Montag, 23. Mai 1927 53. Jahrgang GB Säuberung Bauleitung Roser Lag in Miet Der EtWiimMtt in der Rordeiiiecdolle alten worden ist Noch nicht er ¬ bet die «Hummer 141 , is j 3 ’ ReMbannerkundgebung für Körsing. EPD^ Görlitz, 22 Mai. Der erste Gaulag deS nieder- schlesischen Reichsbanners Schwnrz-Rot-Golü wurde am Sonn - abend abend mit einem imposant-n Fackelzug einoeleilet. Am Sonntag folgte in der Stadthalle eine große Kundgebung, in der Wiegner, Magdeburg, im Auftrage des Bundesvorstandes, ferner die Kameraden SenatSpräsident Freymuth, Berlin, ReichS- tugSabgeordneter Graßmann, Berlin, und ^ustizrat Som- mer, Görlitz, sprachen. Die Versammlung nahm unter lebhafter Zustimmung folgende an den Oberprästdenten H ö r s i n g und die Arbeiterklasse erobert. Dann betritt, mit Beifall begrüßt, Hermann Müller das Podium und dankt namenS der Partei für den erheben - de« Empfang, den Kiel kotz seiner großen Erwerbslosigkeit Der Kampf um Preußen. kltzW mir m den Sattel bei Preußengaol«, Hochwürde», werd« ich Dich schon können." Eggerstedt heißt namenS der Kieler Parteigenossenschafl, die längst schon organisatorisch dazu gerüstet war, den Parteitag Sm Zeichen des Parteitages der Sozialdemokratie. Am Bombend. Ende einer teutfrtmohenalen Setze. Gegenstück zum Hamburger Polizeiprozeß. SPD. Der frühere Stettiner Polizeipräsident, der Sozial - demokrat Fenner, war vor einiger Zeit vom Schöffengericht wegen angeblicher Beleidigung eines ihm unterstellten Polizei- beamten zu 50 Geldstrafe verurteilt worden. DaS merk - würdige Urteil stützte sich auf eine Bemerkung in den Personal - akten deS PolizeiobersekretärS L a a t s ch, In denen dieser als verlogener Beamter, Intrigant und Hetzer bezeichnet war. 3n der Berufungsverhandlung wurde seht das Urteil der ersten In - stanz aufgehoben und der Polizeipräsident freigesprochen. Eine mehrstündige Beweisaufnahme hatte einwandfrei die Richtig- k e i t der Beurteilung deS Klägers durch seine Vorgesetzten er - geben. Damit ist einer Hetze gegen Fenner ein Ende bereites, die auS rein parteipolitischen Gründen gegen Um geführt worden war. Hinter dem Kläger stand die deutschnationale Partei, In der er eine Rolle zu spielen suchte. AIS Beamter dürfte dieser merkwürdige Polizeisekretär damit endgültig auSgespielt haben. Versammlung der 4000. Einen wunderbar feierlichen Anblick bietet daS Innere * Die Man-EvMeillmg. WTB. Schwerin, 23. Mai. Nach den bisher vorllegen- ten Wahlergebnissen dürften sich die Mandate für den neuen EeaMag voraussichtlich wie folgt verteilen: Sozialdemokraten 20, Kommunisten 3, Demokraten 1 (2?), DolkswohlfahrtSgruppe 2, Linksparteien zusammen 26 (27?), Deutschnationale 11, Deutsch- Mlkische 3, Deutsche BolkSparlei 4, WirtschaslSparlei 5, Na- tiooalsozialisten 1 (0 7), zusammen Rechtsparteien 24 (23 ?). deS Gewerkschaftshause- , . —. ... S a u 1 LöbeS deS treuen EckehardS der 9Irbeiteriuc;c:ib, der t herzliche Worte der Begrüßung zuruft. In Anspielung auf daS eben abgezogene Gewitter spricht er von Donner und BUH, in dem die junge Generation der Weltkriegsperiode heran - gewachsen ist, vom Donner und Blitz, in dem die bürgerliche Ge- rnllschaft ihrem Ende entgegengeht, um der neuen und besseren Welt deS Sozialismus Platz zu machen. preußische Regierung gerichtete Entschließung an: «Der erste niederschlesische Gautag deS Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Görlitz spricht dem BundeSvorsitzenden, Oberpräsidenten Hörsing, sein unerschütterliches Ver - trauen aus. Der Gautag erwartet, daß die preußische Regie - rung daS dem BundeSvorsitzenden Hörsing auch als Beamten zu - stehende Recht der sreien Meinungsäußerung gegen alle Angriffe kräftig verteidigen wird. Gauleitung deS Reichsbanners Echwarz-Rot-Gold, Görlitz. Gez. Hartberg, Graßmann, M. d. R-, Senatsprästdent Freymuth. eS zu einer Wahlschlacht nicht kommen; denn schließlich hat den Besitzbürgerblock zusammengeführt die Angst vor einem Wahlsieg der deutschen Sozialdemokratie. Aber der Tag der Abrechnung wird kommen! Die sozialpolitischen Errungenschaften will der Bürgerblock abbauen, die Besitz st euern berabsetzen und die Minderbemittelten weiter belasten. Diese Regierung wird zusammen bleiben, biS die 4 Jahre der normalen Gesetzgebungt- periode abgeiaufen sind, vor allem, biS ihr E ch u l g e > e h ge - macht ist. In dem Kampf gegen die Konfessionalisierung der Schule werden wir alle freiheitlichen Geister um uns scharen. Wir werden aber diesen Kamps um die Weltlichkeit der Schule unter staatlicher Schuihoheit nicht als Kulturkampf Marke DiSmarck führen. Wir find niemals Feinde der Religion ge - wesen, sondern haben uns nur immer gegen den Mißbrauch der Religion zu politischen Zwecken gewehrt (Sehr richtig!) Nur so können wir die Maste der christlichen Arbeiter gewinnen, die ihrer Klastenlage nach zu uns gehören. Eine öde Kulturpaukerei zur Freude deS Bürgerblocks werden wir nicht treiben, den Ge - fallen tu« wir den Deutschnationalen nicht. Wenn -lese di« Sie Wahl in MeMenvmg. Abermals Aufstieg der Sozialdemokratie. Rückgang der Kommunisten; Absturz der Völkischen. Wirlschafls- «arlei dringt vor. Regierungsbildung schwierig wie zuletzt. Die Deulschnationalen Im Verein mit der gesamten «echten und unter Hilfeleistung der Bolschewisten hakten die Auslösung deS Landtages erzwungen; daS Ziel der Rechten pal eine Mehrheit, die einem Rechlsblock die Regierung pusliefert. Das Ziel wurde nicht erreicht, die Bedingungen « r die Regierungsbildung bleiben fast unverändert, und also ist die Rechte unterlegen. Es haben Stimmen und (in Klammern) Mandate er - hallen: Lozialdemokralie Demokraten Mieter und Sparer slommuuisten Deutschnationale Deutsche Dolksparlei Völkische flalionai ozialifien Wirtschaftspartei Endgültig ist das Ergebnis noch nicht, kleine Ver- inbemngeu sind möglich; eine Meldung verzeichnete auch hereits 21 Sitze für die Sozialdemokratie. Ihrer Stimmen- xmahme würde die höhere Mandatsziffer entsprechen, aber 6a allgemein stärkere Wahlbeteiligung eintrat, gehören zur Erlangung eines Mandats mehr Stimmen. Freilich dürften dann auch für die Kommunisten statt drei nur zwei Mandate herallskommcn. Ueberhaupt dürften bei der endgültigen Verrechnung sich spitze Zahlen ergeben, und darauS^kleine Veränderungen in der Mandatszuteilung. An der Schwie - rigkeit der Regierungsbildung aber wird sich nichts ändern, nnö es bleibt dabei, daß die Sozialdemokratie, die zer - schlagen werden sollte, wiederum den kräftigsten Aufstieg erzielte; darin allein zeigt sich eine dynamische Kraft, die einst auf die Dauer eine demokratische republikanische Re - gierung erzwingen wird. Einstweilen aber liegt als Geröll im Wege die Menge kleinbürgerlicher Existenzen, die ihre letzte Hoffnung auf die Wirtschaftspartei setzen und durch sie lieHeidjt in der Tat bei der neuen Regierungsbildung mit- [predjen können. Ihre Abgeordneten werden die Sozial - fürsorge zu hemmen trachten, die eigentlichen Zünftlerziele sönnen sie jedoch nicht erreichen. Die Partei umfaßt schichten, die die alte Feudalpolltik nicht mehr mögen, Ker sie müssen erst Erfahrungen sammeln und werden dann zur Sozialdemokratie stoßen. Trotz der Wirtschaftspartei werben die Deutschnationalen außerstande sein, die ihnen verhaßten Eteuerordnungen zu beseitigen. 3m ganzen ist das Wahlergebnis wieder ein Beweis von ier dringenden Notwendigkeit de§ Einheits - staates. Immer wiederholte Wahl, bei der nichts her- MSkommt, muß schließlich das politisäze Interesse abstumpfen, öaS aber ist das schlimmste, was Deutschland widerfahren könnte. „Willkommen in Kiel!" grüßt ein breites, farbiges Band, das quer über dem Bahnhof hängt. Schwarz-rot-goldene Wegzeichen mit den Buchstaben SPD. lenken die Schritte der Ankommenden über den Bahnhofsplatz hinweg, am Rathaus und andern öffentlichen Gebäuden vorbei, die alle, wenn auch au5 anderer Ursache, festlich beflaggt sind, bis zu der Straße, die den Ramen des ehemaligen sozialdemokratischen AeichStagsabgeord- neten für Kiel, des unvergessenen Führers der freien Gewerk - schaften, Karl Legien, trägt An ihrem oberen und unteren Ende sind girlandengeschmückte Ehrenpforten errichtet, auf denen rote Fahnen wehen. Ein mächtiges rotes Banner macht das in dieser Straße gelegene Parteitagslokal, das GewerkschaftShauS, schon von weitem kenntlich. Dor feiner auch sonst reichlich deko - rierten Vorderseite drängen sich Menschenmassen. Immerwäh - rend treffen Delegierte und sonstige Parteitagsbesucher ein. Im Innern des HauseS herrscht lebhafter Verkehr. Einige Kon - ferenzen, so die der Parteiredakteure und die des Parteiaus- schufseS, sind schon im Gange. Große Bewegung entsteht, als gegen 0 Uhr Die Hamburger Arbeiterjugend eintrifft. 3m Nu ist die ganze Legienstraße von einem brausenden, singen - den Menschenstrom erfüllt. Alle Fenster sind besetzt. Vom Balkon deS GewerkschastshauseS herab erschallt die kräftige Stimme ES ist, so führte er auS, unS in schwerer Zeit gelungen, Neu - land für den deutschen Wiede raufbau zu schafien. ES hat in manchen Tagen nicht viel gefehlt, daß es den siegreichen Enfentemilitaristen noch gelungen wäre, Deutschland zu zerreißen. Den deutschen Arbeitern und Angestellten ist ej in erster Linie zu danken, wenn daS Resireich, das unS im Weltkriege verblieben ist, für die Freizügigkeit der gesamten deutschen Arbeiterklasse erhalten worden ist. Noch nicht er - reicht ist der Anschluß unserer österreichischen Brü - der Doch wir haben den Sieg der österreichischen Sozialdemo - kratie vor kurzem gefeiert wie einen deutschen Sieg (Sehr wahr!) Möge dieser Sieg der Vorläufer sein für den Sieg, den wir 1928 über den deutschen Besitz- bürgerblodt feiern werden. (Bravo!) D o t 1928 wird gaerfteöt heißt namenS der Kieler last schon orcmnisatorisch dazu gerüstet zu empfangen, die Gäste und Delegierten willkommen. Der Geist Karl LegienS, der, getragen von dem Willen zur Macht, in nüchterner Realpolitik und ruhiger Selbstsicherheit Schritt für Schritt gemeinsam für die Arbeiterklasse zu erobern trachtet, lebt in der Kieler Arbeiterschaft. In diesem Sinne haben wir uns bemüht, die Politik zu gestalten, und unsere Bewegung beweist, daß Politik in diesem Sinne keine Entfremdung der breiten Schichten zu bedeuten braucht. (Sehr wahr;) Trotz des starken agrarischen Einschlags zählen wir In Schleswig-Holstein bei iy« Millionen Einwohnern 47 000 Parteimitglieder und trotz großer Erwerbslosigkeit in Kiel bei 200 000 Einwohnern 11000 Parteimitglieder (Bravo!) Das Fundament unserer Partei steht fest im Volke (Sehr wahr!) Von der Ju - gend, die unter freieren, besseren Verhältnissen groß wird, er - warten wir, daß sie unser Werk vollendet, denStaatfürdie Scharf wurde die Stimmung, als Abramowitsch (Ruß land) von den Schrecken sprach, die der angebliche Arbeiterstaat Rußland über die Sozialisten dieses Landes gebracht hat. Der laute Beifall war eindrucksvolles Gelöbnis der Treue für die kämpfenden und leidenden Genossen in der Verbannung und im Kerker. Brake (Frankreich) sprach mit der hinreißenden Kunst und Leidenschaft, die den Franzosen auszeichnet, und als feine fran - zösisch gehaltene Rede vom Genoßen B r e i t s ch e i d ins Deutsche übersetzt wurde, kannte der Jubel keine Grenzen. Mit dem Ruf: „CS lebe dieDeutsche Republik, die von Arbeitern geführt — eS lebe dieDeutfch-sranzösischeVerbrüderun q!" schloß Brake. a Eisele (Oesterreich), stürmisch begrüßt, sprach mit Feuer von der Zeit, da der Parteitag der deutschen Sozialisten auch der Parteitag der österreichischen Sozialisten fein werde. Die Be - geisterung der Menge wuchs inS Unendliche, als er von den stolzenSiegenderösterreichischenPartei und deS roten Wiens erzählte. Und dann — zum Schluß kam Severing. Brausender, nicht enbenmollenber Jubel empfing diesen bestgehaßten Feind der Reaktion, der kurz und scharf den Mächten der Vergangenheit den Kampfruf entgegen- schleuderte. Er gedachte der Matrosen von Kiel, die 1918 der Herrschaft eines Deserteurs ein endgültiges Ende bereitet batten, er gedachte drohend des Bürgerblocks, dem et ein böses Ende vorauSsagte, er gedachte der kommenden Kümpse. ,.LS ist eine Lust zu leben." Dann erzählte er vom Stahlhelm, Wiking und Mehrwolf, vom Iungdo und den schwarzweißroten Reiteroereinen. Drohend rief er auS: Packt Sure Pferde auS, sattelt sie gut — halte sie wohlbereit — Reiter werden wir. Brausende Hochrufe, endloser Beifallssturm fegte über das weite Feld, über dem auf einem Male die Sonne schien. So nahm die Kundgebung ihr Ende. Ae Adjiblußku dgebung vor dem RatkauS. Allmählich klärte daS Wetter auf, die Sonne verlieh den fetzten Nachmittagsstunden goldigen Glanz. Nicht nur unmittel - bar vor der Messehalle, auch in den Zufahrtsstraßen und am Rande deS unweit der Halle liegenden städtischen ParkS wogte eine nach Tausenden zählende Menge auf und ab, umsäumte die Straßen, um die zurückziehenden Züge zu sehen. Kiel stand ganz unter dem Eindruck öeS Parteitages! Der Abend sah die Massen Im Zentrum der Stadt auf dem vom RathauS, Stadttheater und dem schönen Kleinen Kiel be - grenzten Neumarkt Wieder rückten die Züge, trotz der er - heblichen Anstrengungen der letzten Stunden in straffer, muster - gültiger Haltung heran. Ein Meer von Fahnen flutete über den Markt Den ParteitagSdelegierten, die vom Balkon deS Rat - hauses den Aufmarsch beobachteten, bot sich ein herrliches Bild. Gegen 8% Uhr betraten Mitglieder deS Parteivorstandes den Balkon des dem Rathaus gegenüberliegenden StadtlheaterS. C r i f p i e n spricht. Hell und klar hallt seine Stimme Über den Platz. Kurz und knapp umreißt er die Ziele der Sozialdemo - kratie, betont stark die Gegenwartsaufgaben und läßt seine An- spräche in ein dreifaches Hoch auf den Sozialismus ausklingen. Begeistert stimmen die Masten ein Mächtig hallt eS über den weiten Platz und über die umliegenden Straßen hinweg, selbst noch den Hotelgästen in abgelegenen Straßen vernehmbar. Ein grandioser Abschluß der Eröffnungsfeier — ein glück - hafter Auftakt für den Parteitag! Als die Hamburger Arbeiterjungens und Mädels unter dem Gesang des Soziallstenmarfches abgezogen sind, staut sich die Menge der herbeigeströmten Kieler Bevölkerung noch längere Zeit vor dem GewerkschaftShauS. in dem inzwischen der „Bunte Abend" begonnen hat, zu dem der Andrang so groß ist, daß viele keinen Einlaß mehr finden. Man hört daß die Darbietun - gen ernster und heiterer Art, an der sich auch einige prominente Parlamentarier als VortragSkünstler beteiligen, großen Beifall gefunden haben. Der Emvmng am Sonnlas. Schon der frühe Sonntagmorgen bringt Bewegung in das Kieler Strahenbild das viel mehr als es sonst in den rtagungS- (tätten der Parteitage der Fall war davon zeugt, daß hier die Vertreter der deutschen Sozialdemokraten zur Tagung weilen. Es sind diesmal nicht nur die Delegierten, die eintreffen, sondern auS dem ganzen Bezirk marschieren Männer und Frauen mit dem Parteitagsabzeichen an, um die Sröffnungsfi.jung zu einer Ä Kundgebung für die deutsche Sozialdemokratie zu machen. ngt und fingt eS durch die Straßen, vom Bahnhof bis zur Legienstraße, nicht nur auf den Hauptstraßen, sondern durch die Organisation deS Anmarsches auch in den Wohnstraßen bei Kieler Innenstadt. „ _ Aus den größeren Orten deS Bezirks treffen die Genossen und Genossinnen in großen, geschlossenen Zügen ein, so besonders aus Flensburg, Schleswig und Neumünster. Allgemeine Auf - merksamkeit aber erweckt der Zug der Senosten aus Altona, Wandsbek und Hamburg, die in aller Frühe mit einem Sonber- lug eingetroffen finb und nun mit vielen Fahnen und klingendem Spiel durch die Stadt zum GewerkschaftShauS ziehen. Hier be - grüßt P a u l L ö b e sie mit einer Ansprache vom Balkon des HauseS aus. Der prächtige Aufmarsch bet Senosten aus bem Sübcn her Provinz zeigt, wie fest ber sozialistische Öebanke dort verankert ist. Die Kommunisten die so oft von ber Sogialbemo- kratie als von einer Bourgeoisiepartei sprachen, könnten an diesem Aufmarsch sich überzeugen, daß eS die Arbeiter- mass e n sind, die zu unserer Partei stehen. Ein donnerndes Hoch auf die Sozialdemokratie antwortete bem Rebner als Treubekenntnis ber Versammelten. Sie Su-end marschiert! Der ‘Parteitag im nördlichen Teil ber beutfeben Republik ist diesmal nicht Angelegenheit eines Ortes, nein, bet ganze Be- tirk fühlt sich als Tagungsstätte Aus ganz Schleswig-Holstein, auS Hamburg, au5 Lübeck flnb bie Solbaten bet Partei ge - kommen. Ihnen voranrnarschiert ble Iugenb am Sonnabend, in ber Frühe des Sonntags rücken sie an, um bann am Vormittag einem Ziel zuzustreben. Sie marschieren nach ber Krusenkoppel, brauhen an ber Föhrbe, nach den kleinen Hügeln über dem Wasser. Sie marschieren und singen. Ueber die Villen der vor - nehmen Gegend fällt gedämpftes Lickt, in ihre abgeschlossene Ruhe hämmert plöhllck Marschmusik, hämmert Rhythmus, häm - mert Takt und Kampfbereitschaft. Die Jugend bat sich an den Hügeln gesammelt, auf den Wiesen, an den Mulden, hinter den Kulisten deS Laubwaldes. Unter ihr, auf ber Föhrbe, liegt ein Linienschiff. ES steht mit ber Spitze gegen daS offene Wasser. Vor ben Hügeln deS jen - seitigen FöhrdeuferS wieber bie großen Kräne unb bie Anlagen ber Werften. Im Grünen haben die jungen Menschen ihre roten Fahnen in die Erde gesteckt. Spiel unb Tanz um die roten Fahnen in Erwartung der anmarschierenden Kameraden. Spiel und Tanz. Aber eS endet bas Spiel, eS endet ber Tanz. Kleine Trupps rücken heran, orbnen sich, singen. WaS singen sie auf den be- arünten Hügeln über den Kriegsschiffen? Sie singen das Lied vom letzten Krieg: „Vorwärts, du junge Garde des Proletariats!" Dann ist sie aufmarschiert die junge Garde des Proletariats. Man hört Ihre Lieder, man sieht ihre Fahnen leuchten, man sieht ihre jungen Gesichter. Sammlung unter dem Wald roter Fahnen. •Daul Löbe spricht, Luise Schröder hat daS Wort. Sie foreeben aber nur über das, wa« im Herzen der Jugend brennt, sie sprechen nur das auS, wovon gesungen wird: „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit!" Vorher ein Sprechchor: Eine Mauer von Jungen und Mädchen, eine tönende Mauer. Im rhythmischen Auf unb Ab ber Worte, auf unb ab wie Ebbe und Flut, ein Gedicht von Richard Dehmel. Dann Auslösung und Abmarsch ber jungen Menschen in die Stadt, die sich gerüstet hat, um den Parteitag ber Sozialdemokratie zu eröffnen. Auch daran wollen sie teilhaben. Dir MaAnkundsrbung vor der Mrsirhaüe. In den ersten NachmittagSstunden füllten sich die Straßen Kiels von Einheimischen und Gästen, die sich auf den Weg machten, an der großen EröstnungSkunbgebung vor ber Messe - halle teilzunehmen. Von allen Seiten strömten die Genossen auS Kiel und ber Provinz zusammen. Von vier verschiedenen Sammel- »i au5 zogen sie bann mit Gesang unb hlingenbem Spiel burch ohnsiraßen Kiels, bie besonders in den Arbeitervierteln präch - tigen Fahnen- und Girlandenschmuck zeigten, nach der gewaltigen Messehalle (Norb-Ostsee-Halle) an ber Gulenbergstraße. Tausenbe von Gesinnungsfreunden begleiteten bie Züge unb so versammelte sich, bem niederträchtigen Regen unb bem grundlosen Morast zum Trotz vor der Riesenhalle eine gewaltige Mensckenmasse, um auf diese Weise an dem großen Fest ber Parteitagseröffnung teilnehmen zu können. Es war ein schöner würbiger Gedanke ber Fest- iciUug, der Majje rhr Recht aus Le.u.ahme unb Mitwir - kung derart zu sichern, ein Gedanke, wer, bet Nachahmung unb Vertiefung auf allen Feiern unb Kongressen, bie bie große Sojialbemokratie DeutschlanbS, ihre Funktionäre, Führer unb Dertreier zu ernster Arbeit beisammen fleht. Vertreter, Führer und Maste gehören zusammen, bas war der Gedanke, der bie Kieler gestielter leitete, als sie bie Masten zur Parteitagseröffnung zusammenriefen. Musik unb Ehöre der Innenveranstaltung und auch die Be - grüßungsrede deS Genosten Eggerstedi wurden durch Laut - sprecher nach außen übertragen. Dann betrat Scheibemann, von ben Masten jubelnd begrüßt, die Tribüne, um in weiihin- hallenoen Worten die Ver ammelfen zum großen Werke ber Derstänbig ung unb Versöhnung auszurufen. Ver - ständigung und Versöhnung mit allen Völkern ber Erbe, Ver - ständigung unb Versöhnung aber auch im Innern. Wir brauchen bie Einigung zwischen Preußen unb bem Reick, zwi'cken Reich unb Hamburg, wir brauchen bie einheitliche Marjchlinie aller Sozialdemokraten, bie einheitliche Front des Proletariats, die Einigung ber Arbeiterklasse unter Führung ber Sozialbemokratie. Genossin Kalnin iLettlanb) begrüßte bann mit feurigen Worten besonbers bie Reichsbannerleuie, bie es beutlich zeigten, wie ernst es bem beutschen Arbeiter mit ber Abwehr beS Faschis - mus sei. Der Fasckismus sei die internationale Gefahr, die Inter - national bekämp : werden müsse und daher freue sie sich, bie brüberlidjcn Grüße des republikanischen Schutzbundes Lettland zu Überbringern Ein lebendiger Beweis für bie Richtigkeit ber Worte, bie bie Genossin Kalnin gesprochen hatte, war ber italienische, im Exil lebende Genosse Aiobistini, ber in flammenben Worten bie Arbeiter zur Abwehr, zum Kamps, zur Auflehnung gegen ben internationalen Faschismus aufrief. Nur die Demokratie bringt ben Sozialismus, nur bie Freiheit ermöglicht ben Sieg des Proletariats. Nieder mit dem Faschismus. Genoste C z a f i n f k i auS Polen versicherte leidenschaftlich, baß nichts bie Arbeiter Polens vom beutschen Volke trenne unb forderte bie Versammelten auf, einig zu fein im Kampf gegen Nationalismus unb Chauvinismus. geräumigen Nordostfeehalle bar, als am späten Nachmittag -Delegierten zum Eröfsnungsakt in sie einziehen. Auf der Bühne haben sich baS Städtische Orchester unb die Sänger aufgebaut. Dorn ist nur ein schmaler Raum für Vorstanbstisch unb Redner - pult geolieben. Schlichte Feldblumensträuße zieren ben Tisch. Im Hintergrund steht ein dichter Wall von Parteisahnen. Darüber schaut daS lebensprühende Bild Karl Legiens in den Saat Aus der gegenüberliegenden Tribüne und im hinteren Raume des Saales, soweit er nicht von den -Delegierten eingenommen ist, drängt sich Kopf an Kops bie Zuhörerschar ber schleswig-holstei - nischen Parteigenossenschafl. Ein helles Trompelensignal reißt bie Herzen empor. Dann fluten mächtig unb melodisch bie Klänge ber Ouvertüre „1812" von Tschaikowsky burch ben Raum. Eine Sängerschar leitet über zu den Begrüßungsreden. SMIMftlwe Feme. Keudells getreue Agrarier und Offiziere. DaS Ehrengericht des Vereins der Offiziere deS ehemaligen ftönigl. Preußischen (Brandenburgischen) Dragoner-Regiments Nr. 2 hat über ben ehemaligen Leutnant v. Tresckow folgen- ben Spruch gefällt: „Der Leutnant a. D. Hasso von Tresckow Ist schuldig der Ver - letzung der StandeSehre mit Beantragung des Ausschlusses aus dem Offyiemrein. Hasso von Tresckow, Mitglied des Iungdeutschen Ordens, wurde von Großgrundbesitzern um Herrn v. K ende 11, dem jetzigen Reichsinnenminister, gesellschaftlich verfemt, weil er bie Treibereien bet RechiSputschisten in ber Neumatck feiner Orbensleitung mifgefeilt hatte. Der Reichskanzler Marz hat ihn unehrenhafter Haltung beschulbigt, ohne daß er einen Beweis bafür belhringen konnte, nur um v. Keube11 zu hatten. Die gesellschaftliche Feme gegen Herrn von TreSckow, ber Herr Marx burch seine nicht zu rechtfertigenbe Haltung neuen Auftrieb gegeben hatte, geht fort Tresckow soll niebergebrochen werden. bereitet hat Er hebt die Bedeutung Kiels hervor, indem er sagt, daß Kiel ein Schreckenswort für alle geworden fei, bie noch am alten hängen, weil eS daS Signal zur beutschen Revolution gegeben bat Auch im weiteren Verlauf bet Rede, die nur zu lang gerät, weil sie schon in bie parteilaktlschen Debatten, bie diesem Parteitag daS Gepräge geben sollen, hineinführt, gelingt es bem Parteivorsihenben, manch treffendes Wort zu prägen. HamburgerEcho »—«burta** <£, ^00 (eini»Neklt Zeile» Sfe, b^vÄÄ'. ÄX-ÄWZ. XÄjmilüUtM VewtllV 1 die Zeile 10 MliSnlen Me3«iUMVt «esu». Jesu 3.S0«. ® 1 "* MlantttraSe 11,1. Hernsvrechee: sS.2> Lide ISN und 1SM. HF W W -Unytgen muffen ttn eorau# ober lefort Hiablt »erben. «^‘"."m^tHtber Vebatteut: ,ei,»»annahm« zehiaudstr.il (Kernspr.t Elbe 1S«>, Sochpari. (»u ® e r 6 n hhrna • Äeblaitbftra fle 11, Srdgeich. Kernsprecher: 2 Llbe6S20. wCgiunPCl K O < ö «Uhr abend» für den folgende» Zeg), in den Filia en (dir 8 Ahr» unt ^Admckereiköntor: Fehlandstr. U, 1. Fernspr.: lA»2) 61b« 6620 u. 6621. tn allen Annoncenbureaus Platz» und Datenvorichrtsten unverbindlich Zentrum fleht zur yrMWen Mtion. Der preußische Zentrumspartettag nahm noch die folgende Ent- tilUßung einstimmig an: „Der dritte preußische Parteitag nimmt Kenntnis von den Adellen der ZenfrumSfraktion deS Preußischen Landtags. Er ^®*Sf die Haltung der Fraktion in jeder Beziehung und dankt insbesondere für ihre Politik in den Fragen der RegierungS- hilbung, des Konkordats, des FöderativgedankenS und der Schul- Sozialpolitik. Der dritte preußische Parteitag spricht der 3enlrumSfraktion des Preußischen Landtags vollstes Vertrauen aus. Bemerkenswert ist, daß der Delegierte Josef Schmidt * ,ä Fulda betonte, eS sei notwendig, den industriellen Arbeiter zur Mitarbeit int Staat heranzuziehen. Er stellte M die Frage, ob es notwendig sei, daß für militärische Blarinezwecke derart große Summen bewilligt 8ttfien müßten unb baß dadurch die sozialen Ausgaben, We die Fragen einer großzügigen SiedtungSbewegung per- jgf werden. 1927 1926 1924 121 196(20) 8 715 (2 9 848 (1) 111 404(20' 8475 (2j 7 287 (!) ) 108 526 1 18 040 14 678 (3) 18 463 (3) 19812 67 804(11) 23 754 (4) 63 237(12) 91695 23 430 (4) 33 495 17 231 (3) 5 473 (0) 32 496 (5) 26160 (51 4 607 (OJ 16 146 (31 1 — | 45835 1 7 464