®a« ..©omBnrjer OM)»" er. 1w*™t tägltd) einmal, aufier den 1. Aeteriagen Bezugspreis: monailtd).. . 2.25 Mark, roötbeniltd) . 0.55 Maik, für Abholer 0.50 Mark. Such durch die PoN,u beziehen. Preise fretbletbenb. Redaklton: Fehlandkiratze il, erster ®loortlld)cr Redakteur: Baut Bngdahn, Altona. Buchhandlung: tirdgeschoß. Bucbbtuderei* Äontor: Yehiandstrabe il, erster Stock. W»zelverka«sSpreiS 15 Ruzeigeupreile verstehen |KB in L' olbmart: dl« 1 «gespaltene «eUUclle 40 Big Private ^auiilien «nzeigeu So Big, SleUennnarbutc 25 Psoinig, Stellengesuche 20 «sg. «leine -Anzeigen bl8 u Zell, die (teile ■-‘Ofclg ,10 b. 15 Sell. 25«’a. Reklamezeiie 3 Mk Mnzeipen müssen im üoraue ober sosort bezahlt werden. -A » z e i g e n < U n n n h m e yehlandkirahe n Im ersten Stock (bK< 7 Nhi alenb» für den fotgenden lag), in den ÄHtatcn (bl* i Uho und In allen Annoneen-Bureaud. Pl-ih und ralenoorlchrlflen ohne Verbindlichkeit. Ur. 148. Konnabend, den 30. Mai 1925. 39. Jalsrgang. Dao sSGWMmW. Von einem sächsischen Sozialdemokraten. Dresden, 29. Mai. Am Freitag nachmittag wurde im sächsischen Landtag die Gemeindeordnungsnovelle in dritter Lesung mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien und der sozialdemokratischen Mehrheit angenommen mit 67 gegen 23 Stimmen. Das von her sozial - demokratischen Minderheit eingebrnchle Misttrauens. Votum gegen den Innenminister Max Müller wurde gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Minder- heit^und der Kommunisten abgelehnt mit 65 gegen 22 Stimmen. Auch die Deutschnationalen stimmten gegen das Mißtrauensvotum. Sie erklärten, daß sie damit dem Minister Müller kein Vertrauensvotum aussprechen wollen, aber daß sie sich die Begründung des Mißtrauensvotums nicht zu eigen machen könnten. Der Landtag wurde bis zum 9. Juni vertagt. Seit dem Anfang des Jahres 1924 wird die sächsische Sozial - demokratie von einer Dauerkrise erschüttert. Zwischen der Mehr - heit der sozialdemokratischen Landlagssraktion auf der einen und der Minderheit der Fraktion und den Parteiinstanzen des Landes auf der andern Seite tobt ein scharfer Streit, der ursprünglich hervorgewachsen ist aus den Meinungsverschiedenheiten über die Stellung der Sozialdemokratie zur Koalitionsfrage. Cs ist nicht möglich, in einem Zeitungsartikel auch nur einigermaßen voll - ständig die so wenig erquickliche sächsische Krise zu schildern, und auch auf die Vorgeschichte dieses Kampfes kann hier nicht ein- gegangen werden. Es kann sich nur darum handeln, einen kurzen Ueberolick über den Verlauf der Krise zu geben. Zu Beginn des Jahres 1924 ging die Mehrheit der Fraktion, nachdem die von den Demokraten unterstützte rein sozialistische Regierung Fellisch gefallen war, gegen den Willen der Parteiinstanzen eine Koalition mit den Demokraten und der Deutschen Volkspartei ein, obgleich ein Beschluß vorlag, daß eine Koalition mit bürgerlichen Parteien nur nach Zustimmung eines Parteitages abgeschlossen werden sollte. Der Abschluß der Koalition erfolgte zwei Tage vor einem Landesparteitag. Die Mehrheit der Fraktion begründete ihr Vor - gehen mit der Behauptung, daß ohne den Absch.uß der Koalition die bürgerlichen Parteien den Landtag mit Hilfe der Kommunisten aufgelöst und den Parteitag vor eine vollendete Tatsache gestellt hätten. Obgleich der Landesparteitag sich gegen die Koalition wandte, glaubte die Mehrheit der Fraktion, die dabei die Zu - stimmung des Parteivorstandes fand, an der Koalition festhalten zu müssen. Die Mehrheit der Fraktion stand nun vor einer sehr schweren Aufgabe. Es galt für sie, die Partei nachträglich für die Politik zu gewinnen die gegen den Willen der Parteiorganisa - tionen begonnen war. Eine Aufgabe, die um so schwerer war, als die Parteipresse von vornherein im Gegensatz zur Landtags - mehrheit und zu der aus 4 Sozialdemokraten und 3 Bürgerlichen bestehenden Regierung stand. In vielen Dingen ist zweifellos den Genossen von der Mehrheit und der Regierung Unrecht getan worden Man hat bei der Kritik ihrer Politik die Schwierig - keiten nicht berücksichtigt, die nun einmal mit einer Koalitions - regierung verbunden sind. Verschärft wurde die Lage dadurch, daß die Koalitionsregierung den Beamtenabbau durchführen mußte. Daß man von bürgerlicher Seite die Gelegenheit zu dem Versuch benutzte^ unbequeme sozialdemokratische oder republika - nische Beamte loszuwerden, ist begreiflich. Man durfte aber auch von der Regierung nicht verlangen, daß sie in einer Zeit, wo 15 % der Beamten abgebaut werden mußten, alle Parteigenossen vor dem Schicksal des Abbaues schützte. Es ist schwer zu sagen, ob in manchen Einzelfällen der Abbau'von Parteigenossen, der jedes Mal Anlaß zu scharfen Angriffen gegen den Minister- genossen gab. hätte verhindert werden können. Falsch war es zedenfalls, wenn es zuweilen so dargestellt wurde, als ob so ziem - lich alle sozickldemokratischen Beamten in einflußreichen Stellun - gen beseitigt worden waren. Auch heute noch befinden sich eine Anzahl Parteigenossen unangefochten in wichtigen Aemtern. Aber leider waren die Genossen der Fraktionsmehrheit und besonders die sozialistischen Minister der Aufgabe, vor die sie gestellt waren, nur sehr wenig gewachsen. Durch die, wie zugegeben werden mag, in manchen Fällen ungerechten An - griffe ließen sie sich in eine Erbitterung hineintreiben, von der sie sich bei ihrem Handeln nur allzu sehr leiten ließen, und Haß und Erbitterung sind schlechte Berater. Anstatt jede Gelegen - heit zu benutzen, um die gerissenen Fäden zu den Parteiorgani- sationen wieder anzuknüpfen, erschienen Regierung und Fraktions - mehrheit wiederholt nicht in den Sitzungen der Landesinstanzen, zu denen sie geladen waren. Die journalistisch« Abwehr der Re - gierung war denkbar ungeschickt. Die Regierung begnügte sich nicht mit einer sachlichen Antwort auf die gegen sie gerichteten Angriffe und mit einet Klarstellung des Tatbestandes. In den offiziellen Verlautbarungen der Regierung wurden ab- sprechende Ur eile über die Politik der reinsozia - listischen Regierung Zeigner-Liebmann abgegeben, von der sogar einmal gesagt wurde, daß sie eine „Politik auf Abbruch" ge - trieben habe. Eine ungeheure Taktlosigkeit. Mochte die Regie - rung über ihre Vorgängerin denken, wie sie wollte, unter keinen Umständen durfte eine Regierung, an deren Spitze ein sozia - listischer Ministerpräsident steht, ohne zwingenden Grund eine früher«, aus Parteigenossen bestehende Regierung in dieser Weise tn der Oessentlichkeit heräbsetzen. Die Regierung hätte sich doch sagen müssen, daß sie mit solchen Methoden die Parteigenossen nicht für sich gewinnen konnte. Aus dem Parteitag in Berlin kam es zwar zu einer Einigung zwischen den streitenden Gruppen, die aber nicht lange vorhielt; weitere Abbaufälle gaben Anlaß zu neuen Angriffen gegen die Regierung. Nun begingen die Genopen von der (Regierung einen verhängnisvollen Fehler: Um ihre Abbaumaßnah - men zu rechtfertigen, ließen sie eine Broschüre erscheinen, m Der sie di« abgebauten parteigenössischen Beamten in aller Oefsenllich- leit bloßstellten. War das schon schlimm genug, so noch mehr, daß die in der Broschüre gemachten Angaben sich nicht einmal als hieb- und stichfest erwiesen. Die Broschüre rief große Erbitterung hervor und bestärkte einen großen Teil der Parteigenossenschaft in dem Verlangen, den Dingen durch eine Landtagsauflösung ein Ende zu machen. Nachdem vorher durch eine Verhandlung stiller Helfer. Roman von Ottomar Enking. J26] Camilla konnte ihr Schmerzenslager verlassen, und anstatt sich, wie es die alte Frau Lüttjohann dachte, alsbald wieder hinzulegen, nahm chre Blüte einen nie zu ahnenden Auf - schwung! Es war, als sei das Todesgift im eigenen Feuer verbrannt und seine Schlacke von dem jugendlichen Körper ein für allemal ausgeschieden worden. Doktor Metger wunderte sich erst, horchte und prüfte — wartete lange und gab zuletzt — obschon es ihm für seine Wissenschaft, die sich in diesem Fall als nicht stichhaltig er - wiesen hatte, fast leid tat — das Urteil ab: „Die junge Frau kann noch so alt werden, als wenn sie vor Noahs Zeiten gelebt hätte." „So!" sagte die Sanitätsrätin kurz und machte bei der ihr unversehens kommenden, an und für sich ja nur guten Nachricht ein etwas sonderbares Gesicht, wie wenn sie trotz ihrer aufrichtigen Chrisllichkeit keine ganz ungetrübte Freude im Herzen empfände. „Ja, dann also . . . nicht wahr, lieber Doktor? Wie der allmächtige Gott es will. Wir stehen alle in seiner Hand." Der Arzt antwortete mit geflissentlicher Untertänigkeit: „Selbstverständlich, meine liebe Frau SanitätSrätin." Aber dann konnte er es doch nicht lassen, hinzuzufügen: „Und außerdem möchte ich empfehlen, daß unsere junge Frau unter ßeitung des Genossen Heilmann feftgelgt worden war, daß ein Teil der Genossen von der Mehrheit wieder ausgestellt werden sollte, beschloß im Oktober ein Landesparteitag in Leipzig, daß der Landtag aufgelöst und die Landtagswahlen mit den Reichs- tagswahlen vorn 7. Dezember zusammengelegt werden sollten. Die Mehrheit der Fraktion glaubte aber annehmen zu können, daß die Vereinbarungen über die Kandidatenaufstellung nicht gehalten wer - den würden und führte deshalb den Beschluß auf Landtagsauslösung nicht durch. Ter Parteivorstand hatte dabei eine wenig glückliche Hand. Er hätte das Recht gehabt, den Leipziger Be - schluß zu suspendieren. Das tat er nicht, sondern er empfahl den Genossen von der Mehreit, nicht eher aufzulösen, bis die Einhal - tung der Abmachungen über die Kandidatenausstellung gesichert sei, und auf diesen Beschluß beriefen sich dann die Genossen von der Mehrheit Es folgte nun die Abberufung der Mitglieder der Frak- tioiiSmehrheit Surd) den Dezirtsvorstand, und als diese der Auffor - derung zur Mandatsiiiederlegung nicht Folge leisteten, wurden die Genossen von den Bezirksvorständen aus der Partei aus - geschlossen. Zweifellos war es ein Fehler, daß man in Sachsen die Frak - tion so stark an Parteitagsbeschlüsse gebunden hatte. Es lag im Interesse der Partei, daß zu Beginn des Jahres 1924 eine Land- tagsauflösung vermieden wurde. Eine Wahl in dieser Zeit wäre für die Partei sehr u n g ü n jt i g ausgefallen, und die Genossen von der Mehrheit tonnten damals darauf hoffen, daß es ihnen nachträglich gelingen würde, die Genoßen im Lande von der Richtigkeit ihres Verhaltens zu überzeugen. Aber. dem Leipziger Beschluß hätten sich die Genossen fügen müssen. Auf die Dauer darf eine Fraktion auch eine richtige Politik nicht durckiführen, wenn sie dabei auf einen so starken Widerstand bei der Mehrheit der Parteiorganisationen im Lande stoßt. Vielleicht wäre auch nach dem „Disziplinbruch" vom Herbst vorigen Jahres noch manches zu retten gewesen wenn Regierung und Landtagsmehrheit es verstanden hätten, Maßnahmen zu ver - meiden, die von den Parteigenossen als Herausforderung empfunden wurden. Aber die sozialistischen Mitglieder der Regierung und die Fraktionsmehrheit haben offenbar das Gefühl dafür verloren, was sie der Partei noch bieten dürfen. Nur einige wenige Bei - spiele : Einer der Wortführer der Linken, Genosse Edel, war als Redakteur mit Beamtencharakter an der Sächsischen Staatszeitung angestellt. Hätte man ihn mit der Begründung aus seinem Amte entfernt, daß er als Gegner der Regierung nicht die Politik der Regierung vertreten könne, so könnte man vielleicht nichts dagegen sagen. Aber nein, man suchte erst nach Gründen zu einem Disziplinarverfahren, und als das nicht ging, wurde dem Genossen in brüsker Weise die Kündigung zugeschickt, angeblich, um seine Stelle einzusparen. Nachträglich suchte man diese Maßnahme in einer offiziellen Verlautbarung damit zu begründen, daß Edel durch seine politische Tätigkeit zu stark in Anspruch genommen sei. Dabei hatte Edel als Beamter das Recht darauf, zur Ausübung seiner parlamentarischen Tätigkeit beurlaubt zu werden. In letzter Zeit ist in ähnlicher Weise der Genosse Polizeioberst Schützinger hinausgeworfen worden, ein Mann, der durchaus nicht der Linken der Partei angehört, und zur Begründung dieser.Maßnahme wurde angeführt, daß das von dem deutschnationalen Minister Schiele ge - leitete Reichsministerium des Innern zum Ausdruck gebracht hätte, ein Artikel Schützingers in der Welt am Montag grenze an Landes - verrat. Eine weitere Verschärfung der Gegensätze brachte die Ein - bringung einer Novelle zur Aenderung der Ge - meindeordnung, die unter der Regierung Zeigner-Lieb - mann im Sommer 1923 zustande gebracht worden war. Diese Novelle stieß auf den fast einmütigen Widerstand der Partei - genossen int Lande, weil sie die Dlacht der kommunalen und staatlichen Bureaukratie auf Kosten der gewählten Gemeindever - treter vermehrte. So wird zum Beispiel bestimmt, daß dort, wo der Gemeinderat (der etwa dem Magistrat in preußischen Städten entspricht) kollegial zusammengesetzl ist, zum Haushalts - plan und zu O r t s g e s e tz e n die Zustimmung des Gemeinde- rates nötig sein soll, während bisher die Gemeindeverordneten allein zu entscheiden hatten und nur in ganz besonderen Fällen der Gemeinderat ein Einspruchsrecht hatte. Das bedeutet eine Abkehr von dem Ein-Kammer-System, das von der Sozial - demokratie stets gefordert wurde. Trotz des Widerspruches der Parteigenosien im Lande und trotzdem auch der Parteivorstand sich gegen die Vorlage aussprach, hielten die Genoßen von der Mehrheit au der Absicht fest, die Vorlage noch vor Pfingsten durchzusehen. Nach einer 23stündigen Dauersitzung, in der die Linke der Fraktion, unterstützt von den Kommunisten, Obstruktion trieb, wurde die Vorlage in zweiter Lesung ange - nommen und schließlich auch am heutigen Freitag mit 67 gegen 23 Stimmen endgültig auch in dritter Lesung. Koalitionspolitik ist Kompromißpolitik. Wenn bei der Beratung der Novelle den bürgerlichen Koalitions - parfeien hier und da ein Zugeständnis gemacht worden wäre, so könnte man das allenfalls noch begreifen, aber daß die Vorlage, die, gemessen an unsern programmatischen Forderungen, einen Rückschritt darstellt, von einem in seiner Mehrheit sozialdemo- kratischen Kabinett eingebracht und von der Mehrheit der sozial- demokratischen Landtagsfraktion mit großer Energie verteidigt wurde, das läßt sich unter keinen Umständen rechtfertigen. Durch die Annahme der Vorlage wird wahrscheinlich jede Möglichkeit einer Verständigung verbaut, es sei denn, daß die Genossen von der Mehrheit der Fraktion sich bereiterklären, den Landtag auf - zulösen, wobei sie natürlich nicht mehr erwarten können, daß die Parteiorganisationen irgendwelche Bindungen wegen ihrer Wie - deraufstellung eingehen. Aber selbst wenn der Parteivorstand sich für die Landtagsauflösung aussprechen sollte, würden wahr - scheinlich jetzt die 23 Abgeordneten der Fraktionsmehrheit diesen Rat nicht befolgen. So ist zu befürchten, daß das Trauerspiel fortdauert, bis im Herbst 1926 der Landtag sein natürliches Ende findet. Daß der Streit die Parteiorganisationen schwer hemmt, braucht kaum erst gesagt zu werden. Zwar hat die Partei sich bei den letzten Wahlen gut geschlagen. Tie Anzahl der sozia - listischen Stimmen an der Gesamtzahl der Stimmen hat seit der Wahl bom_4. Mai wieder zugenommen, aber immer noch haben im roten Sachsen, das schon vor dem Kriege eine sozialdemokra - tische Mehrheit hatte, die bürgerlichen Parteien die Mehrheit der Wähler hinter sich. Es ist schwer zu sagen, wie weit diese Er - scheinung auf die Wirkungen des Parteistreites zurückzuführen ist. Dringend zu wünschen bleibt es, daß recht bald die sächsische Dauerkrise beendet wird, damit die sächsische Partei ungehemmt durch innere Zwistigkeiten ihre ganze Kraft dem Kampf gegen die Feinde des Proletariats widmen kann. täglich zwei kleine Spitzgläser guten alten Rotwein trinkt. So zum Frühstück und gegen Abend, nicht wahr?" ♦ Nie hatte Ars seine Camilla so lieb gehabt wie in diesen Tagen, wo sie mit dunkelroten, heißen Lippen, umflorten Blicken, mit dem leisen Fieberstöhnen und doch auch mit einem Lächeln kindlicher Ergebenheit dalag — wo Gott sich anschickte, diese Hülle, die ihm am Ende für die /eigene Weitererkenntnis nicht mehr tauglich schien, aufzulöset;, um eine neue, bessere Form daraus zu bilden. Arfö Gabe, das Leid derer, die er liebte, mitzuerlebe», hatte sich frei entfalten können. Er fühlte Camillas Schmerzen so deutlich, daß seine Pulse stärker klopften und seine Träume an Wildheit und Wirrheit Fieberphantasien glichen. Wenn er alles tat, um Camilla so schnell als möglich die Gesundheit wiederzugeben, so widersprach er sich ja eigentlich selbst, denn der Gesunden konnte er doch lange nicht so viel Mitleid erweisen wie der Kranken. Aber einerlei: als Camilla aufstand, erfüllte ihn die größte Freude seines Lebens. Er hatte etwas vollbracht, hatte zu seinem Teile, nach seiner Pflicht daran gewirkt, eine Menschenwelt vor allzu frühem Untergange zu bewahren? Camillas Besitz erschien ihm jetzt wertvoller und köstlicher als vordem, und beim Zurückdenken an die erste mit ihr ver - brachte Zeit beschlich ihn eine Beschämung: wie tief war er doch in der Sinnenhaftigkeit befangen gewesen! Und sollte er nun etwa um sein Weib gerungen haben, damit das Tändeln, Einigung über Marokko. Tie «ozialistkn zwingen der Kammer ihren Willen auf. • Vertrauensvotum für Painleve mit 537 gegen 29 Stimmen. SPD. Paris, 29. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Tie kritische Zuspitzung der innerpolitischen Lage in Frank- reich, die die Kammerrede PainleveS ausgelöst hatte, hat in Be - sprechungen, die im Freitag vormittag die verschiedenen Gruppen des Linkskartells zunächst unter sich und bann mit der Regierung gehabt haben, eine Beilegung erfahren. Da? Ministerium hat sich mit einer von der sozialistischen Fraktion vorgeschlagenen wesentlich schärferen Fassung des Vertrauensvotums einverstan - den erklärt, dessen Annahme durch Regierung und Parlament jedem Versuch, die Geschehnisse in Marokko zu einem kolonialen Abenteuer auszudehnen, endgültig einen Riegel vorschiebt. Dieses Vertrauensvotum hat folgenden Wortlaut: „Die Kammer, getreu der Politik be8 Frieden?, zu der sich das Land mit so starkem Nachdruck am 11. Mai 1924 bekannt hat, und für die eS sich erneut am 8. und 13. Mai 1925 entschieden hat, ist entschlossen, die Sicherheit der Truppen sowie der Gebiete und der Bevölkerung, die die internationalen Verträge unter französisches Protektorat gestellt haben, zu gewährleisten, erklärt sich aber mit der gleichen Entschiedenheit tm Namen der Mensch. heitSrechte und deS nationalen Interesses gegen jeden Imperia - lismus sowie gegen jede Politik der Eroberungen und Abenteuer. Sie billigt die Erklärungen der Negierung und vertraut dieser, daß, sobald die Vorbedingungen erfüllt sind, der Frieden in Marokko herbeigeführt wird." In der Unterredung, die die Delegierten deS Kartells am Freitag mittag mit Painleve und Briand hatten, haben diese ver- langt, daß die gegen die Rechte gerichteten Anspielungen, auf das Ergebnis der letzten Wahlen gestrichen werden, mit der ausdrück - lichen Begründung, daß die Regierung in einer Frage von natio - nalem Interesse Wert darauf lege, die Zu'timmung v 'glichst aller Gruppen des Parlaments zu haben. Die Sozialisten lehnten dieses Verlangen jedoch entschieden ab. Die Regierung hat dar - aufhin die sozialistische Fassung deS Vertrauensvotums ohne Aen - derung angenommen. Sie hat sodann vertrauliche Mitteilungen über den Stand der spanisch-französischen Verhandlungen ge - macht, mit denen auch die sozialistische Fraktion sich befriedigt erklärt Hai. Die Krise, mit deren Möglichkeit man am Donnerstag abend hatte rechnen müssen, ist damit nicht zum Ausbruch gekommen. Doch herrscht der Eindruck vor, daß eS sich nicht so sehr um eine Beilegung, als vielmehr um eine Vertagung deS Konfliktes handelt. Die Freitagsitzung der Kammer bot an sich wenig Bemerkens- wertes. Der Versuch deS Kommunisten Eachin, JaureS gegen die sozialistische Fraktion auSzuspielen, wurde vom Genoßen Re- naubel glänzenb wiberlegt. Nach ber Rebe Brianbs, bie ben schlechten Einbruck ber Ausführungen Painlevcks stark abmilberte, wurde die von den Sozialisten vorgeschlagene und von den vier Gruppen des Kartells gemeinsam eingebrachte Fassung des Vertrauensvotums mit 537 gegen 29 Stimmen ange ¬ nommen. Deutschland erfüllt. Feststellung Oer Repko. WTB Paris, 29. Mai. Die ReparationskomMission hielt heute Pormittcg ihre übliche Monat-sitzung ab. Auf der Tages- ordnunz stand insbesondere die Beantwortung deS Schreibetts der Botschafterkommissiou vom 27. Mai, in dem diese die Reparations- kommission befragt, ob Deutschland bis zu diesem Tage seine Neparationsvcrpflichtungen, wie sie gegenwärtig festgesetzt sind, getreulich erfüllt habe. Die Neparationskomuiission bejahte diese Frage. » Der geschwätzige Außenminister. Was er angerichtet hat. — Eine halbe Million Dollar Schaden. SPD. Wien, 30. Mai. (Rundfunk.) Die Arbeiter-Zeitung nennt am Freitag bie Firmen, bei denen russische Aufträge zurückgezogen worben sind, bis der Außeiiminister Dr. Mataja Rußland Genugtuung für seine An - griffe gegeben hat Es handelt sich um Aufträge im Werte von 400 000 bis 500 000 Dollar. veutschnationaler Chrenkampf. Den Abgeordneten B e ft hatte die deutschnationale Reichs- tagsfraktion zur MandatSniederlegung aufgeforbert, weil er bie Aufwertungszusagen für Ernst genommen hatte. Best kam ber Aufforderung nicht nach, und ein Ehrengericht, an dem der Deutschnationale Steiniger tellnahrn, hat ihm bestätigt, daß er durchaus ehrenhaft gehandelt hat. Nach einer Mitteilung des Vorwärts hat nunmehr di« deutschnationale ReichStagssraktion ein Ehrengericht einberufen, daS über steiniger urteilen soll. Wie wäre es mit einer Forderung auf Pistolen? DaS „Gottesurteil" anzurufen, muß jedenfalls den Deutschnationalen naheliegen, an sicheren Schützen fehlt es ihnen nicht. Tschangtsolin in Tientsin. DaS SRciiterburcau meldet auS Peking: Marschall Tschangtsolin ist aus Mulden nach Peking ab - gereist. Alk Zweck seines Aufenthaltes in. Tientsin wirb eine offiziöse,Erörterung mit bem Haupt der vollziehenden Gewalt an - gegeben! Allgemein glaubt man, daß seine Reise zu Aenderungen in ber Regierung und zu einer Verstärkung ber Anhänger TschangtsolinS führen wird. x Tscheka-Mord? Am 5. Juni haben sich vor dem SiaatS» gerichtshof in Leipzig der Kommunist Winkel auS Mecklenburg und drei weitere Kommunisten zu verantworten wegen der Er- morbung des früheren kommunistischen Funktionärs und angeb - lichen Polizeispitzel» Jonas. ’ mochte es noch so süß und verlockend fein, abermals begann? i War in solchem Spiel der Liebe ein Vervollkommnen denk - bar? Hieß es nicht Camilla herabwürdigen, wenn er sich ihr | zu Füßen von einem erneuten Rausche der Wonne durch - strömen ließ? Wohl! Camillas Krankheit sollte ihm eine heilige Mal) nung fein, daß er sich nicht mehr im Irdischen verlor. Sich den eigenen Trieben zu versagen, wenn es auch schmerzte — ja, weil es schmerzte — das war es, was er sich selbst, was sich Gott in seiner Brust gebieten mußte! Während aber Ars von einer Durchgeisligung seiner Ehe träumte, ging in seiner Frau eine Aenderung vor sich, die gerade auf das Gegenteil hinsteuerte. Die genesene Frau Doktor Lüttjohann, die von einer ungekannten Daseinssicher - heit getragen wurde — sie war ja freilich dieselbe wie bie ihres Zustandes nie gewisse Camilla Pekrun, dieselbe wie bie hinter dem Rankengewirre des Garteuhauses überschwenglich Ge - liebte, dieselbe sogar wie die fast mit Verklärung übergossene Kranke. Aber es kamen nun auch andere Eigenschaften bei ihr zum Vorschein, die Arf und sogar seine immer mißtrauische Mutter noch nie an ihr wahrgenommen hatten. Camilla erhielt einen Betrag, worüber sie nach Gutdünken verfügen durfte. Arf wollte sie so selbständig stellen, obschon seine Mutter ihn gewarnt hatte — er wollte nicht, daß seine Frau genötigt sei, ihn erst um alles, was sie sich wünschte ober wessen sie bedurfte, zu fragen oder wohl gar zu bitten. Doch jetzt tarnen trotz jenes ihr reichlich zngemessenen Geldes Rech- Die kritischen Beschlüße -es Londoner Kabinetts. Wir brachten gestern eine Mclbung ber Vosscfchen Zeitung aus Lonboii, bie in scharfen Formulierungen außecocheullich ernste Beschlüße beS Lonboner Kabinetts milteilte. Wir hatten nicht verfehlt, bemgegenüber eine bcruhigcnbe Pariser Melbung zu bringen, bie von einer bevorjtchenben Einigung zwischen Lon - bon unb Paris sprach. Außerbcm hatten mehrere bcutsche Zei - tungen Nachrichten auS Lonbon unb Paris, bie statt von einer Verschärfuiig von einer Entspannnng ber Lage berichteten. Diese Wibersprüche klären sich jetzt burch eine von Reuter ausgegebene amtliche englische Mitteilung, bie zwar ebenfalls im Ton sehr ruhig, ja gerabezn optimistisch, in ber Sache eine außerordentlich ernste Entschlossenheit tunbgibt. Nach ber Reutcr-Mclbung zu schließen, beabsichtigt Englanb geradezu ein Diktat gegenüber Paris. Sie spricht von völliger Meinungseinheit im britischen Kabinett unb von bem festen Willen, ben eiiglischen Stanbpunkt unter allen Umstünden ausrechtzuerhalten. Vor allem wirb nach einmal bet englische Entschluß festgestellt, jeben „weitläu - figen ober unbegrenzten Plan" nbzutchnen. Der Sache nach kommt biefe SßiUenSfunbgcbung beS eng - lische» Kabinetts bem bramatischcn Bericht der Vossischen Zeitung burchauS nahe. Zubern wirb ber Bericht ber Vossischen Zeitung durch Auslassungen des Manchester Guardian und deS Daily Telegraph b e st a t i g t. Es kann nicht bezweifelt werben, batz bie anbauernb umlaufcnbcn Gerüchte von einer Neuorientierung ber britischen Politik im Sinne einer noch stärkeren Binbung an Amerika unb eine Abweichung vom Kontinent weiterhin groge Wahrscheinlichkeit behalten. Cb Paris sich bem verhüllten Lon - doner Diktat angesichts der Marakkoschwierigkeitell fügen wirb, bleibt immerhin noch abzuwarten. Wir bleiben dabei, baß Briand bie von uns bereits biefe Woche angelünbigtc Kombination mit Moskau sehr wohl zustanbe bringen unb damit ben englischen Forbernngen ein Paroli bieten kann. Wenn Brianb sich inner- politisch stark genug fühlt, bürste eine solche für Deutickla>ch außerordentlich gefährliche Wendunc, in ber französisch russischen Politik tm Bereich bet Möglichkeit liegen. Dentschlanb Hal allen Anlaß zu prüfen, ob bie starke Binbung seine» außenpolitischen Kurses an bie Lonboner Politik nicht zu ganz gefährlichen Konse - quenzen führt. ♦ Weitere verhanölungen zwischen Lonüon und Paris. SPD. Paris, 30. Mai. (Runbfunk.) Der englische Botschafter in Paris hat am Freitag bem fran- zösischeil Außenminister Brianb eine Note überreicht, bie die 'Be - merkungen der englischen Regierung zu dem ihr mitgeteilten Ent - wurf ber französischen Antwort auf daS beutsche ®aranticangebot enthält. Die Note gibt bie in bem jüngsten Londoner Kabinetts» rat gefaßten Beschlüsse wieder. Die Morgenblätter teilen dar - über mit, baß bie von Frankreich entwickelten Webanfengänge in zahlreichen Punkten bie Zustimmung bes englischen Kabinetts gefunben haben unb baß bicfeö sich insbesondere bie französische Auffassung zu eigen gemacht habe, baß ber Gatantiepakt unter keinen Itmftänbcii zu einem HinbcrniS für Frankreich werben würbe, gegebenenfalls seinen polnischen unb tschechoslowakischen Verbünbeten zu Hilfe zu kommen. Dagegen lehne England jede Garantie für die Cftgrenje ab. Trotzdem scheinen die vom eng - lischen Kabinett gefaßten Beschlüsse bie Fortsetzung der ein- geleiteten Verhandlungen zu ermöglichen. Das französische Außenministerium werbe die englische Note eingehend prüfen unb barauf mit einer neuen Darlegung bet französischen Stand - punktes antworten, da die Reise djumbetlaiii» zu in voltcrbunL.."- rat in Gens schon in der nächsten Woche Gelegenheit zu einer direkten Aussprache mit Brianb geben werbe. Entiveber in Po. iS ober in Gens sei mit einer raschen Einigung zu rechnen, so Das, bie französische Antwort spätestens in ber zweiten Juniwoche überreicht werben könne. Internationale Krdeitskonferenz. SPD. Genf, 29. Mai. (Eigener Drahtbericht.l In ber Freitagsitzung ber Internationalen Arbeitskonferenz forderte Ser raarens Holland im Namen bet christlichen Gewerkschaften bie Ratifizierung beS Washingtoner Abkommens. Ebenso verlangte er, bah ben christlichen (Mcwerffdjaften im Verwcil- tungsrat des Arbeitsamtes ein Sitz eingeräumt wirb. Die Arbeiter - gruppe bet Konferenz wirb nächste Woche bie Kandidatenliste für bie Neuwahl beS Verwaltungsrats aufstellen. Serraarens wirb bei dieser Gelegenheit roieber für bie Forbcrung bet christlichen Gewerk - schaften eintreten; boch besteht keine Aussicht, batz in ber Zusam - mensetzung bes BerwaltungSrats - eine flenbemng eintritt, besten sechs Arbeiterverlreter sämtlich ber Ainsterbamer Internationale an - geboren, ebenso bie fünf Stellvertreter; nur ber sechste Stellver - treter Joshi-Jnbien ist Mitglicb einer „nationalen" Organisation. Ein polnischer Minister über -ie polnische Politik, vernichtende Anklagen gegen üas Polen von heute. Der Stellvertreter bes Mniislerpräsibenten Thugnt hat nach langen Verhanblnngen seine Demission gegeben itnb babe: in einer öffentlichen Erklärung bie schärfsten Vorwürfe gegen die Regierung Grabski geäußert. Er sagte unter anderin: „Obwohl ich in der Minderheitsfrage nicht anspruchsvoll flcioefcn bin, ist es mir nicht gelungen, auch nur die bescheidensten Forberunaen durchzubringen. Ich Habe nur verlangt, daß die befleh'.nbeu Ge - setze durchgeführt und die Berfaffungsbeftimmungeii geachtei wer. den. Die Zustände in den Gefängnissen find verfclilechtert. Viele der niederen Beamten des Innenministeriums zeigen eine bei - spiellose Verachtung für die Gesetze. In der Verwaltung ist ein Stiftern der Provokationen, des Verschleierns, des Mißbrauchs und der Willkür eingerissen." Tiefe Erklärungen Haben auf bet Linken ungeheuren Ein - druck gemacht. Die Rechte beanflanbct aufs schärfste sie „ver - räterischen" Ausführungen des Exministers. Der ehemalige thüringische Ministerpräsident Hermann ist be - kanntlich tn beiden Bertifungsversahren von der Strafkammer freigesprochen worben. 7 er Staulsanwaltschaft genügen jedoch biefe Niederlagen nicht, sie Hal beim Reichsgericht Revision an- gemeldet. nungen über Putzsachen und Näschereien. Diese Papiere die man sonst im Lüttjohann-Hause, wo jegliches Stück bar be - zahlt wurde, nicht kannte, waren der Sanitätsrätin durch die Hände gegangen, bevor sie an Arf gelangten. Es konnte daher nicht ausbleiben, daß Mutter Sohn darüber sprachen. Arf, so überrascht und stutzig er war, mochte nicht gleich bei Camilla nach dem Zusammenhänge forschen — ihre Freiheit sollte ihr ja nicht im entferntesten angetastet werben! — die Sanitüts- rätin jedoch, minder feinfühlig, nahm sich die Schwieger - tochter vor. Camilla blieb seelenruhig und war nur schier darüber ver wundert, daß man sich überhaupt wegen solcher Blätter aus" regen konnte. Die steckte man doch einfach in den Cfcn — damit war dann wenigstens für einige Zeit alles gut. Sie er - klärte ohne Umschweife: „Ich hatte für mich nichts mehr. Ich mußte meinem Bruder so viel schicken." „Ten unterstützt doch Dein Mann genug." „Ja, aber Erich kommt nie aus." „So soll er sich besser einrichten." „Ach, er ist so unpraktisch!" sagte die junge Frau be - dauernd, als sähe sie von einer Hobe der gesetztest-... Leben- führung auf den armen Menschen herab, der sich gar nicht mit seinen Mitteln zu behelfen verstand. „Und mein Vater bat mich auch mehrmals." „Für ben sorgt Ars weiß Gott nicht weniger!" (Fortsetzung folgt.)