XS4 Ausgabe A HamburgerEcho Preis 15 4 « tlni*lgcnpr«l[6 verstehen sich In «eichtmark: die IS gespaltene Hoi* -HamburgAltonaerDolksblatt Gegründet 1875 SsnnavenS, 16. Juli 1927 summet 194 53. Jahrgang Spontane Empörung itt Wien Btnttge Folgen -es S«Hntten-orfer SGun-urtetts q 'S Irr Entwurf deß neuen RMMMMrs I! II' Kindern eines bestimmten Bekenntnisses, ein- Der Aerger hinter einer Maske, der Maske eines biederen Bon Henry Poulaille. 16] Man hat die Kanonen abgeschossen und die Glocken ge ¬ betn und . Alles wird anders werden. Es wird anders werden der ,Das hindert mich nicht beim Marschieren . Ein 6 Man trat bei einem Weinhändler ein. Man hatte nicht einmal die Verlegenheit einer Mahl, i! be- Zu- Wohlwollens, obgleich sie fast alle büchst unangenehm rührt waren, weil die Zeit der großen Militärausträge gleich mit dem Kampfe zu Ende war. Haut. Man hat das Fleisch weggeschnitten, weil man Brand befürchtete." „Du verstehst, man kann noch froh sein, daß es beizeiten weggeschnitten worden ist. Ich ziehe die Pfote ein wenig nach, aber das hindert mich nicht beim Marschieren." Zugleich ließ er die Augen über die auf den Schanktisch geneigten Köpfe streifen. Frauen sind dabei. Vielleicht haben sie ihn angeschaut — da möchte man den Eindruck feWellen! Befriedigung der Eitelkeit. Eine der Frauen hat gelächelt. — Da lächelt auch er mit verständnisvoller Miene und denkt an die Anspielung. Da ging's heiß her. Dort wurde ich verwundet." „Hier, fleh . . . mein Bein." Und die Geste folgte Wort, unterstrich es. Der Mann streifte die Hose über dem Bein auf zeigte eine Narbe. „Da, faß mal an . . . die Narbe, das Loch unter t. 5 i a t, le llt gl neues Lächeln. Dann fährt er fort, seine Abenteuer zu erzählen, erst Kriegserlebnisse, dann Hospitalerinnerungen. Der Krieg und die Liebe vermischen sich in zweideutigen Sähen, um der Einbildungskraft freies Spiel zu lassen. Der kleine Soldat hebt sein Glas und ttinkt. „Gesundheit!" „Gesundheit, mein Kerlchen." Der Mann fährt fort, indem er seinen Militärausweis zeigt: „Sieh her, es ist keine Redensart, verstehst Du! Hier steht's schwarz auf weiß . . . Dienstuntauglich! Penflons- berechtigt... Oh! wenn man nur die Pension zum Leben und zum Freffen hätte! Aber sie deckt nur die Nebenkosten!" Dann, ohne Uebergang: „Wirt, noch einen." Und auf sein Thema zurückkommend: „Ist nicht schade, daß man Schluß gemacht hat. Wär' schließlich keiner mehr geblieben. Man hätte nicht für alle da fein können . .." «ueatttom Fehlandstrah« 11,1. Fernsprecher: (9.2i Elbe 1691 und 1693. Deraniwvrtiicher Redakteur: Paul tBugdafm, »Ilona. Buchhandlung: Fchlandstraßc 11, Lrdgesch. Fernsprecher: stz. 2) Stbt 6620. Buchdruckereikontor: Fehlandstr. 11, I. Kernfpr.r (6.2) Lid« 6620 u. 6621. M ll itl 1 0'1 verwandt, wenn die obersten Stellen der zuständigen Religions- grsellschaften dies gegenseitig anerkennen. Me dekenntnisfreie Schule ist für solche Kinder bestimmt, die entweder keinem Bekenntnis angehören oder nach dem Willen der Erziehungsberechtigten vom Religionsunterricht abgemeldet sind und nicht an der Ge- Nun ist's so weit Frieden, na ja, . . . ii parelllezeile 43 Pf. Privat« Farnilienanreigen 30 Pf. Stellen - angebote 35 Pf. «tellengefuche 25 Pf. Rktiu Anzeigen bis 9 Zellen die Zeil« 30 Pf., 10 bl« 15 Zellen die Zelle 35 Pf. Reklamezeil« 3.50 Mk. Anzeigen müssen im voran« oder sofort bezahlt werden. Vtaj*tgcnantu>6m« Fehlandstr. 11 (Fernspr., 316« 1694), Lochpart. (Mi «Uhr abends für den folgenden Lag), In den Filialen (bi« 3 Uhr) unt ht allen Annoncenbureau«. Platz- und Datenvorschriften unverbindlich Aufruhr und Feurttbrunft. SPD. Wien, 15.3nü. (Eigener Drahtbericht.) Der Freispruch der Ardeitermörder von Schattendorf hat in der Wiener Arbeiterschaft ungeheure Empörung hervorgerufen. Die Arbeiter traten in den Betrieben zu Beratungen zusammen, das Personal der städtischen Straßen- und Stadtbahn legte um 8 Uhr morgens den Berkehr still. Line Reihe von Betriebs - versammlungen beschloß, sofort die Arbeit niederzolegen und vor das Parlament und das Rathaus zu ziehen. Die Sozialdemokra - tische Partei hat keine Parole zu Demonstrationen oder sonstigen Aktionen ausgegeben. Gegen 9,30 Uhr sammelte sich eine Riesendemonstrallon vor Lem Parlament, die eine Abordnung in das Parlament entsandte, um gegen das Urteil zu protestieren. Inzwischen erschien ein Trupp berittener Polizisten, der ohne ausreichenden Grund de» Versuch machte, die Straße vor dem Parlament von Demonstranten zu räumen. Die Menschenmenge, die sich fort - gesetzt verstärkte, leistete Widerstand. Die Polizei erhielt Verstärkungen aus allen Stadtteilen; dem gewaltsamen Vorgehen der Wachleute wurde gewaltsamer Widerstand entgegengesetzt. Nun machte die Polizei, da ihre Führer die Sicherheit chrer Truppen gefährdet glaubten, von der Waffe Gebrauch. Es wurde mit Säbeln eingehauen, da aber die Masten immer noch nicht wichen oder auch bald wieder zurückkehrten, und da die Stimmung immer gereizter wurde, fielen auch Schüsse aus den Pistolen der Polizei, durch die Demonstranten ver - letzt und eine noch nicht feststellende Zahl sogar getötet wurtie. Da unter den Masten sich die Meinung rasch verbreitete, daß die Polizei aus dem Iustizpalafi geschaffen habe, wurde dieses gewaltige Gebäude, in dem sich die Obersten Gerichte befinden, gestürmt. Diele Akten wurden in die Vorhalle geschleppt und ein großer Scheiterhaufen daraus errichtet, der angezündet wurde. Das Feuer griff rasch um sich, da eS an den Holzmöbeln, Tuch- belägen »sw. Nahrung fand, so daß der Iustizpalast zur Stunde ein Feuerherd ist, ja sogar bis unter das Dach in Flammen steht. Die rasch Herbeigeeille Feuerwehr konnte die Löscharbeit nicht aufnehmen, da sie von Demonstranten behindert wurde, nahe geimg an den Iustizpalafl heranzukommen. Der Nationalrat ist augenblicklich nicht versammelt, wenig - stens nicht zu einer Vollsitzung. Der sozialdemokratische Parleivorstand ist inmitten des Sturmes auf der Ring - straße im Parlament zusammengelreleu und hat sich sofort mit der Bundesregierung und dem Polizeipräsidenten in Verbindung gesetzt, mit dem Ergebnis, daß die Polizei aus dem Kampfoiertel zurückgezogen worden ist und starke Abteilungen des Republikanische» Schutzbundes und uniformierte Straßenbahner den Ordnungsdienst in der Gegend bei Parlamentes übernommen haben. Man hofft, durch die Entfernung der Polizei, deren An - wesenheit die Demonstranten nach dem Borgefallenen noch mehr erregte, der Wiederherstellung der Ruhe nahezukommen. Seneralstrejk der Wtebnhiicn? Nach einer Meldung des Berliner Tageblattes aus Salz - burg soll für das gesamte Personal der österreichischen Bun - desbahnen am Freitag abend der Generalstreik angeordnet worden sein. Seit Mitternacht sei der gesamte Bahnverkehr stillgelegt. Andere Meldungen besagen, daß auch der Durch - gangsverkehr durch Wien unterbunden ist. Der Orient- Expreßzug verkehre nur bis Preßburg und werde von dort auf Umwegen nach Paris weitergeleitet. Nach Meldungen, die aus Prag vorliegen, soll der Vor - stand der österreichischen sozialdemokratischen Partei sich entschlossen haben, eine Deputation zum Bundeskanzler Dr. Seipel zu entsenden, um ihn zum Rücktritt aufzufordern. Von sämtlichen Wiener Blättern erscheint nur die Arbeiter - zeitung. 40 Todesopfer in Wien? Nach einer Meldung der Bossischen Zeitung aus Wien er - klärte der Chefarzt der Wiener Freiwilligen Retlungsgesell- schaften, daß nach seiner Kenntnis die Zahl der Opfer bisher 40 Tote und 200 Verwundete beträgt. Der Brand im Justiz- palast, so meldet das Blatt weiter, hat seinen Höhepunkt erreicht. Das ganze riesige Gebäude ist ein einziges Flammenmeer, über das die Flammenzungen 20 Meter hoch zusammenschlagen. Eine gewaltige Rauchwolke bedeckt den Himmel. Die Morgen- zeitungen werden nicht erscheinen können. Der Bahnverkehr auf SPD. W i e n, 15. Juli, 3 Uhr nachmittags, (eigener Draht - bericht.) In der Menge, die den brennenden Iustizpalast umgab, hörte man plötzlich den Ruf: „Zu den bürgerlichen Zei - tungen, die sind an allem schuld, die sollen für Schattendorf büßen!" Einige Gruppen lösten sich aus der Menge, die den Justiz- palast umgab, und zogen zu der christlich-sozialen Reichsposi, — Die Kanone . . . — Das ist die Kanone deS Friedens , . . . . . Es ist Waffenstillstand ... Der Uff - . . ii >■ denn man dachte gar nicht daran, zu wählen, der erste war der beste, man e trat bei dem ersten ein. Fünfzig Personen tranken, schrien. Uederall hörte man die gleichen Geschichten, die gleichen abgeschmackten Ruhmredigkeiten. „st ch war in Lraonne. T. an dem berüchtigten Tage . . . Du weißt ja, während der Offensive vom 16. April. Weg mit Schober! WTB. München, 15. Juli. Nach Meldungen, die unmittelbar vor dem Abbruch der telephonischen Berbindungen hier eingegangen sind, haben heute nachmittag Verhandlungen zwischen Bundes - kanzler Seipel und einer Gewerkschaftskommission staltgefunden, in denen letztere den Rücktritt des Polizeipräsidenten Schober for - derte. Der Brand des Iustizpalastes soll soweit vorgeschritten sein, daß mit der Zerstörung der Hälfte des Gebäudes zu rechnen ist. läutet. Man hat geflaggt, und die Sonne ist mit beim Feste. Eine schöne, milde Sonne. Ah, was für ein schöner Nach - mittag! Er hatte etwas vom Hauch eines Sonntags, eines Sonntags zwischen den Sonntagen, unerwartet, obgleich so lange erwartet. Das kam daher, daß man nicht mehr zu glauben gewagt, weil man zu viel gehofft hatte. Und doch war er gekommen! O, dennoch war eigentlich nichts so sehr verändert! Die Frauen, die ihre Gatten in den Linien, in der Etappe oder sogar in der Kaserne, fern von der Gefahr, gehabt hatten, waren noch von ihnen getrennt, und einige blieben es für immer . . . weil sie feit dem letzten Briefe Witwen gewor - den, ohne daß man die Zeit gehabt hätte, sie davon zu be- nachrichttgen. Ein großer Jubel herrschte. Die Leute lächelten sich im Vorübergehen an, als hätten sie sich seit jeher gekannt, und man bewirtete die Soldaten, weil es auch eine Freude ist, zu frinhen, man sprach mit ihnen gemütlich vom Kriege. Jeder hatte seinen Soldaten. S i c ließen alles mit sich geschehen. Man zahlte für sie, und sie hatten nicht nötig zu reden. Uebrigens hatten sie genug damit zu tun, zuzuhören. Es ist erstaunlich, wie leicht man spricht, wenn man zu - frieden ist. Es bringt hervor wie Wasser, es rinnt wie aus einer Quelle. Unb alle waren zufrieben. Hoffnung... Die Hoffnung schwellt plötzlich alle Herzen. Alles strömt von Hoffnung über. Das Leben war auch zu furchtbar gewesen. Er hatte keinen Maßstab mehr gegeben! . . . Endlich atmete man auf. Der Alpdruck war vorüber. Dec Friede kam: fünf Kriegsjahre hatten ihn gezeugt. Er kam. Schon hatte er fein Haupt gezeigt . . . sein Haupt erhoben . . . und rettete auch jetzt noch ein paar Millionen armer Kerle das Leben. liebes Auge spiegelte die Freube wiber. Däs war ein Festtag, der den Frieben wiederbrachte. Kaum sprach man noch bas Wort „Friede" aus, es war wie hinter den Worten verborgen, aber es war doch der Friede, man schlug sich nicht mehr. Man hatte begriffen, daß es vorüber war. 3n allen Fabriken hatte man die Arbeit eingestellt. Die Arbeiter waren hinausgeströmt, wie wenn sie plötzlich das Bedürfnis fühlten, sich zu sammeln, um die Bedeutung der glückhaften Neuigkeit voll zu empfinden. Die Arbeitgeber hatten es zugelassen, ein wenig ärger- lid) über diese Unterbrechung. Aber was hätte es genützt, f* c Zu verhindern! Sie wären ohne Lust bei der Arbeit ge - blieben und hätten alles verdorben. Also, dachten sie, wäre es besser, sie gehen zu lassen, unb sie versteckten ihren der Süd- und Wefibah» ist noch immer unterbrochen. Etraßeubahnverkehr ist eingestellt. * „Rache für Schattenborf." Die Schuld der bürgerlichen Presse. gewesen sind, die die Echuldfrage des Gerichts verneint unb die offenkundig des Mordes Uebersührten freigegeben haben. Die Hauptfrage, die die Geschworenen zu beantworten hatten, lautend auf das Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit, begangen unter besonders erschwerenden Umständen, wurde mit 9 gegen 3 Stimmen für die Angeklagten verneint. Die erste Eventualfrage auf das Verbrechen der schweren Be - schädigung wurde für alle Angeklagten mit 6 zu 6 Stimmen verneint. Die zweite Eventualfrage auf Vergehen gegen die körperliche Sicherheit wurde ebenfalls verneint. Hier wendet sich mit grausiger Deutlichkeit die ehemals revolutio - näre Errungenschaft des Geschworenengerichtes gegen die Arbeiterklasse, unb es ist beinahe tragischer Zusammenhang bet Umstänbe, baß bis Arbeiterzeitung in Wien erst neulich noch beim Freispruch bei Frau Grosavescu bei aller Kritik bes Freispruches bas Geschworenengericht oerfeibigfe. Ge - wiß muh sie sich heute sagen, man wirb ihr barin leiben- schaftlich zustimmen müssen, bah Geschworene wie diese keine Geschworenen mehr sind. Solche Geschworene haben ihren Eid gebrochen. Sie haben sich frech über Recht und Gerech - tigkeit hinKeggesetzt, es sind ehrlose Gesetzesbrecher, auf die Hah und Weinchtung aller anständigen Menschen zurückfallen. Aber immer wieder muh es betont werden: der Schand- stteich der Wiener Geschworenen und die listige Beihilfe der Herren Richter, die ihre Fragestellung offenkundig so aufmachten, daß die Verneinung leicht möglich war — all das hätte nicht diesen furchtbaren Ausbruch der Erbitterung zur Folge gehabt, wenn nicht Jahre und Jahre hindurch ein weltfremdes Gesetz unb ein in der Mißachtung bes arbei - tenden Volkes grohgezogenes Richtertum Beleidigung auf Beleidigung, (Demütigung unb Kränkung, Herausforberung auf Herausforberung gehäuft hätte. Auch bie deutsche Justiz soll sich nicht darüber täuschen, welch furchtbare Spannung das Wüten ihrer Klassenrichter in den letzten Jahren auf - gehäuft hat. Einmal entlädt sich das alles, muß es sich ent - laden nach elementaren Gesehen. Die Richter in Deutsch - land unb Oesterreich hatten es vergessen, daß sie über leben- bige Menschen, nicht nur über abstrakte Staatsbürger unb O rganisationsmitglieber Recht zu sprechen hatten. Der Justiz- palast in Flammen! Ein schauriges Zeichen, bas bie Er- niebrigten und Beleidigten, die Getretenen unb Gekränkten ber Justiz in allen beutschen Landen ausgesteckt haben. Wirb es noch unerschrockene unb energische Männer genug geben, bie dieses Zeichen verstehen unb ihm gerecht werben können? Der Wiener Aufruhr ist keine Revolution und bringt keine Umwälzung. Noch nicht! Aber er ist ein furchtbares Wetterleuchten, unb bie Herren von heute werben gemahnt werben, ihre Pflicht zu tun oder abzutreten. Schon mancher Große ist untergegangen, der die Zeichen an der Wand nicht zu deuten wußte. Copyright by Paul Zsolnay Vcrlag, Berlin, Wien, Leipzig. Ae Geburtsstunde bes Arlebens. meinschafts- oder Bekenntnisschule erzogen werden sollen. Sie steht unbeschadet ihres Charakters als bekenntnisfreie Schule aus besonderen Gründen auch andern Kindern offen. Eie erfüllt die Unterrichts- und Erziehungsaufgaben der deutschen BolkS- fhulen auf allgemein sittlicher Grundlage ohne be- enntnismäßige oder weltanschauliche Bindung. R e 1 i g i v n s - unterricht wird nicht erteilt. ES ist alS ordentliches Lehr - fach der Unterricht in einer bestimmten Weltanschauung zu er - teilen, wenn für die Pflege dieser bestimmten Weltanschauung eine mit den öffentlichen Rechten einer Körperschaft auSgestattete Bereingung besteht und wenn die Erziehungsberechtigten zu wenigstens zwei Dritteln der die Schule besuchenden Kinder dieses beantragen. Doch kann zur Teilnahme an einem beson - deren Weltanschauungsunterricht kein Kind gegen den Willen der Erziehungsberechtigten gezwungen werden. Der zweite Abschnitt deS Gesetzentwurfes behandelt die Einrichtung und Umwandlung der Schulformen innerhalb einer Gemeinde. ES ist zur Stellung eines Antrags auf Einrichtung einer der drei genannten Schulsormen oder aus Umwandlung einer Schulsorm in eine andere jeder deutsche Reichsangehörige berechtigt, dem die Sorge für die Person eines volksschlllpflichtigen und die Bolksschule besuchenden Kindes zusteht. Der Antrag muß von Erziehungsberechtigten von mindestens 40 schulpflichtigen Kindern gestellt werden. 6ini) in einer Gemeinde weniger als 200 schulpflichtige Kinder vor - handen, so kann nach'näherer Bestimmung des Landrechts von diesem Erfordernis abgesehen werden. Einem vorschriftsmäßig gestellten Antrag auf Einrichtung einer der drei Echulformen ist stattzugeben, wenn die beantragte Schulsorm nicht oder nicht In ausreichender Anzahl in der Gemeinde vertreten ist, und wenn die einzurichtende Schule den geordneten Schulbetrieb auch im Sinne von Artikel 146 Abs 1 der Reichsverfassung gewähr - leistet. Einern rechtsgültig gestellten Antrag auf Umwandlung einer Schulsorm in eine andere ist stattzugeben, wenn die Er - ziehungsberechtigten von wenigstens zwei Dritteln der die Schule besuchenden Kinder sich dafür aussprechen. Ein rechtSwirksmn abgelehnter Antrag kann frühestens nach drei Jahren wiederholt werden, es sei denn, daß wesentliche Veränderungen in der Zu - sammensetzung der Bevölkerung der Gemeinde eingetreten sind. Im dritten Abschnitt behandelt daS Gesetz Schulaufsicht und Schulverwaltung. Es wird bestimmt, daß die Aufsicht über alle Volksschulen der Staat führt Bei der Besetzung der Stellen der unmittelbaren, fachmännisch eprgebilöctcn Schulaufsichtsbeamten ist auf die Art der ihnen unterstellten Schule Rücksicht zu nehmen. In den ört - lichen Echlllverwaltungskörper, denen Schulen unterstehen, an die von einigen Polizisten bewacht wurde. Die Polisisten zogen sich zurück. Nun prasselten Steine gegen das Haus. „Nieder mit der Hehpresse, Rache für Schattendorf!" erklangen die Ruse. All die namenlose Erbitterung entlud sich in elementarem Ausbruch. DaS schwere Tor wurde zertrümmert und eingestoßen. Einige Demon - stranten drangen in das Gebäude ein und begannen die Zeitungen in großen Stößen zum Fenster herauszuwerfen. Man las die Auf - schriften „Ein klares Urteil!" Und die Empörung der Menge wuchs empor. 'Einer hielt ein brennendes Holzscheid und im nächsten Augenblick schlugen die Flammen empor. Sie wuchsen und hüllten bald das ganze Gebäude ein. „Ein klares Urteil!" rief in er - schütterndem Sprechchor die Menge. Als einer den Vorschlag machte, die Maschinen zu zerstören, wurde er zurückgehalten mit dem Ruf: „Das trifft vor allem die Arbeiter; die Verleger und die Redakteure, die sollen es büßen, nicht die Arbeiter." Aehnlich wie der Reichspost erging es den Wiener Neuesten Nachrichten. At Wulb btt W. Mußte es nicht einmal soweit kommen? Jahrelang hat bie beutsche unb bie österreichische Justiz sich in fürchterlicher Verkennung ihres Berufes zu Sachwaltern bes politischen Morbes, ber völkischen Bestialität, ber gegenrevolutionären Räuberbanben aller Art gemacht. Jahrelang hat sie bie un - wahrscheinliche Gebulb ber arbeitenben Massen unb (sagen wir es ruhig) bie geringe moralische Empfinblichkeit in Rechtsbingen, bie weite Kreise heute noch beherrscht, miß - braucht unb ein furchtbares Regiment ber fortgesetzten Rechtsbeugung aufgerichtet. Nun ist es einmal soweit gekom - men, bah irgenbroo in deutschen Lanben bas Maß ber Gebulb erschöpft würbe unb bie ungeheure Erregung unb Empörung Dulkanattig ausbrach. Gleichgültig, daß bie erste Explosion in Wien geschah. Sie hätte genau so gut in Leipzig, bet Heimatstabt unseres famosen Reichsgerichts, ausbrechen können. Gleichgültig, baß es in Wien geschah — die Warnung, bie furchtbare Warnung von Wien gilt für ganz Deutschland. Furchtbare Schuld hat das Wiener Geschworenengericht freilich auf sich geladen, als es die Schattendorfer Arbeiter- mörder, die mit der Schrotflinte (ganz wie in Arensdorf) in bie bemonftirierenbe Menge hineinschossen, als es bie Schattenborser Ardeitermörder freisprach — furchtbare Schuld vor allen Dingen die Geschworenen selbst. Denn darin liegt gerade das Verhängnisvolle, das Tragische und Aufrüttelnde ■an dem Wiener Iustizverbrechen, daß es die Geschworenen Ml Oo erscheint täglich einmal, außer den 2. Feiertagen m«iuge|»r*lei 9m Boten8 zahlbar: Monatlich »,50 Mk. (einschließlich 0 5st Mk. Zuftellungigebühr), wöchentlich 0,60 Mk. (einschließlich Q13 Mk. Zuklellnn>,8gebnhr) Knr Abholer wöcheniUch 0,55 Mk. Durch bie Posl zu gleichen Bezugspreisen zuzüglich Restellgelb. WTB. Berlin, 15. Juli. Der vorn RelchSKabinett ge - billigte Entwurf deS ReichSschulgeseheS behandelt in feinem ersten Abschnitt die „Aufgaben, Formen und Kennzeichen der deutschen Volksschule". Unter Bezugnahme auf Artikel 148, Absatz 2, der deutschen Reichsverfassung wird in diesem Abschnitt an - geführt, daß in allen Volksschulen darauf Bedacht zu nehmen ist, daß die Empfindungen Andersdenkender nicht verletzt werden. ES werden dann als Formen der deutschen Volksschule be - zeichnet: a) die nach Bekenntnissen nickt getrennte Volksschule (Gemeinschaftsschule), b) die Bekenntnisschule, c) die bekenntnisfreie Schule (weltliche oder Weltanschau - ung S s ch u 1 e). Diesen Schulformen ist — unbeschadet Artikel 146 Abs. 1 der ReichSverfaffung — im Rahmen der Bestimmun - gen deS Schulgesetzes freie EntwicklungSmögUchkeit zu geben. Ueber die Gemeinschaftsschule bestimmt das vorliegende Gesetz, daß diese Schule grundsätzlich allen schulpflichtigen Hindern offen steht. Sie erfüllt die Unterrichts- und Erziehungsaufgaben auf religiös-sittlicher Grundlage ohne Rücksicht auf die Besonder - heiten einzelner Bekenntnisse und Weltanschauungen. Die auS dem Christentum erwachsenen Werte finö im Unterricht und in der Erziehung lebendig zu machen. Der Religionsunterricht ist für alle Klaffen ein ordentliches Lehrfach und wird nach Bekenntniffen getrennt erteilt. Ueber die Bekenntnisschule bestimmt daS Gesetz, daß die Voraussetzung für die Errichtung einer Volksschule eines bestimmten Bekenntnisses daS Bestehen einer mit den Rechten feiner Körperschaft oder öffentlichen Rechts auSgestattete Reli - gionsgesellschaft dieses Bekenntnisses ist Die Bekenntnisschule dient zur Aufnahme von „Wenn sie zurückkommen, wenn sie zurück - kommen, wenn alle wieder da fein werden, wird die Zahl sie erdrücken, wird man ihnen seinen Willen aufzwingen, den Willen der Zahl. Da wird's heiß hergeben, man wird verdienen . . . Man muß leben. Zu viel Mangel hat man gelitten und zu lange. Noch jetzt wagt man nicht, in den Streik zu treten, noch ist man nicht zahlreich genug . . . aber sie wer - den zurückkehren, unzufrieden werden sie wieöer- kehren, und dann wird man der andern spotten. Dann wird vielleicht unsere Herrschaft beginnen . . Atte hatten diese Hoffnung auf wahnsinnige und h-rrliche Ereignisse. Der Aufstieg der Armen. Die Herrschaft ber ' alten Hungerleiber. Es würbe keine Elenben mehr geben. Das Elenb würbe für immer tot fein ... Der Krieg war boch zu etwas nütze gewesen . . . Aber ... bie Zeit vergeht unb nichts geschieht . . . Die Zeit rückt bie Dinge wieder aus ihren alten Platz, wischt die Träume weg, ohne sich etwas anmerken zu lassen — und man erinnert sich nicht einmal mehr, daß man an so hohn - volle Dinge gedacht hatte. Ist der Traum verblichen, so spottet man seiner ... „Wenn sie zurückkommen, wenn sie zurückkommen!" (Fortsetzung folgt.) n it doch können aus besonderen Gründen auch andere Kinder geschult werden, wodurch Sie Schule ihren Charakter als Be - kenntnisschule nicht verliert. An der Bekenntnisschule dürfen nur solche Lehrer hauptamtlich angestellt werden, die dem betreffenden oder einem verwandten Bekenntnisse an - geboren. Die vorübergehende Verwendung anderer Lehrkräfte ist auS besonderen Gründen zulässig. Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf diejenigen Lehrkräfte, die zur Erteilung des tech - nischen Unterrichts verwendet werden. Die Bekenntnisse sind