6 aS „(lamburfler J4»" er« jeint tägltd) einmal, nutzer »en 2. Rciertagen. ve,ug«vrei»! monatlich 2,25 Tlart, wöchentlich, 0,55 Mark, für flbhour 0,50 Mark. Buch durch b.Toft ,u beOetzen. Preise treibleidend. Redaktion: Fetzlandstratzelk erster StoL Fernivrecher: Elbe 1691/1698. Verantwortlicher Redakteur: Paul Bugdahn, Altona. Buchhandlung: Lrdgeschotz, Vuchdrulkeret-Kontor: Fehlandstratze 1t, erster Stock. »l«;tlvkn,«frprets io Vfrnntg. LamvurgerEcho HnitlgenOreil« verstehen fIG in »vldmark: dte iigelDalL Petituile 40 Psg «ribart gamllirn . An,eigen 20 PIg. ikteUennnoedole 254!fennifl, Stellen, esnche 20Psg Kleine Anreize» dis 8 Aeil. die Zeile 20 PI«., »O d. 15 Zeil.25 Pla. Reklame, • Mk «»«eigen müssen im norausoder'osori de,ah« werden. «>|ii|ea>*ai>|ai gehlandstratze 11 im ersten -lock (»i» 7 Ntzr abend» kttr den solgenden Taa) in den Filialen (611 9 Nhrs und in allen Nnnoncen-Vureou». Platz- und Datenvorschrtsten ohne verdlndlichkeit Ur. 278. Donnerstag, den 9>Olrtol»er 1924. 38. Jahrgang. Mdmlt mit 364 gegen 198 stimmen geltnni Born Wellen mm Odilen litt in bei üegietnngslffle sichern. .Lumpen, Knochen!" (Gchlub folgt.) mit denen er zweifelt, daß der Soldaten sich die Rcichs- „Kaut- Bevölkerung in jeder Beziehung so gut als möglich Das — nichts anderes ist der. Sinn ihrer Taktik. Bon diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, dürste Fraktion mit den dehnbaren Formulierungen des kanzlerS, die übrigens von der Deutschen Zeitung als Erklärung der Strafvollzugsbcamten, über den Fall konferiert hatte. Die Erklärung be- Campbells Artikel eine Aufreizung der Meuterei sei, und daß die Strafverfolgung lediglich der kom- Ge> von Besprechungen jiattgefunden hätten, und daß die vor dein richishvs abgegebenen Erklärungen in voller Kenntnis Hastings erfolgt seien. Nach Sic Robert Horne erhob sich der Attorney-General Sir Patrik Hastings, schuk" und „unannehmbar" für eine nationale Partei bezeichnet werden, nicht einverstanden erklären. Gewiß mögen die Richt - linien dem von Dr. Marx und seinen Ministern in den letzten Monaten verfolgten Regierungsprogramm entsprechen. Aber sie lasten in der Praxis die verschiedensten Auslegungen zu, und deshalb war es zunächst die Aufgabe der Sozialdemokratie, in Verfolg der von ihr eingeschlagcnen Taktik, Klarheit über den eigentlichen Sinn der Richtlinien zu schaffen. Einen der - artigen Versuch hat unsere Fraktion in einem Brief unter - nommen, der als Antwort auf die Richtlinien des Reichs - kanzlers zu betrachten ist und der am Mittwoch abend zwischen 7 und 8 Uhr der Reichskanzlei übermittelt wurde. Vor allem bedarf der Absatz 1 der Richtlinien einer grundsätzlichen Ergänzung. Er spricht wohl von der Reichsverfastung als der „rechtsverbindlichen Grundlage des staatlichen Lebens", vermeidet aber mit Vorsicht, den Boden, auf dem sich dieses staatliche Leben vollzieht, offen beim Namen zu nennen und von der deutschen Republik zu reden. Als staatserhaltende, republikanische Partei hatte die Sozialdemo - kratie allen Anlaß, in diesem Falle um die notwendige Auf - klärung zu bitten und darauf zu verweisen, daß die Deutsch - nationalen, insbesondere ihr Führer Schlange-Selsöningen erst vor wenigen Tagen in Braunschweig die Revanche gepredigt und als das Ziel der Deutschnationalen die Monarchie hingestellt hatte. Auch die außenpolitischen Richtlinien des Reichskanzlers sind in der vorliegenden Form durchaus dürftig. Sie werden, falls sie in ihrer bisherigen Formulierung jemals praktische Bedeutung erlangen sollten, nur den französischen Nationalisten die Arbeit erleichtern. Es ist deshalb gerade mit Bezug auf das Ausland notwendig, ganz offen von der „gradlinigen Fortführung der bisherigen Das /lbftimmungsergebms. WTB. London, 9. Oktober. (Sonderdepesche.) Die Negierung ist gestürzt worden, nachdem der konservative Tadelsantrag mit 359 gegen 198 Stimmen abgelehnt, der liberale Antrag mit 364 gegen 198 Stimmen angenommen worden war. Negierung der Arbeiter sich so lange hat halten können. Die Wahlen vom 6. Dezember 1923 hatten der Arbeiterpartei keine Majorität verschafft. Die konservative Partei war die stärkste Partei geblieben — nur die liberale Partei war schwächer als die Arbeiterpartei geworden. Man muß die parlamentarische Konstruktion der Arbeiterregierung genau beachten, wenn man ihre Leistungen und ihren jetzigen Sturz beurteilen will. Wie konnte die Arbeiterpartei überhaupt zur Macht kommen? Wie gelang es ihr, als Minderheitspartei sich vom 22. Januar 1924 bis zum 8. Oktober 1924 in der Macht zu behaupten? Erinnern wir uns, daß im Januar niemand der neugebildeten Regierung Maedonald ein .langes Leben zutraute. Daß sie, wie man sagte, von den Gnaden der Liberalen leben mußte, war klar. Daß sie, von den Gnaden der Liberalen abhängig, nichts ohne diese würde unternehmen können, schien wenigstens klar. Aber, daß sie nun ihre bald zehnmonatliche Regierung mit einem gewaltigen Ueberschuß an außenpolitischem Erfolg abschließen kann, das haben sehr wenige erwartet; denn nicht nur Gegner, sondern auch Sozialisten aller Länder mußten sich fragen: Kann Labour regieren? Am 13. November 1923 hatte Baldwin die Auflösung des Parlaments angekündigt, da er, rote er angab, den von ihm für nötig erachteten Uebergang zum Zollschutzsystem nicht ohne Befragung des Landes vornehmen wollte. Das klang nicht unehrlich. Der Kampf zwischen Protektionismus (Zoll - schutz), und Freihandel ist im Laufe des 19. Jahrhunderts .zu einer politischen Prinzipienfrage ersten Ranges geworden, Damit der Leser eine sichere Unterlage für Vergleiche und Erwägungen gewinnt, geben wir unten den Wortlaut der Richt- Knien des Kanzlers und die Fraktionsantroorteii wieder, die die zweite Phase in der Entwicklung der Krise abschließen. Der aufmerksame Leser wird besonders ans dem Brief der sozial - demokratischen Frakiion und den Entschließungen erlernten, daß die Gegensätze nun doch etwas schäriec zutage treten. Das deutlichste Zeichen der Krisenverschärfung scheint uns jedoch Stegerwalds Linksschwenkung zu sein. Am Dienstag abend hatte die Germania einen Artikel gebracht, der Besorgnisse auS» drückt, daß besonders in den proletarischen Schichten der Zentrums- Wähler das Urteil sich verwirre, Stegerwald gelte bereits als ein Reaktionär schlimmster Sorte, Wirth als angehenrer Sozial - demokrat. Die Befürchtung des Abschwenkens proletarischer Zentrumswähler zur Sozialdemokratie ist dem Artikel anzu- meilen. Der Einfluß der alten Zeutrmnstradition erweist sich nun so stark, daß Stegerwald einschwenkt. In seinem Blatt Der Deutsche wird der dem Deutschnationalen Handlungsgehilfen- verband nahestehende Chefredakteur von seinem Posten entfernt und Stegeiwald selbst nimmt mit seiner Forderung der Reichstags - auflösung Stellung gegen die einseitige Regierungsverbreiterung nach rechts. Bis jetzt also hat die Taktik der Sozialdemokratie guten Erfolg. Der Brief der Fraktion an den Reichskanzler wird die Dinge roeitertreiben. Erklärend sagt die SPD. dazu: Die Sozialdemokratische Fraktion billigte die von den Genossen Hermann Müller, Otto Wels und Hilferding gewählte Taktik und erklärte sich unter Bestätigung der Aeußerungen, die von der sozial - demokratischen FraklionSleitmig dem Reichekanzler gegenüber bereits gemacht worden find, zu weiteren Verhandlungen bereit. Diese Billigung der Verhandlungsführung bedeutet eine vollkommene Uebereinstimmung mit dem Ziel, das die Fraktionsleitung bisher verfolgt hat, und dem Ergebnis, das die Fraktion von den jetzt geführten Verhandlungen wünscht. Fraktionsleitung und Fraktion wollen den Bürgerblock, die Volksgemeinschaft der Ausbeuter, verhindern und die Rechte der arbeitenden reiche Häuser streng und kalt aus ihn herniedersehen, da? würde doch wohl nichts für ihn sein, denn immer, wenn er in einer reichen Gegend arbeiten muß, fühlt er sich ganz klein und ge - brochen. Mitunter bleibt er stehen, um so ein schönes Haus mit großem Balkon voll Blumen anzustarren und dann läßt er Plötz- lich den Kopf sinken, schämt sich — und schiebt den Karren in eine Seitenstraße, ohne daran zu denken, daß der Kompagnon mit einem Sack Eingekauftem kommt und ihn nicht findet. Einmal sogar wären sie beinahe Feinde geworden. ~a8 war an einem warmen FrühjahrSabcnd. Das reiche Villenviertel lag verlassen, einige Sonnenstrahlen schossen vor ihrem Abschied über die stolzen Giebel. M und zu ging eine Gouvernante vorbei, mit einem Kind, das ein Spielzeug-Hündchen in seinem Aermchen hielt, und verschwand dann hinter irgend einem HauS- tor. Irgendwo stand ein Fenster offen und man hörte Klavier - spiel. Es waren still«, sanfte FrühkingStöne, die sacht dahin- starben. Es klang wie ein Lied, worin eine alte Frau die Tage ihrer Jugend beweint. Sie sehnt sich zurück nach den sommern voll Jugend, Uebermut, Bällen, Tennispartien. Tie Töne tour, den weicher, trauriger, — und still horchend spürte er einen frem - den Schmerz in seinem Herzen. Er schloß die Augen und merkte nicht, wie er sich weiter und weiter von seinem Karren entfernte. Töne wurden plötzlich in ihm geboren. Töne, die kein Mensch hören kann, zaubert die Seele auf die Lippen. Aber immer ist es das Wiegenlied seiner Mutter, das er singt . . . denn allein die Wiegenlieder begleiten den Menschen und je tiefer und reifer dis Seele ist, je schmerzlicher da? Leid, desto stärker die Erinnerung an diese Lieder. Dann kommen die Töne und heben ihn empor Über alle Dinge dieser Erde .... lind auf einmal hört er deutlich die Stimme seiner Mutter. „Leiserchen, Leiselieb, weh mir, daß ich das erlebe. Du Englische Neuwahlen! (S o n d e r d e p e s ch e.) WTB. London, 9. Oktober. Der König hat die Auf - lösung dos Unterhauses genehmigt. schweifst da herum in fremden Städten, zerlumpt und verkommen. Wie siebst Du aus, mein Kind . . . Leiserchen? . . . Wer macht Dir Tein Bett? — Wer hilft Dir beim Waschen und Ankleiden? — Westen Augen wachen, daß Dir kein Unglück widerfährt? — Wer geht mit Dir spazieren im Schatten der Bäume, wenn es heiß jst» _ Wer wiegt Dich in Schlaf und erzählt Dir Märchen, die Tu so gern hörst? O Leiser, Leiserchen!" Die Töne verklingen sacht, und die letzten Worte, so weich und zart, als hörte man das Mutterherz meinen. Plötzlich ist alle» weg; die grobe Stimme des Kompagnons ruft: „Bist Du verrückt geworden? Eine halbe Stunde lang laufe ich schon, Dich suchen, und Du stehst hier in einer andern Straße und singst? Du müßtest einen Vater haben, der Dich zu Ver- stand bringt! So bedank ich mich für ein Zusammenarbeiten mit Dir!" Leiser erwacht und geht beschämt mit dem Kompagnon zu - rück an den Karren. Eigentlich hat er vollkommen recht. Es ist dumm, närrisch und nicht in bet Ordnung, den Karren allein zu lasten. Darum kann er sich auch nicht verantworten. Aber dennoch verdrießt e» ihn, und et könnte fast meinen . . . Der Kerl ist doch gemein ... er beutet ihn nur auS Vorige Woche hat er ein paar alte Schuhe gekauft für ganz billige» Geld. Nach- her, bei der Abrechnung, hat er einen höheren Preis dafür ge- nannt. Zufällig hörte Leiser auch von dem Händler, der dann von chm die Schuhe kaufte, was er dafür bezahlte — wieder übet- vorteilte ihn dabei der Kompagnon. So ein alter Dieb . . . ver- dient nichts Besseres, als daß man ihn stehen läßt und fort, läuft . . . Allein käme er nicht vorwärts. Er kann nicht au», rufen. Ueborhaupt kann er nichts weiter als schachern und betrügen. Nein, so geht es nicht, wirklich nicht ... Und doch, er weist nicht, was da» ist, bann sieht er das bleiche Antlitz seine» wundernswerten Arbeit psychologischer Beruhigung begann sie. Am 26. Januar schickte Macdonald fein erste» Schreiben an Poin. care, mit dem in die verbitterte und vereiste Stimmung der kontinentalen Politik Bresche gehauen wurde. Einige Tage darauf kam die erste Aufforderung an Deutschland, in den Völkerbund einzutreten. Am 1. Februar wurde die Somjctregierung aner - kannt. Am 14. April wurde die russisch-englische Konferenz er- öffnet, deren Ergebnisse vom 16. August zwar ebenfalls bitter umkämpft, dennoch der Welt ein Stück Beruhigung brachten, da» sie so bitter nötig hat. Am 15. April wurde der Vertrag von Lausanne ratifiziert, der endlich einmal das türkische Problem zu einer gewissen Lösung brachte. Und vor allein wurde am 16. Juli die Londoner Konferenz eröffnet, deren Schlußprotokoll am 30. August unterzeichnet wurde. Heute ist da? Reparations - problem einer vorläufig haltbaren Regelung entgegengeführt, tn Außenpolitik" zu sprechen. Die gleiche Klarheit erfor - dert Deutschlands Stellungnahme zum Völkerbund. Warum soll hier nicht ganz offen ausgesprochen werden, was der Reichskanzler schon früher erklärt hat? Schon vor Wachen ist aus seinem Munde wiederholt das Wort gefallen, daß Deutschland unter gewissen Voraussetzungen so schnell als möglich den Eintritt in den Völkerbund vollziel-cn will. Wir haben diese Erklärung gebilligt, weil auch wir an den Eintritt die Voraussetzung knüpfen, daß Deutschland ein ständiger Rats - sitz zucrteilt wird. Das weiß alle Welt, und schon desl-alb haben wir nicht den geringsten Anlaß, unsere tatsächliche Ab - sicht zu einem Eintritt in verschleierter, zu Mißverständnisien Anlaß gebender Farm zum AuSdntck zu bringen. In den wirtschaftlichen Richtlinien suchen wir ein klares Bekenntnis zu dem Wastsingtoner Abkommen und den ausdrücklichen Willen zu seiner Ratifikation vergeblich. Außerdem fehlt di« eindeutige Feststellung darüber, In welcher Weise in Zu - kunft die hungernden Arbeitslosen, die Rentner und Kriegs - beschädigten befriedigt werden sollen und wie die Entschädi - gung der kleinen Sparer gedacht ist. Es ist selbstverständlich, daß die van der sozialdemokratischen Fraktion erstrebte vorläufige Klärung nur auf den größten Teil der wichtigsten Fragen beschränkt ist. Ist sie erfolgt, dann gibt es andere Dinge zu klären. Nur der gewinnt den Kampf, der in diesem KlärungSprozcß die Nerven behält. Die Führung der sozialdemokratischen Partei nr >; diese Voraussetzung erfüllen. Haffen wir, daß auch die Pc.'ci genosienschast den Kampf mit der gleickicn Energie unterstützt, mit der ihre Führer ihn ausgenommen haben und ai'ssechten werden. Die Richtlinien -es Reichskanzlers. Der vorn Reichskanzler den Fraktionen bc» Rcichstages über - mittelte Bericht enthält die Richtlinien für die Entscheidung über den Eintritt in die Volksgemeinschaft, die rote folgt laufet: 1. Die Verfassung vorn 11. August 1919 wird als echt'ver- kindliche Grundlage de» staatlichen Heben» anerkannt, .'cber Versuch, ihre Abänderung auf ungesetzlichem, insbesondere uns ge- waltsamem Wege herbeizuftthron, wird demgemäß als frorti« verrat zu verfolgen und zu bestrafen feilt. 2. Die Richtung der Anhenpolitik wird in erster Linie durch die Londoner Abmachungen bestimmt. Die auf Grund derselben erlassenen Reichigesetze sind nur dann auszuführen, wenn sie die louale Durchführung des Abkommens, die wir auch von unseren VertragSgegnern erwarten, gewährleisten. Di« Regierung wird c» sich angelegen sein lassen, die Auswirkung der übernommenen Verpflichtungen auf da»' sorgfältigste zu überwachen, und wenn diese» sich als notwendig erweist, für die notwendigen Wande - rungen zu sorgen. Die Aufnahme in den Völkerbund soll ent- sprechend der im deutschen Memorandum niederlegten Auffassung erstrebt werden. 3. Bet der Lastenverteiluug sollen in Ausführung der beunch- neten Gesetze die Maßstäbe der wirtschaftlichen Förderung und der sozialen Gerechtigkeit angewendet werden. Die bestehenden Fi- nanzgesetze sollen nach diesen Gesichtspunkten durchgearbeitet werden. „ . . . 4. Als eine der wichtigsten Aufgaben der Regierung wird es betrachtet, die sozialen Leistungen dem Bedürfnis entsprechend zu steigern, soweit die finanzielle Lage des Reiche» es irgend zulaßt. 5 Wirtschaftspolitisch wird die möglichste Gesamtsteigerung der Produktion und de» NntzitngSgradeö der Arbeit angestrebi werden, um die internationale Wettbewerbcfähigkeit der beiitfdicn Wirtschaft zu sichern, die unter dem Gesichtspunkte der Repara - tionsbelastung unerläßlich ist. Ausgehend vom Grundsatz bet wirt - schaftlichen Freiheit werden staatliche Eingriffe nur insoweit in Betracht kommen, al» sie notwendig erscheinen, um eine totrt» schaftSschädlichc Unterdrückung der WirtschaftSfreihest von anderer Seite abzuwehren. Bei der Lösung der bevorstehenden außen- handelspolitischen Aufgaben wird mit dcr_ Stärkung der inländi - schen Produktion gleichzeitig auch die möglichste Forderung der Ausfuhr auf dem Boden von Gegenseitigkeit und ?^eistbegunstt. gung und tunlichster Schonung de» Verbrauche» bingearbeitet norden. Di» Sozialdemokratie an den Reichskanzler. Der Vorstand der sozialdemokratischen ReichStagsfraktton hat dem Reichskanzler geschrieben: Die un» am Mittwochmorgen übermittelten Richtlinien über die von der Reichsregierung künftig zu führende Politik haben Leiser. Leiser hatte tagsüber keine Zeit für Jugendstreiche und Kindereien. Kein Wunder, wenn ein fünfzehnjähriger Junge Last und Leid des Lebens ganz allein zu tragen hat. Leiser ist fünfzehn Jahre. Ein halbes Jahr bereits lebt er in der Großstadt und kauft zusammen mit einem Kompagnon Lumpen auf. Der eigentliche Kaufmann ist dieser, denn er ist mehr als doppelt so alt und hat mehr Sachkenntnis als Leiser. Darum muß denn auch Leiser den Karren schieben und an allen Türen rufen: „Lumpen, Knochen, Papier . . . Und wenn irgendwo ein Dienstmädchen das Küchenfenster öffnet, dann läuft er flink nach seinem Kompagnon und schickt ihn her, während er selbst nun einen Augenblick Zeit hat, ein wenig bei dem Karren zu stehen und zu träumen. Das Träumen ist nämlich seine schwache Seite, und mit- unter ist er böse auf sich selbst, wenn er sich dabei betrifft. Aber der Kompagnon kommt nicht so rasch zurück, und was soll er in- zwischen beginnen? Wenn er so steht, bedenkt er auch^ daß er roohl mehr dem Kompagnon zuhören sollte, um das „Fach zu erlernen. Aber der andere bekundet wenig Lust, ihn mitzu - nehmen dazu ist noch Zeit genug," antwortete er jedesmal auf Leisers Fragen, „Zeit genug, Zeit genug! Eigentlich beutet der Kompagnon ihn aus, denn von rechtswegen müßten sie beide abwechselnd den Karren schieben, beide abwechselnd rufen, beide gemeinsam kaufen, so wie sich das für Kompagnons gehört . . . Gewiß, der andere gab das Geld, aber das war ja nur eine Bagatelle. Wenn er, Leiser, selbst einige Mark hätte, wüßte er wohl, IM» er zu tun hätte .... vielleicht auch nicht. . . ., denn allein rjy Karren in fremden Straßen herumziehen, wo um die sich alle andern Gegensätze gruppierten. Dennoch hatte die Arbeiterpartei recht, wenn sie sagte, daß Baldwin ein Gespensterbeschroörer sei. Ein Gespensterbeschroörer deshalb, roeil der Kampf zwischen Zoll- und Freihandel ein alter und veralteter Kampf und nicht mehr der Kampf der Gegenwart sei. Die Arbeiterpartei entlarvte Baldwins Frage an das Volk um den Hochschutzzoll als das, roaS sie in Wirklichkeit war: als das Eingeständnis der AuSroegsWsigkeit. Baldwin hatte das englische Ansehen in den Orkus hineinmanöveriert. Er hatte gegen die Ruhrbesetzung pro - testiert und nichts gegen sie unternehmen können. Die Ver - wüstung der europäischen Märkte hatte auch Englands Indu - strie und Handel verwüstet. Die Arbeitslosigkeit wuchs und wuchs und niemand glaubte im Ernst an das Zaubermittel der Zolle. Da kam die Arbeiterpartei mit dem einzig klaren Programm. Sie erklärte: weder Zoll noch Freihandel können die englische Wirtschaft retten. Grund alles Unglücks ist das khaos in der europäischen Politik. Beseitigen wir dies Ehaos, so beseitigen wir die Wurzel aller Wirtschaftsübel und retten zugleich unserm Lande das Ansehen, das es verloren hat. Mit diesem Gedanken kämpften die Arbeiter in der Wahl und gewannen. Und mit diesem Gedanken haben sie regiert und gewaltige Erfolge erzielt. Wenn sie heute gestürzt sind, so sind sie gestürzt, weil die Liberalen, besonders Lloyd Georgescher Richtung, in einer mehr gefühlvollen als verständigen Politik die Dienerrolle nicht mehr tragen wollten, die ihnen durch den Wahlausfall und die sichere Politik der Arbeiter auf - gezwungen worden war. Die Liberalen hatten geglaubt, die Ärbeiterregierung durch ihre Unterstützung unter ihre Gewalt zwingen zu können. Die Ereignisse hatten sie aber zur fast völligen Einflußlosigkeit verurteilt. Die jetzige Aktion stellt den ver - zweifelten Versuch der Liberalen dar, die politische Initiative wieder an sich zu reißen. Der kommende Wahlkampf (denn es ist kaum zweifelhaft, daß der König das Parlament auflöst) wird sich vor allem gegen die Liberalen wenden. Ob ihre end - gültige Zertrümmerung bereits diesmal gelingt, ist fraglich. Aber die größte Wahrscheinlichkeit besteht, daß sie starke Massen ihrer Anhänger an die Konservativen und an die Arbeiter verlieren. England ist auf dem Wege, sein altes Zweiparteien-System wieder zu e r r e ich e n. Was hat bie Macbonalb-Regiecung geleistet? Eines box allem: Die Arbeitslosenfrage hat sie noch nicht gelöst. Aber sie hat, genau ihrem Programm folgenb, bie Vorarbeit zu ihrer Lösung fast restlos beenbet. Die Arbeiter - partei hatte keine Wunberkuren versprochen. Ihr Lösungsvorschlag war rabikal unb auf lange Sicht hin angelegt. Niemand darf ihr vorwerfen, baß bie Beruhigung ber europäischen Politik noch keine Wirkung gezeitigt habe. Aber, um es nochmals zu sagen, bie Vor - arbeit, den grunblegenben unb hauptsächlichen Teil ihre? politi - schen Planes hat sie zur Verwirklichung gebracht. Mit einer be- Gefährten, an bem, tote angellebt, ein schwarzer Bart hängt, die fahlen Augen blicken so mutlos unb künden, daß der 'Mann nicht älter ist al» vierzig Jahre. Die Jahre sind hart gewesen, sehr hart. ... Sr hat eine Frau zu Hause mit zwei Kindern, und die müssen unterhalten werden. ... Ist da, ein Beruf: Lumpen- Händler? Aber für Frau und Kinder würd« man sogar rauben unb stehlen. . . . Kann er denn etwa» anbereB ... bie Hänbe sind schwach, bie Füße schleppen sich kaum, unb dann . . . ob . . . Leiser kann e» nicht über sich gewinnen, diesen Mann zu verlassen. Er fühlt Mitleid für ihn. . . . Dann will er lieber gar kein Geld mehr, nur eine elende Schlafgelegenheit in bet Küche. Einmal kam es so weit, daß Leiser zu ihm sagen wollte. „Hör' mal, ich will bei Dir arbeiten, allein für »in Stück Brot — will gar nicht Kompagnon fein. . . . Verstehst z-u 3 .. . Ich habe keinen Vater, barum sollst Du mein Vater sein. Ich will Dir in allem folgen unb so gut zu Dir fein, viel, viel besser al» ein eigener Sohn . . ." Aber er kam doch niemals dazu, denn etwa, schrie in ihmt Leiser, Leiser, sieh, da» ist dein Vorbild. Du hast daiselbe bleich« Gesicht wie er. Noch glühen zwar deine Augen, aber da» wird bald vorbei fein, vorbei! Wenn du vierzig Jahre alt bist, wirst bu genau so auSsehen. Deine Stimme wirb heiser werden, deine Füße schfapp, deine Hände schwach. Und wenn du bann den ctnrren schieben muht, wer weiß, ob du jemand haben wirft, so wie bu jetzt bist, um dir zu helfen. Wer weiß . . . Da» alle» ging Leiser durch den Kops, während «r mit bem Kompagnon zu bem Karren zurückkehrte. Sine Weile später verschwanb er in einem HauStor, und wieder hörte man ihn: * ver Verlauf der Sitzung. SPD. London, 9. Oktober. (Eigener Funk.) Vor vollbesetztem Hause begründete der frühere Schatzminister Sir Robert Horne den Antrag bet Unionisten. (Konservativen.) Er erklärte, wenn die Ausführung der Gesetze erst der politischen Zweckmäßigkeit untergeordnet wäre, würde die Gerechtigkeit über» haupi verschwinden. Der Attorney-General (@encral)taatsanroalt) sollte völlig frei von politischen Einflüssen sein, wenn er sich seine Ansichten bildet. Kein größerer Schlag könnte gegen die britische Zivilisation geführt werben, als ber, baß ber Oberste Gerichtshof für Parteiinteressen benutzt werbe, unb ber Vorwurf gegen bie Regierung sei eben ber, baß sie derartige Dinge getan habe. Horne rief eine Sensation durch die Erklärung hervor, daß zwischen bem Staatsanwalt unb bem Attorney-General eingehenbe ber von den Arbeiterabgeordneten mit lautem Beifall empfangen wurde. Er sagte, wenn er morgen dasselbe z u tun hätte, was er getan hat, würde er ganz genau so verfahren. Er glaube nicht, daß es im ganzen Lande einen Anwalt gebe, der nach Kenntnisnahme aller Umstäiibe anders gehandelt Hütte, als er selbst. Als er das erstemal von dem aufrührerischen Artikel durch den Staatsanwalt gehört habe, wobei ber Name Campbell noch nicht erwähnt würbe, habe er den Staatsanwalt angewiesen, zu untersuchen, von wem ber Artikel lamme, unb ben Prozeg einzuleiten, i'obalb' dies genügend er- orscht sei. Als er hörte, daß Campbell verhaftet ist, habe er sich elbst um die weitere Untersuchung getümmert. Er habe sich überzeugt, baß Campbell im Kriege, ben er von Anfang bis zu Ende mitgemacht habe, beide Beine verloren habe. Man sollte nicht vor dem Gericht unb ber Negierungsautorität einen Prozeß gegen einen Mann burchführen, ber als Kriegskrüppel ohne Beine auf di- Anklagebank humpelt. Der Attorney-General ver - las eine der Genfer Bölkerbundstagung vom 1. September bis zum 1. Ok tober das bebeutfame Schiedsgericht»- unb Sichcrheitsproblem in äußerst erfolgreicher Weise in Behandlung genommen worden. Europa, das uod) vor einem Jahr in Flammen staub, ist von ben wildesten Bräiiben befreit, (fngianbf Ansehen alt aktive Macht in ber Fricbeuspolitik ist gewaltig gesteigert. Mit ber politischea Beruhigung hat bie wirtschaftliche Beruhigung eingesetzt. Mach! unb Ansehen ber politisch organisierten Arbeiterschaft ist in Eng - land unerhört gesteigert, unb mit ihr Macht unb Ansehen der Arbeiterklasse Überhaupt. Wenn Macdonald heute gebt mit offenen Problemen, wie dem Mossul- unb Aegvpten-Ttiban- Problem, so änbert bat nicht» an dem Frieden Europa», der, wenn auch immer noch trübe und dumpf, durch Macdonald» und der englischen Arbeiter politische Leistung immerhin Wirklichkeit zu werden beginnt. mumstischen Attraktion dienen würde. Zu dieser Besprechung sei bann Macdonalb gekommen unb habe geäußert, baß bie Straf - verfolgung von Anfang an eine bebenkliche Maßnahme ge - wesen sei. Ten Zusatzantrag der Liberalen begrünbetc Sir John Simon: Der Antrag sagt, baß ber stänbige Ausschuß bet Unterhauses mit bet Untersuchung ber Angelegen - heit beauftragt werben solle. Simon führte ans, daß es die Hauptfrage wäre, in welchem Umfange Minister für die Affäre verantwortlich seien. Die Aufdeckung ber Einflüsse, bie die Vor - gesetzten bes Attorney-Generals ausgeübt haben, sei notroenbig. Merkwürbig fei, baß ber Premierminister in einer Zeit ber lieber« laftung mit großen Angelegenheiten sich biefer Frage besonder» angenommen hübe. Er unterstellte, daß die Strafverfolgung ein - gestellt worden fei, weil die Anhänger des Premierministers da- gegen Front gemacht hätten. Macdonald erklärte, daß die Annahme des konservativen ober liberalen An - trages dasselbe sei. Die Regierung würde dann zurücktreten. Sie habe für die Ehre des Landes alles ge - tan. Wenn das Land Gelegenheit bekomme, sein Urteil über bie Regierung zu fällen, dürfe sie erneut ins Amt kommen. ristzuitl, wehrte sich gegen die Vorwürfe Macdonalds. Man sollte die Untersuchung ruhig ihren Gang gehen lassen. Er hoffe, daß Macdonald sich nicht gegen jede Art von Untersuchung, die die Regierung beschlosien habe, wende. Macdonald bemerkte hier - auf, daß sein Entschluß unabänderlich sei und die Führer so beschlossen haben. Asquith bedauert das sehr. Baldwin sagte, daß die Ausführungen Macdonalds ein ge - nügend klares Eingeständnis ber Negierung feien und tatsächlich politische Rücksichten eine große Nolle in dieser Affäre gespielt hätten. Für die Opposition sei es vollkommen klar, daß die Taktik ber Regierung bahin gegangen sei, ben konservativen Antrag mit Hilfe ber Liberalen zu Fall zu bringen unb bann ben liberalen Antrag mit Hilfe ber konservativen Stimmen ablehnen zu lassen. Darauf würben die Konservativen jedoch nicht mehr hereinfallen. Sie würden im Falle der Ablehnung ihres Antrages für ben An - trag ber Liberalen stimmen. Der Kolonialminister Thomas sagte ben Konservativen, sie hätten einen Phrasenantrag eingebracht und ihn im gleichen Augenblick schon roieber fallen gelassen, um ben Anschluß an ben liberalen Antrag zu finden, der wirklich unehrlich sei. Wozu brauche man noch eine Untersuchung, Da doch der Attorney- General ganz offen und freimütig unter Mitteilung aller Doku - mente und Einzelheiten den Fall aufgeklärt habe und bereit sei, vor dem Hause jede weiter gewünschte Aufklärung zu geben. Die Regierung lehne also die Untersuchung ab. Würbe biese doch be - schlossen. so sei es notwendig, die Meinung des Volkes über diesen Fall einzufordern. Der Sturz der englischen Arbetterregierung kommt in keiner Weise überraschend. Er kommt so wenig überraschend, daß man eher darüber von Ueberraschung sprechen kann, daß die