: die Welt da draußen wächst in immer größere Ver- hältnisie und Frankreich reißt immer mehr Macht an sich, derweil aber fressen wir Deutschen uns gegenseitig auf, durch gegenseitige Bekämpfung der Stämme wird das Reich endlich ganz ohnmächtig und unfähig, sich aus der Ohnmacht wieder zu erheben. Das neueste Stücklein in diesem inneren Krieg ist die Bildung eines Schutzverband.es für Preußen, der den Namen „Preußenring" trägt und laut einer Wolffschen Meldung „bereits Persönlichkeiten aus allen Krei - sen" zu Mitgliedern hat. Der „Preußenring" hat rasch sein Kampfgeschrei herausgegeben: Preußen in Not! Der Aufruf bezeichnet als Ziel des Preußenringes die Beseitigung aller gegen Preußen gerichteten Berfasiungsbestimmungen, Erhaltung der Kraft und Unversehrtheit des preußischen Staates und Durchdringung Preußens mit nationaler Energie und deutscher Freiheit. Die tonangebenden Leute im „Preu - ßenring" scheinen linksstehende Volksparteiler und rechts - stehende Demokraten zu sein, die vorläufige Namensauf - zählung lieft sich wie ein Fraktionsregister für eine Sezession • aus der alten nationalliberalen und deutsch-freisinnigen Par - tei. Vielleicht spricht auch die Absicht mit, die Demokratische mit der Volkspartei zu verkoppeln. Die Geschäfte des „Preu - ßenrings" leitet vorläufig der bekannte Herr Leidig, der lange Zeit in der nationalliberalen Partei die Profefforen gegen die Schwerindustriellen führte. Dann begegnet man den Namen Mugdan und Wiemer, beide bekannt aus der Zeit der schlimmsten politischen Entartung der ehemaligen Deutsch-Freisinnigen Partei; sie waren namentlich sozial Rückschrittler und politisch Hindernisse gegen die Ersülluna der Deutschfreisinnigcn mit demokratischem Geiste. Wo diese Herren politisch am Werke sind, da kann man auf den Geist schließen, der nach Königgrätz sich löblich unterwarf, so schr er vorher auch gegen Bismarcksche Eidbrüche deklamierte. Und allerdings kann dieser Geist als Vertreter eines bürger - lich wohltemperierten Preußentums gelten. Nur ist dieses Preußentum veraltet und nicht minder wie bayrischer „Fö - deralismus" ein Hindernis für ein Reich in demokratischer Einheit. Ohne weiteres ist die preußische Gründung auch als Re - aktion gegen bayrische Torheiten erkennbar, aber das ent - schuldigt das Unternehmen nicht. Die Preußen hätten aus dem Schaden, den das bayrische Treiben dem Reich zufügt, wahrhaftig etwas Besseres lernen können, als den Bayern es nachzulun. Allerdings stehen in der Verfaffung Klauseln, die den preußischen Einfluß im Reichörat einschränken, unter andern wirkt in dieser Richtung jene Bestimmung, laut der die Provinzen einen Teil der preußischen Reichsratsvertreter stellen; auf diese Art kann Preußen niemals das ganze Ge - wicht seiner zentralen staatlichen Zusammenfassung in die Wagschale werfen. Als die Bayern ihren Feldzug gegen den „Unitarismus" der Weimarischen Verfaffung unternahmen, da ließ sich voraussehen, daß aus Preußen der Gegenhieb ge - führt werde. Aber was kann denn aus solcher gegenseitigen Bekämpfung Gutes entstehen? Am Ende wird das Reich geschädigt und zwangsläufig fällt der Schaden auf die Glie - der zurück. Die bayrischen „Föderalisten" sollte man posi - tiv bekämpfen, und zwar durch Vermeidung jener Schäden, über die Bayern wie auch andere deutsche Länder sich mit Recht beklagen; sie entspringen namentlich der Ueberspannung der zentralistischen Idee. Oder richtiger: der Verkrüppelung der Idee durch einen öden Bureaukratismus, der alles über einen Kamm schert und unfähig ist, die Idee so elastisch zu handhaben, daß darunter berechtigte Sonderintereffen nicht leiden. Dafür hat leider den Berlinern allzu sehr der Sinn ge - fehlt. Dort meint man, zähes Festhalten an preußischem Besitz genüge, und Preußen werde schließlich doch der große Planet sein, der durch die eigene Anziehungskraft alle benach - barten Körper aufsauge. Die Erfahrungen beweisen jedoch das Falsche dieser Meinung. Preußen würde für die Ein - heitsidee viel besser werben, wenn es seinerseiks nicht als eist geiziger Mann sein Besitztum hütet, sondern danach schaut, was der Gemeinschaft nottut, und asfo unter Um - ständen an Glieder der Gemeinschaft austeilt. Hätte Preußen den Zleichsgedanken in dieser Weise gehandhabt, so würde es schließlich selbst den größten Gewinn eingestrichen haben. An ganz Deutschland würde sich ein Begriff herausgebildet und befestigt haben, der die Willkür der Ländergrenzen nicht länger duldet und die Reichsgliederung gemäß natürlichen und wirt - schaftsgeographischen Zusammenhängen vollzieht. Womit von selbst das Spielzeug der verzettelten Staaten Braunschweig und Anhalt aufhören würde, und zwar durch Aufgehen in Das Wirtshaus zur Kapelle Roman von Gustav Schröer. [42] Hans Wohlgemut las, vernahm Schritte, legte das Buch bei - seite und sah den Eintretenden mit großen Augen entgegen. Sie kamen Hand in Hand auf ihn zu. Da streckte er ihnen beide Arme weit entgegen. „(£S ist so weit? Was ich mich freue, was ich mich freue!" Er umschlang Elfriede Kolbes Hals, die sich über ihn neigte, küßte sie, jubelte: „Gerd, den mußt Du mir noch gönnen. Es bleiben noch genug für Dich," scherzte: „Er schmeckt übrigens schon nach Deinem Schnurrbart," faßte Gerhard SaßncrS Hand: „Junge, waö bist Tu glücklich! — Endlich, endlich, waS habt ihr zwei für Zeit gebraucht! Aber so sind die Poeten!" — Dr. Stein, der den Maler andern Tages besuchte, fand, daß es ihm erheblich besser ging. — Vierzehn Tage darauf mußte Gerbard Saßner zur Prüfung reisen. Er bestand sic, und Schulrat Heinrichs bot ihm für den nächsten Vierteljahrsersten eine Stelle an einer Mittelschule an. „Herr Rcgierungsrat," sagte Saßner/ „ich danke Ihnen herz - lich, aber ich bitte: Lassen Sie mich in Hilgendorf bleiben." Der Schulrat lachte. „Das »erstehe ich nicht. Warum machen Sie denn die Prüfung, wenn Sie in Hilgendorf bleiben wollen. Ein Paradies ist da» Dorf doch nicht gerade." „Wie man cs nimmt, Herr RcgierungSrat. Ich habe mich mit Ulfriede Kolbe verlobt." Da lachte der weißhaarige Mann. „DaS ist das junge Mädchen aus der Kapelle? Dann allerdings. Wollen Sie nun auch die Rektorprüfung von Hilgendorf aus machen? Ja? Meinet - wegen, wird schon gehen, aber so langsam müssen Sic sich doch mit dem Gedanlcn vertraut machen, aus Hilgendorf sortzugehcn." „Ich weiß, Herr RcgierungSrat." „Na, dann Gott befohlen." Der Draht trug die Krclidenbotschast in die ^Kapelle. Elfriede batte Hali? Wohlgemut gesagt, wohin Gerhard Saßner gegangen war, und hatte co fertig gebracht, den ernstlich verstimmten Freund »u versöhnen. „Hank," sie sagte nun nicht mehr „Onkel" Hans, „Du hattest ihn doch auSgclacht, wenn er es Dir erzählt hätte." I Preußen. Aber die preußischen Politiker wissen nun einmal I nichts Besseres anzufangen, als immer wieder auf ihren Schein und auf ihre Macht zu pochen; sie werden ja wahrscheinlich auch den Bedürfnissen nach Umbildung im Westen solange ab - weisend gegenüberstehen, bis schließlich jeder Einfluß auf die Dinge den Preußen entgleitet- Deutschland bedarf dringend der Erlösung von den Will - kürlichkeiten des staatlichen Ausbaues. Aber der neue „Preu - ßenring" kann uns aus dem Elend nicht heraushelfen, er ist ein verfehltes und schädliches Unternehmen. fflo gtoBMto Mm- ool> »MOlluiM. Ueber das Ergebnis der Berliner Sachverständigen- beratungen, über die im Zusammenhang mit der geplanten Goldnotenbank auch an anderer Stelle berichtet wird, erfahren die Blätter, daß das von den Sachverständigen au?» gearbcitete Projekt einen großzügigen Finanzplan darstelle, der die organische Verbindung zwischen Währungs - reform und Reparationen herstellen solle. Al» SBor» bedingung für da» Sanierungswerk werde von sämtlichen Sachverständigen einschließlich der französischen und belgischen die Wiederherstellung der politischen und wirt - schaftlichen Einheit des Reiche» angesehen. Das Reich müsse wieder die volle Verwaltungssouveränität auch in bezug auf die Steuern und Zölle, und zwar im besetzten wie im unbesetzten Gebiet erhalten. Ebenso herrsche unter den Sachverständigen Uebereinstimmung darüber, daß dem Teutschen Reiche ein Moratorium gewährt werden müsse. Bis zur Wiederherstellung der deutschen Zahlungsfähigkeit müsse Deutschland eine im Auslande aufzubringende An - leihe gewährt werden, die garantiert «erden soll durch die Reichsbahnen, Zölle, Steuern, Grund und Boden, der nach dem Rentenbandksystem pfandfähig gemacht werden könnte. Von dem Anleihebetrag würde Frankreich einen großen Teil sofort erhalten und könnte auf biefa. Weise über seine gegenwärtige schwierige Finanzlage hinwegkommen. Nach der Ausbalancierung deS deut - schen Etats solle zum Zwecke der Reparationsleistung eine Kriegsschulden st euer erhoben werden, die nicht ge - ringer sein dürfe als b t e steuerlichen Lasten , o i e bie alliierten Mächte zur Abdeckung b er KriegS- schulben aufbringen und deren Betrag der Reparations - abteilung der zu schaffenden deutschen Goldnotcnbank zugeführt werden solle. Die Bank werde bann bie eingehenben Beträge an bie Reparationsgläubiger weiterleiten. • WTB. Pari», 15. Februar. General DaweS sagte, bem „Petit Parisien" zufolge, nach seinem Wiebereintreffen in Paris lediglich, er könne erklären, daß er bonbet ihm in Deutsch - land gewährten Unter st ützung sehr befriedigt f e i. Man habe von den Deutschen alle Auskünfte erhalten, um die imchgesucht worden fei. Ungünstigere Reichsstnanzen. Die Geldbewegung bei der Reichshauptkasse nahm in der Zeit vom 1. bis zum 10. Februar 1924 einen ungünstigeren Verlauf als in den Januardekaden. vereinnahmt wurde« rund 79,öS, ausgczeven aber 113,49 Gold- Millionen. Das Defizit beträgt also genau 33,914 358 Goldmillionen. Dadurch erhöhen sich die durch Steuern nicht gedeckten Ausgaben auf 662,8 Goldmillionen. Tie Hinnahmen find gegenüber bem letzten Drittel beS Monats Januar um 110 Goldmillionen zurück - gegangen, bagegen ist es ber Regierung gelungen, bie Ausgaben von 199 Goldmillionen auf 113 Goldmillionen zu verringern. Aus dem Verkauf von Rentcnmarkschatzwechseln erzielte das Reich in der Zeit vom 1. bis zum 10. Februar nicht weniger als 47,65 Goldmillionen. Tas sind mehr als 50 % der in derselben Zeit erfolgten ordentlichen Einnahmen. Durch den vermehrten Verkauf von Rentenmarkschatzwechseln hat sich bie Ausgabe bet» selben auf 207,8 Goldmillionen erhöht. Offizielle Anerkennung Sowfetrußlanös öurch Norwegen. SPD. C h r i st i a n i a, 15. Februar. (Eigener Draht bericht.) Norwegen hat heute offiziell Sowjetvußland de jure anerkannt. Die betreffenden Dokumente wurden im norwegischen Auswärtigen Amt vom Außenminister für Norwegen und von Frau K o l l e n t a i, der bisherigen offiziösen Vertreterin Rußlands in Cbristiania, für Rußland unterzeichnet. Ein offizielles Eommunigue ist für Sonn - abend angekiindigt. Es soll genaue Einzelheiten über den Inhalt ber Verträge enthalten. Schon jetzt verlautet aber, daß eine der Hauptbedingungen der Anerkennung die Anerkennung der Insel - gruppe von Spitzbergen als norwegisches Gebiet bilde. Holland and Sowjktruhland. In Erwiderung einer Anfrage über die Beziehungen Hollands zu Sowjetrußland teilte ber holländische Außenminister mit. Ver - handlungen über die Wiederherstellung normaler Handels- und diplomatischer Beziehungen zu Sowjetrußland seien nicht im Gange, doch fei ein Sekretär des russischen Vertreters tn London auf der Durchreise im Haag gewesen und habe dem Außenministerium Mitteilungen über die Auffassung ber Regte- rung hinsichtlich einer Wieberaufnahme ber Beziehungen gemacht. „Möglich. Darf man denn bei Euch nicht mehr lachen?" „Gerharb hat das so ernst genommen und . , ." „Langweilig ist er und heimtückisch." „Bist Du böse, Hans?" „Ja, ernstlich und gründlich." Dabei wetterleuchtete e? tn feinem Gesicht als sei irgendein lustiges Wort unterwegs. El - friede lachte. „Nun kenne ich mich schon aus, HanS. Wie wollen wir ihn denn empfangen?" „Denkst Du, ich hänge meine schönen Taschentücher wieder heraus? Tie sind mir viel zu schade/ „Waren auch für mich zu schade." „Recht hast Du, aber — ich bin anderer Meinung." So neckten sie sich. Als Gerhard Saßner, neben Christian Schuch sitzend, un - gefähren kam, Elfriede ihm um den Hals fiel, Hans Wohlgemut knurrend auf und ab ging, ba war daS alles so von innerer Freude übersonnt, daß der alte Postillon zu Mutter Kolbe sagte: „Schöner kann'? auch nicht gewesen sein, als der Rapolium in Paris einzog, bloß ein paar mehr Leute." Christian war nach außen hin der Alte geblieben. Inner - lich war er völlig vereinsamt. Auch sein letztes Kind war an der Schwindsucht gestorben. Seine Lieder klangen wehmütiger, vier - zehn Tage lang hatte er nur Trauertnclvdien geblasen, bann Jagte er halblaut vom Bocke herab: „Christian, waS sann der schöne Wald dafür, daß Dein letztes 5Ttnb gestorben ist. Hinter Dir im Wagenkasten sitzt ein junges Mädel, das zu ihrem Liebsten nach Langstadt binauffährt. — Hält das Maul, alter Husar und wehr' Dich nicht. Tu hast Deine Pflicht zu tun!“ Daraus blteS er: Wer hat dich, du schöner Wald . . . und dann: C Taler wett, o Höhen. Als er hernach vier Wochen später zum ersten Male blies: Soldaten, das sein lujt’ge Brüder, da brach er mitten in ber Strophe ab. Erst nach drei Tagen hat er sie fertig geblasen. Zu der Verlobung Elfriede KolbcS und Gerhard SaßncrS jagte' er nichts. Er sah nur seinen Freund, den Malcr, von der Seite her an und sprach weise: „Manchmal geht daS anders als man denkt," woraus ihm Wohlgemut zunickte: „Ja. Chri>ttan, meistenteils, aber dann ist eS gewöhnlich tzaS Richtige." — Ganz Hilgendorf redete von Gerhard Saßner. Er habe noch eine Prüfung gemacht, nun hätte er an irgendeine hohe Schule kommen sollen, aber er habe gesagt, es gäbe nur ein Htlgen- mit -et 3. Steuetnotvetot-nung! Der SPD. widmet der 3. Sleuernotverordnung eine längere Abhandlung, in der diese Verordnung als „höchst diletlantenhafker Versuch, die Inflation innerhalb der privaten Wirtschaft zu liquidieren", bezeichnet wird und mit Recht gesagt wird, daß diese Regelung, abgesehen von dem durch sie diktierten freien Mietzins, sehr wenig mit der Auf - bringung neuer Steuern und der Erschließung neuer Steuer - quellen zu tun habe. Die Betrachtung schließt mit folgenden Feststellungen, denen wir uns in vollem Umfang anschließen: 3m Fünf - zehnerausschuß des Reichstags konnte keine Einigung über die Verordnung erzielt werden. Wenn Herr Luther nun behauptet, „es habe sich eine starke Annäherung der Par - teien ergeben", so trifft das nicht zu. Die Sozialdemokratie wird zum Beispiel die freie Miete und die Nachexpropiation der kleinen Sparer nicht dulden; be^n wenn der Landwirt, der allerdings Roggen und Weizen unter Friedenspreis ver - kauft, Milch und Butter und Eier aber zu übersetzten Preisen losschlägt, mit Schonung behandelt werden soll, dann hat der Arbeiter und Beamte, der unter Friedenslohn arbeitet, ein Recht auf dieselbe Rücksichtnahme. Das gilt um so mehr, als es sich tatsächlich in der dritten Sleuernotverordnung weniger um die Aufbringung neuer Steuern als um die Regelung der Aufwerfungsfrage im 3nfereffe bestimmter Bevölkerungsschichten handelt. Da der Reichstag einzelne Bestimmungen der Verordnung nicht ändern und die Verordnung nur entweder ganz annehmen oder ganz ab - lehnen kann, muß gefordert werden, daß er möglichst schnell bie ganze Verordnung in den Orkus verschwinden läßt. Vie ersten innerpolitischen wi-erstän-e gegen -ie Mbeiterregierung. SPD. London, 15. Februar. (Eigener Drahtbericht.) Di« Londoner Blätter besprechen ausführlich den von den Lide- ralen im UnlerhauS eingebrachten Antrag gegen den Gesund- heitsministcr Wheatlev. Der Anlrag geht dahin, daß di« von den, sozialisfischen Stadtrat der Londoner Vorstadt P o p l a r auSgczahlten Arbeitslosenunterstützungen, die vom Minister qutgcheißcn wurden, wieder rückgängig gemacht werden. Die Blätter sind der Auffassung, daß eine ganze Anzahl von konservativei: Abgeordneten diesen liberalen Antrag unterstützen werden, jedoch soll sein« B e - gründung in einer Form erfolgen, die vom gründung in einer Form erfolgen, die vom Mi- ni st erpräsidentennichtalsein Mißtrauensvotum minister betrachte! zu werden braucht. Der Antrag besagt kurz, daß die vom Minister angeordnete Maßnahme bie Gesetz - widrigkeit und Vergeudung fördern würde, und erklärt des weiteren, daß daS einzige Mittel, den Schwierigkeiten zu steuern, in denen sich die von der Nor heimgesuchlen Bezirke befinden, in einer R e - form der Londoner Gemeindeverwaltung liege. Macdonald sagte am Donnerstag im Unterhaus, daß diese Frage nicht als eine Parteiftagc behandelt werden sollte. ES handle sich nickt um einen Gegensatz zwischen Vergeudung und Sparsamkeit, sondern um bie Wirksamkeit dieses oder eines andern Vorgehens. Jndesien erwartet man, daß der liberale Führer Sir John Simon die Zurücknahme der Verfügung de» GesundheiisministerS vor allem damit begründen wird, daß sie mit den bestehenden gesetz - lichen Bestimmungen im Widerspruch stehe. Die Arbeiterpartei stimmt grundsätzlich dem in dem Antrag zum Ausdruck gebrachten Standpunkt zu, daß die Maßnahmen mit den gegenwärtigen gesetz - lichen Bestimmungen nicht zu vereinbaren sei: aber wie Macdonald in seiner Red« erklärt hat, bandelt eS sich um längst veraltete gesetz - liche Bestimmungen. Insbesondere müsse die Frage geprüft werden, inwiefern die kommunale Regienirigspolitik finanziell den Bedürf - nissen der armen Bevölkerung entspreche. Die Pfalz-Ereignisse vor der französischen Rammer. SPD. Paris, 16. Februar. (Drahtbericht.) Im Verlaufe der gestrigen Kammerdebatte kam eS zu einer kurzen Aussprache über die Ereignisse in der Pfalz. Ter Abgeord - nete Lefevre führte unter ahberm aus: Die Ereignisse von Pirmasens müßten die Kammer ,um Nachdenken veranlassen. In einem Ort, 11 Kilometer von Frankreichs Grenze, habe eine deutsche Truppe ein Gebäude belagert und gegen die Separatisten gewütet. Tas bedeutet eine Angriffskrast, die für die Zukunft nicht gerade beruhigend wirft. Der Royolist Daudet bemerkte, es sei ein außerordentlich ernste? Anzeichen, daß außerdem noch festgestellt werden könne, daß die französische Behörde eine große Zurückhaltung bewahrt hätte. — Diese Bemerkung ver - anlaßte Poincare. in die Debatte einzugreisen. Er erklärte, die französische Befatzungsbehörde hätte die Neutralität bewnbrt, indem sie so weit wie möglich für die Aufrecktcrhaltung der Ruhe und Ordnung sorgte. Die interalliierte Rheinlandkommission hat einstimmig den Belagerungszustand verhängt und eS ist nicht be - stimmt festzustellen, ob die Ereignisse unS Reckt gegeben haben und ob unsere Alliierten begriffen haben, daß der Angriff von der nationatisttjch-baqr^che^ R egiernng auS- ginge. Am Schluß der Debatte stellte die Regierung die Ver - trauensfrage. Sie wurde ihr mit 315 gegen 235 Stimmen aus- gesprochen. Die Pfalzvorgänge haben in dem Licht, wie sic in Frankreich erscheinen müssen und wie sie von dem nationalen Block miS- gebeutet werden, unzweifelhaft zur Stärkung der Stellung PoincareS beigetragen. Seine Mehrheit in der Kammer ist sehr im Abbröckeln begriffen, aber Ausbrüche de? Nationalismus in Deutschland kommen ihm immer wieder zu Hilfe, und wenn sich herausstellt, daß tatsächlich die bayrische Regierung an der Zu- spitzung des Psalzkonflikts aggressiv mitgewirkt hat, dann hat sie damit nur dem Einfluß PoincareS in der Rheinlandkommission Wieder das Uebergewiust verschafft. ♦ Wieöeraufeichtung Ses pfälzischen Verwaltungs- opparats. Ueber die Besprechung dcS von der Reparationskommission eingesetzten Unterausschusses für i die Pfalz mit Vertretern des pfälzischen KreiSrats meldet das „Berliner Tageblatt" aus Speyer, die deutschen Vertreter hätten die unzweideutige Erklärung ab - gegeben, daß der KreiSrat keineswegs befugt sei, irgendeine Aktion vorzunehmen, der die rechtmäßige Pfalzregierung ausschaltc. Im Laufe der Verhandlungen sei dann folgende Vereinbarung zum Zwecke Der Wiederaufrichtung des Verwaltungsapparates ge - troffen worden: Tie von den Separatisten ausgewiesenen pfälzi- schen Beamten sollen unverzüglich wieder zuruckkchrcn. Sie Rück - kehr der von den BesatzungSbchördcn während des RuhrkampfeS ausgewiesenen Beamten soll nach Prüfung von Fall zu Fall er - folgen. Die in der Pfalz verbliebenen Beamten sollen unverzüg- lich ihre Arbeit wieder aufnehmen. Die von deutscher Seite ge- stellte Forderung, daß die Separatistenherrschaft restlos beseitigt wird, soll Berücksichtigung finden. Zn allen diesen Fragen soll der VerhandlungsauLschutz des Kreistages die Vermittlerrolle zwi - schen der interalliierten Kommission, der Bcvölkcrung^dcr Reick>S- regterung und der bayrischen Regierung spielen. Tie zunächst prövi'oriscken Vereinbarungen unterliegen noch der Genehmigung der psälziscken Regierung, die bekanntlich ihren Sitz nach Heidel - berg verlegt hat. WTB. Speyer, 15. Februar. Gestern nachmittag wurden sämtliche städtischen Vertreter, der Vertreter deS Landkreises und drei Delegierte der pfälzischen Presse von dem von der inter - alliierten Rheinlandkommission eingesetzten Unter suchungS- a u S s ch u ß empfangen. In der Aussprache wurde erklärt, die Kommission sei gekommen, um Ruhe und Ordnung zu schaffen, wobei sie die Unterstützung der Bevölkerung erhoffe. Die Bevölke - rung, welcher Parteirichtung sie auch angchörc, werde aufgefor - dert, mit unbedingter Ruhe die zu treffenden Maßnahmen abzu- toarten. Unruhen, Kundgebungen usw. müßten bestraft werden. Durck eine Verfügung bei Kreisdelegierten der Pfalz wurden sämtliche Sport- und Stubentenbereinigungen im Bezirk Kaiserslautern auf gehoben. In Pirmasens herrscht Ruhe. Die Separatisten wurden unter bem Schutze bet Franzosen zum Teil aus ber Stabt ab« transportiert, zum Teil befinben sie sich noch unter polizeilicher Bewachung. In R « ustadt a. d. H. sinb Arbeiter, Beamte unb Geschäft». Itutc wegen ber Fortdauer der Separatistenherrschaft in den Proteststreik eingetreten, ber restlos durchgeführt wurde. - — ' — Brei vMMMsnM Bolnrares an elnemlage. Die Finanzbebatte in her französischen Kammer geht weiter. Der Abgeordnete Bonnefous stellt einen Abänderungsantrag zu bem Steuererhöhungsentwurf, ber bie Auflegung einer un - verzinslichen Anleihe in Höbe von 4 Milliarbcn Frank, rückzahl - bar für halbjährliche Auslosungen in 20 Jahren, mit Prämien von 500 bis 100 000 Frank Vorsicht. Auf Einwenbungen beS Finanzministers hin wanbelt ber Abgeordnete seinen Antrag in einen Zwangsanleihevorschlag um. Poincare stcllt die Vertrauensfrage. Unter lebhaftem Protest erklärt der Antragsteller, die Vertrauensftage mache ihm bie Verteidigung seines Vorschlages unmöglich. Wenn ihm das Recht hierzu genommen werde, so gebe e s überhaupt kein Parlament mehr. Der Minister - präsident wiederholte die Vertrauensfrage und setzt auseinander, daß lediglich die Regierung bie nötigen Informationen besitze, um die Zweckmäßigkeit von Anleihen beurteilen zu können. Ter An- trag Bonnefous würbe darauf mit 330 gegen 243 Stimmen abgesctzt. Ein weiter von bem Soz. U h r v eingebracktcr Antrag, ber die Steuererhöhung von schärf st er Kontrolle ber in Privtbesitz befinblichen Devisen abhängig macht, wirb von ber Kammer, nachdem bie Regierung noch - mals bie Vertrauensfrage gestellt hat, mit 872 gegen 19 5 Stimmen abgelehnt. Nachmittags würbe bie Debatte über bie 20 %igc Steuer- erhöhung wieder ausgenommen. Die Kammer beschäftigte sich u. a. mit einem AbänderungSantrag LefedrcS. Auch hinsichtlick dieses Antrages, der sich auf bie Auflegung einer fristlosen Prämienanleihe bezieht, würbe, nachbem bie Regierung bie Vor» frauenSfrage gestellt hatte, mit 315 : 235 Stimmen abgclchnt. Poincars hat also im Verlaufe eines SihungStagcs drei - mal die Vertrauensfrage gestellt — gewiß ein ungewöhn - licher Vorgang. Man wird diesen Tatbestand trotzdem nicht überschätzen dürfen und sich davor hüten müssen, darin ein Zeichen übertriebener Nervosität Poincarös oder gar der Schwäche seiner Stellung zu sehen. Gewiß ist Poincaräs borf. DaS sei dock schön. Daß er sich mit Elfriede Kolbe verlobt, gab keinen Stoff zu Gesprächen. Selbstversiändlichl Tas hatte man doch kommen sehen. Johannsen bestickte bie Schule, ließ bie Kinder in Sagner? Klasse aufstchcn unb im Chor sprechen: „Wir gratulieren," brückte ihm fest bie Hand unb sagte: „Ich bin nun neugierig, wie bas mit der Kapelle werben wirb." Er war nach wie vor bahinter her, den Verkehr in Adam SüßengutS „Lustigem Mann" nicht abzubrecken. „Wehrlos macken durch Freundlichkeit ist viel schlauer als durck Streit. Erstens ist eS leichter, zweitens ist «5 bequemer unb drittens ist es sicherer. Man muß sich die Leute vcrrflickten, abe> man muß eS ihnen auch bei gegebener Gelegenheit zeigen, batzl sie einem verpflichtet sinb. WaS ist beim weiter dabei? ee Wochentag? nachmittags sitzt «S sich wirklich mal ganz schön bei Adam. DaS heißt, wenn er ba ist. Er ist hillisch oft auf Reisen. Sonnabend und Sonntag haben wir nichts dort verloren. Da geht jetzt nur Vorsteher Weiße hin. — So was, so was, Herr Saßner. Wenn ich wenigstens noch ehrlich darüber lachen ober fluchen könnte, aber ich bring’« nicht fertig. Kein? von beiden bring’ ich fertig.” — Vorsteher Weiße hatte abermals an Eberhard Ilgner ge- schriclwn und ihm bei Ucberlassung bei Hypothek ein gutes Auf - geld geboten. Flgncr schlug au5. Weitze wusste von voriiherciii, baß der Weg nach Langstadt, den er barauf ging, vergeblich fein würde, aber er ging ihn, machte tm Vorschutzverciii den Vorschlag ihm die erste Hypothek auf die Kapelle abzulassen. Sie lackten ihn aus. Es lag keine Schlauheit mehr in seinem Tun, nicht einmal mehr Wildheit; er war verbohrt, unb Dr. Stein sagte, nachgerabc werbe es pathologisch. Vorsteher Weitze schrieb an bie Cberpofibircltion, bie alte Fahrest fei nicht mehr zeitgemäß. Heute müsse man Kraft- wagen haben, unb bie Hilfsstelle gehöre längst woanbcrS hin, nicht in das vom Torfe abgelegene Kapellenwirtshaus. Er sah klar, bah eS nicht anging, zu verlangen, bie Post möge den Umweg, die Torfstraße herab, den Latzgrcckenwog hinauf biS jum „Luftigen Mann" machen, um dann auf einem schlechten iwlb> woge bie Hauptstraße wieder zu erreichen. Zu seiner eigenen Ueber- rasckuiig fand er Entgegenkommen. Die cbervostLirektion Ührum, wenn eS allgemeinen Wunsch deS CrteS sei, daß die Hilfsstelle ver - legt werde, so stehe ber Erfüllung des Wunsches nichts entgegen, nur müsse bann der Feldweg zur Fahrstraße auSgebaut werden. Weitze trat mit einem entsprechenden Gesuch an die Gemeindevertretung heran. Man lehnte c? rundweg ab. Tic Mäi.ner verstanden, daß Weiße bie Kapelle schädigen wollte, schüttelten die Köpfe, und eS war nickt einer unter ihnen, tn dessen Augen nicht ein Bedauern gelegen hätte. Tie Hilfsstelle blieb, wo sie war, aber bie alte, gute, gelbe Postkutsche verschwand. Mit ihr schied Christian Schuck, der treue, leidgeprüfte uni allezeit fröhliche, von ber Straße zwischen Her - mannsau und Langstadt, mit ihr gingen ein Stück Poesie und ge* mütvoller alter Zeit schlafen. Der Kraftwagenverkehr wurde ein- gerichtet. Christian Schuch war zu alt, umzulernen. Ware er zwanzig Jahre jünger gewesen, er hätt« es auch nicht übers Herz gebracht, statt: Mutz i denn ober: Wer ha: dick, du schöner WaD... mit Kunst und Befühl auf dem Horne zu blasen, den Gummiball zu drücken und in die Wett zu blöken. Christian setzte sich zur Ruhe, butte in Langstadt {eine bescheidene Wohnung gekündigt irni wollte »u feinem Freunde Konrad Angermann nach Hilgenbort ziehen. Dann war endlich Zeit, sich gründlich über den Napoleon au8gu- sprecheii. Heute fuhr Christian zum letzten Male, unb zwar die Streck« von Langstadt nach Hermaniisau. Es war ein atbeitfrmiibcr August- abend. Auf den Feldern standen die letzten, schweren ^Garben, gegeneinander gelehnt, in Puppen. Tie Blätter der Apfelbäume am Wege waren durch den gestrigen Gewitterregen sauber gcwaicken. just, als hätten bie Bäume Christian zu Ehren ihren Feiertagestaal angelegt. Vom Langstädter Walde herein standen an die hundert blitzsaubere, starke Birken hüben unb brühen As Straßenbauiiw. Die waren Christians Lieblinge schon immer gewesen. Einmal weil sie der Napoliinn gepflanzt hatte, bann weil sie entsckncden die Vor uchmsten am ganzen Wege waren und sich immer besonders gaben. E-. ist nicht zu zählen, wieviel Reisende Christian im Winter auf die rauhreifglitzernden, licktüberfprühten Edelleute aufmerksam ge - macht bat. Blies er im Frühjahr den ganzen Weg von Laiigstadt bis Hermainisau Ober umgekehrt, — wenn er an bie Birken kam, legte er das Horn neben sich und nahm di« Lungen ganz voll des herchüßiichei- Duftes. — Langsam fuhr der Postwagen auS Lang- stabt hinaus. Tcr Postmeister reichte Christian bie Hand aut den Bock hinauf. „Gute Fahrt, Schuch, zum letzten Male." . (Fortsetzung folgt)