tMtfU^en sich in «rich»nxrrt: die iL gespalien« ««* partiO<»tUe 40 Vf. Vrtbatt ^amilien-nzeigen 25 Pf. Stell««» «ngoet« RO Pf. Stellengesuch« 25 Pf. «leine Anzeigen bi* 9 .Zellen die Zell« *5 Pf., 10 bi* 15 Zellen die Zelle 30 Pf. SUflamfj.il« 3 Mk. Anzeigen müssen im voran* oder sofort bezahlt werben. Hngalganannatim« gehlandstr.il iFernfpe.! 416« 16941, Hochpart, (bis 7ilhr abrnd* für b«n folgenden Zag), in den Filialen (bU 3 Ahr und in allen Annoncenbureau*. Platz- und »atenvorschriftrn unverbindlich. k«.H.-'7" > erscheint tZgllch einmal, au,« den 2. geiertagen. 2,tM> mt < °h"« .Lachen [int* 2,25 Ml **4”** l 4 0,70 Mk., ohne .Lachen Ilnl,' 0,55 Mt, für Abholer 0,05 TOt., ohne .Lachen link*' 0,50 Mk. Auch durch di« Post m buieden ®« b r^nttoo 3 r?i l i 1 * b . fl , r « e .h 1 ’ “if' * trn,t,r,< ® e,: «b- 1691 u:rb 169,. Verantwortlicher Redakteur: 9aul Qtt«»ahn ^ e ^ Iaitb ^ lra 8 e H» Erdgeschoß. Aernsprecher: Llb« 1692. Bnchdruckeretkontor: Kehlandstr. 11, L Stock. Fernspr.: Llbe 6620 u. 6621. HamduysÄlttvnasrDoltzsblalt Gegründet 1875 VreiS 16 4 HamdurgerEcho eg«e «kech» erscheint täglich einmal, au*., d.» o . — - - . . . - - * — m i. M» IS, * " “ Stummer 170 Dienetag, 22. Juni 1926 52. Jahrgang Das AW Ler Mmöe. SiWmkdmvroM Mr RMAaMM? Jni kaiserlichen Deutschland war Rezept gegen oppositionelle Volksbewegungen: Niederschlagen, niederschlagen! Das Vo» will der Regierung den Weg weisen? Nun erst recht nicht! So tun, als sei das Wachstum der Sozialdemokratie von Wahl zu Wahl bedeutungslos, sofern nur die Regierung ihren Arm stark er - hält. Und wer nicht will wie die Obrigkeit, der ist kein Deut - scher; stoßt den Fremdkörper aus! Gestern abend bot die deutschnationale Presse einen Anblick, als lebe diese Partei noch ganz im Kaisergeist. Sie schwärmte voin Sieg der Rechtsideen, verkleinerte den mächtigen Erfolg des Volksentscheids, unterschlug, daß der Terror der Rechten sehr große Waffen von der Stimmabgabe zurückgehalten hat und hob statt deffen hervor, der Linksterror habe die Ja-Stimmen emporgetrieben. So wurde gedeutelt und gedreht, bis am Ende außer ein • paar Tausend verärgerter Sparer nur u n - deutsche Jasager übrigblieben: Bolschewisten, vaterlandslose Sozialdemokraten und Ultramontane. Also ganz das alte Rezept des Zwiebelschälens: die schlechten Häute wirft man weg, und schlecht ist, was nicht deutschnational. Ueber Nacht tarnen den Herrschaften doch Bedenken. Westarp sprach gestern schon von der „ernsten Bedeutung der 14^ Millionen Ja-Stimmen", und die Kreuzzeitung stellte fest, daß ein weit stärkerer Einbruch in die bürgerliche Wählermasse gelungen sei, als beim Volksbegehrm. Aber natürlich zieht kein Deutschnatiorwler den Schluß, daß der Front - wechsel bürgerlicher WählermaM in der Politik von Reichstag und Regierung sich auswirken müsse, entweder in der Form einer Verschärfung des Kompromißgesetzes zur Fürstenabfindung ober durch Reichstagsneuwahl. Reichstagswahlen zu verhindern, erklären Deutschnationale als Aufgabe ihrer Reichstagsfraktion; zu dem Zweck müsse die Fraktion bereit sein, bei der gesetzlichen Regelung der Abfindungsfrage „nach besten Kräften" mitzuwirken. Die Deutsche Tageszeitung betont, sie wünsche dringend, daß die Frage baldigst zur Ruhe kommt. Aber das sann zunächst Werbung für einen schwarzblauen Block sein, den das Zentrum (siehe den Sonderbericht) im voraus ab - gelehnt hat. Indes: auch dafür missen die Deutschnationalen Rat. Damit nur ja die Reichstagsauflösung vermieden werde, wollen die Deutschnationalen eine Lage schaffen, die erlaubt, die Einzelbestimmungen des Kompromisses im Reichstag mit wechselnden Mehrheiten^üurchzusetzen und es am Ende mit jhv facher Mehrheit zu verabschieden. Sie stimmen also der Schwen - kung zu, die da« Kabinett Marx unmittelbar vor dem Volks- entscheid vornahm, und erklären: das Kompromiß erfordert keine Verfassungsänderung! Das ist mehr, als von den Deutschnationalen zu ermatten »ar, es ist jedoch weit entfernt von ehrlicher Politik und kommt im Wesen auf Halb und Halb hinaus. Wie bet den Dawes- Gesetzen die Deutschnationalen sich selbst ins Gesicht schlugen, um die Reichstagsauflösung zu vermeiden, so wollen sie es auch beim Fürstetckompromiß halten. Das Zentrum hat bereits seine Absicht verkündet, das Kompromiß durchzupeitschen, so wie es im Ent - wurf vorliegt. Also alle Abänderungsanträge abzulehnen. Die Fraktion der Demokraten hat sich zur Mithilfe verpstichtet. Heute bereits nimmt der Rechtsausschuß des Reichstages die Beratung auf. Der SPD. berichtet dazu: Die demokratische Reichstagsfraktion hat ihren Vertreter in dem Ausschuß, Freiherrn von Richthofen, beauftragt, en dloe-Ab» stimmung zu beantragen. Das Zentrum und die Demo - kraten wünschen unter allen Umständen eine Regelung der Frage vor den Sommerferien, die für Anfang Juli geplant sind. Di« Sozialdemokratie kann sich nicht auf den Stand - punkt des Alle- oder Nicht» stellen, sondern muß versuchen, für Land und Volk zu retten, was zu retten ist. Aber das heißt natürlich nicht, daß sie nun ohne weiteres dem Kompromißgesetz ihre Zustimmung zu geben hat. Da? würden die nicht verstehen, mit denen und rür die wir in den letzten Wochen kämpften. Die Reichs- tagsfraktion wird deshalb Abänderungsanträge stellen, die nach ihrer Meinung die dringendsten und die notwendigsten sind. Von der Art ihrer Erledigung wird dann di« endgültige Entscheidung abhängen. M WIM W MM» «NO. Von Rolf Gustav Haebler. 136] 40. An einem schönen Sommerabend saßen sie beieinander, oben int Atelier, Langmann, Hans Karl Kraft und Ernst. Der Maler hatte seine Mappen hervorgeholt: große helle Blätter mit Zeichnungen in tausend Techniken lagen am Boden. Hans Karl Kraft, seines Zeichens Germanist und Unterweiser der Jugend in den Geheimnissen der deutschen Grammatik und den Heltentaten der deutschen Kaiser und römischen Päpste saß neben Ernst aus dem Sosa. Langmann nahm eine kleine Mappe zur Hand: „Jetzt kommt was ganz Feines; ein Zyklus. Ein Problem. So was Literarisches aus jener Zeit, da ich noch meinte, man muffe dichten, wen man zeichnet." Seine kühlen blauen Augen waren leiser Spott, und bte Brillengläser funkelten. .„ „Ich taumelte einmal zwischen zwei Weibern. oilätout. Radierungen breiteten sich aus. Heiße Bilder der Liist und kühle Andacht in hoher Landschaft. Hans Karl küßte mit breiten Sippen die pochende Welt des Blutes in diesen Blättern. Seine Augen wurden klein und un - aufrichtig. „Ein Problem, sicher", sagte Ernst. „Aber weniger ein malerisches als ein menschliches.' Langmann schoß einen Blick auf ihn: „Will ich glauben; es hat dem Menschen in mir einst schwere Stunden bereitet. Hans Karl lachte: „Ein langweiliger Kerl ist — nehmen Sie's mir nicht Übel, daß Sie es damals waren —, wcni Sexualprobleme an das Ich gehen. Ich trenne zwischen Mensch und Älensch. Was ist dem Menschen das Weib? Nichts — ober eine Bindung an die Natur, die er wegwirft, wenn er stark« ge - nug dazu ist oder hie er genießt wie eine schöne Landschaft. Es kam» also keine Neve davon sein, daß die Sozialdemokratie einem Antrag aus en Kloe-Annahine des Gesetzes ihre Zustimmung gibt. Gewiß mag Eile not tun, aber die Eile darf nicht zu über- stürzter Flucht ausarten. Wollen di« andern nicht in sachliche Be - ratung unserer Vorschläge eintrelen oder gehen sie über die sozial- demokratischen Anträge zur Tagesordnung über, dann mögen sie un$ ruhig den Vorwprf machen, wir hätten versagt. Dar Nein wurde nach unserer Ueberzeugung in vollem Einklang stehen mit dem Willen der 15 Millionen, Lie am Sonntag ihr entschlosieneS Ja aus - gesprochen haben. Aeußerst wichtig ist die weitere Mitteilung, daß die Re - gierungsparteien nicht auf die von den Deutschnationalen ge - baute Brücke treten wollen. Ihre Führer haben einmütig be - schlossen, an dem Gesetzentwurf festzuhalten; sie verpflichten sich, keine Abändemngsanträge zu stellen, aber alle Abänderungs - anträge von anderer Seite zu prüfen. Im übrigen kam man überein, das Gesetz als verfaffmigsändemd zu betrachten. Da - mit ist den Deutschnationalen der Weg zur Flucht vor der Ver - antwortung verlegt, die Möglichkeit der Reichstagsauflösung rückt näher. Sie s o herbeizuführen, daß gleichzeitig die Wähler- massen den Eindruck haben: gewähtt muß werden, weil die deutsch- nationale Fürstenpolitik anders nicht bezwungen werden kann — das ist für den Wahlausgang von höchster Bedeutung. Die Zen - trumspolitik kennzeichnet sich selbst durch das Festhalten an dem ganz unzulänglichen Kompromiß; auf diese Art wird das Zen - trum die Krise in seiner Partei gewiß nicht überwinden. Die Krise weiterzutreiben innerhalb der Massen, die Hindenburg genmhlt haben, ist jedenfalls im Augenblick von größerer Be - deutung, es ist das Gebot der Stunde. Man erfüllt es nicht mit dem demonstrativen Antrag der Kommunisten, die sofortige Auf - lösung des Reichstags fordern. Der Antrag mag von größtem Opfermut zeugen, er zeigt die KPD. in der Rolle dessen, der den (mecklenburgischen) Streich auf die rechte Wange beantwortet, indem er auch die linke Wange hinhält. Diese ur- christliche Demut mag die Kommunisten zieren, aber Richtschnur praktischer Politik darf sie nicht sein. Die deutschen Jünger Moskaus haben in der Agitation zum Volksentscheid wahrhaftig Unheil genug gestiftet, sie haben Millionen ängstliche Klein - bürger verschüchtert und dadurch für die Fürstensache gleiche Ver - dienste erworben, wie bei der Wahl Hindenburgs, dem sie den Steigbügel hielten. Tas Gebot der Stunde verlangt Mitarbeit zur Verbesserung des Kompromisses und klare HerauSarbeitung, daß am Scheitern die Rechte Schuld trägt. So bereitet man vor den Sieg in der Reichstagswahl'! eene AuslMdWmmen. SPD. London, 21. Juin. Der konservative „Standard" schreibt zu dem^ Ausfall Les Volksentscheids, die Tatsache, daß 15 Millionen stimmen für die Enteignung abgegeben worden feien, genüge, um besondere Freudenausbrüche im Lager der Monarchisten zu verhinoern. Ter AuSgang de? Volksentscheids zeige, daß die V e r a ch t u n g , die so viele Deutsch« gegen die Hohenzollern hegten, sich im Laufe der Jahre nicht abge- schwächt habe. Der liberale „Star" schreibt in einem Leitartikel: „Warnung an Doorn", da? Ergebnis für Wilhelm und seine Freunde sei nicht allzu beruhigend. Sie behielten zwar nunmehr Besitztümer, die so groß seien wie englnche Grafschaften, aber sie hätltn eine beunruhigend große Minderheit gegen sich. Ter Volksentscheid habe gezeigt, daß die Jndustr-.ebezirke in über - wältigendem Maße gegen die früheren Herrscher und für di« Republik seien. SPD. Wien, 21. Juni. Die Arbeiterzeitung schreibt zu dem Ergebnis de? Volksentscheids: „Da? AbstimmungSergebnlr bedeutet in Wirklichkeit den gewaltigen Sieg des republikanischen Gedankens, ein« Absage an di« monarchistische Idee, w:e sie so cntsezeichnet wird, die keinen Aufschub mehr dulde. Die Fraktion habe schon früher ihren Vorstand beauftragt, mit allen parlamen - tarischen Mitteln auf beschleunigte Verabschiedung des Regierungsentwurfs hinzuwivken. Dabei dürfe die Erklärung nicht abgeschwächt werden, die der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion int Auftrage der Regierungsparteien ant 10. Juni in der Reichstagssitzung dahin abgegeben habe, daß das Gesetz den Fürste,t nur da? Vermögen lassen werde, das sie als unzweifelhaftes Privateigentum erworben haben, daß dabei den Folgen des verlorenen Krieges, der Veramung des Volkes und der gesamten Vermögenslage der Fürsten Rechnung getragen werde und ferner den Ländern zugeteilt werden solle, worauf sie aus Gründen der Kultur ober der Volksgesundheit Anspruch haben. Den Fürsten werde keine bessere Aufwertung zuteil als andern Staatsbürgern. Das Zentrum steh« zu diesem gegebenen Wort und bevollmächtige seinen Vorstand zur Erreichung diese? Zieles erforderlichenfalls alle politischen Folgerungen zu ziehen. * Einberufung Ses WrleiauMuM Die Gärung innerhalb des Zentrums gegen die Haltung deS Parteivorstandes in der Fürstenfrage ist von der ZentrumSpresse bereits uitutnwunden zugestanden worden. Ihr ganzer Umfang ergibt sich aber erst aus dem bereits gestern gefaßten Beschluß des Parteivorstandes des Zentrums-, zum Sonntag, 4. Juli, I den Parteiaussckmß einzuberufen, und zwar mit der Tagesord - nung: „Die Aufgaben der Partei." Vor allem ist bezeichnend, daß außer Stegerwald und Herold auch der Reichstagsabgeordnete und ftühere Reichskanzler Dr. Josef Wirth, von dem man weiß, daß er für die entschädigungslos« Enteignung war, al8 Redner aufgeboten ist. e Abweisung des Rechisbwkks. Auch die Antwort der Germania in der heutigen Morgen - ausgabe auf die Forderungen der deutschnationalen Presse, jetzt den Rechtsblock zu bilden und gegen die Sozialdemokratie zu regieren, wirft ein besonderes Licht auf die gegenwärtige Stimmung inner - halb der Zentrumspartei und ihrer Reichstagsfraktion. Die Ger - mania schreibt: Die Zetrumswählerschaft denft demokratisch. Die Agitation der Rechten gegen unsern heutigen Staat hat das Miß - trauen gegen sie in unsern Reihen verstärkt, jenes Mißtrauen, das nie ganz verschwunden war und durch die falsche Behandlung Les katholischen Volksteil? dem alten Preußen und Deutschland einen fruchtbaren Nährboden geschaffen. Wir würden dem Radi - kalismus direkt in die Hände arbeiten, wenn wir den von der Rechten so eifrig propagierten Bürgerblock mitmachen wollten. Die deutschnationale Kreuzzeitung und der deutschnaftonale Partei - führer Graf W e ft a r p verkennen die Sage und die • Struktur unserer Partei gründlich, wenn sie sagen, das Zentrum müßte sich jetzt nach recht? oder nach links entscheiden. Das Zentrum steht und fällt mit seinem Charakter als 'Mittelpartei, bet ihm die Möglichkeit offen lassen muß, sich nach rechts und nach links zu entscheiben, wie eS die jeweilige politische Lage verlangt. In der jetzigen Situation den Lockungen der Reckten zu folgen, wäre der scklechteste Versuch, um die Parteiautorität wieder zu befestigen und damit auch unserm gesamten politischen Sehen wieder einen festen Stützpunkt zu geben." „Das sagt sich schön", warf Langmann ein. „Gewiß! Nie ist ein Weib ein Genuß. Das Weib ist, im besten Fall, eine holde Verführerin zum Genuß —" Hans Karl nickte: „Sie haben recht, es gibt keine teuflischere göttliche Wahrheit als die Geschichte vom Sündenfall." „Wobei es merkwürdig bleibt," warf Ernst ein, „daß in praxi stets der Mann Verführer ist." „Falsch, mein Lieber," sagte Hans Karl, „grundfalsch. Das Wesen des Weibes ist Verführung. Zum Guten wie zum ewig Bösen. Natürlich, unsere Frauen von heute haben auch darin Kultur und überlassen die letzten Brutalitäten dem Maune: aber ist nicht alles an der Frau Verführung — ihr Blick, mit dem sie den Mann anschaut, ihr Haar, ihre Linie, ihre Klei - dung, vom harmlosen Zopfband bis zum durchbrochenen Strumpf, den Sie bewundern, wenn ein gütiger Gott Sie einen schön gerafften Rock sehen läßt! Ist nicht jede kleinste Heimlichkeit der weiblichen Kleidung-— ich sage nicht: der ein - zelnen Frau — bewußt, jede Spitze, jedes kleine blaue ober rote Bändchen an ihrem Körper eine Lockung, die unsere Sinne auf - peitschen soll? Die Verführung ist weiblichen Geschlechts!" „Ich gebe das alles zu aber es beweist nichts dagegen, daß die Frau, rein als Persönlichkeit betrachtet, im allgemeinen keuscher denkt und fühlt wie der Mann," erwiderte Ernst. „Des Rätsels Lösung scheint mir darin zu liegen," meinte Sangmann, „die Frau ist, natürlich unbewußt, stets auf der Suche nach dem Einen, nach dem Einzigen, dem sie ihre Liebe schenken möckste. Tausend Frauen finden diesen Einen nie in ihrem ganzen Leben, finden sie ihn aber, so könnt ihr Gift braus nehmen, daß die keuscheste Frau ein Satan an Möglichkeiten wird, um diesen einen zu besitzen. Wobei unter besitzen ich keinewegs körperliche Hingabe verstehe." Die drei schwiegen eine Weile. In jedem Hirn zuckte irgendwie Erinnerung an eine oder mehr, Frauen gingen durch die Seele der drei Männer, Prüfsteine des Denkens. Enst unterbrach das -schweigen: „Ist es nicht unendlich be - zeichnend, baß wir drei jetzt, in diesem Augenblick, überlegen, wie weit unsere Erfahrung all bas bestätigt — bevor wir mit unserem Urteil herausrücken? Eine Frau hätie sofort die Ant - wort bei der Hand: denn sie denkt nicht über die Liebe — sie glaubt ober glaubt nicht!" Langmann zündete eine Zigarette an: „Bitte, bedienen Sie sich, es debattiert sich besser.... Sie haben natürlich recht. Jeder Künstler glaubt an sein Werk, und das Werk der Frau ist ihre Liebe." „Ihr verliert euch in eine hier besonders greuliche Theorie. Ich halte mich an die süßere Praxis. Und die bestätigt mir, daß die Frauen sich nach dem Manne sehnen, der eben ein Mann ist, ein Kerl, der sie zu packen versteht, körperlich ober geistig, es gehört zu beibem verteufelt wenig Psychologie, fonbern eine Erfahrung, bie sich jeber Kellner verschaffen kann." „Oho", schnellte Ernst empor, eine Gebärde der Verachtung war er. — „Sie sprechen von Sßeibcm, wir von Frauen." „Ich dachte die ganze Zeit, wir sprechen vom Weib. Ich sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Dirne und der Krankenschwester." Langmann lächelte, ein seltsam erstauntes Lächeln war das, nahm eine der Radierungen und sagte: „Wenn Sie die beiden gekannt hätten, so würden Sie einen wesentlichen Unterschied sehen. Und wie seltsam — die beiden waren das, was Sie eben sagten: eine Dirne und eine Krankenschwester. Ich habe damals an den beiden das ganze Problem Weib ftubiert, gründlich, bis zur Verzweiflung. Wissen Sie, was bie größte Tragübie für ben Mann ist: zwischen zwei Frauen zu stehen, bie beibe, jebe an sich grunbverschieben von ber anbem, aber in bem einen boch ganz eins, in diesem Mann bie Erfüllung ihres Daseins gefunben haben." „Warum haben Sie sich nicht brutal für die eine oder andere entschieden?" fragte Ernst. Langmann, legte das Blatt weg, das beide Frauen dar - stellte: bie eine lag, nackt, eine Linie ber seligsten Erschlaffung, ba, am Boben. rofenumrantt, bie onbere kniete baneben, in einem bunden Gewanb unb pflückte eine Rose — ein ganz schlichtes, stilles BUb, bas bem, ber nicht um bie tiefere Deu- twtfl wußte, nichts sagte als schöne Linie unb Stimmung. SvzialdkindkralWk Anfragen zur MrtfchaftsvoM. Die sozialbemokratische Fraktion hat im Reichstag folgende Interpellation eingebracht: Am 1. August findet nach Lem Zollatarifgeseh die bisher geltende Regelung der LebenSmirtelzölle ihr Ende. In dem vem ÄeichStag vorliegenden schwedischen Handelsvertrag sind Leben?, mtttelzölle eingeieht, die sehr erheblich über bie bisherigen hinaus- gehen und die, wenn bei Vertrag in Kraft träte, eine ausser« ordentlicke Verteuerung der gesamten Lebenshaltung der breiten Massen bewirken würden. Wir fragen deshalb: Ist die Reichsregierung bereit, über die Grundlagen ihrer Handespolitik dem Reichstag Auskunft zu geben, insbesondere darüber, ob eine Setlängerung der bisherigen Siebet* Mittelzölle über den 1. August hinaus von ihr beabsichtigt ist? Die sozialbemokratische Fraktion brachte außerbem noch folgenbe Interpellation ein: Die Reichsreg:erung hat für die Firma Mannes marm ein« firebitgarantie zur S-cherftelluna de? Marokkobesitze? der Firma angefordert. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags hat bie Befürwortung abgelehnl. Ter Haushaltkausschuß hat dagegen unter Berufung auf Artikel 2 b des Etatsgesetzes dem Regierungs - antrag zugestimmt. Hat die Reichsregierung die Anwendbarkeit des Artikels 2 b nachprüfen lassen, nach dem solche Garantien nur übernommen weiden dürfen, wenn sie zur Befriedigung unabweisbarer Bedürf - nisse erfolgen, sofern dadurch eine Ausgabe vermieden wird, der sich das Reich sonst nicht hätte entziehen können? Was gedenkt die Reichsregierung überhaupt zu tun, um einen Mißbrauch de» Artikel» 2b deS Etatsgesetzes zu verhindern? wwätliotr Ausschuß. Im Auswärtigen Ausschuß des Reichstage? erstattete am Montag ber Vertreter der deutschen Regierung bei der Abrüstungs - konferenz, Abgeordneter Graf Bernstorff, Bericht Wer bie Genfer Verbanviungen. Von der ReichSregierung waren der Außen - minister Dr. Stresemann mit dem Staatssekretär, Dr. Schubert und R«ich»verlehr»minister Tr. Krohne anwesend. Nach längerer Aussprache faßte der Ausschuß mit großer Mehr- heit folgende Entschließung: „Unbeschadet der Stellung der verschedenen FraktionSverireter zu den Fragen im einzelnen, nimmt der Auswärtige Ausschuß davon Kenntnis, daß bei den Verhandlungen der Vorbereitenden .Kom - mission für bie Abrüstungskonferenz irgendwelche Bindungen für Deutschland nicht erfolgt sind und erhebt mit dieser Maßnahme gegen ein« Fortsetzung der Beteiligung Deutschlands an ben weiteren Beratungen zur Förderung deS AbrüskungsprMemS keine Bedenken." StitmMs ncutt MMühtsminMk. Eine schwere Beleidigung für die Sozialdemokratie. Neu verschärfte Spannung. WTB. Graz, 21. Juni. In einer gemeinsamen Beratung Ler Parteileitung, des LandtagSklubs sowie der Bunde?» unb der National - räte der christlichsozialen Partei SteiermarkS wurde mit 88 gegen 24 Stimmen beschlossen, den Landeshauptmann von Sceiermark. Rmtelen, zu ermächtigen, mit Rücksicht auf die besonders schwierige Sage den Posten bei llnterrichtSministerS zu übernehmen. * Nachdem der bisherige Unterricktsminister^ Schneider wegen emer Abmachung mit bet SozwLemokratie in Schulfragen von der christlichsckzialcn Parteileitung zum Rücktritt gezwungen worden war, schicken Lie Klerikalen nunmehr den ärgsten Scharfmacher vor die Front: Herrn Rintelen! Rintelen steht im schweren Ver- dacht, mit Len ungarischen Frankenfälschern und den bayrischen Königsmachern in hochverräterischen Beziehungen gestanden zu haben. Seine Ernennung bedeutet eine äußerst schwere Provo - kation für die Sozialdemokraten. Es ist möglich, daß man am Vor - abend einer sehr ernsten Entwicklung in Oesterreich steht. Kabinettsbildung ebne Ende. Briand doch noch erfolglos? 5>«r Versuch Briands, mit Poincars zusammen ein .großes' Ministerium zu bilden, scheint doch noch auf unüberwindliche Schwierigkeiten zu stoßen, ba PoincarL sich geweigert hat, ba? Finanzministerium zu übernehmen. Briand verhandelt zwar noch weiter, aber es besteht kaum noch Aussicht, daß fein Versuch zu - stande kommt. Wie es heißt, soll nach bem Scheitern des jetzigen Versuches das alte Ministerium Briands mit geringen Aenderungen wieder in Tätigkeit treten. „Warum ich nicht mit der einen brach? Weil ich an beide mit gleicher Inbrunst gekettet war. Ich liebe beide." „Das ist unmöglich", sagte Emst. „In der Liebe ist nichts unmöglich, denn sie ist Gott", er - widerte der Maler. Am anbem Tag lernte Emst Grete Langsdorfs kennen. Sie war Lehrerin. Dies fiel ihm zuerst an chr auf: schweres blondes Haar, das in mächtigen Zöpfen um ihren Kopf lag. Und zwei blaue Augen. Sommerhimmel der Frühe leuchtete aus ihnen. Als er in seiner Schulstube war, erinnerte er sich, daß sie ihn so merkwürdig angeschaut habe. Ihr Blick war tief und cmst in dem seinen gelegen. Eine Frage stand darin: aber er hatte sie nicht verstanden und brum keine Antwort gegeben, iihtn hörte er sie, aus einer jähen Erinnerung heraus; ein breites Licht ging über sein Denken, kurz, rasch, wie der rasche Strahl eines Scheinwerfers, und dann war er verschwunden. Emst ging auf sein Pult, setzte sich. Draußen lag weiße Sonne überm Hof. Tie Kinder wurden unruhig; daran er - wachte er aus seinen Träumen. Er ließ sie etwas schreiben; jetzt konnte er nicht unterrichten. Seltsam; es gibt Blicke, die aufrührerisch sind und peit - schen. So war dieser nicht. Ein Klang, langhin, wie von einer Orgel, vox coelestis, A-Dur, dachte er. Allmählich fiel ihm das Gesicht ein. Ein starkknochiger, heller Kopf, nicht schön, ge- iviß nicht. Es war nur der Blick, dieser prüfende Blick. Wamm sie mich so angeschaut hat? fragte er sich. Nein, ich habe sie noch nie gesehen. Seltsam. Ein peinigender Rest blieb. Eine Frage war aufgeklungen, die Antwort heischte. Aber er konnte sie nicht geben. Wütend stürzte Ernst sich in seine Arbeit und schaffte, als ob er sein ganzes Pensum in dieser Stunde erledigen sollte. Nach der Schule wartete er auf die neue Kollegin. Aber er sah sie nicht. Sie mußte wohl schau früher fertig gewesen sehr.