Ur. 30( Sonnabend, den 1. November 1934 38. Jahrgang Ta5 ..Hamburger ®altet werden, wenn die außenpolitische Bedeutung des englischen Wahlausfalls untersucht werden sollte. Einmal sollte unsere Verteidigung des englischen Wahlsystems diejenigen wamen, Die den diesmaligen Wahlausfall als vollkommen sinnlos und damit politisch völlig bedeutungslos einschätzen wollen. Zum andern aber nrüssen unsere Betrachtungen dazu führen, jede Ueberschätzung des Wahlergebnisses unmöglich zu machen. ■ Die englischen Konservativen werden die wahre politische Kräfteverteilung nicht außer acht lassen dürfen. Sie werden parlamentarisch zivar ungehindert, aber psychologisch vorsichtig operieren. Was werden sie also tun? Die Politik gegenüber Deutschland, soweit sic Reparations- politik ist, hat durch das TaweSgutachtcn vom 9. April und das Londoner Abkommen vom 30. August feste Formen er - halten. Der praktische hohe Wert dieser Bindungen in Sachen der Reparationspolitik wird an dieser Stelle wieder einmal spürbar. Tie Reparationspolitik ist nunmehr im wesentlichen wenigstens von den Schwankungen der inneren Politik in den beteiligten Ländern unabhängig. Anders liegt die Sache bei den Handelsvertragsverhandlungen mit Deutschland. Baldwin, der Führer der Konservativen, ist Schutzzöllner. Er hat es zwar sorgsam vermieden, im Wahlkampf sein Zollprogramm zu erwähnen, und nicht zum wenigsten dadurch hat er seinen Erfolg erzielt. Es ist anzunehmen, daß Baldwin trotz seiner parlamentarischen Stärke in diesem Punkt vorsichtig sein wird. Es ist anzunchmen. Die Gefahr bleibt immerhin, daß der Zollbetrieb durch die englische Reaktion neue Nahrung erhält. Diese Gefahr gilt aber nicht nur Deutschland, sie gilt auch Frankreich, das ebenfalls noch einen .Handelsvertrag mit England unter Dach zu bringen hat. Sie gilt auch Amerika und Italien. Auf jeden Fall: sollte Baldwin in der Han - delspolitik stark seinen schutzzöllnerischen Liebhabereien nach - hängen, so wird er seine Mehrheit bald ausgehöhlt haben. Weniger vorsichtig braucht er im Verkehr mit den Dominions und Kolonien zu sein. Hier wird er ein System von Vorzugs - zöllen sicherlich durchführen. Er wird den Versuch, das Empire Dir Ges rttff. Roman von Ialob Kinau. [•22] Die Dönßentür wurde aufgeriffen, und der alte Bauer stand bleich int Schein des Leuchters: „Harm, komm mol mit no boben. Ick gläuw, de Die! is brofen! Dat schimmert so blank in’n Landn dör de Bäum!" Der Buschbauer erhob sich lässig: „Dat kann woll an« gohn, Voder. Hooge Dieken bögt nix. Butendieks wohnt man betet as binnendieks. Ober uns Lüd fitt jo all up Hooge Wurten, de kann bat Woter jo nix boon. Dor könnt jo heuch- stens een poor Koten wcgstreumen an’n Diek." „Uns Gesine wohnt ok in’n Kot an’n Diek," sagte Geeschen Mewes, bic hinzugekommen war, verweisend. „Ehr eegen Schuld, Moder. De harr aL Buerfroo up’n Kreihenhoff sitten kunnt!" versetzte der Buschbauer gleich - mütig. „Groomoder, Gerd Fock wohnt doch ok in’n Kot, nee?" fragte die kleine Maria. „De tjüert ok.in’n Kot!" gab Trina Banitt für Geeschen Mewes zur Antwort. Tiet und Hannes waren schon fortgesprungen nach dem Kornboden. Von den Giebelfenstern aus hatte man freie Aus- sicht nach dem Strom und nach der Deichhuk. Die Lust war höher geworden. Die Flagen kamen in größeren Abständen, hatten dafür an Gewalt aber noch zugenommen. Der Buschbauer langte den Nachtkieker vom Haken und öffnete ein wenig das Fenster: „Du hes recht, Voder, de Dick iS brofen! Dat Woter stecht hoch in’n Land n!" „Kannst Du sähn, neni de Dick brofen iS?" „Ne, de Westerdief iS Heck, sowiet ick em sähn kann — un de Ncßdiek ok. Ober dort wicterhin bi Voder sien Land, zu einem wirtschaftlich einheitlichen Körper zu gestalten, wieder aufnehmen. Und er wird vor allem die politischen Schwierig - keiten innerhalb des Empire mit Gewalt zu lösen suchen. In Aegypten, im Süden und Indien wird man bald eine recht brutale Kraft zu spüren bekommen. In der Festhaltung der ehemaligen deutschen Kolonien, die England als Mandats - gebiete zugefallen sind, wird er hartnäckiger sein als Mac - donald. Im britisch-türkischen Streit um Mossul wird -er rücksichtslos die Petroleuminteressen der englischen Trusts zu wahren suchen. Vielleicht wird auch sein Interesse an den chinesischen Wirren größer sein, als das Macdonalds. Was die europäischen Fragen angeht, so wird er den Völkerbund weiterhin kräftig stützen, aber vielleicht wird er bei der Unter - zeichnung des Genfer Protokolls Schwierigkeiten machen. Dennoch ist sehr anzunehmen, daß er die Hauptstücke der Macdonaldschen Außenpolitik unangetastet lassen wird, da ja Macdonald außenpolitisch seine .Hauptarbeit meist im Ein - verständnis mit den Konservativen gemacht hat und machen mußte. Nur der von Macdonald aufgelassene Bau des Kriegs- docks von Singapore wird sicher von Baldwin wieder aus - genommen werden. Etwas schwieriger könnten sich die Be - ziehungen zu Frankreich gestalten, insofern nämlich, als bei der Verteilung der Ruhrbeute und des Inhalts der Re - parationskasse England seine Forderungen versteifen wird. Darüber hinaus dürfte Baldwin der Politik Herriots sicher nicht in den Rücken fallen. Ganz anders aber werden sich die Beziehungen zu Rußland gestalten. Die Anerkennung ist zwar nicht mehr rückgängig zu machen, aber mit einer eng - lischen Anleihe für Rußland ist es einstweilen aus. Auch sonst dürften sich die russisch-britischen Beziehungen einigermaßen verschärfen. Alles in allem aber ist sehr unwahrscheinlich, daß das Kabinett Baldwin zu grundlegenden Aenderungen in der Außenpolitik übergeht. Die Wirkungen des innerpolittschen Kurswechsels in England werden also spürbar, aber nicht er - schütternd sein. Von einer Erschütterung der Stellung Herriots, die ein vorlautes Hamburger Abendblatt gestern abend „meldete", sann gar keine Rede fein. Das Geschrei der Pariser nationalen Presse, in das wahltönend die deutschen Monarchistenblätter (Hamburger Nachrichten! !) einstimmten, ist eitel und leer. (Man beachte übrigens: Das Echo de Paris, das gehässigste Blatt gegen Deutschland und die Hamburger Nachrich - ten Arm in Arm! !) Nichts kann den Kurs der europäischen Politik stören, wenn die Völker Europas ihre Köpfe klar halten. Vor allem aber: wenn das deutsche Volk seinen Kopf klar behält. Deutschland hat von Baldwin nichts zu fürchten und nichts zu hoffen — vorausgesetzt, daß Deutsch - land eine ruhige, friedliebende Außenpolitik durchführt. Deutschland aber hat von Baldwin alles zu fürchten, wenn es anfangen sollte, außenpolitisch zu randalieren. Baldwin wird aus friedcnsfeindliche Aeußerungen Deutschlands sehr brutal reagieren. Taher hat das deutsche Volk mit erhöhter Sorg - falt seinen Stimmzettel am 7. Dezember zu prüfen. Nur eine Friedenspolitik bewahrt uns vor der Feindschaft der Engländer. Nur eine sozialistische Mehrheit im neuen deutschen Reichstag sichert die Stabilität unserer Beziehungen zu England. Macht Schluß mit -lesen Leuten! Im München-Gladbacher Stadtparlament sind die Kommu - nisten seit dem 4. Mai mit 10 Stadtverordneten als zweitstärkste Fraktion vertreten. Die Linksentwicklung der Partei ist an dieser Fraktion nicht spurlos vorübergegangen. Wie in zahlreichen andern Orten des Westens hat es auch hier den obligaten Krach gegeben. In der letzten Stadtverordnetensitzung gaben drei bis - herige kommunistische Stadtverordnete folgende bezeichnende Er - klärung ab: „In der Kommunistischen Partei haben Leute die Führung an sich gerissen, denen nicht daS Wohl und Wehe des Prole - tariats am Herzen liegt, sondern die eS nur darauf abgesehen haben, die alten Führer zu beseitigen, um selbst die Aemter zu besetzen. Wir haben zu verzeichnen, daß zu diesem Zwecke die schmutzigsten Argumente vorgebracht werden und daß man vor keinem Mittel zurückschreckt, um diejenigen, die bisher die Führung der Partei innehatten, zu brandmarken. Wir sehen das Hinausschmeißen ganzer Stadtverordnetenfraktioncn in Remscheid usw. Und diese Leute sagen dann: Wir sind die - jenigen, die die richtige Politik machen. In Wirklichkeit wird die Partei jetzt aber geführt von Wirrköpfen, und das Prole - tariat hat darunter zu leiden. Wir sagen dem Proletariat: Macht Schluß mit diesen Leuten, die das Proletariat von einer Niederlage zur andern geführt haben. . . . Mit welch schoflen Mitteln gearbeitet wird, geht daraus hervor, daß der Stadt - verordnete Koperlik uns Polizeisvitzel genannt hat, ohne daß Tatsachen hierfür vorhanden sind. Wir haben unsern Aus - schluß mit einer Mitteilung bekommen, die lautet: »Die beiden Herren haben daS Ansehen der Partei als Mitglieder der Partei geschädigt, weil sie auf dem AbtShofe Kaffee getrunken haben." Soweit die Erklärung der aus der KPD. hinausgeworfenen Gesinnungsfreunde von gestern. Auch dieser Fall ist nur wieder ein Symptom für Vorgänge, die sich mit mehr oder weniger Geräusch überall abspielen. Trina, is bat Woter fappelig. Dor ward he woll brofen wesen!" „Steilst Gesine ehr Kot noch, Harm?" „Kann ick nee sühn, Moder, dor stoht annert Koten vor. Een poor fehlt woll, — bi Rolf dor." „Steiht Gerd Fock jüm ehr noch?" wollte Maria wissen. „Deern, wat hes Du eegentlich mit Gerd Fock? Jo, de Kot steiht noch. De ganze Neßhuk is noch dor. Sogar uns Dagleuhnerkot!" Dann konnten die Jungen durchsehen. Tiet richtete das Glas auf den Strom und suchte die Ewer. Jetzt hatte er einen. Jungi, wie der hineinbiß in die Seen. Das da war Peter Feldmann mit dem abgebrochenen Mast. Er zählte die Ewer mit dem Glase. „Wat söchst Du denn dor mit den Kieker?" wollte der Buschbauer wissen, der dcn Jungen beobachtet hatte. „De Diek is doch hier loieter her!" „Ick senk Thees Unkel sien Ewer, Voder!"' Da drehte der Bauer sich ab und hatte kein Wort mehr für den Jungen. „Tiet, Jung, kannst Du sähn, wat dor noch Ewers to» fomm’n sünd?" „Sünb nee mihr worden, Grootmoder!" „Herr in’n Heben, stoh unsen Jungen bi up See!" betete Geeschen Mewes. „Un uns Deern in de Kot!" setzte der Alte finnig hinzu. Der Buschbauer ftarpte mit finsterem Gesicht wieder nach seiner Dönß. Tiet gab den Kieker an Hannes, nachdem er noch einen Blick nach dem Deich getan hatte. Dann drängte er sich an den Großvater: „Grootvoder, lot uns doch mit unsen Kohn no’n Diick hin - schippern und Gesine Tante un Gesa eenfach hierher holn. Dat mütt doch gohn! Wat fegst Du, Grootmoder?" Oie Kommunisten eine kleine Minderheit Gestern berichteten wir von Aenderungen, die die KPD. an einem Aufruf Sinowjews vorgenommen hat. U. a.: Sinowjew hatte gesagt, die KPD. ist die Führerin des deutschen Prole- tariatS. Daraus wurde gemacht: die KPD. wird die Führerin. Dennoch spreizt sich die KPD. Öffentlich immer noch, als sei sie d i e Arbeiterpartei. Eine Anweisung an die Funktionäre, von der Bezirksleitung der KPD. Berlin-Brandenburg herausgegeben, lautet jedoch ganz anders. Es wird da in den beweglichsten Worten zur fleißigen Werbung aufgcmuntert. Hatten die Deutschnationalen als Preise für erfolgreiche Werbearbeit Pelze und Briketts ausgesetzt, so verheißt die KPD. gerahmte Bilder Lenins. Besonders in den Betrieben soll fleißig geworben werden. Wörtlich heißt es in der Anweisung: Sehr oft hört man Ansichten von Genossen, die nur allein im Betrieb stehen, ja auch von Genossen, deren Betriebszellen 5 und 10 Mitglieder stark sind, daß sie infolge ihrer schwachen Zelle .nichts machen" können. DaS zeigt, daß die Genossen die Einstellung der sozialdemokratischen Wahnorganisation, nämlich, daß man nur „etwas machen" kann, wenn ein Haufen von Kommunisten versammelt ist, immer noch nicht über - wunden haben. Die Genoßen haben immer noch nicht begriffen, daß die Kommunisten nur eine kleine Minderheit Int Prole - tariat darstellen. DaS klingt ander?, als man es von den bolschewistischen Momlaufreißern gewohnt ist. Es stimmt auch mit den Tatsachen befAr überein. Die KPD. umfaßt tatsächlich nur eine kleine Minderheit der Arbeiter, ihre Dreistigkeit und Unverschämtheit hat allerdings oft zuwege gebracht, daß in den Betrieben es auS- sah, als stünde eine Masse hinter den Bolschewisten. Mögen überall die sozialdemokratischen Arbeiter der bolschewistischen Dreistigkeit gebührend entgegentreten, dann wird sich klar er - weisen: Die KPD. ist nur eine kleine Minderheit! »Der Einfluß der zahlenmäßig noch kleinen Kommunistischen Partei, der revolutionären, klasienkämpferischen Ideologie deS revolutionären Rußlands ist in den Reihen der englischen Ar - beiter, trotz Macdonald und Konsorten, ungeheuer gewachsen." So schreibt die Rote Fahne in ihrer Freitag-Ausgabe. Tie Leser des Blattes, sofern sie dcn Phrascnschwall überstehen, werden sich verwundert sagen: Ein ganzer kommunistischer Abgeordneter in einem Parlament von über 600 Mann, Zunahme der für die Arbeiterpartei abgegebenen Stimmen um runv eine Million. Wenn die Kommuiiistische Partei in England weiterhin so „wächst", so wird bald überhaupt nichts mehr von ihr zu sehen sein! Meineiüsoerfohren gegen Loeb. Zu der auf Veranlassung der thüringischen Regierung durch Wolfs verbreiteten Notiz macht Loebs Anwalt Mitteilungen, die den Rückschluß auf üble Tendeiizmache bei Loebs Gegnern er - lauben. ES handelt sich um Vorgänge bei einem Frankfurter Versicherungsunternehmen, an dessen Gründung Loeb mitgewirkt hat. In dem Prozeß ernes Versicherungsnehmers wird gegen Loeb der Vorwurf erhoben, daß er in seiner Zeugenaussage ver- schwiegen habe, schon an einem früheren, dann gescheiterten Gründlingsversuch der Frankfurter Firma beteiligt gewesen zu sein. Das soll auS einer mit der Aktenseite bezeichneten Stelle hervorgehen. Ein Einblick in die Akten ergibt, daß an der zitierten Stelle deutlich der Name des fraglichen Gründers mit Alfred Loeb angegeben wird, dem Namen des Vaters des früheren Staats- bantpräfidenten. Ter Beschuldigte selbst heißt Walter Loeb. Weiter wird Loeb beschuldigt, er habe in seiner Aussage verschwiegen, sich mit der Angelegenheit bereits früher beschäf - tigt und sogar eine Denkschrift verfaßt zu haben. Fn der pro - tokollierten Aussage Loebs steht aber ausdrücklich, daß Loeb diese Denkschrift verfaßt und sie der Gesellschaftsversammlung der' Frankfurter Gesellschaft vorgelegt hat. DaS ist der Tatbestand, auf Grund dessen die Staatsanwalt - schaft in Weimar auf die Anzeige eines völkischen Gerichts - assessors hin ein MeineidSverfahren gegen den Genossen Loeb eingeleitet hat. rin Verlust -er -eutfchböhmischenSoz lal-emokratie. Der noch nicht 43 Jahre alte Vorsitzende der dcutschböhmischen Sozialdemokratie, Karl C z e r m a k, ist plötzlich gestorben. Er hatte sich durch die aufreibend« Parteitätigkeit ein Herzleiden zu - gezogen, dem er nun erlag. Genosse Czermak war im Jahre 1881 als Sohn einer prole - tarischen Schusterfamilie in Wien geboren. Sein Vater war be - reits glühender Sozialist. Schon in jungen Jahren kam Czermak als Angestellter in die Wiener Arbeiterzeitung und war bald bekannt durch seine Tätigkeit nicht mir in der sozialdemokratischen Bewegung, sondern auch in der der Handlungsgehilsen. 1907 kam er nach Teutschbohmen, wo er Redakteur der Freiheit in Teplitz wurde. Bald staub Czermak in den vordersten Reihen der Vertrauensmänner der Partei im Lande Böhmen und in Oester - reich. Im Jahre 1920 wurde er zum Abgeordneten gewählt. Als die Wiener Internationale gegründet wurde, gehörte Czermak der Exekutive an und wirkte eifrig für den Wiederaufbau der Inter - nationale. Auch als in Hamburg die Sozialistische arbeiter- internationale gegründet wurde, nahm er lebhaftesten Anteil an dieser Arbeit. Sein Tod bedeutet einen Verlust für die gesamte sozialistische Internationale. Zum Oberbürgermeister von Dortmund wurde am Freitag Ministerialrat Dr. R u e t, Berlin, der Kandidat der Demokraten, mit 19 von 49 Stimmen gewählt. Der Kandidat des Zentrum? erhielt 16 Stimmen. — Zum Oberbürgermeister von Essen ist der jetzige Chef der Reichskanzlei, Staatssekretär Bracht, in Aussicht genommen. Seine Wahl wird voraussichtlich in der kommenden Woche stattfinden. Geeschen Mewes strich dem Jungen über das Haar: „Tiet, Du sannst bat noch nee, — un Grootvoder sann bat nee rnihr. — Denn inüß Dien Vober bat a( mofen. Ober ick roeet nee, wat rot em bat an’n Sinn wesen sönnt. He sann licht roeg- brieben un vullslon." „Geeschen, bebink Di reckst, bat iS een Webber buten, bat man feen’ Hund rutjogen mag. Dat roörb jo up Leben un Doob gohn mit Harm," ermahnte der alte Bauer. „Harm sann ot gornee van’n Hoss afgohn," schnitt Trina Banitt ben beiben furz bas Wort ab. „Ick will Vober bat ober doch mol [eggen. Ick fohr mit, ick bün nee bangn,“ beharrte Tiet und sprang die Treppe hinunter. Der Buschbauer saß schon wieder am Kachelofen, als Tiet eintrat: „Voder, wöllt wi nee mit n Kohn an’n Dies schippern un Gesine Tante holn?" „Wat summst denn up son Gedanken? Keen hett Di bat denn vörsnackt? Wat?" fragte der Bauer patzig. „Keeneen, Voder. Ick bad), wenn Gesine Tante hier bi uns is, denn sann de ool Kot jo giern roegftreumen!" „Harm, bat Woter steiht hoch un iS roilb," nahm Geesche Mewes, die eben hinzutrat, bas Wort. „Un Gesine ehr Wurt is man siet, un be Kot is al siecht. Wenn’t Massier wesen schall..." „Mober, nu fang Du ok noch an. De ganze Diek steiht vull Koten un ligg null Beut. Un Lüd, be schippern un hilpcn könnt, sünd jo ok noog bor. Wat schult benn dor nu woll vel pussicrn? — Se hett bat Webber jo of fomm’n sähn, benn harr je jo güftern Mebbag no’n Hoff fomm’n funnt. Ober se leit sich hier jo oberhaupt nee sähn. Sc will jo goinix mit uns to boon hebben!" „Harm! Ober be Sok snack nu nee! Ick will Di ok gewiß nee rutbrieben bi bütt Notroebber, — Du kunnst licht borbi Cudgctberatung in Dänemark. Kopenhagen, 31. Oktober. Der dänische Reichstag hat die erste Biidgetberatung beendet und ist in Ferien gegangen. Ter Verlauf der Verbandlungen war geradezu kläglich für die Opposition gegen die Regierung «tauning. Da man gegen daS Budget deS sozialistischen Finanz Ministers BramsnäS so gut wie nicht- einzuwendcn hatte, wurde dem Arbeiterministerium unter dem Vorwand einer lächerlichen «tudcntendemonstration ein Bopkott der ..ehrwürdigen Vater- ländischen Lieder vorgcworfcn. Selbst dem FojkethingSpräfidenten wurden die häßlichen inhaltlosen Angriffe, die sich besonders gegen die Genossin Nina Bang richteten, zuviel. Er bat deshalb, statt diesen Zwischeiifall doch endlich daS Budget zum Gegenstand der Reden zu machen. So war es dein Genossen Stauning leicht, die Opposition in ihrer ganzen Unfähigkeit bloßzustellen, nach - dem insbesondere auch der König von dem Ttudentcnunfug ab - rückte. AuS der Verteidigung gingen die Miniiter zum Angriff vor und deckten die leichtfertige Finanzpolitik ihrer liberalen 'Vorgänger auf, die zwar eine 1925 rückzahlbare Anleihe aus - genommen, aber keine Mittel zu ihrer Deckung bercitgcstellt hatten. In diesem Zusammenhang kündigten unsere Genossen weitere Besitzsteuern an, während der Sozialminister Borbjerg die neuen Wege aufzeigte, die daS sozialistische llyinisterium in der Fürsorge für die Armen, Alten und Schwachen im Lande beschreiten will. Außenpolitisch $ab der Außenminister Gras Moltke eine längere Erklärung über die deutsch-dänischen Schul - verhandlungen ab. Er wies darauf hin, daß der Erfolg nicht in Traktaten und Paragraphen angcstrebt wurde, sondern eine Annäherung durch freundschaftliche Aussprache und gegen- fettige Information sowohl von Vertretern der Regierungen wie der lokalen Schulbehörden erreicht worden sei. Man sei zu einer vollen Nebereinstimmung über die Lage an der Grenze gelangt und die Verhandlungen hätten bewiesen, daß sowohl aus dänischer wie deutscher Seite daS ehrlichste Bestreben vorhanden war, alle Reibungen zu vermeiden und zu einem guten nachbarlichen Ver- hältnis zu kommen. In indirekter, diplomatisch zurückhalteitder, aber doch deutlicher und fester Form wieS Moltke ferner die aus- gebauschten und verhetzenden Beschwerden der Eiderdäncn zurück, indem er feststellte, daß die deutsche Delegation an Hand der deutschen Verfassung und unter Bezugnahme auf die deutsche Verwaltungspraxis nachwieS, wie di« dänische Minderheit auf deutschem Boden durchaus zu ihrem nationalen und kulturellen Recht kommen könne. Diese Erklärung von dänischer regierungs - offizieller Seite ist ein nicht gering einzuschätzender Erfolg der Verhandlungen. Er zeugt anderseits von dem Bemühen zur Objektivität und Verständnis gegenüber Deutschland, von dem die dänische LinkSregierung sowohl als auch dak Außenministerium wie Genosse Bang als Ressortminister für di« Kultur- und Schul«, fragen erfüllt sind. _ t Von offizieller Seite ist also das deutsch-dänische Verhältnis, dank den Bemühungen unserer dänischen Genossen asif dem Wege der Besserung. Diese Entwicklung würde beschleunigt werden durch eine deutsche Regierung, die ebenso energisch von den deut- scheti Chauvinisten abrückt wie die dänischen Sozialisten als Re - gierungspartei die Machenschaften der dänischen Chauvinisten abschüttcln. Die Aufdeckung der Verschwörung in Sonderbiirg durch unsere Genossen ist den dänischen Chauvinisten derart pein - lich, daß die Kopenhagener RechtSpreste sich in verlegenstes Schweigen hüllt. Man weiß, daß die Mehrheit dek dänischen Volkes weder für faschistische noch kommunistische Experimente zu haben ist. So lieht die dänische Sozialistenregierung heute stärker da als je. Sie kann diese Stoßkraft und Stärke sehr gut gebrauchen zur Lösung der Valutafrage, die bei dem Wiederzusammentiiti deS Reichstags im Dezember auSgekärnpfl werden wird. Ihr soll dann anschließend die Debatte über die Abrüstungsfrage folgen. yerrlot und üie Eisenbahner. Um die Wiedereinstellung der Ttreikentlasicneu. SPD. Paris, 1.November. (Eigener Rundfunk.) Das zwischen der Regierung und dem Präsidenten der Eisen - bahngesellschaften über die Wiedcreinstellung der entlassenen Beamten und Angestellten abgeschlossene Kompromiß hat am Freitag abend in der Finanzkommission Anlaß zu einer mehr - stündigen Aussprache gegeben. Im Namen der Regierung gab der Arbeitsminister die Erklärung ab, daß die zustande ge - kommene Vereinbarung keineswegs den Charakter eines formellen Abkommens trage. Die Negierung habe sich in keiner Weis« die Hände gebunden und betrachtet die von den Gesellschaftern ge - machten Zugeständnisse lediglich als einen ersten Schritt, sie werde auch weiterhin nichts unterlassen, um die volländige Wiedereinstellung sämtlicher Eisenbahner, die die Wiederaufnahme in den Dienst wünschen, zu betreiben. ' Auch die sozialdemokratische Fraktion hat sich am Frestag abend erneut mit der Angelegenheit befaßt. Die Abgeordneten Blum, Renaudel und Bedouce hatten eine längere Unterredung mit Herriot, der versicherte, daß die Regierung alles in ihren Kräften stehende getan habe, um die Interessen der Eisenbahner zu sichern. Der Fraktionsvorstand, der daraufhin nochmals zu - sammentrat und bis 1 Uhr morgen? beraten hat, erklärt in einer Mitteilung, daß, wenn auch die von der Regierung erreichten Ergebnisse al8 wichtig anzuseben seien, die Partei doch entschlossen sei, die Aktion zur völligen Wiedereinstellung mit allen Mitteln durchzusetzen. Ludendorff veröffentlicht zu der Erklärung der bayrischen Generäle eine wortreiche Entgegnung, sachlich ist sie wertto». Aber Ludendorff kündigt an, er werde fein Material veröffentlichen. Vielleicht erfährt man dann einiges über antirepublikanische Trei - bereien der Wittelßbacher. Der kommunistische Reichstagsabgeordnete Heckert würd» in Berlin festgenommen und unter der Anklage be» Hochverrats dem Untersuchungsrichter zugeführt. 1 11111 ümfomm’n! Uns Herrgott matt Gesine woll hilpen, — ben« ick gtäuro, be Lüd an’n Disk hebbt noog mit sich fülbeii t» kriegen!" Der Buschbauer nagte an ber Lippe unb schwieg. „Vober, roöllt roi nu looSschippern? Schall ick ben Kohn Horniofcn?" fing Tiet nochmals an. „Mok bat Du rutfummft un hool Dien Jipp Japp! Dor versteihst Du gornix van!" herrschte der Bauer ihn an. Da brückte ber Junge sich scheu aus ber Tür. Auch Geeschen MeroeS klinkte von draußen zu. Der Sturm stieß noch stärker gegen bic Jensterläben. Der Buschbauer hatte ben Kops mit beiden Händen gestützt. Er war mit sich selber unjufrieben. Was ber Junge für Grabben im Kops hatte! Gesine Tante zum Hos holen bei dem Wetter? Sicher lfatte ihm die Großmutter bas roieber vorgeschnackt. Wenn Gesine in Not wäre, bann wäre er, ber Buschbauer, gewiß nicht ber Letzte, ber hinschipperte. Aber so? Na, — ja. — Man konnte es ja nicht wissen. Wenn man es gewiß wüßte? Na, schließlich, damit die Alten Ruhe hätten, könnte er ja auch mal rüberschippern zum Westerbeich unb nachsrhen, wie es aussah am Norberbeich. — Das Wetter rourbe ja wohl noch immer schlechter. Wie der .Hagel gegen bie Fenster schlug! Wie das Rauschen ber Seen auf ber Wisch zu hören war! Brrr! Die Hagelslage wollte er lieber noch abwarten, ba würbe er. doch nicht gegenan kommen. Als ber Buschbauer nach ber Flage aus ber Fülltür trat, um nach bem Deich zu fahren, war ber Kahn von ber Wurt verschwunben. Unb als er rief unb bas ganze Haus absuchte, waren auch Geeschen MeroeS und Tiet nirgends zu finden. Unb all fein Fluchen unb Wüten unb fein Stieren unb Rufen durch bie Tunklheit nützte dem Buschbauern nichts, ben Kahn brachte feine stille Flage zurück zum Buschhof. (Fortsetzung folgt.)