, o5 „Hamburger Scho" er» <6eint täglich einmal, nutzer den ». Feiertagen. Bezug-Prei-: mächenilich 0,00 Mart, für Abholer 0,55 Mark. Iluch durch d.Vost zu beziehen. Preise freibleibend. Redakttoni Fehlandstratzeil.ersterDtock. Verantwortlicher Redakteur: Paul Pugdabn, Altona. Anzeigen.Annahme: Fehlandstratze 11, 1. Stock. Buchhandlung: Srdgeschotz. Buchdruckerei.Kontor: »ehlandstratze 11, ersterStock. Ur. 190. Sonntag, den 13. Juli 1924 38. Jahrgang - 10 Pfennig. «-.^igeab^. verllkd-n 1» ^ambnrgerEcho JPWy Ä--, -*" 1 T xäSKja‘4v.c.*' J? v t» allen ilnnoncen-Bureauii. JkBÖW X -. ä» 4 JBL ?>?. und DarenvorfchUfrea ohn« verdtndltchkeir. Prolog zur Londoner Konferenz. Der große Setrug. Erzberger sagte: Millionäre wird eS künftig in Teutschland nicht geben! Wie sticht ver tatsächliche Zustand davon ab. Es gibt kein großes Land, in dem von der Massen - armut sich der große Besitz so gewaltig abhcbt, als Deutsch - land. Wäre Erzbergers Steuergesetzgebung reinlich durch- gesührt worden, so hätten allerdings die Millionäre den Hauptteil ihres Besitzes dem Reich hergeben müssen. Aber die Inflation brachte einen ganz anderen Zustand. Mit Geld, daß das Reich der Industrie und der Landwirtschaft borgte, zahlten die Besitzer ihre Steuern und nach weiterer Ent - wertung trugen sie ihre Zahlungspflicht an die Reichsbank mit lächerlich winzigen Goldsummen ab, ein gleiches widerfuhr allen Hypothekengläubigern; und so steht jetzt der industrielle und landwirtschaftliche Besitz in glänzender Substanz - vermehrung. Auch was der Besitz für die Schaffung der festen Währung leisten mußte, ist ja in Wirklichkeit keine Leistung: Die Garantiesumme ist idiell ausgeschlagen, tzypothekeneintragung auf die einzelnen Vermögensobjekte ist nicht erfolgt, und für die nur abstrakte Garantieleistung be - ziehen die Garantieträger fette Zinsen. Es geht den Wirt- schafisträgern gut, es geht ihnen glänzend. Und nur die eine Sorge um das Betriebskapital drückt sic. Allzuviel ist von ihnen in die Sachwerte gesteckt worden, allzuviel wurde für Substanzverbesserung aufgewendet; was Wunder, wenn jetzt kaum mehr Leihkapital zu erhalten ist und die umlaufen - den Mittel immer knapper werden. Taher das dringende Ver - langen nach Auslandskrediten, daher die Bereitschaft selbst nationalistischer Kreise zur Annahme des Dawes-Gutachtens. Es wird der deutschen Wirtschaft gewaltige Lasten auflegen; aber vielleicht ist eS möglich, auch hierbei einen gewaltigen Betrug zu begehen und so ziemlich die ganze Last auf die aus - gepowerten Volksmassen zu wälzen? Der Plan für Einführung agrarischer Zölle ist der Versuch dazu. Der Dawes-Bericht hat angenagelt, daß in Deutschland die Steuerbelastung des Besitzes viel zu gering ist, und daß die werktätigen Volksschichten entsprechend zu hoch herangezogen werden. Es bekräftigen also Vertreter des ausländischen Kapitals die Anklage, die von den deutschen Sozialisten und Gewerkschaftern immer wieder erhoben wurde. Aber die Reichsregierung ist nicht im mindesten bereit, der Mahnung und Anklage gerecht zu werden. Vielmehr hat Reichssinanzminister Luther im Beisein des Reichskanzlers am Freitag einer Abordnung aller Gewerkschaftsrichtungen er - klärt, daß die Reichsregierung gar nicht daran denkt, die auf den Besitz gelegten Steuerlasten zu vermehren. ^Lediglich solcher bösartigen Steuerhinterziehung, wie sie beim Tode von S t i n n e s durch den sortwirkenden Willen dieses Kapital - magnaten verübt worden ist, soll künftig gewehrt werden. Richt durch die Belastung des Besitzes, sondern durch Besteue- rung des Hungers will die Reichsregierung die erfor- derlichsn Mittel hereinbringen. Die agrarische Zöllnerei soll sie Reichskassen füllen helfen und sie soll das Mittel sein, um die Deutschnationalen mit der Republik zu versöhnen und für das Dawes-Gutachten geneigt zu machen. Dieser Betrug ist größer, als der erste. Sowohl materiell, denn Agrarzöllnerei setzt sich unendlich fort und die durch sie herbcigcführte Belastung steigert sich zu unheimlich großen Summen, als auch ideell. Wenn irgend etwas außer Zweifel steht, so dieses: die größten Massen des Volkes sind durch die Gebarung der Agrarier in den letzten Jahren, als die Nah - rungsmittelknappheit die Macht der Agrarier steigerte, in einen Zustand der Erbitterung gegen die Agra- r i e r geraten. Die Frage, ob Agrarzölle neu eingeführt, wer- den sollen, einer Volksabstimmung unterbreiten, heißt mit ab - soluter Sicherheit die Abweisung eines solchen Planes herbei - führen Das weiß die Regierung. Aber eben deswegen will sie ivie ein Dieb in der Nacht die Wählerschaft überfallen. Dieser Betrug ist so unerhört groß, daß auch Zeitungsorgane der Regierungsmehrheit davor erschrecken. Es warnt.sogar die Deutsche Allgemeine Zeitung, also das Stinnes-Drgan, vor einem solchen Vorgehen. Das Blatt, wie übrigens auch mehr linksstehende andere Organe der Stresemann-Partei betonen, vaß jetzt mehr als je Deutschland die Einigkeit seiner Volks- masien brauche und daß also unter allen llmständen vermieden werden müffe, jetzt einen solchen Zankapfel hineinzuwerfcn. Die Warnung wird nicht im mindesten fruchten. „Das Ge- schäft ist richtig!" Wie eine organisierte Räuberbande haben die in Betracht kommenden Gruppen die Rollen verteilt, und es ist bereits das Verfahren für die entscheidende Abstimmung über die aus dem Dawes-Gutachten sich ergebenden Gesetze festgelegt. Durch Fernbleiben sollen die Deutschnationalen das Inkrafttreten der Gesetze ermöglichen, und der Lohn dafür soll eben die Agrarzöllnerei sein. Auch dies ein ungeheuer - licher Betrug, man weiß nur nicht recht, ob der Betrug, den die Deutschnationalen verüben (denn sie hatten doch ihren ganzen Wahlfeldzug auf die Ablehnung des Dawes-Gut- achtens eingestellt), oder ob der Betrug, den die Regierungs - parteien vorhaben, größer ist. In jedem Falle wird der Wählerschaft ein Anschauungsunterricht von nicht zu über - bietender Deutlichkeit erteilt. Noch ist der große Betrug nicht unter Dach und Fach, und zweifellos werden zu seiner Ver - hinderung erbitterte Kämpfe entbrennen. Aber schon der Plan müßte genügen, um die Wählerschaft dahin zu bringen, daß sie nächstens als ein großes Stampfwert arbeiten, das Lumpen zu Brei stampft. Daß der agrarische Schutzzoll den ihm zugeschriebenen Zweck der Produktionsförderung nicht erfüllen kann, ist schon in unserer Nummer 187 dargelegt worden. Darüber hat die Wissenschaft Sicherheit bekommen. Deutschland konnte aus seiner agrarischen Zöllnerei nicht herausgelangen, solange die gewaltige Rentenbelastung von der Landwirtschaft getragen werden mußte. Die einzige gute Wirkung der Inflation be - steht aber gerade darin, daß sie der Landwirtschaft diese Rentenlast abgenommen hat. Heute be - findet sich die deutsche Landwirtschaft beinahe in der Lage von Farmern, die mit keiner Rentenlast zu rechnen haben, und dabei hat sie den Markt unmittelbar d £ r d e r Tür. Sie muß also durchaus konkurrenzfähig sein, schließlich aber dürfen wir ja auch nicht die deutsche Landwirtschaft als ein ein - heitlich aus den Zöllen nutzenziehendes Ganze ansprechen. Nutzen ziehen günstigenfalls die Besitzer weiter Getreideflächen. Der kleine Bauer, der nicht viel mehr als den Selbstbedars an Getreide gewinnt, hat keinen Nutzen; als Viehzüchter ist er sogar geschädigt, denn selbstverständlich steigen die Preise mit dem Futterbedarf, den er Hinzukausen muß. Allerdings sollen gleichzeitig die Vieh- und Fleischzölle erhöht werden: eins zieht das andere nach sich, bis zum „lückenlosen Zolltarif", der unvermeidlich uns alle Welt zu Feinden macht. Ueberhaupt gehen vom Getreidezoll Schäden nach allen Richtungen aus. Tie Goldmilliarde, die er den deutschen Getreide bauenden Agrariern als Mehrgewinn in jedem Jahre einbringen soll, muß von der gesamten übrigen Wirtschaft getragen werden. Davon muß ein Teil im Preise der Jndustrieerzeugnipe er - scheinen, und also muß der kleine Landivirt, was er günstigen - falls für 100 Zentner Getreide erlöst, beim Einkauf seiner Be - darfsartikel mehr ausgeben. Der Getreidezoll, der angeblich die deutsche Erzeugung steigern soll, wird aber besonders den Export von Jndustrieerzeugnissen hemmen. Geraüc nach An - nahme des Dawes-Gutachtens muß Deutschland sich den Export von Jndustrieerzeugnisien angelegen sein lassen. Wie dürfen wir dann uns den Widersinn der Agrarzöllnerei leisten? In jedem Betracht: der Plan der Agrarzöllnerei ist u n - fruchtbar, schädlich und schändlich zugleich. Dieser ungeheuerliche Betrug fordert den Zorn der Volksmasscn her - aus. V o r a n z u r s ch ä r f st c n A b w e h.r, v o r a n z u m Hieb! . . Protest gegen «grorzöllnerei. Ter Außenhandelsoerband erläßt von Berlin aus eine Prolest- lundaebung gegen die beabsichtigten Agrarzölle, in der es Helpt: Tie deutsche Agrarkrise könne nur gemeinsam mit der allgemeinen Wirtschaftskrise' behoben werden. Tas Mittel der Agrarzolle sei dazu ungeeignet, da sie die Produktionskosten von Industrie, Handel und Handwerk erhöhten, während gleichzeitig die Aufnahmefähigkeit deS Jnnenmarktes zurückgehe. Die Folge sei eine wachsende Ar - beitslosigkeit und verminderte Steuerkraft. Aus allen diesen Er - wägungen müsse der Außenhandelsverband gegen die Erhöhung der Agrarzvlle Protest erheben. Unwille in Amerika gegen deutsche Zöllnern. SPT. Rotterdam, 12. Juli. (Trahtberickit.) Wie in Rotterdamer Getreidehalidelskreisen erklärt wird, haben die Meldungen über die von der deutschen Regierung ge- planlen Schutzzollmaßnahmen bei den amerikanischen Farmern und Getrcidehändlern große Erregung hervorgerufen. Es sind bereits Schreiben der amerikanischen Getreideausfuhrinteressenten bei der Regierung in Washingron veranlaßt worden. ES sollen Gegenmaßnabmen gegen die beabsichtigte dcnlsche ^rchutzzollpolirik angeregt werden, um die Gefährdung der amerikanischen Fnter- esseii zu verhindern. Fn erster Linie wird dabei betont, daß ge - rade die deutsche Landwirtschaft bei der jetzigen Kreditkrife in Deutschland aufs Auslaicd angewiesen sei. Daher sei es widersinnig, wenn die Bereinigten Staaten, die in erster Linie als Geldgeber in Frage kommen, selbst Kredite an TentfÄlaad gewähren und sich damit angesichts der beabsichtigten deutschen Schutzzollmaßnahmen zugunsten der Landwirtschaft ins eigene Fleisch schneiden. Herriot ist in seiner Freitagsrede den Argumenten Poincarcs weit entgegenge£ommen, er har der parlamentarischen Taktik zu - liebe sogar ein stück des Prinzips geopfert. Dafür erntet er Zu - stimmung in den Lrganen der Reaktion und Kritik bei der Lin - ken. Ere Nouvelle sagt, es wäre bester gewesen, wenn Herriot weniger^ Stimmen und mehr Mut gehabt hätte. Luotidien stellt den großen parlamentarischen Erfolg Herriots fest und betont, gewiß seien der Politik Herriots durch die früheren Verhandlungen enge Grenzen gezogen, aber zwischen seiner Po - litik und der Poincarcs bestehe ein tiefer Gegensatz. Fn England wird Macdonald tadelnd angerechnet, weil er zugelassen hat, daß über Verfehlungen Deutschlands auch künftig die Reparationskommission entscheiden solle^ wenn auch mit einem amerikanischen Vertreter gleichsam als Schiedsrichter. Es wird gesagt, die britischen Kapitalgeber verlangten eine end - gültige Garantie, daß leichtfertige -Sanktionen in Zukunft nicht wieder unternommen würden. Wie verlautet, stehen amerikanische Bankiers, die in enger Fühlung und Beratung mit der britischen Finanz stehen, aus eben diesem Standpunkt; sie würden fordern, daß der Dawes-Bericht und nichts als dieser ange - nommen werde. Auch aus Macdonalds Erklärung gehe klar her - vor, daß die britische und französische Auslegung £cr Formel betr. die Reparaiionskommission plus amerikanische Sachverstän - dige zugegebenerweise verschieden seien. Die Franzosen feien vielleicht bereit gewesen, im Falle eines deutschen Verzugs einem amerikanischen ikrtreter der amerikanischen Anleihezeichner eine stimme zuzugestehen, doch hätten sie den britischen Gedanken, daß die Intervention des Amerikaners schiedsrichterlicher Art sein sollte, nicht angenommen. Der britische Premierminister hatte eine fast vier - stündige Zusammenkunft von Mitgliedern der Regierung mit Oberkommissaren der Dominions zur Erwägung von Fragen, die mit der bevorstehenden interalliierten Konferenz zu - sammenhängen. Zum kommenden Montag sollen alle Fragen des Dawes-Berichts im Unterhause zur Sprache kommen. Der s r a n z ö s ch e und englische Geschäfts - träger hatten im Staatsdepartement in Washington ge - meinsam eine Unterredung mit Hughes. Es ist anzunehmen, daß sie sich auf die letzten Besprechungen zwischen Herriot und Macdonald bezogen.. Der ömerJfQnif^e Schah sekretär Mellon ist aus New Aork in Southampton eingetroffen. Er betonte der Times zufolge den rein privaten Charakter seines Besuches. Hergt droht Etresemann. Reichstagsabgeordneter Hergt hat al£ Vorsitzender der Deutschnationalen einen offenen Brief an Stresemann heraus - gegeben, in l>em gesagt wird: Da die alliierten Aiächte ablehnten, den Schlußtermin für Die militärische Kontrolle auf den 30. September festzusetzen und auf bedingungsloser Unterwerfung bestehen, for - dere die deutschnationale Reichstagsfraktion die Regierung auf, das Zugeständnis Born 30. Juni nach Fortfall der Bedingungen als unwirksam zu erklären und die geforderten K o n t r o j l - Handlungen nicht zuzulassen. Zum Schlüsse wird in dem Briefe auf die Folgen h i n g e w i es e u , die eintreten müßten, wenn die Regierung die Militärkontrolle weiter zulaste. Tie Verantwortung dafür laste auf dem Reichsanßenminister. Die Folgen sollen wohl in Uebersällen nakioiralistischer Jüng - linge auf die Kontrolloffiziere besteben. Dafür wird man nicht Stresemann, sondern die Hergt und Genosten verantwortlich machen. Reichskanzler Marx über Reparationsfraae und Bgearzölle. SPD. Berlin, 12. Juli. iDrabtbericbt.) In einer geselligen Zusammenkunft, di« am Sonnabend die Presse und die Reichsregierung zusammenführte, nahm der Zaschistikhe Korruption. Matteotti ermordet, um die Korruption zu verhüllen. SPT. Rom, 12. Juli. iTrahtbericbt.) Teu ermordeten Matteorti haben die Führer der faschistischen Bewegung in Italien wegen ihrer streng geheim gehaltenen Kor - ruption aus dem Wege geräumt. Matteotti bat Kenntnis er - halten über die Schiebungen führender Männer der faschistischen Partei mit dem italienischen Besitz an rumänischen Petroleum - quellen. Tie italienische Regierung hat vor längerer Zeit in Ru - mänien Petrolenmguellen gekauft, nm sich in der Petroleurn- versorgliilg unabhängig Balten zu können. Mussolini Bat ange - ordnet, daß diese Petroleiimquellen durch eine rein italienische Gesellschaft ausgebeuter werden soll. Diese Gesellschaft wurde ge - gründet, alle Aktien befanden sich in italienischen Händen und zum größten Teil in den Händen der Regierung. Mussolini hat sich infolge der notwendigen andern wichtigen Geschäfte nicht darum kümmern können. Durch Vermittlung von Filipelli, des Direktors der Banen Italia wurde ein in Paris befindlicher ita - lienischer Finanzier beauftragt, die Aktien der Petroleunigesell- schaft zu einem über den offiziellen Kurs lautenden Preis zu ver - kaufen. Ter Gewinn sollte zwischen dem Finanzier und den interessierten Beamten des italienischen Ministeriums des Innern geteilt werden. Ter Finanzier verbandelte zunächst mit Ameri - kanern und verkaufte ihnen die Aktien oder unterschrieb wenig - stens ein Verkaufsversprechen. Das Geschäft mit den Amerikanern zerschlug sich jedoch nm Ende, irotzdem der italienische Finanzier persönlich über den Ozean gefahren war. Er knüpfte desbnlb mit einer englischen Finanzgrnppe an, die ohne weiteres jeden Preis für die Majorität der Aktien der italienischen Gesellschaft Reichskanzler Marx in einer Aussprache Gelegenheit, auf die im Vordergrund stehenden Probleme hinzuweiseu. Am schwersten sei die Sorge um unsere Wirtschaft, der wir nach langen Jahren des Leidens und der Enttäuschungen auf Grund des Sachver - ständigengutachtens wieder Freiheit und .Kraft zuführen zu können hoffen. Er müsse leider feststellen, daß die Erwartungen, die nach dem Bekanntwerden der Vorschläge aufgekeimt waren, vielfach wieder ernster Sorge und Befürchtungen Platz gemacht hätten. Wir wußten, daß das Sachverständigengutachten nur möglich und wirksam sein könnte, wenn damit eine neue Aera guten Willens und ehrlicher Verständigung in wirtschaftlicher wie in politischer Hinsicht einsetzen würde. Mit dieser Hoffnung haben wir das Gutachten als eine praktische Lösung der Repara - tionsfrage anerkannt und sofort mit allen Kräften die nötige Vorarbeit für feine Durchführung in Angriff genommen. Poin- care hat in feiner Rede vor dem Senat zu Unrecht gesagt, daß Deutschland noch nichts getan habe, u mdie erforderlichen Gesetze ;ustande zu bringen. Der Geist, der uns bei dieser Arbeit leitet, ist der Geist offener und ehrlicher Verständigung, freier offener Aussprachen, der Geist, der nach Beseitigung aller Hindernisse der Krieg»- und Nachkriegszeit dazu befähigt, mit freiem Blick in das Ange des Gegners zu schauen und einander die Hand zu reichen in dem Entschlusse, endlich den Wiederaufbau Deutsch, (antfe sowohl als ganz Europas zu beginnen. Wir haben mit Freuden vernommen, daß auch in Frankreich eine günstigere Betrachtungsweise Boden gewonnen und haben gern vernommen, daß die Londoner Konferenz einen andern Geist haben werde, als die bisherigen. Durch die Pariser Abmachungen zwischen den beiden Ministerpräsidenten scheinen leider, manche der auf die Londoner Konferenz gesetzten Hoffnungen tzedroht. Es wäre an der Zeit, daß wir jetzt endlich al? gleichberechtigte Berater zu den Perbaiidlungen zugelasten würden. Die Bedingung, die die deutsche Regierung an die Durchführung de? Sachverständi - gengutachtens geknüpft hat, ist, daß dos Gutachten von allen Be - teiligten feinem Inhalt und seinem Geiste nach aufrichtig an-. 1 genommen und durchgeführt wird, Inhalt und Geist des Gut- achtens erfordert die Wiederherstellung eines einwandfreien Rechtszustandes und die Erseichterungen, die zum Wiederailflebeu der deutschen Wirtschaft erforderlich sind. Im Jntereste der Be - friedung Europa? müßten die Alliierten dieser Sachlage durch die Art ihres Vorgehens Rechnung tragen. Davon hänge Deutsck- lands, aber auch Europas Schicksal ab. Zur Frage des Eintritts Deutschlands in den Bölkcrbund äußerte der Reichskanzler, daß seiner ganzen politischen Ein - stellung der Gedanke des Eintritts Deutschlands in den Völker - bund durchaus entspricht, aber als Deutscher müsse er dabei vor - aussehen, daß bei dem Eintritt Deutschlands Wohl und Ehre voll gewahrt bleibe. Darum begrüßten wir aufrichtig die Er - klärung, die Lord Parmoor dem Londoner Vertreter de« Sozialdemokratischen Parlamentsdienstes (stehe Sounabendausgabe des Ifdbo) gemacht hat. Weiter haben wir auch innerpolitische sorgen. Die dem Reichsrat zugesagte Schutzzoll- frage drohe zu lebhaften innerbolitischen Kämpfen zu führen, s-inn und Geist des Schutzzollgesetzentwurfs sei die Rettung eine? wichtigen deutschen Wirtschaftszweiges vor dem Untergang. Er wolle nur betonen, daß es sich bet diesem Schutz, den wir der Landwirtschaft angedeihen lasten müssen, nicht nur um eine Frage der Landwirtschaft, sondern um eine volkswirtschaftliche Frage allerersten Ranges handelt, an der das deutsche Volk das drin - gendste Jntereste habe. Die Not der Landwirtschaft sei beute so groß, daß die Ernährung unseres Volkes dadurch ernstlich ge. fährbet werde. Durch die zu erwartende Wendung im Westen und die Herabsetzung der Umsatzsteuer von 2y, auf 2%, werde das Brot mehr verbilligt, als es durch Einführung von Schutz - zöllen für Getreide verteuert wird. zahlte. Dabei wurde ein Gewinn von 6 Millionen Lire erzielt, von denen 2 Millionen eine italienische „Exzellenz" und die andern 4 Millionen die „Mitarbeiter" erhielten. Matteotti hatte die Beweise für diesen faschistischen Petroleumskandal in Händen, sie befanden sich in den Akten, die er auf dem Wege zum Parla - ment bet sich trug, um am selben Tage in der Kammer die Kor- ruptionsafsäre zu enthüllen. Auf dem Wege zu diesem Borhaben würbe er von den Faschisten angefallen und dann ermordet. Seit bekannt war, daß Matteottt um die Geheimniste wußte, ist der italienische Finanzier in Pari? beauftragt worden, die Petroleumaktien den Engländern um jeden Preis wieder abzu- kaufett. Es scheint, daß Mussolini s e I b st das Geld dafür geschafft bat, um dem gegenwärtigen Regime die Schande zu er» fvaren, • Tie Konferenz bet kleinen Entente hat am 11. Juli in Prag begonnen. Eine besonders dramatische Bedeu - tung dürfte ihr diesmal kaum zukommen, da die leichten Spannungen zwischen der Tschechoslowakei und Jugoslawien an - scheinend verschwunden sind. Vom ersten VerhandlungSrage liegt ein amtliches Communiqnc vor, das üblicherweise nichts sagt. Nur die Stellung zu Sowjet-Rußland scheint zu etwas schwieri - gen Verhandlungen zu führen, wobei amtlich verlautbart wird, daß man beabsichtige, sich der künftigen Haltung Frankreichs an - zuschließen. Tie polnischen Minderheiten-Gesetze, die weit hinter den für den Schutz der nationalen Minderheiten zu stellenden Forderungen zuriickbleiben, wurden vom Sejm endgültig angenommen. Die Abgeordneten der Minderheiten verließen zum Zeichen des Pro - testes- den Sitzungssaal. Der Mann gibt dem Hause und der Familie Namen und äußere Gestaltung; er vertritt das Haus nach außen. Durch die Frau aber werden die Sitten de? Hauses erst lebendig; so haucht sie in der Tat öeni Hause den Odem des Lebens ein. Tie eigenste Weise dec- Haufes, fein individueller Charakter vvird fast immer bestimmt durch die wie entsteht ein Gesetz l SPD. „Nach dem Gesetz" haben Frau und Kinder als Fmuilien- namen den Namen des Mannes zu tragen, „nach dem Gesetz , bat der Vater die elterliche Gewalt über die Kinder. „Nach dem Gesetz dürfen Kinder unter 13 Jahren in Fabriken nicht beschäftigt werden. „Nach dem Gesetz", dem Jugendwohlfahrrsgesetz nämlich- werden fetzt Jugendämter eingerichtet. Wie entstehen beim diese Gesetze, die doch nicht etwa ein Teil der natürlichen Ordnung sind? Wie fangen wir es an, an die Stelle schlechter Gesetze bessere zu stellen? Wir wollen hier nicht von der Notweitdigkeii sprechen, öic_ aus Der Entwicklung der Gesellschaft sich ergebend zu bestimmten Gesetzen führt, nicht etwa davon, wie die sBürgerfamilie entstand und wie sie lebt und wie und warum das Familienrecht, das- wir heute haben, auf sie zugeschiiitten wurde, nicht davon, wie Ueberarbeit und Ver - wahrlosung der Großstadtjugend zu Schutzgesetzen führte. Wir wollen die Formen betrachten, unter denen ein Ge » ieb zllstandekommt. Sie sind für die politische Praxis von Bedeutung, denn in ihren Grenzen vollziehen sich die Känipfe der Klassen der Gesellschaft um neues Recht im -staat. Diese? Recht regelt für eine Weile, bis unter veränderten Machtverhältnisteil Neues gesckaffen wird/di« Beziehungen einzelner Mensche» oder bestimmter Menschenkalegorieii lmtereiiiander, oder ihre Beziehungeii zum Staat, Die Gesetzgebung in Deuljcküand vollzieht sick, noch de» Bestim. mu»gen der Reichsverfastung, die am ll.August 1010 i» Weimar be- ichlossen wurde. Es gibt Gesetze, die alter sind als die Reichsverfastimg und die auch, wenn sie mit programmatische» Bestimmungen der Reichsverfastung in Widerspruch stehen, »och gelte», weil sie durch neue noch nicht abgelöst sind und ei» rechtloser Zustand unmöglich nt. Dazu gehört auch das- Bürgerliche Gesetzbuch, das das Familienrecht, also das Eherecht und Vas Recht der Eltern und Kinder regelt, und dos von 1900 stammt, Tie Reichsverfastimg stellt genau fest, für welche -stosse bat? Reich Die Gesetzgebung hat, im Gegensatz zu den Stoffgebieten, _ die .'c_r Ländern Preußen, Bayern, Sachsen usw. bleiben. Tie Gesetzgebung m der Mutter-, Säuglings-, Kinder- und Jugendwohlfahrtspflege zum Beispiel steht dem Reich zu. Tas Reich sann ein Gesetzgebinigsrccht auf alle Gebiete ausdehnen, weil die Verfassung ihm nicht nur ein - zelne ausschließlich oder unter Vorbehalt zuweist, sondern auch sagt, daß ReichSrechl Laitdesrechl brickii, Weim wir also die Notwendigkeit eines Gesetzes für das ganze Deutsche Reich feststellen auf einem Ge - biet, das bisher den Ländern Vorbehalten mar, wie etwa der Lehrer - bildung, so töniKn wir nach der Verfassung ohne weiteres ein Reichs - gesetz fordern. Die gesetzgebende Körperschaft für das Reich ist der Reichstag, dessen Wahl itnd Zusammensetzung als bekannt vorausgesetzt wird. „Tie Reichsgesetze werden vom Reichstag beschlossen", sagt die Reichs- Verfassung. Tie Anregung dazu kann aus der Mitte des Reichstages kommen, also von einer oder mehreren Fraktionen, wie Die Gruppen der Abgeordneten einer Partei heiße». Wen» also bic, Frauen die Strafbarkeit der Abtreibung als unerträglich empfinben, so müssen sie die Abschaffung bes Paragraphen des Strafgesetzbuches durch ein Ge - setz verlangen, weil ein bestehendes Gesetz oder Teile eines bestehrn- beu Gesetzes nur durch ein neues aufgehoben werden können, ste müssen aber gleichzeitig eine Partei finden, die jm Reichstag einen entsprechenden Antrag stellt. Tie Fraktion der Sozialdemokratie hat einen solchen Antrag gestellt. Anträge, die die Regierung einbringt, die sogenannte» Gesetzesvorlagen, bedürfen der Zrissiinmung des Reichsrates. Im Reichsrat sitze» nicht die aus ber Wahl hervor» gegangenen Volksvertreter, sondern die Vertreter der Regierungen der deutschen Lander, preußischer Provinzen. Wenn nun also die Regie - rung ein Gesetz für erforderlich hält, wie seinerzeit das Jugendwohl - fahrtsgesetz, so bearbeitet da? zuständige Ministerium de» Entwurf. Es hält dabei Fühlung mit de» Landesregierungen, mit Sachverstän. tilgen und interessierte» Volkskreisen. To geschah es auch beim JugeudwohIsabriSgefetz. Tan» wurde es, wie alle Gesetze, dem Reickskabinett zum Beschluß vorgelegt, das dem Entwurf zustimmte. Im ReichSrat wurden dann Aenderungen des Entwurfes gefordert, weil Lie Länder nicht ihre Rechte an dos Reich abtreten wollen. T:e Regierung hat dann, wie das die Reichsverfastung für deit Fall, daß eine Einigung zwischen Regierung und Reichsrat nicht zustande kommt, vorschreibt, ihre Paragraphen und die des ReichSrates nebeneinander gedruckt, dem Reichstag borgelegt. Im Reichstag muß ein Gesetz drei Lesungen pafgercn. Rack der ersten Lesung, in der die Fraktionen ihrer Renmng dazu :m all gemeine» Ausdruck geben, gebt das Gesetz in der Regel an einen AuS- schuß, einer Körperschaft aus etwa 28 Abgeorbnete», ber die einzelnen Tinge berät und Beschlüste saht. Sie vom Berichterstatter im Plenum bei ber zweiten Lesung vorgetragen werden. Tie brüte Lesung bringt bann die Eudabstnnmung über Sa? ganze Gesetz. Kürzlich, Beim Gesetz zur Bekämpfung der GcicklecktskraiikBeiien, Bat ber Reichsrat bas Boni Reichstag beschlossene Gesetz nachträglich abgelehnt. Tamit galt verfassungsmässig bas Gesetz ab? nicht zustande gekommen. Der Reichstag hätte allerdings mit Zweidrittelmehrheit bas Gesetz rechtskräftig machen können. Tie war aber dafür im Reichstag nickt vorhanden. Ter Reichspräsident hätte es zum Volks - entscheid stelle» föiiitc», bas Beißt zur Abstimmung nicht im Reicksiag, sondern durck die Stiinrnberechtigteii im Volk. Er Bat es nicht getan angesichts der schweren außettpolitiscke» Fragen, die damals wie heute alle politisch Teukenden überwiegend in Anspruch nehmen. Ta alle schwebenden Gesetze mit Ablauf bet Gesetzgebungsperwde erledigt sind, war e? auch diese? Gesetz mit aller darauf verwendeten Arbeit vor den Wahlen vorn 4. Mai. Turck Volksentscheid kann euch ohne Tifferenz zwischen Reichs- tag und Reichsrat über Gesetze abgestimmt roerban, wenn der Reichs- präsident ei dazu bringt oder ein Zehnte! der Stimmberechtigte» es fordert. Wen» also genügend grntte» Volksentscheid über zum Bei - spiel die rechtliche Gleichstellung von Man» und Frau fordern »nd dazu ei» Gesetz vorlegen, so muß die Regierung das Gesetz dem Reicks - tag borlegc» und, nimmt er e? nicht unverändert an, zur Volks - abstimmung bringen. Der Haushalt des Reicbes. seine Einnahme» u»b Ausgaben, wer - den jährlich vom Reichstag »ach einer Vorlage ber Regierung Beraten und beschlossen. Tie Steuern allerdings Wersen besonders beraten und beschlossen und nur ihr Erfrag auf der Einnahmcfeitc des Reichs- Haushalts angeführt. Sind die Gesetze beschlostet:. so müsse» sie d»rchgef»hrt werden. Wie das gefckieBk, soll ein andermal behandelt werden. Hedwig Wackenheim. Zrauen als verbrecherknnen. Die Statistiken, die »ns Auffch'uß geben über die Verurteilung von Verbrechern, zeige», baß Frane» viel seltener als Männer Ver - mache» begehen. I» den Jahren vor dem Kriege waren von je 100 Verurteilten im Durchschnitt 15 bis 20 weiblichen Geschlechts. Während des Krieges, als der grüßte Tei! Der Männer mittleren Alters zum Kriegsdienst eingezogen war, »ahm der Anteil der Frauen an Den Verurteilten zu. Allgemeine Statistiken Über die Verurteilun- je» in de» Nachkriegsjahre» sind noch nicht veröffentlicht.^ Nur für Bayern wurden kürzlich einige Zahle» bekaanlgegeben. Danack be- - cug Der Anteil der Fraiiei, an den Verurteilten im ersten Vierteljahr 1924 19%. In der Hauptsache erfolgen die Verurieiluiigen von Frauen wegen Verbrechen, die sick aus der Mutterschaft (meistens der unehelickens ergeben: KindcSmord, Aussetzung, Abtreibung. Ferner sind Kuppelei, Hehlerei, Vergiftung, einfacher Diebstahl. Meineid und Verletzung fremder Geheimnisse die Baupisächlichsteii Verbrechen ober Vergehen, bei denen nur 100 Verurteilte mehr als 15 % Frauen kommen. Bei allen Verbrecken Der Gewalttätigkeit Bleibt die Zahl ber verurteilten Frauen naturgemäß nock Bedeuten!) Sinter dem Durchschnitt von 15£c zurück. Der Alkoholgenuß, der so häufig Männer auf Den Weg Bei- Verbrechen? treibt, spielt bei den Frauen glücklickerweise längst nicht Dir gleiche Rolle. Die Zunahme der Zahl der erwerbstätigen Frauen war eher mit einem Rückgang als mit einer Zunahme der weiblichen Verurteilten verbunden. ,flber 7hr entflammt öke öegehrlkchkeit ♦ . / Aber ihr entflammt die Begehrlichkeit und die Sehnsucht, ihr So - zialisten, ihr zerstört die Zufriedenheit, die Zuftiedenheit, Die Zu - friedenheit — fragen die von der satten Tugend und zahlungsfähigen Moral, die gleichzeitig den Morst» Luther al? Helden feiern, do et Den alten Seuten Die Rube der Seele und die Zufticdenhest grünDlicb raubte, als er ihnen den „Glauben" nahm. Daß sie sich mit dem Ab - laßgeld aller Sünden ledig kaufen könnten. Jawohl, wir er. stammen Dif Sehnsucht nach der Schönheit Selbem Altar, wir Sozialisten, und Lassalle? Wort gilt: „Die Bedürfiiislosigkest ist die Tugend des indischen Säisten- Heiligen und deS christlichen Mönches ; aber vor dem GeschicktSforscher und vor dem Nationalökonomen, da gilt eine andere Tugend. Fragen Sie alle NationalLkonomeii: welches ist ba? größte Unglück für ein Polk? Wenn es keine Bedürfniffe hat. Denn diese sind ber Stachel seiner Entwicklung und Kultur. Darum ist der neapoiitanische Lazza- rone so weit zurück in der Kultur, weil er keine Bedürfnifle hat, weil er zufrieden sich ausstreckt und in der Sonne sick wärmt, men» er eine Handvoll Makkaroni erworben. Warum ist bei russische Kosak so weif zurück in der Kultur" Wei! er Talglickte frißt und froh ist, wenn er sich in schlechtem Fistel berauscht. Möglichst viel Bedürf, niste Baben, sie aber auf ehrliche und anständige Weise befriedigen — da? ist die Tugend der heutigen, der ncetionalökonomischen Zeit." Bormbeck. Genossinnen! Dienstag, 16. Juli, machen wir mit unseren Kindern einen Ausflug nach Poppenhüttel und weiter nach den Safcter Wühlbergen. Wer Reifenspiele usw. besitzt, bringe sie mit, Treffen pünktlich 8 Uhr: Barmbecker Bahnhof. Kosten für Hin- und Rückfahrt 30 4, Kinder 10 4.