Ausgabe  A 
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®«<  ^amtourg«*  <$a,o  erftftcint  iLgltch  einmal.  <m|«t  b«  l.  Feiertagen. 
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Acranlwortlicher  «edakteur-  1><»  u  I  Ultoee. 
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in  «Be«  Annoncenbureau»  Platz-  und  Faienvor-chrilteu  »nverdindiich. 
HamburgAttonaerDoltzsblatt 
Gegründet  1875 
giummer  278 
greitag,  8.  Oftober  1926 
52.  Johegong 
<5ee<tt  entlassen! 
Ser  RrMvrWrnt  hat  nathotflebtn. 
Bei  Schlutz  der  Nedaktian  trifft  folgende  Meldung  ein: 
WTB.  B  e  r  l  i  n,  8.  Oktober.  Der  Reichspräsident  hat  das 
Mcktrittsgesuch  des  Generalobersten  v.  Seeckt  genehmigt. 
Die  Hamburger  Nachrichten  und  viele  Blätter  ihres  Schlages 
entrüsten  sich  darüber,  daß  Herr  von  Seeckt  über  eine  Bagatelle 
fallen  solle.  Sei  nicht  die  Teilnahme  eines  Hohenzollernprinzen 
an  den  Reichswehrmanövern  eine  Lappalie,  eine  Affäre  zweiten 
Grades,  die  niemand  ernst  zu  nehmen  habe?  Die  Tägliche 
Rundschau  spricht  von  dem  fanatischen  Republikanertum,  das  be -
sinnungslos  und  ohne  Rücksicht  auf  innere  und  äußere  Folgen 
sein  Opfer  fordere,  obwohl  das  Opfer  der  Sache  doch  keineswegs 
angemessen  sei.  In  diesem  Zusammenhang  ergeht  sich  die  schwarz -
weiß-rote  Journalistik  in  wundervollen  Ausführungen  über  das 
Ideal  der  Demokratie,  das  doch  jedem  sein  Recht  lasie,  ob  einer 
nun  Prinz  oder  Arbeiter  sei.  Die  Deutsche  Tageszeitung  findet 
es  merkwürdig,  daß  die  Republikanerpreffe  mit  solcher  Schroff -
heit  gegen  die  Betätigung  von  Hohenzollernprinzen  in  der 
Reichswehr  sei.  Haben  die  Republikaner  nicht  unzählige  Male 
den  Fürsten  und  ihren  Familien  vorgeworfen,  daß  sie  Nichtstuer 
und  Faulenzer  seien?  Und  nun,  da  ein  Hohenzollernprinz  die 
rühmliche  Absicht  zeige,  sich  ernsthafter  Arbeit  zu  unterziehen,  da 
schlägt  dieses  gleiche  Republikanertum  los  und  weiß  sich  vor  Ent -
rüstung  nicht  zu  halten.  - 
Muß  man  die  Unverschämtheit,  die  in  solcher  Berufung  auf 
das  Ideal  der  Demokratie  liegt,  noch  besonders  zurückweisen? 
Muß  man  sich  mit  Leuten  auseinandersetzen,  die  die  Demokratie 
erst  dann  beschwören,  wenn  es  ihnen  einmal  an  den  Kragen 
gehen  soll?  Die  deutsche  Reaktion  ist  in  der  Berufung  auf  das 
Ideal  der  Demokratie  geübt.  Wir  kennen  das  aus  den  Zeiten 
der  Umsturzes,  wir  kennen  das  aus  den  ersten  Kämpfen  der 
Jahre  1919  und  1920.  Wir  gestehen  mit  Erbitterung  und 
Scham,  daß  es  Republikaner  gegeben  hat,  die  in  entscheidenden 
Stunden,  da  die  republikanische  Macht  noch  ungeschwächt  war, 
diesen  Berufungen  geglaubt  haben.  Heute  wissen  wir,  was  wir 
zu  tun  haben. 
Diejenigen,  die  in  Stunden  der  Not  die  Demokratie  be- 
schvoren  haben,  haben  sie  in  den  Stundm  der  Macht 
geschmäht  und  vershihnt. 
Heute  gilt  für  uns  nur  noch  das  Wort  des  un -
erbittlichen  Robespierre:  In  der  Republik 
sind  nur  d  ie  Republikaner  Bürger.  Auf  die 
Demokratie  kann  sich  nur  der  berufen,  der  die  Demokratie  will. 
Wer  aber  die  Demokratie  mit  ihren  eigenen  Methoden  zur 
Schwäche,  zur  Feigheit,  zum  Verrat  verleiten  will,  den  muß  die 
Macht  der  Demokratie  rücksichtslos  und  ohne  jedes  Bedenken 
zur  Seite  stoßen.  Was  die  von  den  deutschnationalen  Heulern 
und  Heuchlern  angeschnittene  Frage  angeht,  so  gibt  es  daraus 
nur  eine  Antwort:  Monarchisten  haben  in  der 
Reichswehr  nichts  zu  suchen,  auf  keinen  Fall 
und  unter  keinen  Umständen. 
Die  Zeit  für  eine  Machtprobe  mit  der  unglaublichen 
Reichswehr  der  Herren  Geßler  und  Seeckt  muß  endlich  einmal 
gekommen  sein.  Wir  denken  nicht  daran,  zu  verschweigen,  daß 
der  Fall  eines  Mannes  wie  Seeckt  das  Problem  der  Reichswehr 
nicht  löst,  sondern  erst  stellt.  Und  dabei  ist  zur  Stunde  noch 
nicht  einmal  der  Fall  Seeckt  geklärt.  Schon  gestern  wiesen  wir 
darauf  hin,  daß  zwischen  dem  Abschiedsgesuch  des  Herrn  Generals 
und  seiner  Bewilligung  anscheinend  noch  ein  weiter  Weg  sei. 
Diese  Befürchtungen  haben  sich  bis  zur  Stunde  durchaus  be -
stätigt.  Das  Abschievsgesuch  des  Herrn  von  Seeckt  liegt  seit 
vorgestern  vor. 
Vis  heute  morgen  hat  es  der  Herr  Reichspräsident  noch  nicht 
für  nötig  gestalten,  diesem  Gesuche  zu  entsprechen. 
Ganz  zuverlässigen  Meldungen  zufolge 
scheint  es  Herr  von  Hindenburg  darauf  an- 
zulegen,  den  Forderungen  des  Reichswehr- 
ministers,  den  Forderungen  des  gesamten 
Reichskabinetts,  den  Forderungen  der  un -
bestreitbaren  Mehrheit  des  deutschen  Volkes 
Widerstand  entgegenzusetzen.  Man  scheint  sich  in 
Berlin  sehr  viel  Zeit  zu  lassen  mit  Entscheidungen,  die  ganz 
Deutschland  mit  Ungeduld  erwartet.  Gewiß,  der  alte  Herr 
Reichspräsident  hat  es  im  Augenblick  nicht  ganz  leicht.  Denn 
jetzt  wird  er  mit  der  Entlassung  des  Herrn  von  Seeckt  ge -
zwungen  sein,  dem  ganzen  Hohenzollempack  eine  klare,  unzwei -
deutige  Abfuhr  zu  erteilen.  Aber  Amtspflicht  ist  Amtspflicht, 
und  der  Herr  Präsident  hat  geschworen.  Wir  erwarten  mit  Be -
stimmtheit,  daß  Herr  von  Hindenburg  sich  baldigst  entschließt. 
Er  soll  sich  entschließen  oder  selbst  gehen,  ein 
Drittes  gibt  es  nicht. 
Der  Fall  des  Herrn  von  Seeckt,  der  Fall  des  Hohenzollern- 
sohnes  in  der  Reichswehr  —  das  sind  alles  nur  Einzelfälle  in 
dem  gesamten  System.  Das  gesamte  System  aber  heißt  Feme -
mord  und  Schwarze  Reichswehr,  heißt  Bürgerkriegsrüstung  und 
antirepublikanische  Aktion.  Dennoch  ist  in  diesem  Zusammen- 
Hang  noch  ein  Fall  bemerkenswert:  Da  gibt  es  einen  Koburger 
Erbprinzen,  einen  jungen  Herrn  mit  dem  wunderschönen  Namen 
Johann  Leopold  von  Sachsen  Koburg^Zotha,  der  auch  schon  bei 
der  Reichswehr  gelandet  ist.  Das  heißt,  heute  wird  das  wieder 
dementiert,  und  man  meldet  beschämt,  daß  der  junge  Herr  erst 
angemeldet  ist.  Wir  wissen  ja  inzwischen,  was  von  solchen 
Dementis  zu  halten  ist.  Um  es  rund  heraus  zu  sagen:  ein 
Dementi  von.  einer  Reichswehrstelle  wiegt  bald  genau  so  viel, 
wie  eine  amtlich  verbreitete  Nachricht  aus  der  Nieolaischen 
Lügenzentrale  während  des  Krieges.  Die  Dementis  der  Reichs -
wehr  haben  die  öffentliche  Meinung  systematisch  irregeführt. 
Jetzt  ist  es  Zeit,  mit  all  dem  einmal  auf« 
zuräumen. 
Wozu  haben  wir  eine  Reithsmarine? 
Diese  Frage  wird  sich  schon  mancher  gestellt  haben,  ohne  datz 
er  sie  ausreichend  beantworten  konnte.  Zum  Kriegfuhren  ist  sie 
nun  einmal  auf  keinen  Fall  geeignet,  auch  dann  nicht,  wenn  die 
Herren  Admiräle  und  ihre  rührigen  Untergebenen  nur  so  daraus 
Brennen  sollten.  Abgesehen  davon,  datz  das  Material  veraltet  ist 
(ein  Umstand,  dem  eventuell  abzuhelfen  wär«),  ist  weder  die 
Grötzenklass«  noch  die  Bestückung  derart,  datz  sie  es  nur  mit  einem 
halbwegs  gerüsteten  Gegner  aufnehmen  kann.  Auch  dürften  die 
erfolgreichen  Methoden  der  Reichswehr,  sich  mit  Hilfe  der  Vater -
ländischen  Verbände  und  der  Schwarzen  Reichswehr  ein  gehöriges 
Kontingent  von  Hilfstruppen  aufzubauen,  bei  der  Marine  wenig 
fruchten.  Eine  schwarze  Reichsmarine  ist  eben  sehr  schwer  auf -
zuziehen.  Also  selbst  für  den  Fall,  datz  man  eine  kriegerische  Aus -
einandersetzung  mit  andern  Staaten  für  notwendig  und  aussicht- 
reich  erachtet,  mutz  man  zugeben,  datz  die  heutige  ReichSmSrine 
für  solche  Zwecke  nicht  in  Frage  kommt. 
Nun  ist  dieser  Tage  eine  merkwürdige  Affäre  in  Gang  ge -
kommen,  die  die  Frage  nach  dem  Zweck  unserer  Reichsmarine 
aufs  neue  aufrollt.  Jedenfalls  sollte  sie  daS  tun.  Die  Sache  liegt 
nämlich  so:  Wie  wir  bereits  im  unpolitischen  Teil  unseres  Blattes 
berichtet  haben,  ist  man  in  Berlin  und  Stettin  einem  riesigen 
Spritschmuggel  auf  die  Spur  gekommen,  der  von  hervorragenden 
Berliner  Kaufleuten  betrieben  wurde.  Dieser  Spritschmuggel 
wurde  mit  Hilfe  mehrere  Jachtfahrzeuge  Betrieben,  die  im  Hafen 
von  Stettin  aus-  und  einfuhren.  Es  handelt  sich  da  um  eine 
kleiner«  Jacht,  die  abwechselnd  die  Namen  -Inge"  ober  -Nixe" 
führte,  und  um  ein  gröheres  Schiff  namens  .Pelikan".  Es  ist 
natürlich  die  Frage  aufgetaucht,  wieso  die  Zollbehörden  sich  jahre -
lang  Über  den  ungeheuren  Umfang  dieser  Affären  haben  täuschen 
können.  DaS  Berliner  Tageblatt  bringt  zur  Beantwortung  dieser 
Frage  Aeusserungen  Stettiner  Behörden,  die  einmal  die  Schuld 
an  der  ungenügenden  Ueberwachung  der  Seegrenze  mit  veralteten 
gesetzlichen  Bestimmungen  entschuldigen,  zum  andern  aber  den 
MangelanFahrzeugenundsonstigerAuSrüstung 
der  Seepolizei  hervorheben.  Von  anderer  Seite  er -
fahren  wir  hierzu,  datz  geplant  ist,  der  Ausrüstung  der  Seepolizei 
mit  neuen  verbesserten  Fahrzeugen  und  anderm  Gerät  durch  ent -
sprechende  SIntyge  in  den  Parlamenten  aufzuhelfen.  Schöne  Aus -
sichten  also  für'ben  Steuerzahler!  Er  wird  wieder  einmal  blechen 
müsien.  Aber  da  fragt  man  sich  doch  endlich,  zu  waS  man  in 
Deutschland  überhaupt  eine  Reichsmarine  hat.  Man  behaupt«  doch 
ja  nicht,  datz  mit  grotzen  Fahrzeugen  eine  Zollüberwachung  nicht 
durchführbar  wäre.  Die  Reichsmarine  hat  genügend  kleine  Fahr -
zeuge,  Torpedoboote  und  kleine  Kreuzer,  und  im  weiteren  Bau -
programm  der  Reichsmarine  könnte  auf  diese  wirklich  praktische 
Notwendigkeit  einmal  Rücksicht  genommen  werden.  Aber  an  eine 
derartig  praktische  Verwendung  der  Reichsmarine  denkt  offenbar 
kein  Mensch.  Die  einzige  Aufgabe,  die  der  Marine  eine  praktische 
Bedeutung  endlich  einmal  geben  würde,  wird  der  Zollpolizei  über -
wiesen.  Die  Reichsmarine  aber  wird  nach  wie  vor  weiter  nichts 
zu  tun  haben,  als  spazieren  zu  fahren  und  in  der  Überflüssigsten 
Weise  schwarz-weitz-rote  Auslandsdemonstrationen  zu  ver -
anstalten.  Ob  es  nicht  an  der  Zeit  ist,  mit  diesem 
Zustand  einmal  Schlutz  zu  machen? 
Ser  6tcuermann9wnMcl  im  preußischen 
Innenministerium. 
TevtriuftS  Abschied.  /  ÄrzefiuSkiS  Antritt. 
Am  Vormittage  des  7.  Oktober  versammelten  sich  di«  Beamten, 
Angestelllen  und  Arbeiter  deS  preußischen  Ministerium»  Del  Innern 
in  Dem  grotzen  Festsaal  deS  Ministeriums,  um  sich  von  dem 
scheibenden  Minister  Seveciny  zu  verabschieden.  Namenl  der  voll -
zählig  versammelten  Angehör:gen  de»  Hause»  sprach  Staatlichetär 
Dr.  Meister  da»  Bedauern  über  den  Rücktritt  deS  Minister»  au», 
wobei  er  da»  Vertrauen  betonte,  da»  sich  Severing  bei  seinen  Be -
amten  erworben  habe.  Severing  erwiderte  mit  einer  längeren 
Dankrebe,  in  der  er  unter  anderm  sagte:  .Die  Ruhepause,  die  ich 
mir  durch  meinen  freiwilligen  Entschluß  schaffen  will,  soll  in  erster 
Linie  dazu  dienen,  mir  Oa»  Vertrauen  in  die  andern  wieder  zu  er- 
werben.  Hoffentlich  gelingt  ek  mir.  Ich  habe  die  feste  Abiich:,  recht 
bald  wieder  zu  gesunven  und  die  Kräfte,  Kenntnisse  und  (Erfahrun -
gen,  die  ich  im  Ministerium  des  Innern  gesammelt  habe,  dem  Lande 
wieder  nutzbar  zu  machen.  Ich  bin  Überzeugt,  datz  bet  Kurs,  den 
bal  Ministerium  deS  Innern  in  den  letzten  6  Jahren  genommen 
hatt«,  auch  deibehalien  werden  muh.  Der  neue  Herr  Minister, 
mein  Freund  GrzesinSki,  ist  von  denselben  Anschauungen  be -
seelt,  aus  denen  heraus  ick  mein  Amt  geführt  habe.  Ich  wünsche 
ihm,  der  ja  noch  einige  Jahre  jünger  ist  al»  ich,  datz  er  noch  lange 
Steuermann  sein  wird.' 
Dann  nahm  G  r  z  e  s  i  n  »  k  i  selbst  da»  Wort  zu  einer  An. 
spräche,  in  der  er  seine  Amtsauffassung  scharf  wie  folgt  umritz: 
.Selbst  auS  den  Kreisen  deS  Volkes  hervorgegangen,  habe  ich 
selbswerständiich  großes  Verständni»  für  die  Plagen  und 
Nöte  der  Arbeiter,  Angestellten  und  Beamten  und 
werde,  soweit  da»  in  meiner  Macht  liegt  und  ich  die  Klagen  für  ge -
rechtfertigt  halte,  versuchen,  sie  abzustellen.  Ich  steh«  im  Rahmen 
bet  mit  zur  Verfügung  stehenden  Zeit  selbstverständlich  auch  jedem 
für  seine  7 s refon  dort  gern  zur  Verfügung.  Ich  wünscke  auch,  datz 
die  Herren  de»  Ministeriums  de»  Innern,  jetzt  meiner  Behörde,  die 
[e  1  b[t  Vorgesetzte  sind,  da»  gleiche  Verhalten  gegen -
über  ihren  unmittelbaren  Untergebenen  an  den 
Tag  legen.  Im  übrigen  ist  de  Beamten-  und  Ange- 
ftelltenbertretung  ja  da»  Sprachrohr  der  Beamten  und  An -
gestellten.  ES  ist  ihrer  Vertretung  im  weitesten  Umfange  Gehör 
und  Gelegenheit  zur  Mitarbeit  gegeben.  Im  Rahmen  seiner  Zu -
ständigkeit  führt  jeder  der  Beamten  seine  Arbeiten  selbständig.  Im 
übrigen,  und  das  möchte  ich  gleich  bei  meinem  Amtsantritt  sagen, 
bin  ich  für  die  Führung  der  Gescküfte  dem  Lande  und  dem  Parla» 
ment  persünlick  verantwortlich.  Ta»  heißt,  datz  jeder  einzelne  Be -
amte  und  Angestellte  und  jeder  einzelne  überhaupt  in  dieser  Be -
hörde  in  seinem  dienstlichen  Tun  sich  bewußt  sein  muß.  daß  er 
nichts  tun  darf,  wa»  meiner  Ansicht  und  meinem  Willen  nicht  ent -
spricht.  Im  Zweifelsfalle  bitte  ich,  immer  meine  Entscheidung  vor- 
her  «inzuholen.  Denn  ich  muß  für  jeden  Beamten,  für  jeden  An- 
gestellten  und  für  jeden  Arbeiter  eintreten  und  ihn  in  jeder  Weise 
decken,  der  in  dieser  Hinsicht  und  so  sein  Amt  aulübt  und  seine 
Tätigkeit  auffaht.  Ich  bin  aber  nickt  in  der  Sage,  Angehörig« 
de»  Ministeriums  wie  Beamte,  Angestellte  und  Arbeiter  unter -
stellter  Stellen  im  Lande  draußen  zu  decken,  die  etwa  glauben, 
Politik  auf  eigene  Faust  machen  zu  tonnen.' 
Meine  Ausgabe  fa  sagte  der  Minister  noch,  werde  ich  darin  er -
blicken,  dem  Staat  und  dem  deutschen  Volke  zu  dienen,  die  Ver- 
faffung  zu  schützen  und  die  Republik  in  ihren  Institutionen  und 
personell  in  jeder  nur  denkbar  möglichen  Weise  zu  festigen  und  im 
Übrigen  sozial  vernünftig  zu  wirken. 
eeMtimtmllithtt  Antrag  zur  Suliiznform. 
Di«  sozialdemokratische  Fraktion  bei  preußischen  Landtage»  hat 
zu  dem  Magdeburger  Justizskandal  de»  Untersuchungsrichters 
Kölling  außer  -er  bereits  mitgeteilten  Großen  Anfrage  noch  folgen, 
den  Antrag  eingebracht: 
.Die  Behandlung  des  Magdeburger  Mordfalle»  Helling  durch 
die  zuständigen  Jußizorgane  hat  in  der  Bevölkerung  Da»  berechtigte 
die  zuständigen  Justizorgane  hat  in  der  Bevölkerung  da»  berechtigte 
de»  Untersuchungsrichter»  und  den  geringen  Reckten  des  Singe- 
schuldigten  eine  große  Rechtsunsicherheit  für  unschuldige  Angeklagte 
bestehl.  Da?  Schicksal  der  Angeschuldigten  Haas,  Fischer,  Reuter 
kann  jederzeit  auch  jedem  andern  unschuldigen  Staatsbürger  wider -
fahren. 
Wir  beantragen  daher:  bet  Landtag  wolle  beschließen,  da» 
Staatsministerium  zu  ersuchen: 
L  Seinen  Einfluh  dahin  geltend  zu  machen,  daß  bei  der  gesetz -
lichen  Neuregelung  des  Strafprozesse»  über  die  Haftbefchwerde 
eine»  in  Untersuchungshaft  genommenen  Angeschuldigten  in 
mündlicher  konlradiktor.scher  Verhandlung  entschieden  wird, 
daß  ferner  dem  Angeschuldigten  und  seinem  Verteidiger  ein 
weitgehene»  Recht  auf  Akteneinsicht  zuerkannt  wird; 
2.  eine  Gesetzesvorlage  dem  Landtag  vorzulegen,  durch  die  da» 
veraltete  Disziplinargesetz  für  richterliche  Beamte  neugeftaltet 
und  namentlich  die  Oeffentlichkeit  für  die  entscheidende  Ver- 
weitgehendes  Recht  auf  Akteneinsicht  zuerkannt  wird; 
8.  die  Tätigkeit  der  mit  der  Mordsache  Helling  befaßten  Richler 
und  Staatsanwälte  einer  disziplinaren  Nachprüfung  auch 
unter  dem  Gesichtspunkte  zu  unterziehen,  wie  weit  diese  vor -
sätzlich  oder  fahrlässig  die  sachliche  Aufklärung  de»  Falle? 
verzögert  becke.hungsweise  nicht  genügend  gefördert  haben.' 
Der  Antrag  dürfte  mit  der  Großen  Anfrage  am  Sonnabend 
zur  Beratung  kommen. 
Pvlmarlj  gegen  Shoirn. 
8u»  Paris  wird  uni  gesrchieben:  Die  FriedenSNäiige  von  Genf 
und  Thoiry  haben  manche  Leute  besonder»  deshalb  erschüttert,  weil 
sie  unter  einer  Ministerpräsidentschast  Poincare  erklungen  sind.  Daß 
ausgerechnet  Poincarö  eine  beginnende  deuffch-französifche  Annähe -
rung  decken  sollte,  schien  vielen  geradezu  al»  ein  Zeichen  de?  Him -
mels.  War  nicht  jetzt  di«  Macht  der  Friedenrid««, 
6  i«  s  i  ch  sogar  an  reißenden  Wölfen  bewie  »,  u  n  • 
widerl«glich  bezeugt  f  Schon  aber  zeigt  sich,  daß  der  Jubel 
über  den  reuigen  Sünder  Poincar<  etwa»  zu  früh  angestimmt 
wurde.  P  o  l  n  c  a  r  i  hat  eine 
äußerst  geschickt  geführte  Sabotngeaftion  gegen  da»  Werk 
von  Thoiry 
in  Szene  gefetzi.  Er  hat  da?  getan,  ohne  daß  auf  den  ersten 
Augenschein  hin  seine  wahren  Abrichten  erkenntlich  gewesen  wären. 
Erst  jetzt  ist  es  gelungen,  seine  neueste  Perfidie  zu  entlarven.  Die 
Sach«  liegt  nämlich  so:  Poincari  war  bekanntlich  ein  erbitterter 
Gegner  jeber  Au»land»anleihe,  um  den  französischen  Franken  zu 
stabilisieren,  und  Der  ganze  Vorstoß  auf  da»  letzte  Kabinett  Herriot 
beruhte  auf  dieser  Gegnerschaft.  Di«  notwendige  Folg«  war,  daß 
Briand  mit  Deutschlarw  Verhandlungen  aufnahm,  um  durch  Aus -
tausch  von  Kompeiisationen  die  normenbtgen  Geldmine!  für  die  Sa -
nierung  der  französischen  Finanzen  zu  erhalten.  Plötzlich  hat 
Poincare  seinen  Widerstand  gegen  die  Ratifikation 
de»  Dchuldenabkommens  mit  Amerika  aufgegeben 
und  hat  sich  weiterhin  bereiterflärt,  eine  amerikanische  Anleihe  au 
zunehmen  Dies«  Bereitschaft,  plötzlich  aufgetaucht,  wie  sie  ist, 
stellt  nicht»  andere»  al»  ein«  Aktion  gegen  Brian»  6dt 
Die  von  diesem  angebahnten 
Verhandlungen  mit  Deutschland  sollen  überflüssig  gemacht  werde». 
Frankreich  soll  sein  notwendige»  Geld  nun  nicht  mehr  von  Deutsch -
land,  sondern  von  Amerika  beziehen.  Wie  weit  Poincare  mit  dielen- 
Vorstoß  Glück  hat,  bleckt  abzuwarten.  Jrn  Augenblick  ist  bk 
Situation  zweffello»  unerfreulich. 
Serfihärfuna  im  englischen  New 
arveiierknmvs. 
E»tschiossknhett  nutz  Orbtttrmnfl. 
SPD.  London,  7.  Oktober.  (Eigener  Drahtbericht.) 
Die  Delegiertenkonferenz  der  Bergarbeiter  lehnte  am  Don -
nerstag  die  Vorschläge  der  Regierung  auf  Schaffung  eines  natio -
nalen  Apprllationsgerichtes  für  den  Bergbau,  da»  bekanntlich 
weder  bei  den  Unternehmern  noch  im  Lager  der  Regierung  irgend- 
welch  eFreunde  beseffen  hat,  mit  einer  18fachrn  Majorität  ab. 
Dann  diskutierte  die  ttonferruz  ein«  außerordentlich  weitgehende, 
von  den  Bergarbeitern  von  SüdwaleS  eingebrachte  lkntschliehung, 
in  der  folgende  Forderungen  ausgestellt  werden:  Die  mit  Siche» 
rungsarbciten  beschäftigten  Arbeiter  zurückzuziehen;  «inen  Appell 
für  di«  Sperre  der  ausländischen  Kohleneinfuhr  an  bi«  Beteiligten 
Organisationen  zu  richten;  einen  außerordentlichen  G«» 
werkschaftskongreß  zweck»  Durchsetzung  einer  allgemeinen 
prozenmalen  Abgabe  auf  das  Lohnabkommen  sämtlich«,  organck 
sierter  Gewerkschafter. 
Diese  Resolution  würd«  schließlich  mit  der  unerwartet  groß,» 
Mehrheit  von  annähernd  600  000  gegen  200  000  Stimmen  ange -
nommen.  Der  Kampf  ist  damit,  falls  die  Zurückziehung  der  mit 
SicherungSarbeiten  bsechästigten  Arbeiter,  die  zum  größeren  Zeil 
in  einer  eigenen  Gewerkschaft  organisiert  sind,  gelingt,  in  ein 
neues  und  außerordentlich  verschärffte»  Stadium  getreten. 
Eine  dem  Vertreter  des  Dailh  Herald  am  Donnerstag  abend  ge -
geben*  Erklärung  de»  Sekretärs  der  Bergarbeiter  Eook  besagt,  di« 
im  Bcrgarbeiterverband  organisierten  Masten  hätten  in  dieser,  nu» 
beeinslußt  von  der  Exekutive  gefaßten  Resolution,  gezeigt,  daß  sie 
an  das  Schlagwort  „kein  Pfennig  weniger  Lohn  und  kein  längerer 
Arbeitstag"  noch  heute  glaubten  und  entscklosten  seien,  weitet 
gegen  eine  Verlängerung  der  Arbeitszeit,  Distriktslohnveeeir»- 
barungen  und  Herabsetzung  der  Löhne  zu  kämpfen. 
konservative  Mt  gegen  die  SewerNErn. 
London,  7.  Oktober.  Der  am  Donnerllag  in  Scarborough 
zusammengeireiene  Parteilag  der  konservativen  Partei  stehi  im 
Zeichen  del  Angriffes  auf  die  Gewerkschaften.  Nicht  weniger  al» 
12  Resolutionen  beschäftigen  sich  mit  der  Einschränkung  der  Ge -
werkschaftsrechte.  Eine  dieser  Resolutionen  ist  bereit»  angenommen, 
in  der  erklärt  wird,  daß 
der  gegenwärtige  Stand  der  Gewerkschaftsbewegung  ein« 
„Bedrohung  der  Ration"  darstelle. 
Weiter  wird  gefordert,  alle  Streik»  für  ungesetzlich  zu  erklären, 
die  ohn«  «in«  g«h«  im  «  Urabstimmung  b«gonn«i 
würden. 
Ander«  Entschließungen  richten  sich  gegen  di«  angeblich«  Sowfrt- 
propaganda.  Der  Rechtsradikale  Locker  Lampson  erging  sich  in 
wilden  Redensarten:  Die  Roten  müßten  aul  England  Hinaul» 
getrampelt  werden.  Kraffin  müsse  ennveder  blechen  oder  machen, 
daß  et  forttomme.  Man  müsse  die  Fesseln  ckbjchüiteln  und  roieber 
«in  freie»  Volk  werden. 
Gottwert  Ingram  und  sein  Werk 
Roman  von  G  u  st  a  v  Schröer. 
[67]  
Ter  schweigende  Menschenhaufen  ward  zum  aufgeregten 
Jmmenschwarm.  Bloß  so  viel? 
Nein,  das  war  nicht  richtig.  Man  mußte  mehr  kriegen, 
man  gab  doch  —  seine  Heimat  auf.  Tas  war  das  Wort,  das 
dem  Schulzen  ständig  auf  der  Zunge  gelegen,  und  das  er 
"dstchtlich  vermieden,  aber  es  schrie  nicht  aus  notgequältem 
Harzen,  cs  sang  kein  frommes  Kinderlieb,  es  schlug  nicht 
^ lne -  liefe  Augen  auf,  es  —  klapperte  mit  dem  Geldbeutel. 
Ingram  schwieg,  bis  die  erste  Erregung  verebbte.  „Ueber  die 
der  einzelnen  Wirtschaften  wird  sich  reden  lassen," 
iprad)'  fcr  dann  langsam.  „Ich  verlange  jedenfalls  für  mich 
nicht  mehr,  als  ich  schon  habe.  Die  Rödelsche  Flur  aber  ist 
etwa  bunderfünfzig  Morgen  größer  als  die  unsrige.  Es 
wird  sich  also  über  allerlei  reden  lassen."  Er  lenkte  auf 
dte  l.inspruchsmöglichkeiten  über  und  schlug  etliche  Vorbe -
halte  vor. 
grasen  die  Jngelfischerei  und  die  Flößerei.  Auch 
den  Bau  einer  Bahn  bis  nach  dem  neuen  Oberingeln  wollte 
er  zur  Bedingung  gemacht  wissen.  Gut,  die  andern  waren 
es  zufrieden,  weil  der  Schulze  doch  einmal  so  großen  Wert 
auf  die  Bahn  legte. 
Nun  sie  am  Ende  waren,  sagte  einer  der  paar  größeren 
Bauern.  „Was  hätten  wir  denn  überhaupt  machen  wollen? 
Tas  ist  doch  lange  alles  fertig,  und  wenn  wir  nein  gesagt 
hätten,"  er  zuckte  die  Achseln,  „dann  wäre  es  eben  über  uns 
weggcgangen.  Tas  ist  gerade  so  wie  bei  den  Bahnbauten. 
Ta  kommt  auch  immer  der  am  besten  weg,  der  nimmt,  was 
er  kriegen  kann  und  sich  nicht  auf  einen  Prozeß  einläßt.  Ver -
irrn  tut  er  ihn  ja  doch." 
Man  erörterte  noch  die  Frage,  wann  der  Bau  wohl  be -
ginnen  würde,  und  fand,  daß,  wenn  die  Sache  noch  in  so 
weiter  Ferne  liege,  die  ganze  Versammlung  Zeit  gehabt 
hätte.  Keiner,  außer  zwei  schlichten  Frauen,  stand,  heim -
kehrend,  wägend,  sinnend,  innerlich  ringend  vor  seinem  Hause. 
Jeder  schimpfte  auf  die  Unruhe,  die  kommen  werde,  und  doch: 
In  Rödel  hat  man  es  leichter;  der  Boden  ist  besser,  man 
braucht  zu  allem  nur  die  Hälfte  Kraft  und  Zeit  und  kriegt 
schließlich  doch  etwas  mehr  Land.  Ingram  aber?  .  .  .  Nun, 
man  kann  ihm  nichts  nachsagen;  er  will  ja  nicht  einmal 
mehr,  als  er  jetzt  hat,  aber  ...  er  wird  schon  wissen,  wo  er 
bleibt.  Umsonst  rennt  sich  einer  nicht  die  Beine  halb  weg, 
und  für  die  Katze  gibt  er  einen  so  schönen,  alten  Hof  auch 
nicht  her. 
Als  Ingram  heimkehrte  und  Dore  Heierle  traf,  lächelte  er 
bitter.  „Dore,  nun  haben  wir  Oberingeln  begraben,  und  es 
ging  verdammt  leicht  und  fix.  Leichter,  als  hernach  der  Um -
zug  gehn  wird.  Die  bitteren  Stunden  kommen  noch." 
Doktor  Weigand  kam  spät  abends  wieder.  Er  war  in 
Döllern  gewesen.  Dort  hatte  er  erfahren,  daß  die  Frage 
aufgetaucht  wäre,  ob  der  Jngel  überhaupt  als  öffentliche 
Wasserstraße  im  Sinne  des  Gesetzes  anzusehen  sei.  Die 
Klärung  werde  wieder  allerhand  Zeit  brauchen. 
„Das  sind  wir  gewöhnt,"  sagte  Ingram. 
Außerdem  habe  die  Aktiengesellschaft  Müller  k  So.  auch 
noch  eine  Reihe  sonstiger  Einwände  gemacht,  und  der  Land -
rat  hiell  es  für  angebracht,  nunmehr  doch  in  ernster«  Ver -
handlungen  mit  ihr  einzutreten.  Ingram  schwieg.  
♦ 
Wieder  war  Weihnachten.  Der  kleine  Gottwert  Wal -
demar  war  da,  er  langte  nach  den  Lichtem  am  Christbaum, 
der  einzig  seinetwegen  geputzt  war.  Ter  Hall  bet  Toten -
glocken  aber  lag  allen  noch  im  Ohre.  Ingram  war  gegen 
Abend  auf  dem  Gottesacker  gewesen  und  still  heimgekehrt. 
Niemand,  auch  Doktor  Weigand  nicht,  wußte,  w  i  e  verein -
samt  der  Mann  war.  Dort  Heierle  schien  es  noch  am  ehesten 
zu  fühlen,  wenigsten-  konnte  man  es  aus  der  ganzen  Art 
schließen,  mit  der  sie  dem  Schulzen  begegnete. 
Frieda  sah  mit  aufrichtiger  Freude,  wie  sich  Dore  um  den 
Vater  mühte,  aber  sie  empfand  wirklich  nicht,  daß  sie  ihr  mit 
einem  guten  Worte  wohlgetan  hätte.  Auch  am  Weihnachts -
abende  von  ihrer  Seite  kein  wärmerer  Ton.  Die  Frau  saß 
wie  in  einem  Gefängnis,  wäre  hundermal  schon  gern 
herausgewesen,  und  konnte  doch  nicht.  Tabei  war  sie  es,  die 
dem  Vater  sagte,  daß  die  Entlohnung  Dores  zu  gering  sei. 
Wiederum  aber  verstand  sie  den  Vater  nicht,  als  der  be -
merkte,  eigentlich  könnte  man  das  Mädel  überhaupt  nicht 
bezahlen. 
Johannes  Siebert  hatte  Dore  ein  nettes,  kleines  Schmuck -
stück  in  die  Hand  drücken  wollen;  sie  hatte  ihn  empört  ab -
gewiesen.  Da  sagte  der  Mann  am  andern  Tage  zu  seiner 
Frau:  „He,  Frieda,  ich  habe  ja  ganz  darauf  vergessen!  Guck, 
ich  habe  Dir  noch  eine  Kleinigkett  mitgebracht.  " 
Frieda  blickte  ihn  überrascht  an  und  sah  verwundert  auf 
die  kleine  Brosche.  Lieber  Gott,  so  etwas  wollte  ein  In -
gram  —  als  solchm  betrachtete  sie  ihren  Mann  —  seiner 
Frau  schenken!  Entweder  schenkte  er  gar  nicht,  oder  er  schenkte 
—  wie  ein  Ingram. 
Immer  war  Frieda  ehrlich.  „Johanne»,  Du  hast  es  gut 
gemeint.  Ich  danke  Dir  und  freue  mich  Deines  guten  Willen». 
Aber  —  tragen  kann  ich  da»  nicht." 
„Nanu!  Nicht  gut  genug?" 
„Nein,  Johannes.  Sei  mir  nicht  böse.  —  Ich  will  Dir 
einen  Vorschlag  machen.  Wir  wollen  t»  Dore  schenken." 
„Da»  ist  niedlich.  Meinetwegen." 
Und  das  unselige  Menschenkind,  wieder  ehrlich  bis  zur 
unbewußten  Grausamkeit,  trat  vor  Dort;  „Willst  Du  ba- 
geschenkt  nehmen,  Dore?  Mein  Mann  wollte  efl  mir  tbte 
geben." 
„Ich  danke  dafür."  Dore  Heierle  war  blutrot  und  hebt». 
„Du  willst  r»  nicht?  Warum  nicht?" 
„Was  Dir  nicht  gut  genug  ist,  das  ist  e»  mir  auch  nicht." 
Das  verschlug  Frieda  Ingram  die  Sprache.  Sie  ging 
entrüstet  zu  ihrem  Vater  und  verlangte,  daß  er  Dore 
kurzerhand  au»  dem  Hause  weise. 
Ingram  schüttelt«  den  Kopf.  „Bist  Du  denn  über- 
geschnappt,  Frieda?" 
Da  erzählte  sie  ihm,  wieder  ohne  ein  beschönigendes  Wort, 
war  vorlag.  Der  Vater  sah  sie  an.  „Und  darum  soll  sie 
aus  dem  Hause?  Sie  hat  e»  recht  gemacht,  Frieda." 
Die  junge  Frau  blickte  ihren  Vater  entsetzt  an.  „Vater! 
Ja,  aber,  Vater!  Ta«  soll  ich  von  Dore  Heierle  hinnehmen? 
—  Wa«  wollt  Ihr  denn  überhaupt?  Ich  habe  ihr  ja  doch 
gar  nicht  wehtun,  sie  gar  nicht  demütigen  wollen." 
„Du  hast  es  aber  getan." 
Ta  lief  Frieda  in  die  Küche,  nahm  Dore«  Hand.  „Dore, 
ich  hab«  Dir  nicht  wehtun  wollen." 
„So,"  sagte  Dore  herb.  „Kann  sein.  Aus  Dir  ist  man  ja 
niemals  klug  geworden.  Laß  es  gut  sein." 
So  klang  da»  Weihnachtsfest  mit  einem  Mißton  aus. 
Frieda  und  ihr  Mann  waren  wieder  hinauf  nach  Rödel 
gegangen. 
Als  der  Kleine  in  seinem  Bettchen  lag,  wollte  Johanne» 
Siebert  zärtlich  zu  seiner  Frau  werden.  Die  wie«  ihn  zurück. 
„Was,"  sagte  der  Mann  halb  lachend,  halb  ärgerlich,  „Dn 
bist  doch  meine  Frau!" 
Frieda  aber  schlug  die  Augen  voll  zu  ihm  auf.  „Und  Du 
mein  Mann;  aber  nicht  der,  den  ich  in  Dir  suchte." 
Und  Siebert,  breitbeinig,  die  Hände  in  den  Hosentaschen, 
vor  ihr  stehend:  „Nicht?  Ja,  Liebchen,  was  willst  Du  denn 
noch  mehr?"  (pyaz  vuii-^ioW