S ae -©«mBarfle» ffflv* fr» itlnt täglltS ftnniai außer den i itetenaaen V«,,«svre<»> monatlt» '4.25 Matt, öddjcntlfo 0.56 Mark, für flbtioiei 0.50 Mark. Aulv durch 6.1ioft ju bemeßen. Preise fretbletbenb Webaftton: BeOlanbftraßeil erster Stott. Rernforedjer Albe 1891.1693. Verantwortlicher Redakteur Paul iPuflbabn. Altona. Du($6anblung: Srdgelchoß vuchdruckeret.Sontor: ßeßlanbstraße U.erfterStott LamvurgerEcho nerfteßen AG In Koldmatt: die IBäefpalt. -Betluclle 40 Pig. Pttvof rrannhen.ütnielgen 20 Tlg. «BteUennngebotr 25Pfennig. etetleiige 20 Wg Rieu« ülnietgen bi» S Zell die Zelle 2v4>fg.,IOd.läZell.25Pfg. Reklame, 8 M! Anzeiaen müssen im norari? ober sofort beiaOlt werben. »U,«I,en«vnUMh»e .reblanbfnaße lt im erste» -torf (bi» 7 Ubr abend» für den folgenden Tag) in den Filialen (bl5 » U6n und in allen Knnoncen»Pureau» Via», und VatenoorfOriften oDne Verbindlichkeit. Ur. 117. Dienstag, den 38. April 1935. 39. Jahrgang. Vorwärts zu neuen Kämpfen! Parteigenossinnen, Parteigenosien! Am 26. April 1925 wurde der Monarch:stische Ge - neral von Hindenburg zum Präsidenten der Deutschen ReMblik gewählt. Hindenburg war der Kandidat aller schwarz-weiß-roten Reaktionäre, die aus dem furchtbaren Zusammenbruch des kaiserlichen Systems nichts gelernt haben. Die Welt wird in dieser Wahl das Wiedererwachen des mili - taristischen Geistes in Deutschland sehen. Ungünstige Folgen, die daraus entstehen können, wird das deutsche Volk wieder in seiner Gesamtheit zu tragen haben. Wir aber sagen Euch heute schon, daß wir zum Schutze der Deutschen Republik auf der Wacht sein werden. Wir werden alle Versuche der Vorbereitung einer monarchistischen Reaktion ebenso offen und ein - dringlich bekämpfen, wie wir die Pläne jeder sich etwa aus der junkerlichen und Monarchist!sschen Umgebung Hindenburgs bildenden Nebenregierung durchkreuzen werden. Unser deutsches Vaterland kann nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches im Rahmen der europäischen Volkerfamilie nur als Republik leben. Genossinnen und Genossen! Die monarchistischen Junker und Bourgeois hätten ihren Hindenburg aber am 26. April 1925 allein nicht durchbringen können. Ihr Kandidat hat nicht die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Wenn Hindenburg gewählt wurde, so ist daran allein die Kommunistische Partei Deutschlands schuld, die auch in diesem Falle der Reaktion zu einem Erfolge verhalfen hat. Hindenburg ist der Präsident von Gnaden Moskaus. Hierüber muß im deutschen Volke Aufklärung verbreitet werden. Als Helferin Hindenburgs muß die Kommunistische Partei allerorts vor den arbeitenden Massen Deutschlands gekennzeichnet werden. Dieser neueste Verrat der Lebensinteressen der Arbeiterklasse muß zu einer gründlichen Abrechnung mit dem Kommunismus führen. Alle klassenbewußten Arbeiter müssen unter den sozialdemokratischen Fahnen die Reihen schließen. Genossinnen und Genossen! Die deutsche Arbeiterklasse geht schweren Zeiten entgegen. Ihr droht: das neue Hindenburg-Programm: Erhöhung der indirekten Steuem bei Erhaltung der unsozialen Gestaltung der die Arbeiter, Angestelltm und Beamten so schwer drückenden Lohnsteuer: Wiedereinführung der den Hauslmlt des einfachen ManqeS schwer belastenden Brotgetreidezölle zugunsten der Agrarier; Verweigerung der gesetzlichen Festlegung des Acht - stundentages. Daneben werden die enteigneten Sparer und Rentner im Interesse des Kapitalismus und der Groß- Landwirtschast durch Verhinderung einer sozialen Lösung der Aufwertungssrage um ihre Ansprüche betrogen werden. Diese Zeit, in der so schwere neue L a st e n drohen und in der der soziale Gedanke in Gesetzgebung und Verwaltung immer mehr verloren geht, ist für die werbenden Gedanken des Sozialismus außerordentlich günstig. Es gilt, diese Zeit zu nützen. In unsern Reihen müssen die Millionen Anschluß finden, die ihrer Klassenlage nach zu uns gehören. Dabei ist den Schichten besondere Aufmerksamkeit zu widmen, die durch den Krieg und die Kriegs - folgen proletarisiert wurden. Je stärker wir werden, desto mehr wird es uns gelingen, der demokratischen Republik einen sozialen Inhalt zu geben. In diesem Sinne, Genossinnen und Genossen, an die Arbeit für unsere großen Ziele. Es lebe der Sozialismus, es lebe die Republik! Berlin, den 27. April 1925. Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. jftm 1. Mai Massen heraus! Arbeiter, Gewerkschafter, parteigenosien und -genossinnen! Das reaktionäre Bürgertum glaubt „Sieg!" schreien zu können. Mit „.Heil dir im Siegerkranz" hat es in Hamburg auf dem Jungsernstieg wie allerorts die Wahl Hindenburgs begrüßt. Wir müssen in das SiegeSgejubel unsern hellen, alles übertönenden Kampfruf tragen: NleSee mit bet Reaktion! Mit schwarz-weiß-roten Fahnen, mit den Farben der Mörder Erzbergers und RathenauS, mit dm Farben aller monarchistischen Staatsverbrecher gegen die Verfassung haben sie die Wahl Hindenburgs geführt. Wir müssen wie ein Mann znsammenstehen • • für Me Unantastbarkeit bet Verfassung und ihre Farben. Eine Mauer werden wir sein, an der sich Verfassungsfeinde die Schädel zertrümmern, sie aber nie einrennen können. Die Großin du st rie, die geschworene Feindin der Gleichberechtigung der Arbeiter, des Achtstundentages und jeg - lichen sozialen Fortschrittes hat den Wahlkampf, für Hindenburg finanziert. Sie glaubt, Attentate auf Arbeiterrechte, auf Frei - heit und soziale Errungenschaften der Arbeiter am besten aus - führen zu können unter der Schutzherrschaft deü Generals Hindenburg. Wir müssen die Reihen schließen zu erbittertem Kampf für unser Recht und unsere Freiheit. Gerverksrhaften und Sozialdemo kratifche Partei sind unsere Burgen, die rote Fahne der Freiheit unsere Burgfahne, der Achtstundentag unser unver- rüekbares Hauptziel. Die Kommunisten haben Hindenburg die Republik aus- geliefert. Beim Kapp-Putsch, nach den Morden an Erzberger und Rathenau, haben sie angstschlotternd ihre bolschewistifä)en Fahnen für die Republik entrollt und sich unter die demon - strierenden Republikaner gemischt zum Kampfe für die Re - publik. Am 26. April 1925 haben sie durch ihre Sonder - kandidatur mit voller Absicht und mit der ganzen Last der Schuld, die damit verknüpft ist, Hindenburg in den Stuhl Friedrich Eberts geholfen. Hindenburg wird ihnen nichts tun. Sie haben ihm den Steigbügel gehalten. Aber wir, die wir unermüdlich unter großen Opfern den Freiheitskampf der Arbeiterschaft führen, wir müssen uns klar sein, daß es b ö ch st e Zeit ist, die bolschewistischen Helfershelfer der Reaktion genau so wie die Reaktion rücksichtslos zu bekämpfen. Der Tag, wo wir unsere Kampfbereitschaft, unfern Kampfeswillen bekunden, und wo wir der Reaktion und ihren Helfershelfern zeigen müssen, daß ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen, folgt dem 26. April auf dem Fuße. Der 1. Mat ist unser Zog! In gewaltigen Massen müssen wir aufmarschieren. Die Fahnen der Freiheit und die Banner der Republik wollen wir tragen und unser Kampfruf lautet: nieder mit der politischen und monarchistischen Reaktion! Es lebe der demokratische volksstaatl nieder mit der industriellen und sozialen Reaktion! Es lebe der Achtstundentag und der Sozialismus! Stuf MN Maifeier! die Vorstände der Sozialdemokratischen Partei Groß-Hamburgs. Vorbereitungen. Herr Hindenburg soll nächstens in Berlin mit ge - waltigem Gepränge empfangen werden, dabei natürlich das Wehrspielzcug, das jetzt das herrliche Kriegsheer der Vortriegs- zeit ersetzen mutz. Angeblich soll sogar aus jedem Garnisons - ort der Reichswehr eine Gruppe nach Berlin beordert werden. Die Republik hat ja viel Geld und die Reichswehr braucht Be - schäftigung. ... Die Schieber des Locbell-Mocks sind auch bereits am Werk, jeder Flügel trachtet von Anfang nach Einfluh. Zunächst ist der Streit im Gange, wer Hindenburgs Staatssekretär werden soll, u. a. wird jener Heintze genannt, der seinen Befähigungs - nachweis als Staatsmann lieferte, als er in Dresden die sächsische Regierung durch Reichswehr festnehmen lieh. Ten Charakter der Wahl Hindenburgs suchten in Hannover die Vaterländischen Verbände durch einen Umzug aus - zudrücken, in dem Spottlieder auf die Republik erklangen und die Wacht am Rhein! stieg. Von Braunschweig war der Stahl - helm herbeigceilt unter Führung seines Vorsitzenden, eines vor - bestraften und wieder wegen einer gemeinen Schieberei ange - klagten Subjekts. Der Einzugsrummel in Berlin soll von den Vaterländischen nach hannoverschem Muster arrangiert werden: Ein schwarz- weih-roter Fahnenwald, und darüber rauschen an Amtsgebäuden ein paar Fahnen mit den offiziellen Farben der Republik Sinn - bild des Strebens der Hindenburgleute: die Republik als Attrappe, monarchistisch der Inhalt. Reichskanzler Dr. Luther hat nach Hannover eine Be - grüßung telegraphiert, die die Hoffnung ausdrückt, das deutsche Volk werde unter Hindenburg im Innern erstarken und nach außen auf den Bahnen friedlicher und gerechter Entwicklung ent - scheidende Fortschritte machen. Hanswursterei öer Kpt>. Die Rote Fahne veröffentlicht einen offenen Bries der Zen - trale der KPD. an den Bundesvorstand des Allgemeinen Deut- scheu GewerkschaftSbundes und den Vorstand der SPD., in welchem der ADGB. und die SPD. aufgefordert werden, gemein - sam mit den Kommunisten zum Zeichen der Bereitschaft der Kampfes der Arbeiterklasse gegen den Mon - archismus am Tage des Einzuges des Reichspräsi - denten in Berlin einen 24stündigen General streik zu veranstalten. Die kommunistischen Hanswürste bemühen sich also weiter für Hindenburg. Die Herren im Loebellblock zermartern sich die Köpfe, wie sie den Einzug ihres Helden feierlich gestalten; kein Schornstein soll rauchen — aber, tote kommen die Fabrikanten um die Lohnzahlung herum? Getrost, auch dafür weiß die KPD. Rat. Ihr genügt der Ruhm nicht, den Kriegsmann zum Staats- Oberhaupt gemacht zu haben. Den Dank für die roten Thäl - mann-Flugblätter, die der Loebellblock bezahlte, soll die Arbeiter - schaft „demonstrieren" durch freiwilligen Lohnverzicht. Hans - würste ! Srrichtigtes Wahlergebnis. Das ergänzte vorläufige amtliche Wahlergebnis der Reichs- Präsidentenwahl vom 26. April ist folgendes: Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen 30 362 303. Hindenburg: 14 648 773; Marx: 13 760 089; Thälmann: 1931635; zer- splittert: 21 896. Der Reichswahlleiter hat sofort an Hindenburg brieflich die Frage gerichtet, ob er die Wahl zum Reichspräsidenten annimmt, falls der Reichswahlausschutz die Wahl anerkennt. Albslerkeniilms und MrunMlMe. Eine durch riesige Geldsummen unterstützte Agitation kannte keine Grenzen mehr. Ei ne unerhört zügellose und unsaubere Agitation mit allen Mitteln der Lüge, Verleumdung und Verunglimpfung. Die vorstehenden zwei Sätze haben wir entnommen, wo? Doch gewiß einem Organ des Volksblocks, dar sich Luft macht wegen der infamen Flugblattfälschungen und ähnlicher Treibe - reien, die vom Hindenbnrgblock ausgiebig verübt wurden, getreu der in der deutschnationalen Konferenz vom 19. April auS< gegebenen Parole: Wir müssen nur hundsgemeine Flugblätter herausbringen. Wir bringen Bildchen: Marx mit kleinem Hütchen und Wasserkopf, darunter die Frage: Wollt Ihr Hinden - burg oder diesen MurkS wählen? Wir brauchen vor Gemein - heiten nicht zurückzuschrecken. Irrtum, lieber Leser. Den Hamburger Nachrichte n sind die obigen Zitate entnommen. Offenbar hat sich das Blatt am Ende des WahlseldzugeS im Spiegel erblickt, und da erschrak eS vor den eigenen abstoßenden Zügen. Also gelobt es, nunmehr zu arbeiten und zu schaffen mit Wahrheit und Ernst; fortan treu und kameradschaftlich der gemeinsamen Sache zu dienen. „Helm ab zum Gebet!" Also ein W a h r h e i t S g e l ö b ii i s. Wir fürchten, der Vorsatz wird kurzlebig fein wie eine Eintagsfliege. Ueberzeugt sind wir dagegen von der Festigkeit und Dauer jenes Gelöbnisses, das als Querbalken über die ganze Seite die Hamburger Volkszeitung in die Welt schreit: Run aber heraus zum Kampf gegen die monarchistische Reaktion! Leider kommt eS 48 Stunden z u spät. Und die Ver - spätung wird den Kommunisten tüchtig eingetränkt werden. Vielleicht ergeht es der Volkszeitung wie dem Ham- burgischen Correspondent, der am Montag abend in aller Seelenruhe aussprach: „DaS war gestern, wo da» Herz sprach. Heute hat der Kopf wieder sein Recht." Schöner und zarter konnte nicht ausgedrückt werden, daß am Sonntag der Rausch zertrampelte, waS wieder herzustellen Kops und Hände sich mühen müssen. Um die Zeche für den Rausch ist dem Correspondenten bang zu Mute, er fürchtet, eS müsse „Hindenburgs schöner Sieg unter Um» ständen teuer bezahlt werde n." Gehört zur Zeche auch der D a n k f ü r d i e K P D.? Es ist jedenfalls der höchste Grad von Undankbarkeit, wenn keines der Hindenburgblätter auch nur mit einem Wort erwähnt, was sie Herrn Thälmann schuldig sind. Die Hamburger Nachrichten bringen eS sogar fertig, die Thälmann-Stimme^ ein- fach aus der Welt z u diskutieren. Das Blatt sagt, die Mehrheit deS deutschen Volkes habe erkannt, „daß unser Volk sich selbst aufgeben würde, wenn es Hindenburg bei dieser Wahl unterliegen ließe." Die Mehrheit hat nicht für Hindenburg gestimmt. Oder meinen die Hamburger Nachrichten, weil die Deutschnationalen so viele Millionen Flugblätter mit dem Aufruf für Thälmann bezahlt haben, so könnten sie unbedenklich den Namen Thälmann als Hindenburg lesen? Zugegeben, daß dem Hindenburg-Block wirr im Kopf zu Mute fein kann. Er hat nicht nur Schwarz-weitz-rot gesagt, er hat auch schwarz gesagt, indem er den Papst für Hindenburg zitierte, er hat weiß gesagt, indem er sich unparteilich stellte, und er hat rot gesagt durch die Aufrufe für Thäl - mann: Zuletzt schrie er sogar Schwarz-rot gold, indem er nämlich die falsche Behauptung verbreitete, e» werde fälsch- lich vöm Volksblock behauptet, Hindenburg sei gestorben. Viel Farben durcheinander, auch un8 würde dabei wirr werden. Zur Großen Bleichen mögen die Verwirrten sich wen- den. Dort dirigiert da» Fremdenblatt eine Drehscheibe, auf bet alle» wieder zurechtgeschöben wird. die deutsch-franzößschcn wirtschaftsverhandlongen Verhandlungen ohne Ende. SPD. Paris, 28. April. (Rundfunk.) Die deutfch-ftan. zösischen Wirtschaftsverhandlungen, di« vor Ostern unterbrochen worden sind, werden am Mittwoch wieder ausgenommen. Staats - sekretär Trendelenburg ist am Montag vom französischen Handelsminister Chaumet empfangen worden. Die amtliche französische Mitteilung über diese Unterteilung stellt fest, daß beide Delegationsrhefs von dem Wunsche beseelt seien, die Ver - handlungen so schnell wie möglich zu einem erfolgreichen Ab - schluß zu bringen. Auf französischer Seite wird angenommen, daß das Provisorium gegen Ende Mai fertiggestellt sein sann, um dann dem Parlament zur Ratifikation unterbreitet zu werden. Und was weiter! Von Martin Andersen Nexö. Es ist gut möglich, daß der dänische Bauer etwas von dem Verläßlichsten und Solidesten und Unbestechlichsten ist, das es auf der Erde gibt —solange er hinter Mutters Schürze geht. Aber er verträgt keinen Zug, weder von außen noch von oben, ein bißchen Weltwind kann ihn davonwirbeln wie eine Distel - flocke. Und ist er erst schwindlig geworden, so ist der Um - drehungen, die er macht, kein Ende — wie es denn auch ganz unmöglich ist, vorauszusagcn, wo er landen wird. Wer hätte sich — vor einem Menschenalter — in seiner wildesten Phantasie vorstellen können, daß das Licht des Geistes, dasGrundtvig über dem dänischenBauernland entzündet, dieses von allem Geistigen chemisch reinigen würde und statt dessen Butter und Eier und Speck absetzen, von einer Qualität, die in der Welt bisher nicht ihresgleichen hatte. Das ist ein Stoff« Mchsel, der schon einiges zu denken geben kann. Des Herrgotts Unwetter 1914 bis 1918 war kein Glück für den dänischen Bauer — ob man ihn von den unsichtbaren Spitzen der Grundtvigskirche oder von den überall sichtbaren Fabrikschornsteinen der Gcnossenschaftsmeiereien aus sieht. Insoweit benahm er sich allerdings als der am wenigsten des - orientierte von allen, als er sehr wenig Zeit und Gefühle daran - setzte, Partei zu nehmen, sondern die Mühle hurtig darauf ein - stellte, goldene Grütze zu mahlen. Und es galt ja bloß ein - zuschalten — die Wcltmaschinerie schnurrte ohnehin für alle! Es gab genug, um goldene Grütze daraus zu mahlen — Brotkorn, Zucker, Kartoffeln. Und eines TageS ging ein jüti - scher Bauer über den Rathausplatz in Kopenl-agen, während ein Rudel kleiner schmuddeliger Ausländer aus Polen oder Palästina irgendwo stand und unter den Fenstem einer Zei - tungszentrale Börse abhielt. Er erfuhr, daß sie Favoriten der Regierung waren und gerade dabei tätig, Nähgarn und Taschen- sutter wahnwitzig injüe Höhe zu Jobbern; und rasch begriff er das Geniale dieser Spekulation! Die Zeit verlangte Taschen, große, geräumige Taschen; wer sich in Besitz von Mschensutter setzte, beherrschte das Ganze. Er richtete sich in Aarhus ein und begann in Säcken zu jobbern. Vielleicht lag das ebensosehr in der Zeit wie in dem Manne selbst; die Säcke kamen rasch in Bewegung und fingen an zu mahlen; bald wirbelten alle Säcke im Lande und erzeugten Luftdruck! Die Kartoffeln waren schon in den Reigen eingetreten — und Korn und Zucker, wie gesagt. Sie traten den Tanz wilder und wilder; schneller und schneller gingen sie von Hand zu Hand, und eines Tages flog der erste Bauernhof in den Kehraus hinein! Er blieb nicht der letzte; der Bauer wurde von seiner Mühle angesteckt und kriegte die Drehkrankheit, und von ihm wurde wieder der Hof an - gesteckt. Ter drehte sich unter seinen Händen und kehrte neue, überraschende Seiten nach außen, entwand sich seinem Griff und ging über in die Klauen von Spekulanten und Güter - schlächtern. Der Bauer mußte selbst neue, überraschende Seiten herauskehren, um mitkommen zu können, wurde selbst Speku - lant, Güterschlächter. Wo er es am weitesten brachte, lernte er die Kunst, einen Hof zu entkleiden und ihn künstlich wieder aiMkleiden; nach der Mode der Zeit mit etwas, das nichts war, aber doch nach was Rechtem aussah — mit Pappmascheekühen, die Kreidewasser gaben anstatt Milch, und mit Pferden, die sich am besten dazu eigneten, Wechselreiter zu tragen. Es hat alle Zeit zu den unumstößlichsten Wahrheiten gehört, daß der Bauer nicht gern auf Reisen ging, geschweige denn ganz und gar fortzog von dem Fleck Erde, wo er nun einmal das Licht der Welt erblickt hatte; er war im besten Sinne des Wortes an die Scholle gebunden. Das sollte zu - sammenhängen mit einem gewissen Gefühl der Anhänglichkeit an die Erde selbst, mit der Liebe zu dem von den Vätern Ererbten, mit der Grundmauer aus Feldsteinen und dem eingemauerten Bettgestell. Aber in den Tagen, von denen hier die Rede ist, sprengte die Zentrifugalkraft alle Bindun - gen, der Bauer war schwerer auf seinem eigenen Hof anzu- treffen als auf der Fähre und im Zuge. Es kam vor, daß man ihn selbst in einem Kupee traf, seinen Hof in einem andern. Jens Vorup von der Esbjerg-Kante war noch glück» licher — ihm war es defchieden, mit seinem Hof zusammen in einem Kupee zu reifen. Er hatte sich von einem hohen An - gebot verlocken lassen und seinen Hof an einen Händler ver - kauft: das passierte ihm in Kolding, auf dem Wege von ES- bjerg nach Kopenhagen. Schon auf der Fähre über den Klei - nen Belt bereute er das, und zwischen Roskilde und der Haupt - stadt kaufte er den Hof wieder zurück — für 25 Tausend mehr, als er selbst erhalten hatte. Da waren zwölf Stunden ver - gangen, und der Hof hatte seinen Eigentümer dreimal ge - wechselt. Aber das Verwunderlichste war, daß er gerade heraus lachte, als er heimkam und es seiner Frau erzählte. Marie Vorup lachte nicht. Sie begriff ihn einfach nicht, ihn, der sonst so emsthaft und besonnen in allem war, und ganz besonders in Geldsachen. „Was nun? Da hast Du ja gräßlich viel Geld draufgezahlt!" sagte sie entsetzt. „Aber das hab ich doch wohl nicht?" rief er aus und tat ganz erschrocken. „Ich meinte sonst, ich hätte Geld verdient bei dem Handel. Und das meinten alle die andern auch." „Dazu bin ich gewiß nicht gescheit genug, um das in meinen Kopf zu kriegen," entgegnete Marie spöttisch. „Ja, bist Du das vielleicht nicht doch?" lachte er luftig. „Paß mal auf: der Hof stand uns auf 50 000, nicht wahr?" „Stand uns auf —" wiederholte sie langsam. „Ich wußte es nicht besser, als daß wir ihn von meinen Eltern bekamen." „Na ja, Du Wortklauber — 50 000 war, was wir als Wert rechneten, falls wir ihn hätten verkaufen wollen. Das war es, was ich meinte." „Aber es könnte uns doch niemals einsamen, zu verkaufen — darüber waren wir uns doch einig!“ „Selbst wenn man nicht daran denkt, zu verkaufen, so hat ein Ding doch trotzdem seinen Verkaufswert." Nein, das verstand Marie nicht. Und sie begriff nicht, daß er da saß und — soweit bis jetzt zu sehen war — nichts von dem Ganzen verstand. „Aber Du hast ja doch verkauft!" sagte sie. „Wir sitzen doch fernerhin auf dem Hof als unserm recht - mäßigen Eigentum," warf er hin, als fei die Sache damit aus der Welt. „Na, aber das war es, wovon ich abgekommen bin. Wir schätzten, daß der Hof 50 000 wert sei, und ich kriegte 75 000 dafür — also verdiente ich da doch 25 000." J „Aber die hast Du doch wieder drangesetzt? — und eben - soviel obendrein — als Du ihn zurückkauftest! Wenn ich Dich richtig verstanden habe." Jens Vorup lachte laut: „Nein, jetzt wirst Du bald spaßig, Marie! Willst Du nicht eben mal in meine Geldtasche gucken? sie war leer an dem Tage, als ich verkaufte — und viel fetter I ist sie heute nicht, das ist schon richtig. Aber ich habe keine Schulden gemacht, und der Hof ist durch die Geschichte 50 000 mehr wert geworden. Das soll unser Verdienst fein." Darin war etwas, was Marie schwindeln machte. „Ist es denn auch verdient, das Geld?“ fragte sie mißtrauisch. „Na ja — er, von dem ich zurückkaufte, soll auf das Eigentum hier eine Obligation von 25 000 haben. Aber im übrigen ist es verdient." Das klang dunkel. „Ich meine — kannst Du das Geld herausziehen, wenn Du willst?" „Nein!" sagte er und lachte verzweifelt über so viel Ein - falt — „aber das ist doch wahrhaftig nicht entscheidend. Können wir vielleicht heute die Ferkel schlachten? ober das Getreide ernten? Und doch rechnen wir damit als mit sicheren Werten — denn das eine wie das andere wird zu feiner Zeit schon reif werden!" Sie fühlte sich wieder aus dem Felde geschlagen; abej überzeugt war sie nicht. War das wirklich seine Äusfassnng von den Dingen, daß sie den Hof unversehrt hatten wie bisher und noch 50 000 dazu? Für sie stand nur das eine fest, daß der Hof aus ihren Händen gewesen war und daß sie jetzt 25000 mehr auf ihn schuldeten. Er sah ihr Mißtrauen und ihre Ver - wirrung. „Wir könnten heute wenigstens 125 000 kriegen," sagte er. »Ja, auf dem Papier wohl?" ihre Stimme fsang spottend. „Papier — ja, was denn, das kann wohl ebenso gut fein wie bares Geld Das ist bloß alter Aberglaube bei uns Bauern, daß alles partout in barem Gelde bezahlt werden soll. Das meiste Baraeld ist übriaenö nichts anderes als Panier.“ (Soufttzuna Mat.) j