Weint täglich einmal, aufje* den 2. Feiertagen. ve»t»n-vrel» für «b-o!er o.«l> 'Jlnlbntart. «114 durch b SD oft ,u belieben. Prelle irclbletbenb. Redaktion: iVeblanbftraße H erster Stott. Verantwortlicher Redakteur: Paul Bugdabn. Slltona. «ntelflen.HnnaBme: Ätblanbitraße II. I. Stets. Vuchhanbiung: llrbgefcheh. Vuchbrutkerel-Kontori fcOlanbftrafic 11. erftcrStott KamvurgerEcho «nxMflnibretfe verstehen H4 In (»oibmarf oie isaetoatt 3ientieUe 4f> Tfq Privat» Familien. Anzeigen ■ t> t 1 '«. eiellenonfleboie tto’IMenn-g. Stellengesuche ÄtlPIg. flknir Anzeigen bis U .leit bt< ,teue SOliffl., lob. Ili.letl.<5l l 'g Siekiamez 2 Ult Anzeige» müßen tm coraubober iotort bejooit werden. «nzeigen.Annatime ReBlanbftrafie II iw erste« Stock (bie 7 Uhr abend« für den folgenden tn«) tn den Filialen ib:b 2 Uör> und In allen «nnoneen>$iurcaus. Viag- und Tatenvorlchiisten ebne Verbindlichkeit. e_ui «im "ti r~tr Ur. 50. Mittwoch, den 27. fcbrunv 1924. 38. Jahrgang. Neichstags-^uftösung! ' Im Deutschen Reichstag hat gestern der Kanzler Dr. Marx eine Regierungserklärung abgegeben, deren Kernpunkt in der Wiederholung dessen bestand, was dieselbe Regierung bei ihrem ersten Erscheinen vor dem Reichstag im Dezember vorigen Jahres gefordert hatte: entweder Annahme des Ermächti - gungsgesetzes oder Auflösung! Auch jetzt droht der Reichs - kanzler wieder mit Auflösung,, wenn der Reichstag ihm nicht unbesehen die 70 Notverordnungen, die auf Grund des Er - mächtigungsgesetzes erlassen wurden, als unteilbare Vollmacht in der Hand läßt. Es befinden sich darunter alle die schwer - wiegenden Dinge, mit denen die Geduld des deutschen Volkes auf das äußerste belastet wurde: die rücksichtslosen Abbau - vorschriften, die hauptsächlich auf Kosten der arbeitenden Klassen durchgeführte WährungSmaßnahme, vor allem aber die empörend ungerechte Handhabung des militärischen Aus - nahmezustandes, zu dessen endgültiger Beseitigung die Re - gierung anscheinend noch immer nicht bereit ist. Der Reichstag, der int Dezember notgedrungen das Er - mächtigungsgesetz schluckte, hätte diesmal allen Grund, weniger vertrauensselig zu sein. Er hat sich, als er dem Ermächtigungs - gesetz zustimmte, dl. nachträgliche Kritik an den Handlungen der Regierung und damit die Entscheidung, ob sie noch das Vertrauen seiner Mehrheit genießt, vorbehalten. Es muß also jetzt tn irgendeiner Form zur Stellung der Vertrauensfrage kommen. Herr Marx hat es aber nicht für nölig gehalten, in feiner sehr langen Rede um das Vertrauen der Volksvertretung zu werben; er hat die Verordnungen der Regierung sehr un - genügend verteidigt und auf die ihm bekannte kritische Haltung dar Sozialdemokratie so gut wie keine Rücksicht genommen. Seine Formel bezüglich der Notverordnungen lautet: Friß Vogel oder stirb! Wird der Reichstag sich gehorsam ducken und, um seine Daseinssrist kümmerlich zu verlängern, der Regierung auch weiter die Vollmacht gewähren, nach Belieben zu schalten und zu walten? Oder wird er sich zu einer energischen Kritik an den RegierungSmaßnahmen aufraffen und seine Auflösung er - zwingen? Hermann Müller, der als einziger Parteiredner ant Dienstag noch zu Worte kam, hat in zurückhaltender Form ge - sprochen, immerhin aber deutlich genug erklärt, daß die Sozial - demokratie sich nicht einschüchtern lasse. Wir wüßten auch nicht, aus welchem Grunde sie jetzt einer Entscheidung aus - weichen sollte. Der einzige Grund, den man für eine geringe Hinauszögerung der ReichstagSwahlen noch geltend machen konnte, war der, daß es der außenpolitischen Wirkung wegen nicht gut sei, wenn Deutschland vor Frankreich wählte. Wir haben das unlängst erst an dieser Stelle näher auseinandergesetzt. Nachdem jetzt aber mit einiger Sicherheit darauf gerechnet werden kann, daß das französische Volk am 6. April seine neue Deputiertenkammer wählt, fällt auch dies Bedenken fort. Es wäre sogar vorteilhaft, wenn die Wahlen in Deutschland und Frankreich möglichst gleichzeitig ftattsänden, camit nicht ine nationalistischen Hetzapostel diesseits und jenseits der Grenzen sich gegenseitig Wasser auf ihre Mühlen liefern können. In Frankreich scheint die Wahlparole nicht nur der sozialistischen, sondern auch der demokratischen Parteien klar dahin zu zielen, unter allen Umständen dem nationalen Block des Herrn Poincarü eine vernichtende Niederlage beizubringen und damit Frankreich aus der Sackgasse, in die es sich mit seiner Ruhr- und Rheinpo'.itik verrannt hat, wieder herauSzusühren. _ Diesen Gesundungsprozeß bet unsern westlichen Nachbarn zu fördern, muß das außenpolitische Ziel auch unseres Reichstagswahl. kampfeS sein. Tie allgemeine europäische Lage ist dafür jetzt günstiger als je in den letztvergangencn Jahren. Das ebenso mutige wie offene Vorgehen der englischen Arbeiterregierung macht eS den Regierungen des Kontinents leicht, sich endlich wieder aus die gemeinsamen Interessen aller Völker zu be - sinnen und nur ihnen zu dienen. In Belgien hat dieser Tage noch die sozialistische Partei ihre Bereitschaft, die Regierung des Landes zu übernehmen, erklären lassen. So fände sich vielleicht früher als man es noch vor Jahresfrist ahnen konnte, die Möglichkeit, in den westeuropäischen Ländern gleichmäßig jener Politik der Vernunft zum Siege und zur Macht zu ver - helfen, die zu Pfingsten vorigen Jahres auf dem Hamburger Internationalen Sozialistenkongreß als einziger Weg zur Rettung Europas gerade von den Männern bezeichnet wurde, die jetzt in England zur Regierung gelangt sind, in Frankreich und Belgien vielleicht bald schon dahin gelangen werden. Wenn unter solchen Umständen nicht auch das deutsche Volk eine Ent - scheidung zu treffen wüßte, die seinem eigenen Schicksal frommt/ hätte es das Unglück, das daraus entstehen müßte, erst wirklich selbst verdient. Jedenfalls darf es in solcher Zeit beanspruchen, nicht länger von einer Regierung am Gängel - band geführt zu werden, die so wenig wie der Reichstag, von dem sie gewählt wurde, noch behaupten sann, daß sie die Mehr - heit des Volkes hinter sich hat. Gewiß wird gerade um der künftigen Außenpolitik des Reiches willen der Reichstagswahl - kampf außerordentlich hart und leidenschaftlich geführt werden. Das Wirtshaus zur Kapelle. Roman von Gustav Schröer. H8] „Dieder nicht richtig. Sie sagt: MleS müsse seine Zeit Haben, und was eine ordentliche Witwe sei, die lasse sich dreimal nöligen. TaS hab' ich sa nun getan. Jetzt ist's in der Ordnung. — Christian, lang' mir mal daS Kalbleder her. Da drauS werden die Brautschuhe, und Weihnachten ist. die Hochzeit." „Donner ja, Konrad, ich hab' nicht gemutzt, daß Du noch so jung bist." „Hab' daS selber nicht gewußt, aber eS ist nur von wegen der Gemütlichkeit." „Stein, Konrad. Diesmal ist's daS Herz. — Und nun wünsche :ch Dir alles Gute!" In Hilgendorf rannen und wühlten unterirdische Wasser. Die Latzgrabenleute saßen bei Adam Süßengut zusammen und redeten vom Gemeindewald. „Anno 1635 und 1701 hat ihn die Altgemeinde gekauft? Mag sein, aber wie kann das auf dreihibndert oder zweihundert Jahre gelten? Gemeinde wald, ich sag': Gemeinde Waid! Hiitzt der Wald: Bauern Wald? Wie kommen siebenunddreitzig Hauser dazu, jede? Jahr für sich Scheite und Stocke und Streu zu verlangen, wo an die fünfzig, die auch zur Hilgendorfer Ge - meinde gehören, nichts haben sollen?" Ta mischte sich Adam Siitzengut ein. „Ihr hättet nichts davon? Wa? meint Ihr, wieviel Umlagen wir in Hilgendorf ergeben müßten, wenn wir den Wald nicht hätten? Jetzt sind eS nur fünfundsiebzig Prozent. DaS kommt Euch nicht zugute?" „Adam, in b r Sache zählst Du nicht. Latz den Schreihals ko«, schaff' ein ander Schennnädel her, — eS fängt an. bei Dir langweilig zu werden, und der Heckenreuter geh, mit dem Ge - danken um, im Laßgraben eine Kneipe aufzumachen, — in der andern Sache zählst Du nichts." Vorsteher Weitze kam unregelmäßig. Einmal zwei Abende hintereinander, bann acht Tage lang nicht, toicber eine Woche lang einen Abend um den andern, hernach einen einzigen in der Woche. Er faß allein an seinem Tischchen in der Nähe heS OfenS, rauchte, trank und sah hochmütig und abweisend vor sich hin. Die Laß- Der baprifthe putsth vor -em Volksgericht. Aber dieser Kampf muß so ober so doch einmal durchgefochten werden. Es muß sestgestellt werden, ob die Mehrheit der stimmberechtigten Deutschen sich aufs neue einem revanche- kriegslüsternen Militarismus in die Arme werfen ober ben Weg zu einem wahren unb ehrlichen Frieben beschreiten will. In ber jetzt erst eingeleiteten Debatte zu ber nichtssagenben Regierungserklärung beS Herrn Marx wirb bas hoffentlich befonberS von den fozialbemokratischcn Rednern noch mit aller Entschiedenheit zum Ausdruck gebracht werden. Es ist die Wahlparole, mit der wir jeden Tag ben Kampf aufzunehmen uns bereithalten müssen. Für sie zu werben unb mit ihr immer weitere Volkskreise zu burchbringen, wirb aber auch bann unsere Aufgabe fein, wenn eS aus irgenbwelchen Ursachen in biesen Tagen nicht zur Reichstagsauflösung kommt, fonbern noch mehrere Monate ins Land gehen, bevor bie Wähler zur Entscheidung aufgerufen werden. !!!■ I ■ Geistige Waffen. SPD. Görlitz, 26. Februar. Nicht nur im Wahlkamps in Mecklenburg, auch anderswo führen die Rechts radikalen den Kampf mit den „geistigen" Waffen, wie sie sie verstehen. So versuchte in einer Versammlung in Sa - nitz (Kreis Rotenburg, Lberlausih) einer der rechtsradikalen An - hänger, den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Buchwitz, der in der Diskussion gesprochen hatte, hinterrücks mit einem Bier - seidel niederzuschlagen. Nur der Geistesgegenwart eines dritten war eS zu danken, daß der Anschlag im letzten Augenblick ver - eitelt wurde. Der sozialdemokratische Bezirksvorstand des Agi- tationSbezirkS Görlitz lehnt eS nach diesen Vorgängen in Zukunft ab, für die Versammlungen rechtsradikaler Parteien Diskussions - redner zu stellen. Stärkung üer Selbstverwaltung polnisth- Gberschlestens. WTB. Kattowitz, 26. Februar. Eine Abordnung be$ Schlesischen Provinziallandtages ist bei der Zentralregierung in Warschau wegen Befürchtungen über den Abbau der dem ober« schlesischen Gebiet verliehenen Autonomie vorstellig geworden. Der Erfolg dieses Schrittes besteht darin, daß die Regierung den Erlaß eines Gesetzes über die Ausgestaltung der Autonomie durch den schlesischen Landtag angeregt und sich bereit erfärt hat, einen Gesetzentwurf über die bisher noch strittige Finanzhohest des auto - nomen Schlesien einzubringen. Der notteiöenöe §rank. SPD. Paris, 26. Februar. Nach einer vorübergehenden Erholung hat am Dienstag der Frank erneut eine stacke Abschwächung erfahren. Tas Pfund schloß mit 100,52 gegenüber 90,55 am Montag, bet Dollar mit 23,46 gegen 23,57. Masestätebelriüigung in der Republik. DaS höchste Gericht Ungarn? hat den Gutsbesitzer Rudolf ctufflcr zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt, weil er in einer Rede im Jahre 1919 im Munizipalausschuß des Komitats Raab, den „Erzherzog" Joses beleidigt und damit das Verbrechen der Beleidigung eines Mitgliedes des tzsuiglichess Hauses. Hegau. gen habe. Zwei Gerichtsuistaiizen hatten Kassier ireigrsprochen, daS höchste Gericht aber hob da» freisprechende Erkenntnis auf unb verurteilte. Die Degrünbung sagt, allerdings fei wabr, daß die Revolution den' gekrönten König des Thron? und bk Mit - glieder des königlichen Sauses ihrer bevorzugten staailicben Stel - lung beraubt habe, und weiter habe ein Gesetz vom Jahre 1921 ausgesprochen, daß der Erzherzog, der zum entthronten Hause Oesterreich gehört, aufgehört habe, ein Mitglied des königlichen Hauses zu sein. Doch werde die hergebrachte monarchisch« Staats- torm unverändert aufrechterhalten, wenn auch die ungarische Nation von ihrem Rechte auf eine freie Königswahl bisher tat - sächlich keinen Gebrauch gemacht hat, und derzeit weder einen König noch eine königliche Familie hat. Der Umstand, daß die öffentlichen Beamten der Volksrepublik den Treueid geleistet, daß die Behörden au? ihren Wappenschildern und Siegeln alle Be - zeichnungen der Monarchie und auch bie Krone entfernten, beweise noch nicht, daß ber Angeklagte im Recht gewesen sei. Tie Welt- geschichte lehre, baß der revolutionäre Terror sehr oft auch die Behörden in feine Dienste zwingt. Weis« Richter. Sie leisten der Republik ben Treueid mit dem Vorbehalt des Umschwenkens, sobald Zeit und Gelegenheit sich bietet. Der Vorsitzende deS Gerichts, der dieses Schandurteil ver - kündete, hat in den bewegten Tagen des November 1919 als erster der Republik den Treueid geleistet und die Richter der Kurie zu einer Versammlung einberufen und dort den Antrag gestellt, die Urteile künftighin nicht tm Namen beS Königs-, sondern tn dem der Volksrepublik zu verkünden. Deutschnationalc Wahlwünsche. Tie deutschnationale ReichS- tagSfrallion hat einen Antrag eingebrnchi, der bie Neichsregierung ersucht, mit dem Reichspräsidenten dahin in Verbindung zu treten, daß bet der Anberaumung der Terrnwe für die Reichsiagsmablen auch auf die christlichen Festzetten die gebührende Rücklicht genommen wird. Ferner hat sie einen Gesetzesanirag eingebracht, der eine Abänderung dahin verlangt, daß dre Neuwahl bei Reichspräsidenten gleichzeitig mit den Neuwahlen für den Reichstag staitsinven soll. JnnerpolitischeS Vertrauensvotum für Macdonald. Die Re- gierung Macdonald erhielt am Dienstag in der Aussprache übet die Anfrage wegen der Arbeitslosen unter st ützung ein Vertrauensvotum mit 67 Stimmen Mehrheit. 295 Ab - geordnete sprachen sich für und 228 gegen bie Regierung aus. Die Liberalen stimmten mit ber Regierungspartei. Hitlers öekenntnUe. München, 26. Februar 1924. Gleich bei Beginn der Verhandlung im Pro.pß Hitler-Ludendorff beantragte ber Staatsanwalt AuSsch uß der Dcffcntüt(eit für die gante Verhandlungsdauer, well zu berürdjten sei, .daß Ding: zur Spruche kommen, oeren Erörterung in der öffentlichen Verhandlung toroete Gefahren für den Staat, namentlich in innenpolitischer Richtung, herbcriühren würde". । Tas Gericht beschloß, öffentlich zu verhandeln und nur von Ferungen, die ix den letzten fünf Jahren Teullchlanb mehr zurückgeworfen hätten als seinerzeit der Dreißigjährige Krieg. Hitler begann: Ich kam als l'jähriger Mensch nach Wien und lernte dort drei bcbeutiame Fragen ftuD eren: die soziale Frage, das Rasse ipi oblcm und er otich die marxistische Bewegung. Ich ging von Wien weg als absoluter Sulifcmit, als Todfeind der gesamte« marxistischen Weltanschauung, als alldeutsch in meiner politischen Gesinnung. So kam ich nach München. Nach der Räteregierung schloß ich mich der Natio-u I« so.inlistitchen Arbeiterpartei an, bie damals techs Mitglieder um - faßte. Ich war das siebente. Tie ma-.ristllche Bewegung ist die Lebensfrage der deutschen Nation. Ich verstehe unter Morris- mui eine Lehre, die prinzipiell den Der! der Persön - lichkeit oblebnt, die an Stelle der (Snerg e die Masse setzt und damit zerstörend aut daS Funoament des gesamten Kut rir- lebenS wirkt. Diese Beioegung hat mit ungeheueren In - strumenten gearbeitet, mit der unerhörten Massen- beeinflnssung, die im Verlauft von drei bis vier Jahrzehnten so wi.ken mußie, daß der einzelne ;nm Todfeind deS eigenen BruderS wird, den Franzosen, Engländer oder de» Zrrtukaffer aber den Staber nennt. Dieft Dewegung hat über bie Schwach« ber bürgerlichen Un - einigkeit d.e absolute Brutalität des MachtwiUens gesetzt. Unsere kleine Schar von Natronalso laliftcn war ich Har über einen Grundsatz: süc den, der willens ist, mit geistigen Wassen zu kämpsen, haben wir den Geist, sür den anderen die Fan st. Deshalb unsere Stiirmavleitungen, die aber le ne militärische Be- bemung hatten. 1923 kam dec große öftere Wandel. Nach dem Verlost vom Snargebict und Ober°chiesier.s drohte das dritte Kohlenbecken, die Ruhr, verloren zu gehen. Die völkische Be - wegung trtannte, daß das Ruhrgebiet nicht durch reine Passivität erhallen werden konnte, sondert nur durch bie Wiedererweckung des nationalen Widerstandes. Eine aktive Front in diesem Sinne mußte hinter der Ruhr auf« cebaut werben. T cs war unmöglich, solange man den Burg - frieden ausrechterhicll, und so kamen wir zum erstenmal in großen Zwiespalt mit ber gesamten bürgerlichen Welt in Deutschland. In jcr.cn U V.rsamoilnngen am £7. September vorigen Jahres wollten wir eine Propaganda über ganz Deutsch - land emieuen m t ber Parole: Nieder mit den Ruhrverräter» k Wir wurden aber überrascht durch das Verbot dieser Versammlungen. Herrn v. K a h r batte ich im Jahr 1H2O kennen gelernt, das war, als er nach dem Kavp-Puisch den MlNlsterstuhl bestieg. Kahr hatte auf mich den Sind, uck gemacht, daß er ein braver, ernsthafter königlicher Beamter fei, aber mehr nicht. Ein zweites Mal habe ich mit Kahr kurz in einer Privatumerhaltung gesprochen, seitdem nicht mehr. Die 14 Versammlungen wurde» verboten ohne Angabe von Gründen. Später criuür ich, daß üe verboten worden fe.cn infolge eines drohenden P -tiches unb daß die Ernennung Kahrs selbst zum Generalstaatskommiffar die Fo'ge dieser Ansicht war. Wenn dem so wäre, warum hat sich der Generalstaatskommissar am folgenden Tage nach seiner Ernennung bei mir nicht in der Person eines Kriminalbeamten vorqeitellt unb mich für verhaftet e>klärt? Da- wäre feine Pflicht gewesen. Nichts von dem geschah. Im Gegen - teil. er,begrüßte meinen Vertreter in einer Besprechung sehr freundlich unb bedauerte lebhaft, mich nicht selbst begrüßen }u können. Es geschahen bann Dinge vom Generalstaatskommissar. und zwar zwangsläufig, die nichts anderes waren al« firicgdctflärnngctt gegen daS Reich. ®enn das, waS in Bayern passierte, in einem andern deutschen Staat passiert wäre, so würde 6a» als Staatsstreich beze.wnet werden. Hauptmann Heiß von ber „Reichsslaaze" tn Nürnberg versich rte mir auch feine Ueberzeugung, baß »ahr, Lossow unb Seiftet entschlossen seien, den Stampf tiick ' i ch ts 1 o s und brutal gegen Berlin aufzunehmen und alle Vorbereitungen getroffen würden Tatsächlich war b eS geschehen, unb ich werbe unter Ausschluß ber Ceffenihdrfeit darüber näheren Ausschluß geben. Damals ging ich auch zu Lossow Ich erklärte imn, daß ich nicht ans politischen Motiven käme; beim er sei in meinen Augen politisch ein toter Mann. Lossow hatte ja tatsächlich dem Chef der Reichswehr ben Gehorsam verweigert. Es wat eine Naivität, zu mein n, daß es noch ein anderes gäbe als seinen Sturz oder ben Stampf bis zum äußersten. (£sn Militär in so prominenter St.lluug muß in dem Augenblick, in dem er ben Gehorsam verweigert, unbedingt bis zum letzten schrillen ober aber er muß weg Es gibt kewe Versöhnung. Sonst wäre Lossow ein gewöhnlicher Meuierer unb Rebell. (Bewegung im Publikum.! Diele Ueberzeugung besaß auch Ludendorff, lijfioio erklärte mir, er sehe bas ein, er wisse aber im Augen - blick noch keinen Ausweg. Ich sagte ihm, das Volk erwarte e>was anderes als das, waS Äabr bisher getan habe. Mit so kleinlichen wirtschaftlichen Pflästerchen fei unmöglich eine nationale Bewegung burchzufuhren. Lo > sow gestand mir zu, daß eine Kapitulation gegen bad Reich für ihn ausgeschlossen fei. Aber was wolle man machen; denn Kahr fei nun einmal ba, und eine andere Person komme nicht in Frage Ich vertrat ben Standpunkt daß nur ber Mann Diktator sein soll, der auch wirklich diesen Posten ausslille, unb bas war nach meiner Meinung Poehner. Ich erklärte weiter, ben Kampf müsse er zusammen mit Seiß-r führen, unb an der Spitze des ganzen großen Deutschlands könne nur einer sieben, unb das sei Ludendorff. Lossow gab mir das alliS zu, äußerte aber leine Bedenken insofern, al« nach lemer Meinung noch einige Herren aus Norddeutschland von gröfteier Bedeutung entweder aus der Laubwinschast ober ber Jn- buürie sich an ber Sache beteiligen müßten. Damals versprach ich auch Lossow, daß ich ausschließlich in seinem Samos gegen Berlin hinter iym stehe und ihn nicht verlassen werbe. Vorher hatten mir bereits zwei Herren aus Berlin. Reventlow unb Graefe, brmgenb geraten, mich nicht hmler Lossow zu stellen. Revenilow meinte, ich sollte mich hinter Seeckt stellen. Ich habe aber Lossow unzweideutig erklärt, wenn bie Ereignisse es unmöglich machen, weiter hinter ihm zu stehen, werbe ich freier Herr meines Handelns sein. Ich habe aber niemals mein Wort gegeben. So ;t zu versichern, daß ich hinter dem Generalstaatskoinmissar stände. ?ich habe lediglich die Treuversicherung abgegeben, mich nicht gegen Kuhr und gegen Lossow in ihrer Existenz zu wenden. Tas habe ich dummerweise getan. Im roeiieren Verlaus dieser Verbanilungin trat Lossows S'andpuukt immer deutlicher zu Tuge: Ich bin ent - schlossen zum Handeln, aber ich muft 51 % Garantie für den Erfolg besitzen. Darauf habe ich erklärt: Das hällen Sie früher sagen sollen, Herr General, bevor Sie ben Kampf mit Berlin begonnen haben! Ende Olwber trat bann eine S t i m m ii n g 6 ä n b c r u n g ein. Es 'amen Herren von Berlin, die sagten, General Seecti trage kich ebenfalls mit demGedanken einer D i k tatut. Das erschien Lossow der letzte Strohhalm. Er erklärte, wem, Seeckt aus Ruder komme, bann bleibe zum Schluffe nichts übrig, als daß ich den General Seeckt fresse oder daß Stritt mich frißt. Ich habe erklärt, das letzieie scheine mir nicht aussichtslos. Tat - sache war nun eines: Lossow, Kahr und Seifter haben das gleiche Ziel gehabt rote mir, nämlich bie Reichsregierung , u beseitigen in ihrer heutigen inter - nationalen und parlamentarischen Einstellung unb an ihre Stelle ein antiparlamentarisches Direktorium zu setzen. Wenn tatiä blich unser ganzes Unternehmen Hochverrat gewesen wäre, dann müßten Lossow, Seiftet unb Kahr bie ganze Zeit mit , uns Hochverrat getrieben haben, ba biefe ganzen Monate hindurch nichts an- bere- gcfpiocien wurde, als Las, wofür wir jetzt auf der Anklage bans sitzin. Tie Herren Kahr, Lossow unb Seifter hatten in all den Besprechungen mit unS ihren Willen so flat geäuftiti, cs seh!, ihnen aber nur die Entschujikrast zum Absprung. Wenn Lossow vom Siaatsstieich sprach, wenn Kahr ganz offen erklärte; basZeichen zum Losschlagen gebe ich! dann kann es nur so gebeutet werben, daß sich bie Leute schlagen woll en, aber immer wieber ben M n k verloren. Auch bie letzie Unterredung vom H. November war im Grunde genommen süc mich nichts weiter als die absolute BllräNigung meiner Ueber - zeugung: Tie Herren wollen aber, aber.... Es ging so wie tm Jahre lü^o,wojiahrauch damals mit Hilse eineeSieuinants und IH Mann durch einen Staatsstreich an da« Ruder gelommen in. So entschloß ich midi, noch in der Nacht zum 7. November persönlich ben Anstoß zum Umsturz zu neben. Ich war foiort der Meinung, daft nur ganz wenige in den Plan eingeweiht werden bürsten. Als ich mit Scheub.ier-Nichter darüber sprach, ob man Ludenborff ver ftänbigen tolle, erklärte dieser: Nein Ludendorff bü.ie als Offizier nichts davon wissen. Seine Haltung im Moment deS Lovschlagene sei aber klar. Tenn Ludendorff habe mit Lossow n einals eiroae- anderes gesprochen. D-e geplante Crganvaltoit war so auigezogeri daß bie militärischen Führer bei ftempfbimbei nicht wußten, aus welchem Grunbe sie bie Truppen mobiftsierien. Am 7. Norumber wurde endgültig als Termin der 8. November bestimmt. Wir wußten zulällig, daß Kahr an die ein Tage seine Versammlung abhielt Wenn ich gewußt hätte, baß die Herren um Kahr beabsichtigten, die Sache am 12. November tns Rollen zu bringen, so hätte ich bas am 8. November unterlassen. grabenleute versuchten, ihn mit ihren Neben über ben Walb gn reizen, er saß steif wie ein Pfahl ba, hatte schmale Lippen, kaum baun unb wann ein spöttisches Lächeln um den Mund, überhört« bie Reben unb übersah bie Leute. Bis es ihm einmal zu bunt wurde. Da begann er zu reden, sachlich unb ruhig, aber seine Natur ging zuletzt mit ihm durch. „WaS vor dreihundert unb vor zweihundert Jahren zu Neckt geschehen ist, unverändert bestanden bat unb burch keinen Prozeß je angefochten worden ist, weil jeder Hilgendorfer und jeder Mann aus Laßgraben unb Bärleite zu vernünftig war, nur daran zu rühren, daS soll nicht mehr gelten, weil es Euch auf einmal so paßt? Kann ich nicht mit dein selben Rechte zu Dir ober zu Dir kommen unb sagen; Dein HauS ist mein? Wenn Hilgenborf ist, wie es ist unb waS eS ist, bann danken wir daS dem Walde. DaS käme euch nicht zugute? So dumm, sollte ick meinen, ist keiner, daß er nicht begriffe, baß, wenn der Gemeinde die sechs- oder zehntausend Mark Holzgelb, die wir im Jahre einnehmen, fehlen, daS Gelb anbers aufgebracht werden muß, wenn wir wirtschaften wollen. Wie kann eS anders aufgebracht werden, als durck Steuern? — Ader daS kommt von ber Gutmütigkeit. Härten die Hilgendorfer jeden, der hier anfangen wollte, zu bauen, über die Grenze gejagt und wären unter sich geblieben, baun müßte man sagen, sie waren gescheit gewesen. Jetzt ist es, wie es ist. Sie haben immer nur von der Wand bis an bie Stubentür gesehen, nicht weiter. Frembes Volk hereinlassen, baß cä hernach seine Wirte auffrißt! — Haltet das Maul! Daß ihr mir nick: bange macht, daS wißt Ihr. — ES hat ben Leuten ben Verstand ver - wirrt, daß sie ihre Lehnen und schlechten Aecker al? Bauland ver - kaufen konnten, sie haben sich für klug gehalten unb daS TeufclS- geld in den Sack gesteckt. Narren die! ' Unb wenn burchanS ver- kauft werben mußte, bann hätten sie sagen müssen: Ihr sollt daS Land haben, aber der Gemeinde Hilgendorf werdet Ihr nick: an- gegliedert. Da bleiben bie fiebenunbbreißig unter sich. Wenn Ihr wollt, bann baut Euch neue Dörfer. — Habt'S ja sowieso getan, bloß, daß Ihr ben Hi'gendorferu in den Mantel gekrochen seid wie die LanS in den Pelz. — Mckckl mich nicht falsch, Leute, ick will gemütlich bleiben, aber das sag' ick Euck, haltet da8 Maul, solange ick rede. DaS bin ich nicht gewöhnt, baß mir ba einer zwischen fährt, und — ich möchte nickt grob werden. — Hab! ja so Eure Dörfer für Euch. Warum soll daS eine nicht Saß- groben, daS andere nicht Bärleite heißen? Muß eS gerade Hilgendorf fein? Und haben da? bie Allen schon dumm gemacht, so sachte hätten wir gescheiter werden sollen. AIs der Beier vor reichlich zehn Jahren das erstemal feine Nase hineingefteeft hat, da habe ich gesagt: Leute, macht ein für allemal einen Strick darunter. Es gibt zwei Wege: Entweder teilt ben Wald auf unter die Altgemeinde oder teilt die Einnahme unter die Alt- gemeinde. DaS Holzgelb kommt nicht wieder in die Gemeinde- kasse. So habe ich gesagt. Da haben sie hin unb her gebarmt, haben Angst gehabt, baß bie andern Lärm schlügen und haben mich und die zwei, dic mit mir in die gleiche Kerbe hieben, über - stimmt. Ick hätt’ mich nicht gefürchtet, da verlaßt Euch braus. Ich will nicht wild werden, Leute, aber das sag' ick Euch: Rührt nicht an den Wald, rührt nicht an altes Hilgendorfer Recht! Tut eS nicht, ick mcin’6 gut, Leute. Denkt nicht, baß ich der Gar - niemand geworben sei. Wenn ich gewollt hätte, so wäre ich beute noch Vorsteher. Ich hab’« nicht gewollt. Ein Bauer, ein Hilgen- berfer Bauer aber bleib' kbl" Er hieb auf ben Tisch unb schrie mit bröhnenber Stimme: „Wer an ben Wald will, ber will an mich! Eh' wir Euch wie die Wanzen und wie die Läuse unser Blüt saugen lassen, eher . . . Leute, es passiert ein Unglück. Ich steh' da, und nur über mich weg geht's an daS Holz. — Adam, zahlen." ES dauerte eine Weile, bevor fick die Saßgrabenlcutc wieder in sich selber zurecht fanden. Der ihnen feinen Herrenwillen in die Augen geblitzt, da? war der Vorsteher gewesen auf bet alten Höhe seines bäuerlichen Selbstbewußtseins, in der heiligen Glut der Siebe zu Scholle unb Gemeinde. Tie schwiegen, unb Abam Süßengut freute sich der lebendigen Kraft, bie von bem Manne aufging, ben er, er mochte eS noch so oft abtun wollen, dennoch gleicherweise fürchtete unb verehrte. Für den Abend war es, als sei ben Reden das Rückgrat ge - brochen. ES kam zu einem wüsten Durcheinander von Anschuldi - gungen ber Bauern, Schimpfen, Hetzen, aber das Zielsichere fehlte. Vorsteher Weiße kam nun vier Tage lang nicht zu Adam Süßengut. Seine Worte verllangen tn der Ferne, und das Echo, das etwa noch von ihnen herüber hallte, daS war müde unb kraft- loS. Da wurden die Grabenleute wieder mutiger und zielsicherer. Sie steckten in den Häusern die Köpfe zusammen, redeten auch bei bem Süßengut leiser unb weniger prahlerisch, und wenn der ] Vorsteher einsam an seinem Tiscke faß, dann fielen nur einzelne I zweideutige Worte, die von den Wissenden belacht, vom 'Vorsteher stolz Überhört wurden, aber sie ließen nicht nach. Ter Heckenreuter war in Langstabt bei dem Winkelabvokaten Ender gewesen und hatte dem den Handel Borgciragcn. Ender hakte sich eine Zigarre angebrannt, den Rauch durch die Nase geblasen unb gefragt: „Ist der Wald besitz unverändert geblieben ist etwas dazu gekauft, ist etwas davon verkauft worben?" „Davon sicher nicht, bazu eher." „Bringen Sie mit ben Nachweis, daß, nachdem sich die Sieb hingen in Laßgraben und Bärleite gebildet, bie Leute also ihre Steuern in Hilgenborf bezahlt haben, dazu gesaust worben ist. - Nock etwa?: Ist ba? Holzgelb ein einzigmal unter der Altgemeinde aufgeteilt worben?" „Nein." Der geforberte Beweis wat zu bringen. Dor dreißig Jahren hatte bie Gemeinde dem Heider a<6i Morgen Waldboden ab - gekauft und ibn bepflanzt, vor zweiundzwanzig Jahren dem Bärwald drei Morgen, so noch etliche Posten, ganz abgesehen von den.Käufen, bie weiter zurück lagen, unb von benen man nicht mehr so genau Bescheid wußte. „Ist gut," sagte Ender. .Ick macke Ihnen einen Schriftsatz an bie Gemeinbevertretung. Kostet fünfzehn Mark unb ist ft fort bar zu bezahlen. — Wir wollen e» zunächst in Güte versuchen. Kommen wir damit nicht zum Ziele, baun prozessieren wir unb — gewinnen ben Prozeß." Förster Johannsen lag lange. WaS er anfänglich für einen Beinbruch gehalten, ba» war ein Knöchelbruch, unb Dr. Stein sagte ihm von vornherein, daß er sich auf ein gutes Vierteljahr Hausarrest gefaßt machen müsse. Es kam ein Vertreter, Johannsen faß am Fenster unb sah in da? Winterwetter hinaus, ließ sich Bücker besorgen, empfing die selbstverständlichen Besuche Wagners, SaßiierS, Wohlgemut? und Elfriede KolbeS und de» überraschenden Adam SüßengutS. der c6 für feine Pflicht hielt, sich nach dem Befinden eine? guten alten Gaste? umzutun. Süßengut klagte: „Wenn ich die Laßgraben- unb Bärleiteuleute nicht hätte, dann könnte ich zumachen, und der Vorsteher könnte bie Zinsen in die Feueresse schreiben. — Dabei macht eS mir kein« Freude mehr. Immer nur daS Sticheln, unb sie tun, al? wären sie bie Herren im Hause." ^Fortsetzung folgt.)