Preis 10 4 •a« txioxwj« «40 rrf<6etnt laglich einmal, nutzer den r. Arierinnen. eei«ee|MWI#: Monatlich 8,76 Ml., ohne .Lachen Uns* «,«5 TOL «öchenUich <>,«5 ML, ohne .Lachen lins« 1 0,55 ML, für Abholer 0,00 ML. ohne .Lachen link*' 0,50 ML Auch durch die Po» zu beziehen, «ebattion: Fehlandttratze 11, erster Stock. Fernsprecher: Llbe 1691 und 1Ö93. Verantwortlicher Redakteur: yaul 0u0*e6n, tlllmme*. Buchhandlung: Fchlanbftratze 11, Lrdgeschotz. Buchdruckereikonior: Feblandslratze 11. erster Stock. ■n)«0Mmeclom>nnaOnM Fehlandstratze 11 im ersten Stock Idis 7 ilbr abend* sür den sotgenden Lag), In den gilialen (bi* 8 llhr> und In allen Annoncenbureau*. Plan- und Datenvorschristen ohne Derdindllchkeiz. HamburgAltonaerNolksblatt Gegründet 1875 Ölummer 89 Dienstag, 30. März 1926 52. Jahrgang Hamburg unb Harburg, bleue Wege zue LSj^ng -er GrusZ-Harnvurg-Frage? Wir haben in Hamburg eine bürgerschaftliche Vertrauens - kommission für die Groß-Hamburg-Frage. Man weiß nicht, was sie treibt. Jedenfalls hat sie seit Jahr und Tag nichts mehr von sich hören lassen. Sie ist, wenn wir nicht irren, im Sommer vorigen Jahres zum letzten Male etwas oberflächlich vom Stand der Verhandlungen, die angeblich immer noch zwischen der preußischen und der hamburgischen Staatsregierung schweben, unterrichtet worden. Des weiteren existiert aber auch noch eine „Arbeitsgemeinschaft Groß-Hamburg", die gleichfalls wie das Veilchen im Verborgenen blüht und nur dann und wann ein schüchternes Lebenszeichen gibt. Von ihr ging vor einigen Wochen die Mitteilung aus, daß auf Grund eines Gut- achtens der Herren Dr. Drews und Graf Roedern der Entwurf eines Staatsvertrages zwischen Hamburg und Preußen ausgearbeitet und den beiden Länderregierungen zugcstellt worden sei. ' Zugleich mit dieser Verlautbarung wurde in allen Zeitungen des groß-hamburgischen Wirtschaftsgebietes der Wunsch laut, nun diese Dinge nicht länger in der Dunkelheit der Geheim - diplomatie zurückzuhalten, sondern sie durch Veröffentlichung des Vertragsentwurfs ins Licht der öffentlichen Kritik zu stellen. Dem Wunsch ist bis heute keine Erfüllung geworden. Der Ham - burger Senat hüllt sich nach wie vor in Schweigen, der preu - ßische Ministerpräsident, der neulich im Landtag die Groß- Hamburg-Frage berührte, tut desgleichen. Wir würden also den Inhalt des Staatsvertrages auch heute noch als ein streng ge - hütetes Geheimnis betrachten müssen, wenn nicht ein Mann den Schleier wenigstens etwas gelüftet hätte. Dieser Mann ist Ober - bürgermeister Dr. Dudek in Harburg, der bei der Haus - haltungsberatung vor den städtischen Kollegien am Freitag eine vielbeachtete Rede gehalten hat, in der er sich rückhaltlos gegen die von Dr. Drews und Graf Roedern vorgeschlagene Lösung der Groß-Hamburg-Frage aussprach. Dabei erfuhr denn auch die Oeffentlichkeit zum ersten Male, was in dem Gutachten der beiden Sachverständigen und in dem von ihnen bearbeiteten Vertragsentwurf das Hauptstück bildet, nämlich: die Abtretung Wilhelmsburgs mit allen benachbarten Elbinseln, also Kattwyk, Hohe Schar, Preußisch-Finkenwärder und Altenwärder an Hamburg im Aus - tausch gegen Moorburg und Uebernahme großer finan- zieller Gegenleistungen durch Hamburg. Oberbürgermeister Dr. -Dudek-hat sich sehr cntt'chieden gegen diesen Plan ausgesprochen und für den Fall seiner Verwirklichung angekündigt, daß dann auch Harburg seine Abtretrrng an Hamburg fordern würde. Denn, so fuhr er weiter in seiner Rede fort: „Wir haben keine Lust, ähnlich wie Wilhelmsburg, zu einem wirtschaftlich ohnmächtigen Fabrik - arbeitervorort von Homburg herunterzusinken. Preußen muß als Staat sich darüber klar sein, ob es einen Hafen an der Elbe halten will oder nicht, der in seinem eigenartig wirt - schaftlichen Charakter durchaus keine Konkurrenz sür Hamburg zu bedeuten braucht und trotzdem ein wichtiges Glied im Gesamtbild der deutschen Volkswirtschaft darstelli. Hält Preußen dies für notwendig und zweckmäßig, dann muß es aber auch alles unterlassen, was seiner Absicht widerspricht. Halbheiten wären hier überaus verderblich. Ab- gesehen davon, würde eine Gebietsabtretung in dem ecwiihnten Rahmen da? Unterelbeproblem keineswegs lösen. Die Sieb« lungs - und Verkehrsfrage, wie die Frage der Grundflächen und ihre systematische Unterhaltung im Gesamt- Wirtschaftsgebiet der Unterclbe bleiben noch weiterhin un - gelöst. Älles wäre Stückwerk und spätere Generationen würden unsere Kurzsichtigkeit verfluchen." Die Darlegungen Dr. Dudeks decken sich zum großen Teile mit der Stellungnahme, die wir int Hamburger Echo wiederholt zu den hier in Rede stehenden Fragen eingenommen haben. Vor - nehmlich vom Standpunkt der Arbeiterschaft aus ist jeder 'Lösungsversuch zu verwerfen, der nicht von vomherein eine klare 'Beantwortung der Frage bringt: WosollendieimHam- burger Hafengebiet beschäftigten Arbeiter- massen künftig wohnen? Daß Wilhelmsburg und die umliegenden Elbinseln kein ideales Wohngelände darstellen, ist bekannt. Abgesehen davon muß gerade dieses Gebiet in einem weitsichtig angelegten Plan vornehmlich der künftigen Hafen - erweiterung und industriellen Anlagen vorbehalten bleiben. Da der Stadtkern Hamburgs immer mehr sich zur reinen Geschäfts - stadt (City) entwickelt, bleibt als Siedlungsgebiet für Arbeiter - wohnungen in größerem Ausmaß und idealster Beschaffenheit nur die bergige und bewaldete Umgebung'Harburgs übrig. Sie kann durch Schnellbahnen in bequemste Verbindung mit den Hauptarbeitsstätten des Hamburger Hafens gebracht und zu einer wirklich harmonischen Abrundung des Wirtschaftsgebietes Groß- Hamburg ausgestaltet werden. Aus diesem Grunde war Harburg mit seiner Umgebung ja bereits in den ersten Groß-Hamburg- Plan einbezogen. Es waren damals allerdings nicht nur die preußische Zentralgewalt und die Provinz Hannover, sondern maßgebliche Kreise in Harburg selbst, die sich einer solchen Ein - beziehung entgegenstemmten. Insofern bedeutet die jetzige Rede des Harburger Oberbürgermeisters eine grundsätzliche Aenderung des früheren-Standpunktes der Harburger Stadtverwaltung. Aber auch Dr. Dudek spricht sich ja nicht unbedingt für die Abtretung Harburgs an Hamburg aus, sondern nur für den Fall, daß Wilhelmsburg dem hamburgischen Staatsgebiet ein - verleibt wird. Praktische Wirkung der Dudekschen Rede dürste also sein, daß die Widerstände Preußens gegen Gebiets - abtretungen an . Hamburg überhaupt eine neue Stärkung er - halten und der Lösungsversuch Dr. Drews-Roedern abermals ins Waffer fällt. Dann bliebe nur noch der Weg gegenseitiger Vereinbarungen ohne jede Gebietsveränderung, oder besser ge - sagt: unter Nichtbeachtung der veralteten, von der wirtschaft - lichen Entwicklung längst überholten Staatsgrenzen. Bei solchen Vereinbarungen brauchte nicht eine neue Grenzlinie zwischen Wilhelmsburg und Harburg (bie wirtschaftlich und bevölkerungspolitisch genau so unsinnig wäre wie die jetzige Landesgrenze) gezogen werden. Harburg könnte mit Hamburg und den anderen preußischen Groß-Hamburg-Gemeinden zu einem Städtebund zusammentreten. Ob das möglich sein wird, ob dazu in absehbarer Zeit die nötigen Verständigungs - schritte getan werden können, das läßt sich erst überschauen, wenn das ganze Problem in seiner vollen Breite aufgerollt und in seinem Mitteltpunkt, in Hamburg, zur öffentlichen Diskussion gestellt wird. Wir fordern diese öffentliche Dis - kussion heute mehr als je, weil von ferneren Geheimverhand- lungen oder halben Informationen nichts Gedeihliches zu erwarten ist. Jeder Aufschwung der Wirtschaft, des Handels und der Schiffahrt,' der nach so .langandauernder Depression doch einmal wieder kommen muß, wird die Not vergrößern, unter der jetzt alle Teile unseres Wirtschaftsgebietes leiden. Hamburg wird auch um deswillen sein gewichtiges Wort in die Wagschale werfen müssen, weil aus seinem Staatssäckel die Summen fließen sollen, auf die unsere preußischen Nach - bargemeinden mit einer gewissen Berechtigung warten, wenn sie die Lasten für das künftige Wachstum des deutschen Welt - hafens an der Elbe mit übernehmen sollen. Denn selbst - verständlich muß für die soziale Belastung, die den Arbeiter - wohngemeinden erwächst, ein angemessener Ersatz geleistet wer - den. Fragt sich nur, wie weit hierbei die Leistungsfähigkeit des Hamburger Staates geht, in dessen Werkstätten und Kontoren heute schon rund 30000 Personen aus Altona mehr beschäftigt sind, als umgekehrt in Hamburgs ininbeftens die gleiche Zahl kommt noch aus Wandsbek, Schiffbek, Wilhelmsburg usw. dazu. Denkt man sich dazu noch den künftigen Bau einer Arbeiterwohnstadt auf Harburger Gelände, so läßt sich er« messen, daß hieraus Ansprüche entstehen könnten, deren Er - füllung Hamburg beim besten Willen nicht ohne weiteres zu- sagen kann. Das ganze Problem wächst sich eben immer mehr zu einem über kommunalen aus, das mit irgendwelchen Eingemeindungsfragen an andern Stellen nicht zu vergleichen ist. Die Komplikationen, die jetzt aus der Stellungnahme Harburgs entstehen können, beweisen das aufs deutlichste. Sie werden unter Umständen doch auch das Reich noch nötigen, sich in irgendeiner Form der hier auf dem Spiele stehenden Interessen unserer gesamtdeutschen Volkswirtschaft anzunehinen. S.aa. fe.re.ar -vciuridj Schulz lebet am t. April in sein Amt als Dezernent für Kunstpflege, Schule und Volksbilbung im Reichsmuiifterium bes Innern zurück, aus bem er seinen Abschieb nahm, als boct ber beutschnationale Minister Schiele regierte. Heinrich Schulz war früher Volksschullehrer in Bremen, später Rebaktcur an unserer Partcipresse unb parlamen - tarischer Vertreter sozialistischer Schul- unb Kulturpolitik. NebknM-Geöenkm. Am Grabe bes einstigen Führers legten am Montag früh ber Parteivorstanb ber Sozialbemokratie unb bie Rcbaktion bes Vor - wärts in einer stillen Feier Kränze niebcr. Die Büste am Grabmal war schon frühzeitig von Arbeitern mit bcscheibenen Sträußen von Schneeglöckchen, Tulpen unb Levkojen geschmückt. Töpfe mit roten Tulpen hatte bie bankbarc Verehrung der Arbeiter ausgestellt. Der Friebrichsfelber Friebhof befindet sich in einer typischen Proletarier- gegend unb birgt viel Gräber mit leuchtenden Namen aus der Ar - beiterbewegung. So ruhen neben Liebknecht Hugo Haase, Ignaz ?luer, Luise Zietz und Legien unb weiter entfernt auch sein Sohn Karl Liebknecht unb anbere Nevolutionsopfer. Ten Parteivorstand vertraten die Genossen Crifpien unb Stel - ling. Die Schleife des Kranzes trug die Widmung: .Dem Sol - daten der Revolution". Adolf Braun, der unter Wilhelm Liebknecht Redakteur am Vorwärts war, legte einen Kranz nieder mit der In- ichrift: „Dem Führer und Lehrer". Tie rot,cn Schleifen und roten Tulpen der Kränze lsiichteten' weithin in ber FrühtMgssonnc als ein Zeichen der Dankbarkeit und des Gelöbnisses' zur Treue für den unvergeßlichen Führer. Beisekung Sthrenbatbe. Ter verstorbene Zentrumsführer wurde am Montag in Frei - burg i. B. beerdigt; die Stadt hatte die Ausrüstung der Feier auf ihre Kosten Übernommen. Alle städtischen und staatlichen Gebäude batten auf halbmast geflaggt. Der Reichskanzler und Minifter des Reiches und Badens, auch Vertreter der Fraktionen beteiligten sich. Die kirchliche Feier vollzog Erzbischof Dr. Fritz, der das Leben des Verstorbenen in seiner Vielseitigkeit nach der religiösen und der poli - tischen Seite hin beleuchtete. Als Vertreter der Reichsregicrung sprach Reichskanzler Dr. Luther, nach ihm der badische Staats - präsident Trunk und der Präsident des badischen Landtages Dr. Baumgartner. Für den Reichstag gedachte dessen Präsident Löbe in formvollendeter Rede der Verdienste des Verstorbenen um Volk und Vaterland. Ter Oberbürgermeister Dr. Bender von Frei - burg stattete dem Ehrenbürger den Dank der Stadt Freiburg ab. Für den Bundesvorstand des Rcickisbanners legte Dr. Wirth einen Kranz mit schwarz-rot-goldenen Schleifen nieder. Das Reichsbanner Freiburg hatte in ansehnlicher Stärke beim Einlaufen des Berliner Sonderzuges Spalier gebildet und auch an der Beerdigung teil - genommen. Von der sozialdemokratischen ReichstagSfraktion sah man unter andern Hermann Müller«, Breitschcid, Dittmann, Schöpflin Meier-Freiburg. Während der Feier in der Kapelle sang der Männergesangverein Freiburg, dessen Ehrenpräsident der Ver - storbene seit langen Jahren war, den Bardenchor. Severing. Professor Kolbe hat die Büste des preußischen Innen - ministers modelliert; sie wurde in Bronze ausgesührt unb am Montag, als dem sechsten Jahrestage der Ministerschaft Severings, Severing als Ausdruck der Verehrung von der Landtagsfraktion überreicht. Der vereltelte Friede. Lamas Anklage gegen Michaelis. In den beiden letzten Kriegsjahren kannten die Leute von der „Vaterlandspartei" keine dringendere Aufgabe, als die Ver - hinderung eines vorzeitigen Friedens, der Deutschland um die Früchte des Sieges bringe. Für sie war verdächtig und ab- scheulich, daß der Papst so etwa» wie eine Vermittlung zwischen den Ententemächten unb Deutschland in die Hand genommen hatte. Denn war nicht sicher, daß der päpstliche Stuhl gegen Deutschlands Interesse arbeite? Den Glanz deS evangelischen Kaiserthrones zu verdunkeln, dem Einflüsse RomS eine neue Bahn zu brechen: das war nach der Meinung de» Evangelischen Bundes die Absicht des Papstes. Aber die Evangeli-Bündler durften ihrem Michaelis vertrauen, der al? Reichskanzler schon wachen würde, daß nicht römische Tücke aus Ziel gelange. Wie sträflich Michaelis die päpstlichen Friedensbemühungen sabotiert hat, daS ist inzwischen auf mannigfache Weise kund geworden; Ritter von Lama stellt neuerdings in einer im Haas und Grahherr-Verlag, Augsburg, erschienenen Broschüre: Der vereitelte Friede das BeweiSrnaterial zusammen. Daraus ergibt sich: Am 21. August 1917 hatte der britische Gesandte beim Heiligen Stuhl eine schriftliche Mitteilung seiner Regierung Überreicht, die den Wunsch ausspricht, der Heilige Vater möge tue Mittelmächte veranlassen, daß sie als Vorbedingung für die Aufnahme von FriedenSbesprcchungen sagen, zu welchen Wieder - gutmachungen unb Entschädigungen sie bereit seien; ferner, welche Mittel die Mittelmächte zur Bewahrung der Welt vor künftigen Äriegsgreueln Vorschlägen wollen und wie sie sich zur Wiederherstellung der völligen Unabhängigkeit Belgiens stellen. Der Staatssekretär des Papstes gab bie Abschrift der Original« depesche bet englischen Regierung an den Nuntius Pacelli in München weiter, der die Abschrift dem Reichskanzler Michaelis übermittelte. Lama gibt den Wortlaut deS amtlichen britischen Dokuments unb ber Begleitbriefe toieber. Nuntius unb Staats - sekretär bes Papstes warteten jedoch vergeblich auf bie von bet englischen Regierung im Einvernehmen mit ber französischen Re - gierung verlangte amtliche Erklärung Deutschlands. In einer vom 24. September 1917 datierten Note an den Nuntius lehnt Michaelis schließlich die verlangte Erklärung ab. Er hatte in - zwischen seinerseits den Versuch gemacht, den spanischen Ge. sandten in London für eine Friebensvermittlung einzuspannen, ber jeboch hatt« bie Vermitttuug abgelehnt unb sich mit ber Mit - teilung an die englische Regierung begnügt, daß Deutschland eine Friedens«nhahnung wünsche. Rom wurde, so meint Lama, von MichaeliS ausgeschaltet und der Weg über SUlibrib gewählt, weil ber Evangelibündlet Michaeli» das Papsttum haßte. Wir er - klären c6 uns anders; wohl halte Michaelis Abneigung gegen Rom, aber er war überhaupt nicht gewillt, sich aus die völlige Unabhängigkeit Belgiens zu verpflichten und er entsprach damit den Wünschen der hohen Militärs! AllerbingS bezichtigt Lama den Michaelis weiter, er falbe da» Eingangsdatum jener De - pesche des NuntmS mit ber Anfrage Englands nach Deutsch. landS Kriegszielen gefälscht, unb zwar zu bem Zweck, es so darstellen zu können, alS habe er schon vor Eingang bet Nuntiusdepesche bie spanische Diplomatie um Vermittlung er - sucht gehabt. Angenommen, die Fälschung sei verübt, so beweist sie jedoch noch nicht, baß Michaelis aus Haß gegen Rpm gehandelt habe. Wir nehmen an, Michaelis habe schlau handeln unb die Entente auf bestimmte KriegSziele festlegen, seine eigenen Kriegs - ziele aber bis zuletzt verschweigen wollen; diesem Zweck sollte die Mission des spanischen Diplomaten dienen (ber allerdings Unrat witterte unb sich nicht mißbrauchen ließ), unb ihm biente bie schließliche Ablehnung, die Michaelis nach Rom gelangen ließ. DaS Haupistück ber Beweisführung Lamas haben wir jedoch noch nicht berührt. Er erhebt nämlich gegen Michaelis nicht nur die. Bezichtigung der Datumöfälschung, sondern auch ber I n« Halts fälschung. Nämlich Michaelis habe dem Kaiser und bem am 11. September 1917 zusammengetretenen Kronrat eine falsche Darstellung des Friedensschrittes Englands beim Papst gegeben, er habe verschwiegen, daß ein (mit Zustimmung Frankreichs unternommener) amtlicher Schritt Englands vorliege unb falbe von einem Schritt „von neutraler Seite" gesprochen; und auch den Inhalt ber Note habe Michaelis Kaiser unb Kronrat falsch vorgetragen, insbesondere habe er bie präzise Frage wegen Belgien verschwiegen. Alle Teilnehmer am Kronrat habe Michaelis „wissentlich falsch unterrichtet, also be - logen". Lama versucht weiter den Beweis, daß ber Kaiser unb die Heerführer für die Festlegung auf bie völlige Wieder - herstellung der belgischen Unabhängigkeit zu haben gewesen wären, was in jenem Zeitpunkt bestimmt nicht zutrifft. Oben bas wußte Michaelis, er konnte getrost bie innere Zustimmung Der Schuß auf den Teufel. Eine Geschichte aus dem Frankenwalb von Gustav Schröer I48J 7. Sonnenschein und graue Tage, der grauen Tage waren mehr; mondhelle Nächte und Finsternis, die Finsternis über - wog; Heiterkeit, Mut, Glaube und Not, die Not löschte das Licht aus. Fidus Anger war zwar wieder bei Linda gewesen, aber es stand eine Mauer zwischen ihnen. Diesseits und jenseits der Mauer standen Menschen, die in heißer Liebe zueinander wollten. Hundertmal hob Fidus in Gedanken die Faust, die Mauer zu zertrümmern, und ließ sie sinken. Er fragte Linda: „Hast Du mich denn noch gern?" „Ach, Fidus! Ich habe Dich lieber wie mein Leben." , „Dann — geh aus dem Hause. Geh in die Stadt und nachher heiraten wir." . „Ich lasse die alten Leute nicht allein." „Wenn wir heiraten, dann sind sie doch auch allein." „Fidus, wann wird das sein?" „Willst Du nicht?" „Tu mir doch nicht so weh, Fidus. Aber — Du glaubst ja nicht an mich." „An Dich nicht? Mädel, an Dich glaube ich wie an mich selber." „Dann glaube auch, was ich glaube, daß die Großmutter so lieb und so gut ist wie kaum ein Mensch sonst." Fidus schwieg. „Ich bin mit dem Großvater bei dem Pastor gewesen. Extra sind wir hin gegangen. Ich will Dir erzählen, was er gesagt hat." Linda erzählte von Menschen, die die andern an festem Willen überragen und sie sich untertänig machen köncken. Das stber habe weder etwas mit dem Herrgott noch mit dem Teufel zu tun. Es sei natürlich, wenn auch noch nicht erklärt. Fidus schwankte, und — blieb halb. Es war ihm zuviel „arreviert", aber, obwohl es ihm auf der Zunge lag, er schwieg, um Linda Nicht weh zu tun. Derweile war es Vollmond geworden. Rosalie Rotermann begegnete Fidus auf der Straße und sah ihn fragend an. Der blieb in einem raschen, wilden Entschluß stehn. „Ro - salie, heute abend komm ich. So um neun herum." „Gut, Fidus, ich bin daheim." Albin Rotermann aber hatte seine Frau mit Fidus sprechen sehen und wartete in dumpfer Ahnung darauf, daß nun irgend etwas käme. Und es kam. Gegen vier sagte Rosalie kurz: „Ich hab das ganz vergeffen. Du sollst ja bei die Lindcmantttz nach Growitz kommen. Es ist was mit dem Pferde." Albin schwieg, aber es kroch ihm eiskalt zum Herzen. Das Schifflein flog klitsch, klatsch. Eine Weile wartete Rosalie. Dann sagte sie wild: „Hast Du mich verstanden? Soll ich Dir Beine machen?" Albin lächelte, kroch langsam aus dem Webstuhl, zog die Joppe an, schlang einen Schal um den Hals, stand reisefertig vor Rosalie, sah ihr mit verhangenem Blick in die Augen: „Bei die Lindemanns?" „Ja." Es dunkelte, da machte sich Albin Rotermann auf den Weg. Langsam, mühselig durch den Schnee stapfend, schritt