Ausgabe A ... AeuttHirfl«* G<t>o erscheint täglich einmal, außer bett 2. Feiertaaen. 3m »otaul iiahlbar: MonaMch 8,iS TOL ,einschließlich ML 3uslenung»gtbübri, wöchentlich 0,55 TOL icinschliesillch ML 3ufleHung«gebüf)r) gut -Abholer wöchentlich 0,50 TOL gUtmmer 109 Donnerstag, 21.2ipri< 1927 53. Jahrgang nJs ML gullellung-gebühr) Für Abholer wöchentlich 0,5«»'TOL *' Durch bie Post zu gleichen Bezugspreisen zuzüglich Beltellgelb. «rholtion: Fehianbftraße 11,1. Fernsprecher: (6.2| Elbe 1691 unb 1698. iüitautwortltcher Redakteur »r. Zf>. »aubatf), Hamburg, «üidda'tdlung: Fehlanbstraße 11, Srdgesch. Serniprccher: iS. 2)SIbc6620. Kuchdruckereikontor: Fehlandstr. 11, I. Fernspr.: (8.2) 6tbe 6620 u. 6621. HamdurgerEcho M A A 4 M Aa A A A A tln^tteemMrey« verstehen sich In Reichsmark: die 13 gespaltene Rott- 4a Cvl BAtMAfc K A M-l. paretllezeUe 45 W Privat« Familienanzeig«» 30 W St«ll«n- MM M I MM » I W I Ilim W angedoi« 35 Pl SI«ll«nqcsuche 25 BL »leine Anzeigen bl« 9 geile» aJUIvi1Ij1U.I1 die Zeil. 30 B,.. 10 bi« 16 Zellen di. Zeile »5 P, Reklamezeit« 3.50 ML t r" r V w. «< Anzeigen müssen im Vorau« ober bezahlt werden. Z Ä---X-K-4 ig , s eht»tifl«n<*ma»m« JebUnbftr.il (Fernspr.: ölb« 16M>, tzochpart. (Di, V* cgcunoel lolu eugr abend« sür den svlgenbe» rag), in den Fllia.«» (bt* M Ahr) unb in allen Annoncenbureau« Platz- und Datenvorschrtste» unser bind lich Verwirrung und Terror in China England marWert. SPD. London, 20. April. (Sig. Drahtbericht.) I Wie die letzten aus China eintreffenden Meldungen be - lügen, hat das Borgehen TschiangKaischeKs gegen sämtliche Kommunismus verdächtige Elemente in Schanghai in flehten Tagen an Intensität sehr zugenommen. Die An- jühl der Hingerichteten „Agitatoren" beträgt nach Wdungen der amtlichen britischen Agentur über hun- jerf. Die letzten Opfer sind der Präsident und 6 Führer y Seeleuteverbandes, die am Dienstag int Hofe des mili- Äschen Hauptquartiers heimlich hingerichtet roor- len sind. TschiangKaischeKs Untergebene sind nach dieser Keldung entschlossen, „keinerlei Barmherzigkeit gegenüber den Kommunisten aufkommen zu lassen". Die militärische Lage ist weiter unklar. Der als Nach- lllgcr TschiangKaischeKs zum Oberbefehlshaber ernannte christliche" General eFng hat den Vormarsch auf Nanking lngeordnet. Seine Truppenverbände unterstehen dem Kom- itanbD seines Unterführers, des Generals Tschang Sen Hing. Auf Grund eines kurz nach Mitternacht ergangenen Be- ehls sind am Mittwoch weitere starke englische lruppeukonlingente, bestehend aus einem Infan- ericbalaillon, zwei Arlilleriebatterieu, einer Fliegerstaffel nid 51 Truppen-Transporlaulos, in Souchampton als Der- lärlmng für das Expeditionskorps in Schanghai eingeschifft Mden. 3n militärischen Kreisen ist man der Auffassung,' ich diese neuen Verstärkungen nicht auf Verwendung in Schanghai sechst, sondern auf geplante Operationen «offenen Felde Hindeulen. Die Lazarellausrüstung, sie den Truppentransport begleitet, besteht u. a. aus ZOO Bellen, und kann für eine Aufnahme von 600 Ver - minderen erweitert werden. * Rußlands Ansturm gegen öle ümklammerung. Vertrag zwischen Moskau und Kabul. SPD. Riga, 21. April. Am Mittwoch wurde in Moskau der in Kabul erfolgte Ab- M eines Freundschafts- und Neutralitätsvertrages zwischen Riyanb und Afghanistan bekanntgegeben. Der demonstrativen Bekanntgabe wohnten der türkische und persische Gesandte in fioikau bei. 3n dem Vertrag wird die Souveränität Asgha- Pns von Ruhland garantiert, während die Zarenregierung iod) 1907 Afghanistan als englisches Onterestengeoiel anerkannt jti. 3m politischen Moskau verspricht man sich von dem neuen BttUag eine starke Wirkung auf England. * : > Die Nachricht ist in dieser Form irreführend. Ein lnMafghanischer Vertrag besteht schon seit Mitte vorigen faires. Die hier wiedergegebene SPD.-Meldung aus Aiga ffltn sich unseres Erachtens nicht auf den Abschluß, sondern ms die Ratifikation des Vertrages beziehen. Eine starke Mrdung auf England kann unter diesen Umständen kaum irroatiet werden. * Das rusMschweierische Abkommen. SPD. Berlin, 21. April. Der russische Bokschafter in Berlin, Krestinski, ist wegen der Berichterstattung über seine Ver - edlungen wegen der Beilegung des Konflikts mit der Schweiz (ach Moskau abgereist. Von feinem Bericht wird im wesentlichen lie künftige Haltung der Sowjetregierung gegenüber dem Völkerbund abhängen. * Das russisch-schweizerische Abkommen ist ein Glied in der falte -er Versuche Rußlands, die größtenteils selbstver- chuldete Isolation zu durchbrechen. Es stellt im Zusammen- «ig mit den innerrussischen Vorgängen betrachtet, ein Sieg ilwinows über Tschitscherin dar, welch letzterer die starre falstik gegen Völkerbund und England besonders auf dem ^wissen hat. Außerdem dürfte bei der erfreulichen Bei- Ang des russisch-schweizerischen Konfliktes die französische farmitilung eine gewisse Rolle gespielt haben, die angesichts lt noch immer fortdauernden russisch-französischen Verhand- "ngen leicht verständlich ist. Rußianbs Sbnmacht in Norblbina. Peking lehnt alle Forderungen ab. WTB. Paris, 20. April. Wie die Agentur 3nbo Paci- fique aus Peking meldet, lehnt die Pekinger Regierung sämt - liche Forderungen, die die Sowjets infolge der in der russischen Botschaft vorgenommenen Haussuchung ausgestellt haben, ab. * Die Ablehnung der russischen Forderungen durch die Pekinger Regierung war zu erwarten, da sie den tatsäch - lichen Machtverhältnisien entspricht. Ein empörendes Un - recht bleibt daher ohne Sühne. Der ganze Vorgang be - denket leider eine unverdiente und internr.fional durchaus schädliche Schwächung des russischen Ansehens in China, während die dummdreiste und brutale Politik Chamberlains triumphiert. ♦ MonarkWiM Verschwörung in Moskau? SPD. Berlin, 26. April. Die Sowjelrussische Telegraphen - union meldet, dah die Kriminalpolizei in Moskau eine mon - archistische Gruppe aufgedeckt und ausgehoben hat, die sich „An - hänger des ehemaligen Großfürsten Nikolajewitsch" nannte. Aus dem beschlagnahmten Material ist angeblich ersichtlich, dah die verhafteten Personen Militärspionage zugunsten einiger der tätigsten ausländischen Spionagedienste leisteten. Es wird weiter darauf hingewiesen, dah die Verhafteten Geldmittel aus auslän- dischen Quellen bezogen. Irr französWe Parteitag. SPD. Paris, 20. April. (Eigener Drahtbericht.) Die Resolutionskommission des sozialistischen Parteitages in Lyon tagte vom Dienstag abend bis Mittwoch morgen um 7 Uhr, ohne zu einer einheitlichen Entschließung zu gelangen. Nur Renaudel zog die von ihm eingebrachte Entschließung zurück, während die Delegierten Paul Faure, Compete-Morel, Bracke und Zyronski auf ihren Entschließungen beharrten. Der Kongreh wird infolgedesien selbst zu einer Entscheidung berufen fein. 3m Lause der Mittwoch-Morgensihung referierte Grum - bach unter gespannter Aufmerksamkeit der Zuhörer über den Fall Maurin. Dieser Delegierte, der auch die Resolution über ein Zusammengehen der Partei mit den Kommunisten billigt, bat in seinem Blatte „Etincelle" zahlreiche Mitglieder der Partei, be - sonders Blume und Paul Boncour sowie mehrere ausländische führende Sozialisten, heftig angegriffen und verleumdet: so hatte er Breitscheid heftig angeklagt und, wie Grumbach fest - stellte. den „kaiserlichen Soziaiisten" genannt, weil er die Zu - sammenhänge der deutschen Reichswehr mit den Sowjets aufge- deckt haben sollte. Grumbach schlug vor, Maurin die Fähiakeit, sozialistischer Parteidelegierter zu jein, auf die Dauer von 2 3abren zu entziehen Maurin verteidigte sich in einer län - geren Rede, die zu zahlreichen Zwischenrufen Veranlaflung gab. da der Redner zum Teil die Angriffe ge^en Blum und Paul Boncour, die nicht anwesend waren, wiederholte. Der Kongreß wird im Lause der Schlußsitzung, die bis tief in die Nacht zum Donnerstag hinein dauern dürfte, auch über diesen Fall eine Entscheidung treffen. N Die AnMimMett der SVff. WTB. Paris, 20. April. Der Kongreß der sozialistischen Partei in Lyon bat Heute über die Tagesordnung, betreffend die politische Einstellung der Partei, abgestimmt und mit 2352 der ab - gegebenen Stimmen die Tagesordnung Paul Faure angenommen, die, wie der Autor dieser Tagesordnung in der Begründung er - klärte, eine EinHeitssront mit den Kommunisten mit dem gleichen Recht ablehnt, wie eine solche mit den bürgerlichen Parteien, denn die Sozialisten dürften keine Bindungen mit andern Par - teien eingeben. Eine von der linksstehenden Opposition einge- brachte Tagesordnung Bracke-Zyronski erhielt 747 der abge - gebenen Stimmen und die von der extremen Linken der Richtung Maurin vorgeschlagene 185. 7 stimmberechtigte Delegierte haben sich an der Abstimmung nicht beteiligt, 80 waren abwesend. Polens amerikanische Anleihe. 3n unterrichteten Kreisen verlautet, dah die amerikanische Anleihe für Polen in Höhe von 70 Millionen Dollars endgültig beschlossen fein soll. 3n den prinzipiellen Fragen sei zwischen Polen und den ameri - kanischen Geldgebern bereits vollkommene Uebereinstimmung er - zielt worden, während die technische Seite der Verhandlungen noch Gegenstand von Beratungen in Paris sein wird. Kommunistenoerhaftungen in Sumatra. 3m Verlauf der militärischen Säuberungsaktion im Aufstandsgebiet von Solok wurden 120 Kommunisten, darunter einer der Hauptführer, Hadji Moemck, verhaftet sowie 80 Gewehre und 70 Revolver beschlag - nahmt. Der leidige AidanienKensiitt. SPD Berlin, 21. April. Aus London wird gemeldet, dah die englische und französische Regierung vereinbart haben, von sich aus den albanischen Konflikt getrennt zu behandeln. Die Pariser Regierung soll bemüht bleiben. Südslawien von übereilten Schritten abzuhalten, während sich Chamberlain angeblich gegen - über Briand verpflichtet hat, Mussolini durch stärksten Druck zur Zurücknahme seines Eommuniquss zu veranlästen, in dem eine Erörterung deS Vertrages von Tirana mit Südslawien abgetehnt wurde. SbrrsKIesWtt Stbuüireil. Polen fügt sich, zahlt aber Strafgelder nicht zurück. WTB. K a t t o w i h, 20. April. 3n einer Besprechung zwischen dem Wojwoden und dem Geschäftsführer des Deutschen Volksbundes, dem Abgeordneten U l i h , hat der Wojwode eine Erklärung abgegeben, in der es unter anderm heißt: Der Erlaß polizeilicher Strasbefehle gegen Eltern, die ihre Kinder für die deutsche Minderheitsschule angemeldet und sie nicht der polnischen Schule zugeführt haben, ist mit dem 9. April eingestellt. Der Gerichtsbehörde wurde der Völker - bundsratsbeschluß vom 12. März mitgeteilt. Der Wojwode wird wegen der Behandlung der vor dem Gericht schwebenden Schulstrafssachen mit dem Präsidenten des Appellationsgerichts verhandeln. Der Wojwode ordnete die Auf - stellung neuer Listen derjenigen Kinder an, die sich in dem Schulstreik befinden. Diese Kinder sollen baldmöglichst Min - derheitsschulen zugeführt werden. Der Wojwode stellte sich auf den Standpunkt, daß eine Rückzahlung bezahlter Strafen nicht in Frage kommen dürste. Ulih be - stritt die Richtigkeit dieses Standpunktes, der unhaltbar sei, weil die betreffenden Erziehungsberechtigten im Bewußtsein ihres guten Rechtes gehandelt hätten. Kein Landesverrat. Der Oberreichsanwalt hat dem zweiten Bundesvorsitzenden des Reichsbanners Karl Holtermann mitgeteilt, daß er das Verfahren gegen ihn wegen Landesverrates eingestellt hat. Neue Kümvfe im englischen Bergbau? 3m englischen Bergbau steht nach Londoner Mel - dungen ein neuer schwerer Lohukampf bevor. Die Unternehmer verlangen Lohnkürzung. Bezeichnenderweise ist bis jetzt kein einziger der Vorschläge zur Rationallsierong des Bergbaues durchgeführt worden. Die Grubenunler - nehmer sind allem Anschein nach der Auffaffung, daß die Arbeiter auf 3ahre hinaus für die Rückständigkeit der Be - triebs- und ProduklionSmelhoden deS englischen Bergbaues büßen sollen. Sie Beamltnbrsolbung. Der erweiterte Vorstand des Allgemeinen Deut - schen B e a m t e n b u n i e i hat sieb mit der durch die Ableh - nung aller Besoldungsanträge im Reichstag geschossenen Lage in der Besoldungsfrage besaßt. Er stellt fest, daß die Beamten - schaft kein Verständnis mehr dafür hat, daß Regierung und Reichstagsmehrheit sie ständig unter Anerkennung ihrer Not - lage mit dem Hinweis auf eine kommende Besoldungsreform vertrösten, jeden Vorschlag wus eine nur bescheidene Erhöhung ihrer Bezüge abpr stets ablehnen. Die vom Reichsfinanzminister bekanntgegebenen Steuerergebniss^ des abgelaufcnen ElalSjahres mit einem Mehrertrag von einer Halben Milliarde Mark gegen - über dem Voranschlag beweisen, dah Möglichkeiten zu Hilfs - maßnahmen sehr wohl vorhanden sind. Der Bundesvorstand erwartet daher, daß der Reichstag nach seinem Wiederzusammentritt im Mai neuerdlngS wieder zur Be- soldungSsrage Stellung nimmt. Er fordert, unbeschadet der für daS Ende deS 3ahres in Aussicht genommenen Reform des Be- soldungswesens die alsbaldige Erhöhung der Gehälter für die Be - amten in den unteren und mittleren Gruppen mit Wirkung vom 1. April ab. Die seit langem anhaltende Preissteigerung gerade der MasienbedarsSariikel habe die Rot und die Verschuldung der genannten Beamtengruppen bis zu einem Grade erhöht, der es unmöglich macht, jede Gehaltsaufdefferung bis zum 3ahreS- ende zu verweigern. Vor der MleMtföimg In ScllmM. Sozialistische Steuern in Wien. Von Hugo Breitner (Wien). Zu den österreichischen Parlaments- und De- meindewahlen am 24. April gibt Genoste Breit- n e t, der bewährte Leiter des Finanzwesens der Stadt Wien, eine Uebersicht über die Leistungen der soziaidemokratischen Wiener Rathausmehrheit. (Die Redaktion.) Die stärksten Waffen unseres Wahlkampfes, den wir am 24. April in Oesterreich führen, sind die riesigen Leistungen der sozialdemokratischen Gemeindeverwaltung in Wien für Arbeiter - klasse und Kleinbürgertum und die Art der Bezahlung dieser Riesenleistungen durch Steuern auf den Besitz. Die bürgerlichen Parteien nennen unsere sozialistische Steuerpolitik „Steuer- sadismus". Mit keinem Wort erkennen sie die gewaltigen Leistungen der Sozialdemokratie auf den Gebieten der Fürsorge, der Volksgesundheit, des Verkehrs und insbesondere die Schaffung von jährlich 7000 neuen Kleinwohnungen an. Die 30 000 neuen Proletarierwohnungen, die in den öahren 1924 bis 1928 fertiggestellt sein werden, bedeuten eine Kulturtat aller - ersten Ranges: sie haben die Lage auf dem Wiener WohnungS- markt geändert, sie haben unendliches Elend beseitigt und Glück verbreitet! Aber unsere „Christlich-Sozialen" freuen sich nicht der getrockneten Tränen der Aermsten der Armen, die nun ein Dach über ihrem Haupt haben, sondern meinen mit den Haus - besitzern . . . ES ist für unS auch weder überraschend noch unangenehm, daß unsere Steuerpolitik den Gegenstand leidenschaftlicher er - bitterter Kritik bildet. Das beweist unS lediglich, daß wir Sozialdemokraten tatsächlich und mit fühlbarem Erfolg andere Wege gegangen sind als früher die Bürgerlichen. Das ist ja eben das Merkmal der Wiener Gemeindesteuern, und darin unterscheiden sie sich von dem bürgerlichen Abgabensvstem der Vergangenheit, daß die Masten geschont und der Besitz belastet wird. Wir fragen in allererster Linie: „Wer soll die Steuern bezahlen — die Armen oder bie Reichen?" und geben eine sozialdemokratische Antwort! Wir treiben also nicht wie früher die Bürgerlichen eine kapitalistische, sondern eine sozialistische Steuerpolitik. Unser Kampf ist ein Teilkampf deS großen Ringens zwischen Großbürgertum auf der einen Seite und Kleinbürgertum und Arbeiterschaft auf der andern Seite um die Verteilung der Steuerlasten. Es ist uns In Wien gelangen, bie besitzenden Kreise in einem früher nie gekannten Umfange mm Steuerzahlen zu zwingen. Das ist die einfache Erklärung für die bis zur Besinnungslosig - keit gehende Wut unserer bürgerlichen Gegner gegen das rote । Wien! Wir halten uns für berechtigt und verpflichtet, jede Art von Luxus so weit irgend möglich zu besteuern, um in einer Zeit, in der Hunderttausende verelenden, den kleinen Kreis, der ein üppiges Leben führt, für die Allgemeinheit tributpflichtig zu machen. Aus diesem Grunde erheben wir u. a. folgende Steuern, die sämtlich die Lebenshaltung der Arbeiterschaft und deS Klein- dürgertums schonen und den LuxuSbedarf belasten. Mieterschutz und Wohnbausteuer. Die Wohnbausteuer belastet die Mieter nach ihrer Leistungsfähigkeit sehr verschieden, wie folgende Ausstellung beweist: »rtebrnimtrt« CCohnbaufleurr I Monat im Monat Wohnung,art Pro«. Mr frib innUei« 24 Arbeiter wohnung 2,083 40 Kleine Beamtenwohnung 2,083 80 Mittlere Beamtenwohnung .... 2,43 120 Gute Beamtenwohnung 2,7 160 MittelstandSwohnung 3,125 200 nach Lage und Größe 3,47 330 „ „ „ „ 5,83 660 Luxuswohnungen 11,25 3300 Luxuswohnungen 31,625 6600 Luxuswohnungen ... 36,64 Die Wirkung dieser Staffelung kommt sehr drastisch tn der Tatsache zum Ausdruck, daß 4 9 8 1 21 Wohnungen und Geschäftslokale mit den niedrigen Mietzinsen soviel Wohnbau - steuer zahlen, wie bloß 6 2 0 Palais, Luxusvillen und Bank- gebäude. Der Hausbesitzer hat die Pflicht, diese Steuer einzuziehen und an die Stadt abzusühren. Er erhält von der abgelieferten Summe 10 %, höchstens aber 12 A im Monat. Eine weitere Entschädigung erhält der „Hausbesitzer" nicht. Der 3nhader einer Proletacierwohnung hat also an „Miele" im Monat lediglich ein paar Pfennige zu zahlen. 3n den städtischen Neubauten wird ein Betrag für Zentralheizung, Waschküche usw. umgelegt, der die Monatsabgabe für ein Zimmer mit Küche und Klosett ans etwa 6 erhöht: zwei Zimmer mit Küche usw. kosten alles in Die ^arf je». [.] Roman oon August Hinrtchs. „War es ein Mann oder eine Fran?" fragte Goy und iAe näher. Niemand wußte es bestimmt. 'Nach dem Iien war es ein Mädchen, die ungetreue Liebste des Haupt- mns, und ein Messer habe in ihrem Herzen gesteckt, nach 1,1 andern ein Mann, der aus Eifersucht von einem ammesgenossen erstochen worden sei. Ontje Brink aber es am besten: es sei ein altes Weib, hundert Zahre alt 2r mehr: sie Fei lebendig ins Grab gelegt worden, und die 'lern hätten dabei gesungen: „Krup unner, krup unner, de is Di gram." So machten es die Tatern immer mit l^ n alten Weibern, die nicht sterben wollten. Und da Ontje WrinK alles so genau beschrieb, als wenn er selber dabei c ® c fcn wäre, so muhte man ihm wohl glauben. ^lrp lachte am meisten darüber. — „Die Tatern sind lua," rief er, „was wollen sie auch mit den alten Hexen? $ halte cs mit den jungen — die jungen sollen leben!" »Wenn sie nicht kratzen!" sagte Dode Frers bedeutsam Ichielte nach einer Schramme in Arps Gesicht. ... "®' e Kratzen nicht mehr — sie sind bald zahm wie die aubchcu!" schrie Arp. Dode Frers sog trocken an seiner false: „3cf) meine nur, ich hätte etwas gesehn — das may tln Streicheln!" Arp lachte pfiffig auf: „3ch meine nur, ich hätte sie jetzt öcr Tasche," und legte die Hand um das Schächtelchen, Inh , *hm gestern erst zugesteckt hatte. Er sprang auf lis, ‘ dn ’ !c mif Ontje Brink ums Feuer, und sie sangen I 'm "■ t ' ru P unner, krup unner, de Welt is Di gram!" er b Ln) umEe ihnen den Rücken und wollte gehen, da sah uhinncrk sitzen, der leise vor sich hin murmelte. Goy Lj.; c „sich zu ihm nieder und lauschte: „Das Blut war kai}"" der Alte, „das Blut war heiß, und jetzt ist es „Was sagst Du?" fragte Goy. Korthinnerk sah auf und erschrak. „Geh nach Hause, Goy," sagte er leise, „Du hast einen weiten Weg — ja, einen ganz weiten Weg —" Er ist wunderlich, dachte Goy, denn der Hartjehof lag nicht weiter vom Dorf ab als die andern Höfe. Aber er ging. Arp bezahlte an diesem Abend eine Runde nach der andern und trank, bis der Kröger ihn unter die Arme faßte und aus der Tür schleifte. Es war die Zeit der Heuernte, und Goy wurde von seiner Arbeit so müde, dah er die Nächte hindurch schlief wie ein Baum. Mitten am heißen Tage, wenn der Schweiß ihm in Strömen von Hals und Brust herniederrann, schoß die Er - innerung wie ein Vogel auf ihn nieder: das braune Mädchen im grüngoldenen Busch — das selige Streifen im Kühlen Schatten der Nacht — gab es wirklich irgendwo ein Grab im Walde, oder tanzte der nackte kleine Fuß jetzt anderswo über die Erde? Er biß die Zähne zusammen, aber er fand nicht Zeit zu rasten und schob die quälenden Gedanken bei - seite. Es war Sommer geworden, und der Frühling war wie ein bunter Traum durch seine Seele gerauscht. 3etzt war das Dasein nur Arbeit und tiefer, todähnlicher Schlaf. Das andere, das heimliche und süße, das wilde und brau - sende Leben, lag tief in der Stille zu gären. 10. Für Arp ist der Sommer nur drückende Schwüle. Er steht nicht mit draußen im Feld — sein Vater rührt sich in der lastenden Wärme kaum noch vom Stuhl, und wenn seine listigen Aeuglein auch vom Kühlen Zimmer aus seltsam scharf das ganze Gewese umfassen, so spielt Arp doch draußen un - gehindert den Herrn. Wenn er nur wüßte, was es mit dem verteufelten Knöchelchen auf sich hat! Es will durchaus nicht so gehen, wie er sich das eigentlich gedacht hat. Erst bei der Heuernte, als Hille und ihre Mutter wie die andern Tagelöhner und kleinen Heuerleute auf den Wiesen des Müllers mit halfen, gelang cs ihm, ihr heimlich damit über den nackten Arm zu streichen. Zwar brannte im nächsten Augenblick ihre kleine, feste Hand auf seiner Backe, aber seitdem ist sie anders zu ihm, gewiß! Nur ist dieser Zustand noch schlimmer für ihn. Sie lacht ihn an, wenn er kommt, doch hat sie so ein ver - dammt übermütiges Lachen, daß er nicht klug daraus wird. Er tappt wie ein Bär hinter ihr drein, und er ist doch ein stattlicher Bursch! Er ist stolz auf die Schnallenschuh mit den Spangen, und die Weste mit den silbernen Knöpfen, sein Sonntagsgewand — jetzt trägt er es alle Tage. Muß ihr das nicht in die Augen stechen? 3a — sie kann nicht mehr widerstehn — sie macht ihm ein Zeichen! Er folgt ihr verstört, und sein Herz hüpft vor Freude, als sie in der Scheune verschwindet, wo die Berge von Heu rechts und links wie eine Mauer aufgestapelt sind. Doch kaum tritt er ein, da rutschen die Masten herab, er steckt halb erstickt in dem würzigen Haufen, und die kribbelnden Halme verstopfen ihm Nase, Mund und Ohren. Ein halb Dutzend Mägde, das da beschäftigt war, erhebt ein gewaltiges Geschrei und Gejohle und gräbt ihn mit Harken und Forken umständlich wieder heraus — er schüttelt sich und prustet, schnauzt wütend die lachenden Mägde an und sieht sich nach Hille um. Aber Hille ist längst verschwunden. Kein bißchen kommt er weiter mit ihr. Da schleicht er heimlich bei Nacht zu Aleil und verlangt nun endlich fein teuer erkauftes Recht. Die gibt ihm ein Tränklein und tröstet: Geduld — nur Geduld. Das Knöchelchen hat doch noch immer gewirkt, er ist nur zu plump und zu hastig. Dann trägt sie ja jetzt auch fein Haar auf der Brust, mehr kann Aleit wirklich nicht tun. Es war schon ein Stück Ar - beit, ihr die drei rötlichen Fädchen anzuhängen — Aleit hat sie unter einem Flicken verborgen, so hat Hille wirklich nichts gemerkt. Nur Geduld soll er haben! Arp läßt ihr drei Taler und geht getröstet fort — sie wird es schon machen. Er wartet und flucht — jetzt Ist es immer noch so! Die Heuernte vorbei, der Roggen eingefahren, unb morgen soll Erntefest sein — ihm reißt die Geduld. Der Kröger hat wieder die Diele geräumt, unb alles, was jung ist, bas trinkt unb tanzt. Heute holt er sein Glück! Wie Hille heute lacht unb wie ihre Augen funkeln! Arp schwingt sie herum — sie ist leicht wie eine Feder, unb zierlich unb schlank. Sie nippt nur vom Wein, den Arp ihr bestellt, er trinkt beste mehr. Die große Tür sicht weit offen, eine letzte Sommernacht wartet auf liebenbe Paare, und bas Dunkel flüstert unb raunt. Wo blieb benn Hille? Da tanzt sie mit Goy, unb ber schwingt sie bis an bie Balken empor. Alles stampft und wogt, alles lacht unb juchheit, unb der Tollste von allen ist Goy. Es ist etwas aufgebrochen in ihm, nach der gären - den Stille eine wütende Lust. Er muß — muß etwas be - ginnen, muß diese drängende Kraft, dieses stürmende Leben hinausrasen lassen in wirbelnder Flut. Er tanzt durch die dichtesten Knäuel in unermüdlicher Fahrt: die Mädchen kreischen, aber sie haben es gern, je toller, je besser — wofür ist man jung? Er braucht nur öle Arme zu öffnen, da fliegt ihm schon eine hinein — bann biefe, bann jene — ach, sie finb jung unb gefunb, voll strotzenber Kraft wie bie Erde, noch vom Sommer burchglüht — da wollen sie leben und lachen, nur heute, denn morgen ist alles vorbei, und der Winter ist lang. DaS wogt und lacht, das glüht und fun - kelt — Goy reißt nur in seine Arme, was selber schon fliegt — welche Lust! Arp sieht es, und eine Wut kommt über ihn, daß er die Fäuste ballt. Alle, alle drängen sie sich zu Goy — nun gut, mag er sie haben! Nur die eine nicht, bie gehört ihm! Die hat er sich feuer erkauft — verbammt, wieviel Taler gab er schon aus, wieviel Tage unb Wochen schlich er um sie herum — unb jetzt greift er auch bie! Unb Hille — wie sie strahlt! (Fortsetzung folgt.)