Ausgabe  A 
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gUtmmer  109 
Donnerstag,  21.2ipri<  1927 
53.  Jahrgang 
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in  allen  Annoncenbureau«  Platz-  und  Datenvorschrtste»  unser  bind  lich 
Verwirrung  und  Terror  in  China 
England  marWert. 
SPD.  London,  20.  April.  (Sig.  Drahtbericht.) 
I  Wie  die  letzten  aus  China  eintreffenden  Meldungen  be -
lügen,  hat  das  Borgehen  TschiangKaischeKs  gegen  sämtliche 
Kommunismus  verdächtige  Elemente  in  Schanghai  in 
flehten  Tagen  an  Intensität  sehr  zugenommen.  Die  An- 
jühl  der  Hingerichteten  „Agitatoren"  beträgt  nach 
Wdungen  der  amtlichen  britischen  Agentur  über  hun- 
jerf.  Die  letzten  Opfer  sind  der  Präsident  und  6  Führer 
y  Seeleuteverbandes,  die  am  Dienstag  int  Hofe  des  mili- 
Äschen  Hauptquartiers  heimlich  hingerichtet  roor- 
len  sind.  TschiangKaischeKs  Untergebene  sind  nach  dieser 
Keldung  entschlossen,  „keinerlei  Barmherzigkeit 
gegenüber  den  Kommunisten  aufkommen  zu  lassen". 
Die  militärische  Lage  ist  weiter  unklar.  Der  als  Nach- 
lllgcr  TschiangKaischeKs  zum  Oberbefehlshaber  ernannte 
christliche"  General  eFng  hat  den  Vormarsch  auf  Nanking 
lngeordnet.  Seine  Truppenverbände  unterstehen  dem  Kom- 
itanbD  seines  Unterführers,  des  Generals  Tschang  Sen 
Hing. 
Auf  Grund  eines  kurz  nach  Mitternacht  ergangenen  Be- 
ehls  sind  am  Mittwoch  weitere  starke  englische 
lruppeukonlingente,  bestehend  aus  einem  Infan- 
ericbalaillon,  zwei  Arlilleriebatterieu,  einer  Fliegerstaffel 
nid  51  Truppen-Transporlaulos,  in  Souchampton  als  Der- 
lärlmng  für  das  Expeditionskorps  in  Schanghai  eingeschifft 
Mden.  3n  militärischen  Kreisen  ist  man  der  Auffassung,' 
ich  diese  neuen  Verstärkungen  nicht  auf  Verwendung  in 
Schanghai  sechst,  sondern  auf  geplante  Operationen 
«offenen  Felde  Hindeulen.  Die  Lazarellausrüstung, 
sie  den  Truppentransport  begleitet,  besteht  u.  a.  aus 
ZOO  Bellen,  und  kann  für  eine  Aufnahme  von  600  Ver -
minderen  erweitert  werden. 
* 
Rußlands  Ansturm  gegen  öle  ümklammerung. 
Vertrag  zwischen  Moskau  und  Kabul. 
SPD.  Riga,  21.  April. 
Am  Mittwoch  wurde  in  Moskau  der  in  Kabul  erfolgte  Ab- 
M  eines  Freundschafts-  und  Neutralitätsvertrages  zwischen 
Riyanb  und  Afghanistan  bekanntgegeben.  Der  demonstrativen 
Bekanntgabe  wohnten  der  türkische  und  persische  Gesandte  in 
fioikau  bei.  3n  dem  Vertrag  wird  die  Souveränität  Asgha- 
Pns  von  Ruhland  garantiert,  während  die  Zarenregierung 
iod)  1907  Afghanistan  als  englisches  Onterestengeoiel  anerkannt 
jti.  3m  politischen  Moskau  verspricht  man  sich  von  dem  neuen 
BttUag  eine  starke  Wirkung  auf  England. 
*  :  > 
Die  Nachricht  ist  in  dieser  Form  irreführend.  Ein 
lnMafghanischer  Vertrag  besteht  schon  seit  Mitte  vorigen 
faires.  Die  hier  wiedergegebene  SPD.-Meldung  aus  Aiga 
ffltn  sich  unseres  Erachtens  nicht  auf  den  Abschluß,  sondern 
ms  die  Ratifikation  des  Vertrages  beziehen.  Eine  starke 
Mrdung  auf  England  kann  unter  diesen  Umständen  kaum 
irroatiet  werden. 
* 
Das  rusMschweierische  Abkommen. 
SPD.  Berlin,  21.  April.  Der  russische  Bokschafter  in 
Berlin,  Krestinski,  ist  wegen  der  Berichterstattung  über  seine  Ver -
edlungen  wegen  der  Beilegung  des  Konflikts  mit  der  Schweiz 
(ach  Moskau  abgereist.  Von  feinem  Bericht  wird  im  wesentlichen 
lie  künftige  Haltung  der  Sowjetregierung  gegenüber  dem 
Völkerbund  abhängen. 
* 
Das  russisch-schweizerische  Abkommen  ist  ein  Glied  in  der 
falte  -er  Versuche  Rußlands,  die  größtenteils  selbstver- 
chuldete  Isolation  zu  durchbrechen.  Es  stellt  im  Zusammen- 
«ig  mit  den  innerrussischen  Vorgängen  betrachtet,  ein  Sieg 
ilwinows  über  Tschitscherin  dar,  welch  letzterer  die  starre 
falstik  gegen  Völkerbund  und  England  besonders  auf  dem 
^wissen  hat.  Außerdem  dürfte  bei  der  erfreulichen  Bei- 
Ang  des  russisch-schweizerischen  Konfliktes  die  französische 
farmitilung  eine  gewisse  Rolle  gespielt  haben,  die  angesichts 
lt  noch  immer  fortdauernden  russisch-französischen  Verhand- 
"ngen  leicht  verständlich  ist. 
Rußianbs  Sbnmacht  in  Norblbina. 
Peking  lehnt  alle  Forderungen  ab. 
WTB.  Paris,  20.  April.  Wie  die  Agentur  3nbo  Paci- 
fique  aus  Peking  meldet,  lehnt  die  Pekinger  Regierung  sämt -
liche  Forderungen,  die  die  Sowjets  infolge  der  in  der  russischen 
Botschaft  vorgenommenen  Haussuchung  ausgestellt  haben,  ab. 
* 
Die  Ablehnung  der  russischen  Forderungen  durch  die 
Pekinger  Regierung  war  zu  erwarten,  da  sie  den  tatsäch -
lichen  Machtverhältnisien  entspricht.  Ein  empörendes  Un -
recht  bleibt  daher  ohne  Sühne.  Der  ganze  Vorgang  be -
denket  leider  eine  unverdiente  und  internr.fional  durchaus 
schädliche  Schwächung  des  russischen  Ansehens  in  China, 
während  die  dummdreiste  und  brutale  Politik  Chamberlains 
triumphiert. 
♦ 
MonarkWiM  Verschwörung  in  Moskau? 
SPD.  Berlin,  26.  April.  Die  Sowjelrussische  Telegraphen -
union  meldet,  dah  die  Kriminalpolizei  in  Moskau  eine  mon -
archistische  Gruppe  aufgedeckt  und  ausgehoben  hat,  die  sich  „An -
hänger  des  ehemaligen  Großfürsten  Nikolajewitsch"  nannte.  Aus 
dem  beschlagnahmten  Material  ist  angeblich  ersichtlich,  dah  die 
verhafteten  Personen  Militärspionage  zugunsten  einiger  der 
tätigsten  ausländischen  Spionagedienste  leisteten.  Es  wird  weiter 
darauf  hingewiesen,  dah  die  Verhafteten  Geldmittel  aus  auslän- 
dischen  Quellen  bezogen. 
Irr  französWe  Parteitag. 
SPD.  Paris,  20.  April.  (Eigener  Drahtbericht.) 
Die  Resolutionskommission  des  sozialistischen  Parteitages  in 
Lyon  tagte  vom  Dienstag  abend  bis  Mittwoch  morgen 
um  7  Uhr,  ohne  zu  einer  einheitlichen  Entschließung  zu  gelangen. 
Nur  Renaudel  zog  die  von  ihm  eingebrachte  Entschließung 
zurück,  während  die  Delegierten  Paul  Faure,  Compete-Morel, 
Bracke  und  Zyronski  auf  ihren  Entschließungen  beharrten.  Der 
Kongreh  wird  infolgedesien  selbst  zu  einer  Entscheidung  berufen 
fein. 
3m  Lause  der  Mittwoch-Morgensihung  referierte  Grum -
bach  unter  gespannter  Aufmerksamkeit  der  Zuhörer  über  den 
Fall  Maurin.  Dieser  Delegierte,  der  auch  die  Resolution  über 
ein  Zusammengehen  der  Partei  mit  den  Kommunisten  billigt,  bat 
in  seinem  Blatte  „Etincelle"  zahlreiche  Mitglieder  der  Partei,  be -
sonders  Blume  und  Paul  Boncour  sowie  mehrere  ausländische 
führende  Sozialisten,  heftig  angegriffen  und  verleumdet:  so 
hatte  er  Breitscheid  heftig  angeklagt  und,  wie  Grumbach  fest -
stellte.  den  „kaiserlichen  Soziaiisten"  genannt,  weil  er  die  Zu -
sammenhänge  der  deutschen  Reichswehr  mit  den  Sowjets  aufge- 
deckt  haben  sollte.  Grumbach  schlug  vor,  Maurin  die 
Fähiakeit,  sozialistischer  Parteidelegierter  zu  jein,  auf  die  Dauer 
von  2  3abren  zu  entziehen  Maurin  verteidigte  sich  in  einer  län -
geren  Rede,  die  zu  zahlreichen  Zwischenrufen  Veranlaflung  gab. 
da  der  Redner  zum  Teil  die  Angriffe  ge^en  Blum  und  Paul 
Boncour,  die  nicht  anwesend  waren,  wiederholte. 
Der  Kongreß  wird  im  Lause  der  Schlußsitzung,  die  bis  tief  in 
die  Nacht  zum  Donnerstag  hinein  dauern  dürfte,  auch  über  diesen 
Fall  eine  Entscheidung  treffen. 
N 
Die  AnMimMett  der  SVff. 
WTB.  Paris,  20.  April.  Der  Kongreß  der  sozialistischen 
Partei  in  Lyon  bat  Heute  über  die  Tagesordnung,  betreffend  die 
politische  Einstellung  der  Partei,  abgestimmt  und  mit  2352  der  ab -
gegebenen  Stimmen  die  Tagesordnung  Paul  Faure  angenommen, 
die,  wie  der  Autor  dieser  Tagesordnung  in  der  Begründung  er -
klärte,  eine  EinHeitssront  mit  den  Kommunisten  mit  dem  gleichen 
Recht  ablehnt,  wie  eine  solche  mit  den  bürgerlichen  Parteien, 
denn  die  Sozialisten  dürften  keine  Bindungen  mit  andern  Par -
teien  eingeben.  Eine  von  der  linksstehenden  Opposition  einge- 
brachte  Tagesordnung  Bracke-Zyronski  erhielt  747  der  abge -
gebenen  Stimmen  und  die  von  der  extremen  Linken  der  Richtung 
Maurin  vorgeschlagene  185.  7  stimmberechtigte  Delegierte  haben 
sich  an  der  Abstimmung  nicht  beteiligt,  80  waren  abwesend. 
Polens  amerikanische  Anleihe.  3n  unterrichteten  Kreisen 
verlautet,  dah  die  amerikanische  Anleihe  für  Polen 
in  Höhe  von  70  Millionen  Dollars  endgültig  beschlossen  fein  soll. 
3n  den  prinzipiellen  Fragen  sei  zwischen  Polen  und  den  ameri -
kanischen  Geldgebern  bereits  vollkommene  Uebereinstimmung  er -
zielt  worden,  während  die  technische  Seite  der  Verhandlungen 
noch  Gegenstand  von  Beratungen  in  Paris  sein  wird. 
Kommunistenoerhaftungen  in  Sumatra.  3m  Verlauf  der 
militärischen  Säuberungsaktion  im  Aufstandsgebiet  von  Solok 
wurden  120  Kommunisten,  darunter  einer  der  Hauptführer,  Hadji 
Moemck,  verhaftet  sowie  80  Gewehre  und  70  Revolver  beschlag -
nahmt. 
Der  leidige  AidanienKensiitt. 
SPD  Berlin,  21.  April.  Aus  London  wird  gemeldet,  dah 
die  englische  und  französische  Regierung  vereinbart  haben,  von  sich 
aus  den  albanischen  Konflikt  getrennt  zu  behandeln.  Die  Pariser 
Regierung  soll  bemüht  bleiben.  Südslawien  von  übereilten 
Schritten  abzuhalten,  während  sich  Chamberlain  angeblich  gegen -
über  Briand  verpflichtet  hat,  Mussolini  durch  stärksten  Druck  zur 
Zurücknahme  seines  Eommuniquss  zu  veranlästen,  in  dem  eine 
Erörterung  deS  Vertrages  von  Tirana  mit  Südslawien  abgetehnt 
wurde. 
SbrrsKIesWtt  Stbuüireil. 
Polen  fügt  sich,  zahlt  aber  Strafgelder  nicht  zurück. 
WTB.  K  a  t  t  o  w  i  h,  20.  April.  3n  einer  Besprechung 
zwischen  dem  Wojwoden  und  dem  Geschäftsführer  des  Deutschen 
Volksbundes,  dem  Abgeordneten  U  l  i  h  ,  hat  der  Wojwode  eine 
Erklärung  abgegeben,  in  der  es  unter  anderm  heißt: 
Der  Erlaß  polizeilicher  Strasbefehle  gegen  Eltern,  die 
ihre  Kinder  für  die  deutsche  Minderheitsschule  angemeldet  und 
sie  nicht  der  polnischen  Schule  zugeführt  haben,  ist  mit  dem 
9.  April  eingestellt.  Der  Gerichtsbehörde  wurde  der  Völker -
bundsratsbeschluß  vom  12.  März  mitgeteilt. 
Der  Wojwode  wird  wegen  der  Behandlung  der  vor  dem 
Gericht  schwebenden  Schulstrafssachen  mit  dem  Präsidenten  des 
Appellationsgerichts  verhandeln.  Der  Wojwode  ordnete  die  Auf -
stellung  neuer  Listen  derjenigen  Kinder  an,  die  sich  in  dem 
Schulstreik  befinden.  Diese  Kinder  sollen  baldmöglichst  Min -
derheitsschulen  zugeführt  werden.  Der  Wojwode  stellte 
sich  auf  den  Standpunkt,  daß  eine  Rückzahlung  bezahlter 
Strafen  nicht  in  Frage  kommen  dürste.  Ulih  be -
stritt  die  Richtigkeit  dieses  Standpunktes,  der  unhaltbar  sei,  weil 
die  betreffenden  Erziehungsberechtigten  im  Bewußtsein  ihres 
guten  Rechtes  gehandelt  hätten. 
Kein  Landesverrat.  Der  Oberreichsanwalt  hat  dem  zweiten 
Bundesvorsitzenden  des  Reichsbanners  Karl  Holtermann 
mitgeteilt,  daß  er  das  Verfahren  gegen  ihn  wegen  Landesverrates 
eingestellt  hat. 
Neue  Kümvfe  im  englischen  Bergbau? 
3m  englischen  Bergbau  steht  nach  Londoner  Mel -
dungen  ein  neuer  schwerer  Lohukampf  bevor.  Die 
Unternehmer  verlangen  Lohnkürzung.  Bezeichnenderweise 
ist  bis  jetzt  kein  einziger  der  Vorschläge  zur  Rationallsierong 
des  Bergbaues  durchgeführt  worden.  Die  Grubenunler -
nehmer  sind  allem  Anschein  nach  der  Auffaffung,  daß  die 
Arbeiter  auf  3ahre  hinaus  für  die  Rückständigkeit  der  Be -
triebs-  und  ProduklionSmelhoden  deS  englischen  Bergbaues 
büßen  sollen. 
Sie  Beamltnbrsolbung. 
Der  erweiterte  Vorstand  des  Allgemeinen  Deut -
schen  B  e  a  m  t  e  n  b  u  n  i  e  i  hat  sieb  mit  der  durch  die  Ableh -
nung  aller  Besoldungsanträge  im  Reichstag  geschossenen  Lage 
in  der  Besoldungsfrage  besaßt.  Er  stellt  fest,  daß  die  Beamten -
schaft  kein  Verständnis  mehr  dafür  hat,  daß  Regierung  und 
Reichstagsmehrheit  sie  ständig  unter  Anerkennung  ihrer  Not -
lage  mit  dem  Hinweis  auf  eine  kommende  Besoldungsreform 
vertrösten,  jeden  Vorschlag  wus  eine  nur  bescheidene  Erhöhung 
ihrer  Bezüge  abpr  stets  ablehnen.  Die  vom  Reichsfinanzminister 
bekanntgegebenen  Steuerergebniss^  des  abgelaufcnen  ElalSjahres 
mit  einem  Mehrertrag  von  einer  Halben  Milliarde  Mark  gegen -
über  dem  Voranschlag  beweisen,  dah  Möglichkeiten  zu  Hilfs -
maßnahmen  sehr  wohl  vorhanden  sind. 
Der  Bundesvorstand  erwartet  daher,  daß  der  Reichstag  nach 
seinem  Wiederzusammentritt  im  Mai  neuerdlngS  wieder  zur  Be- 
soldungSsrage  Stellung  nimmt.  Er  fordert,  unbeschadet  der  für 
daS  Ende  deS  3ahres  in  Aussicht  genommenen  Reform  des  Be- 
soldungswesens  die  alsbaldige  Erhöhung  der  Gehälter  für  die  Be -
amten  in  den  unteren  und  mittleren  Gruppen  mit  Wirkung  vom 
1.  April  ab.  Die  seit  langem  anhaltende  Preissteigerung  gerade 
der  MasienbedarsSariikel  habe  die  Rot  und  die  Verschuldung 
der  genannten  Beamtengruppen  bis  zu  einem  Grade  erhöht,  der 
es  unmöglich  macht,  jede  Gehaltsaufdefferung  bis  zum  3ahreS- 
ende  zu  verweigern. 
Vor  der  MleMtföimg  In  ScllmM. 
Sozialistische  Steuern  in  Wien. 
Von  Hugo  Breitner  (Wien). 
Zu  den  österreichischen  Parlaments-  und  De- 
meindewahlen  am  24.  April  gibt  Genoste  Breit- 
n  e  t,  der  bewährte  Leiter  des  Finanzwesens  der 
Stadt  Wien,  eine  Uebersicht  über  die  Leistungen 
der  soziaidemokratischen  Wiener  Rathausmehrheit. 
(Die  Redaktion.) 
Die  stärksten  Waffen  unseres  Wahlkampfes,  den  wir  am 
24.  April  in  Oesterreich  führen,  sind  die  riesigen  Leistungen  der 
sozialdemokratischen  Gemeindeverwaltung  in  Wien  für  Arbeiter -
klasse  und  Kleinbürgertum  und  die  Art  der  Bezahlung  dieser 
Riesenleistungen  durch  Steuern  auf  den  Besitz.  Die  bürgerlichen 
Parteien  nennen  unsere  sozialistische  Steuerpolitik  „Steuer- 
sadismus".  Mit  keinem  Wort  erkennen  sie  die  gewaltigen 
Leistungen  der  Sozialdemokratie  auf  den  Gebieten  der  Fürsorge, 
der  Volksgesundheit,  des  Verkehrs  und  insbesondere  die 
Schaffung  von  jährlich  7000  neuen  Kleinwohnungen  an.  Die 
30  000  neuen  Proletarierwohnungen,  die  in  den  öahren  1924  bis 
1928  fertiggestellt  sein  werden,  bedeuten  eine  Kulturtat  aller -
ersten  Ranges:  sie  haben  die  Lage  auf  dem  Wiener  WohnungS- 
markt  geändert,  sie  haben  unendliches  Elend  beseitigt  und  Glück 
verbreitet!  Aber  unsere  „Christlich-Sozialen"  freuen  sich  nicht 
der  getrockneten  Tränen  der  Aermsten  der  Armen,  die  nun  ein 
Dach  über  ihrem  Haupt  haben,  sondern  meinen  mit  den  Haus -
besitzern  .  .  . 
ES  ist  für  unS  auch  weder  überraschend  noch  unangenehm, 
daß  unsere  Steuerpolitik  den  Gegenstand  leidenschaftlicher  er -
bitterter  Kritik  bildet.  Das  beweist  unS  lediglich,  daß  wir 
Sozialdemokraten  tatsächlich  und  mit  fühlbarem  Erfolg  andere 
Wege  gegangen  sind  als  früher  die  Bürgerlichen.  Das  ist  ja 
eben  das  Merkmal  der  Wiener  Gemeindesteuern,  und  darin 
unterscheiden  sie  sich  von  dem  bürgerlichen  Abgabensvstem  der 
Vergangenheit,  daß  die  Masten  geschont  und  der  Besitz  belastet 
wird. 
Wir  fragen  in  allererster  Linie: 
„Wer  soll  die  Steuern  bezahlen  —  die  Armen  oder  bie 
Reichen?"  und  geben  eine  sozialdemokratische  Antwort!  Wir 
treiben  also  nicht  wie  früher  die  Bürgerlichen  eine  kapitalistische, 
sondern  eine  sozialistische  Steuerpolitik. 
Unser  Kampf  ist  ein  Teilkampf  deS  großen  Ringens  zwischen 
Großbürgertum  auf  der  einen  Seite  und  Kleinbürgertum  und 
Arbeiterschaft  auf  der  andern  Seite  um  die  Verteilung  der 
Steuerlasten. 
Es  ist  uns  In  Wien  gelangen,  bie  besitzenden  Kreise  in  einem 
früher  nie  gekannten  Umfange  mm  Steuerzahlen  zu  zwingen. 
Das  ist  die  einfache  Erklärung  für  die  bis  zur  Besinnungslosig -
keit  gehende  Wut  unserer  bürgerlichen  Gegner  gegen  das  rote 
।  Wien! 
Wir  halten  uns  für  berechtigt  und  verpflichtet,  jede  Art 
von  Luxus  so  weit  irgend  möglich  zu  besteuern,  um  in  einer 
Zeit,  in  der  Hunderttausende  verelenden,  den  kleinen  Kreis,  der 
ein  üppiges  Leben  führt,  für  die  Allgemeinheit  tributpflichtig  zu 
machen.  Aus  diesem  Grunde  erheben  wir  u.  a.  folgende  Steuern, 
die  sämtlich  die  Lebenshaltung  der  Arbeiterschaft  und  deS  Klein- 
dürgertums  schonen  und  den  LuxuSbedarf  belasten. 
Mieterschutz  und  Wohnbausteuer. 
Die  Wohnbausteuer  belastet  die  Mieter  nach  ihrer 
Leistungsfähigkeit  sehr  verschieden,  wie  folgende  Ausstellung 
beweist: 
»rtebrnimtrt«  CCohnbaufleurr  I  Monat 
im  Monat  Wohnung,art  Pro«.  Mr  frib  innUei« 
24  Arbeiter  wohnung  2,083 
40  Kleine  Beamtenwohnung  2,083 
80  Mittlere  Beamtenwohnung  ....  2,43 
120  Gute  Beamtenwohnung  2,7 
160  MittelstandSwohnung  3,125 
200  nach  Lage  und  Größe  3,47 
330  „  „  „  „  5,83 
660  Luxuswohnungen  11,25 
3300  Luxuswohnungen  31,625 
6600  Luxuswohnungen  ...  36,64 
Die  Wirkung  dieser  Staffelung  kommt  sehr  drastisch  tn  der 
Tatsache  zum  Ausdruck,  daß  4  9  8  1  21  Wohnungen  und 
Geschäftslokale  mit  den  niedrigen  Mietzinsen  soviel  Wohnbau -
steuer  zahlen,  wie  bloß  6  2  0  Palais,  Luxusvillen  und  Bank- 
gebäude. 
Der  Hausbesitzer  hat  die  Pflicht,  diese  Steuer  einzuziehen 
und  an  die  Stadt  abzusühren.  Er  erhält  von  der  abgelieferten 
Summe  10  %,  höchstens  aber  12  A  im  Monat.  Eine  weitere 
Entschädigung  erhält  der  „Hausbesitzer"  nicht.  Der  3nhader  einer 
Proletacierwohnung  hat  also  an  „Miele"  im  Monat  lediglich  ein 
paar  Pfennige  zu  zahlen.  3n  den  städtischen  Neubauten  wird 
ein  Betrag  für  Zentralheizung,  Waschküche  usw.  umgelegt,  der 
die  Monatsabgabe  für  ein  Zimmer  mit  Küche  und  Klosett  ans 
etwa  6  erhöht:  zwei  Zimmer  mit  Küche  usw.  kosten  alles  in 
Die  ^arf  je». 
[.]  Roman  oon  August  Hinrtchs. 
„War  es  ein  Mann  oder  eine  Fran?"  fragte  Goy  und 
iAe  näher.  Niemand  wußte  es  bestimmt.  'Nach  dem 
Iien  war  es  ein  Mädchen,  die  ungetreue  Liebste  des  Haupt- 
mns,  und  ein  Messer  habe  in  ihrem  Herzen  gesteckt,  nach 
1,1  andern  ein  Mann,  der  aus  Eifersucht  von  einem 
ammesgenossen  erstochen  worden  sei.  Ontje  Brink  aber 
es  am  besten:  es  sei  ein  altes  Weib,  hundert  Zahre  alt 
2r  mehr:  sie  Fei  lebendig  ins  Grab  gelegt  worden,  und  die 
'lern  hätten  dabei  gesungen:  „Krup  unner,  krup  unner,  de 
is  Di  gram."  So  machten  es  die  Tatern  immer  mit 
l^ n  alten  Weibern,  die  nicht  sterben  wollten.  Und  da  Ontje 
WrinK  alles  so  genau  beschrieb,  als  wenn  er  selber  dabei 
c ® c fcn  wäre,  so  muhte  man  ihm  wohl  glauben. 
^lrp  lachte  am  meisten  darüber.  —  „Die  Tatern  sind 
lua,"  rief  er,  „was  wollen  sie  auch  mit  den  alten  Hexen? 
$  halte  cs  mit  den  jungen  —  die  jungen  sollen  leben!" 
»Wenn  sie  nicht  kratzen!"  sagte  Dode  Frers  bedeutsam 
Ichielte  nach  einer  Schramme  in  Arps  Gesicht. 
...  "®' e  Kratzen  nicht  mehr  —  sie  sind  bald  zahm  wie  die 
aubchcu!"  schrie  Arp.  Dode  Frers  sog  trocken  an  seiner 
false:  „3cf)  meine  nur,  ich  hätte  etwas  gesehn  —  das  may 
tln  Streicheln!" 
Arp  lachte  pfiffig  auf:  „3ch  meine  nur,  ich  hätte  sie  jetzt 
öcr  Tasche,"  und  legte  die  Hand  um  das  Schächtelchen, 
Inh  ,  *hm  gestern  erst  zugesteckt  hatte.  Er  sprang  auf 
lis,  ‘ dn ’ !c  mif  Ontje  Brink  ums  Feuer,  und  sie  sangen 
I  'm  "■ t ' ru P  unner,  krup  unner,  de  Welt  is  Di  gram!" 
er  b  Ln)  umEe  ihnen  den  Rücken  und  wollte  gehen,  da  sah 
uhinncrk  sitzen,  der  leise  vor  sich  hin  murmelte.  Goy 
Lj.;  c  „sich  zu  ihm  nieder  und  lauschte:  „Das  Blut  war 
kai}""  der  Alte,  „das  Blut  war  heiß,  und  jetzt  ist  es 
„Was  sagst  Du?"  fragte  Goy. 
Korthinnerk  sah  auf  und  erschrak.  „Geh  nach  Hause, 
Goy,"  sagte  er  leise,  „Du  hast  einen  weiten  Weg  —  ja, 
einen  ganz  weiten  Weg  —" 
Er  ist  wunderlich,  dachte  Goy,  denn  der  Hartjehof  lag 
nicht  weiter  vom  Dorf  ab  als  die  andern  Höfe.  Aber  er  ging. 
Arp  bezahlte  an  diesem  Abend  eine  Runde  nach  der 
andern  und  trank,  bis  der  Kröger  ihn  unter  die  Arme  faßte 
und  aus  der  Tür  schleifte. 
Es  war  die  Zeit  der  Heuernte,  und  Goy  wurde  von  seiner 
Arbeit  so  müde,  dah  er  die  Nächte  hindurch  schlief  wie  ein 
Baum.  Mitten  am  heißen  Tage,  wenn  der  Schweiß  ihm  in 
Strömen  von  Hals  und  Brust  herniederrann,  schoß  die  Er -
innerung  wie  ein  Vogel  auf  ihn  nieder:  das  braune  Mädchen 
im  grüngoldenen  Busch  —  das  selige  Streifen  im  Kühlen 
Schatten  der  Nacht  —  gab  es  wirklich  irgendwo  ein  Grab 
im  Walde,  oder  tanzte  der  nackte  kleine  Fuß  jetzt  anderswo 
über  die  Erde?  Er  biß  die  Zähne  zusammen,  aber  er  fand 
nicht  Zeit  zu  rasten  und  schob  die  quälenden  Gedanken  bei -
seite. 
Es  war  Sommer  geworden,  und  der  Frühling  war  wie 
ein  bunter  Traum  durch  seine  Seele  gerauscht.  3etzt  war 
das  Dasein  nur  Arbeit  und  tiefer,  todähnlicher  Schlaf. 
Das  andere,  das  heimliche  und  süße,  das  wilde  und  brau -
sende  Leben,  lag  tief  in  der  Stille  zu  gären. 
10. 
Für  Arp  ist  der  Sommer  nur  drückende  Schwüle.  Er 
steht  nicht  mit  draußen  im  Feld  —  sein  Vater  rührt  sich  in 
der  lastenden  Wärme  kaum  noch  vom  Stuhl,  und  wenn  seine 
listigen  Aeuglein  auch  vom  Kühlen  Zimmer  aus  seltsam  scharf 
das  ganze  Gewese  umfassen,  so  spielt  Arp  doch  draußen  un -
gehindert  den  Herrn. 
Wenn  er  nur  wüßte,  was  es  mit  dem  verteufelten 
Knöchelchen  auf  sich  hat!  Es  will  durchaus  nicht  so  gehen, 
wie  er  sich  das  eigentlich  gedacht  hat.  Erst  bei  der  Heuernte, 
als  Hille  und  ihre  Mutter  wie  die  andern  Tagelöhner  und 
kleinen  Heuerleute  auf  den  Wiesen  des  Müllers  mit  halfen, 
gelang  cs  ihm,  ihr  heimlich  damit  über  den  nackten  Arm  zu 
streichen.  Zwar  brannte  im  nächsten  Augenblick  ihre  kleine, 
feste  Hand  auf  seiner  Backe,  aber  seitdem  ist  sie  anders  zu 
ihm,  gewiß!  Nur  ist  dieser  Zustand  noch  schlimmer  für  ihn. 
Sie  lacht  ihn  an,  wenn  er  kommt,  doch  hat  sie  so  ein  ver -
dammt  übermütiges  Lachen,  daß  er  nicht  klug  daraus  wird. 
Er  tappt  wie  ein  Bär  hinter  ihr  drein,  und  er  ist  doch 
ein  stattlicher  Bursch!  Er  ist  stolz  auf  die  Schnallenschuh 
mit  den  Spangen,  und  die  Weste  mit  den  silbernen  Knöpfen, 
sein  Sonntagsgewand  —  jetzt  trägt  er  es  alle  Tage.  Muß 
ihr  das  nicht  in  die  Augen  stechen?  3a  —  sie  kann  nicht 
mehr  widerstehn  —  sie  macht  ihm  ein  Zeichen!  Er  folgt  ihr 
verstört,  und  sein  Herz  hüpft  vor  Freude,  als  sie  in  der 
Scheune  verschwindet,  wo  die  Berge  von  Heu  rechts  und 
links  wie  eine  Mauer  aufgestapelt  sind.  Doch  kaum  tritt  er 
ein,  da  rutschen  die  Masten  herab,  er  steckt  halb  erstickt  in 
dem  würzigen  Haufen,  und  die  kribbelnden  Halme  verstopfen 
ihm  Nase,  Mund  und  Ohren.  Ein  halb  Dutzend  Mägde, 
das  da  beschäftigt  war,  erhebt  ein  gewaltiges  Geschrei  und 
Gejohle  und  gräbt  ihn  mit  Harken  und  Forken  umständlich 
wieder  heraus  —  er  schüttelt  sich  und  prustet,  schnauzt 
wütend  die  lachenden  Mägde  an  und  sieht  sich  nach  Hille 
um.  Aber  Hille  ist  längst  verschwunden. 
Kein  bißchen  kommt  er  weiter  mit  ihr.  Da  schleicht  er 
heimlich  bei  Nacht  zu  Aleil  und  verlangt  nun  endlich  fein 
teuer  erkauftes  Recht.  Die  gibt  ihm  ein  Tränklein  und 
tröstet:  Geduld  —  nur  Geduld.  Das  Knöchelchen  hat  doch 
noch  immer  gewirkt,  er  ist  nur  zu  plump  und  zu  hastig. 
Dann  trägt  sie  ja  jetzt  auch  fein  Haar  auf  der  Brust,  mehr 
kann  Aleit  wirklich  nicht  tun.  Es  war  schon  ein  Stück  Ar -
beit,  ihr  die  drei  rötlichen  Fädchen  anzuhängen  —  Aleit  hat 
sie  unter  einem  Flicken  verborgen,  so  hat  Hille  wirklich 
nichts  gemerkt.  Nur  Geduld  soll  er  haben!  Arp  läßt  ihr 
drei  Taler  und  geht  getröstet  fort  —  sie  wird  es  schon 
machen. 
Er  wartet  und  flucht  —  jetzt  Ist  es  immer  noch  so!  Die 
Heuernte  vorbei,  der  Roggen  eingefahren,  unb  morgen  soll 
Erntefest  sein  —  ihm  reißt  die  Geduld. 
Der  Kröger  hat  wieder  die  Diele  geräumt,  unb  alles, 
was  jung  ist,  bas  trinkt  unb  tanzt.  Heute  holt  er  sein  Glück! 
Wie  Hille  heute  lacht  unb  wie  ihre  Augen  funkeln! 
Arp  schwingt  sie  herum  —  sie  ist  leicht  wie  eine  Feder, 
unb  zierlich  unb  schlank.  Sie  nippt  nur  vom  Wein,  den 
Arp  ihr  bestellt,  er  trinkt  beste  mehr. 
Die  große  Tür  sicht  weit  offen,  eine  letzte  Sommernacht 
wartet  auf  liebenbe  Paare,  und  bas  Dunkel  flüstert  unb 
raunt.  Wo  blieb  benn  Hille?  Da  tanzt  sie  mit  Goy,  unb 
ber  schwingt  sie  bis  an  bie  Balken  empor.  Alles  stampft 
und  wogt,  alles  lacht  unb  juchheit,  unb  der  Tollste  von  allen 
ist  Goy.  Es  ist  etwas  aufgebrochen  in  ihm,  nach  der  gären -
den  Stille  eine  wütende  Lust.  Er  muß  —  muß  etwas  be -
ginnen,  muß  diese  drängende  Kraft,  dieses  stürmende  Leben 
hinausrasen  lassen  in  wirbelnder  Flut.  Er  tanzt  durch  die 
dichtesten  Knäuel  in  unermüdlicher  Fahrt:  die  Mädchen 
kreischen,  aber  sie  haben  es  gern,  je  toller,  je  besser  —  wofür 
ist  man  jung?  Er  braucht  nur  öle  Arme  zu  öffnen,  da  fliegt 
ihm  schon  eine  hinein  —  bann  biefe,  bann  jene  —  ach,  sie 
finb  jung  unb  gefunb,  voll  strotzenber  Kraft  wie  bie  Erde, 
noch  vom  Sommer  burchglüht  —  da  wollen  sie  leben  und 
lachen,  nur  heute,  denn  morgen  ist  alles  vorbei,  und  der 
Winter  ist  lang.  DaS  wogt  und  lacht,  das  glüht  und  fun -
kelt  —  Goy  reißt  nur  in  seine  Arme,  was  selber  schon  fliegt 
—  welche  Lust! 
Arp  sieht  es,  und  eine  Wut  kommt  über  ihn,  daß  er  die 
Fäuste  ballt.  Alle,  alle  drängen  sie  sich  zu  Goy  —  nun  gut, 
mag  er  sie  haben!  Nur  die  eine  nicht,  bie  gehört  ihm!  Die 
hat  er  sich  feuer  erkauft  —  verbammt,  wieviel  Taler  gab  er 
schon  aus,  wieviel  Tage  unb  Wochen  schlich  er  um  sie  herum 
—  unb  jetzt  greift  er  auch  bie!  Unb  Hille  —  wie  sie  strahlt! 
(Fortsetzung  folgt.)