Hamburg 2UtonarrDolk;blatt Gegründet 1875 erflehen Nch t« «et^lmarTi bk 13 gespalten« ttoiN pareMezetle 45 Pf. Privat« ^amlllenanjtigtn 80 Pf. Stellen - angebot« :<5 Vf. Stellengesuch« 25 Pf. Wi«in< «nzrtgen bl# v Zellen die Zelle 80 Pf^ 10 bU 15 Zellen die Jelle 35 Pf. «ektamezeiie 3.50 tot. Anzeigen müssen im noraut ober sofort bezahlt werden. Aehiandstr. 11 tFernspr.. Eide 1094). Hochpart, (di« «Uhr abend« für den folgenden Lag), in den Fllialen (bl* 3 vhr) und In allen Annoncenbureau«. Platz- und Datenvorschriften unverbindlich Preis IM ith „Sol! und Zeil", jMmOurg.r UO). eddKitu t4gU<6 einmal, außer den 2. geHrtagtn. ^ugonr.l., '3m voraus zahlbar: Monatlich £,50 Mk. (einschließlich 0 56 tot. Zustellungsgebühr», wöchentlich 0,00 tot. relnschlietzUch A1$ tos ZullellungSgebühr) Für Abholer wöchentlich 0.55 tot Durch die Pos» zu g. eichen Aezu^gp„isen zuzüglich Bestellgeld «edaktion: Fehlandstraße 11, 1 Fernsprecher: ttz. 2l Lide 1691 und 1893. Peranrwortlicher Aedakteuri 8>aitl Gugdohn, Alßona. Buchhandlung Fehlandstraße 11, Lrdgekch. Fernsprecher: (tz. 2 6lbet>620. Vuchdruckereikontor: Fehlandstr. 11, I. Fernfpr.- ($.2) Elbe 8620 u. 8621 dummes 216 SsnnLstzg, 7. August 1927 ■ ■IBII —IBillll ■Illi IHMII II» I ■!■!! 53. Jahrgang Somtienaftentate in ametitonij^en StüSten. Wtt ««8**n. Eine Reihe scheinbar blindwütig verübter Bombenakten - tate hat die Bevölkerung New ‘gorhS und einiger anderer amerikanischer Städte In Angst und Schrecken verseht. Sind es Terrorakte, durch die verzweifelte Menschen einen letzten Bersuch zur Rettung Saccos und Danzettls vor dem drohenden Justizmord machen wollten? Oder ist es das teuflische Werk bezahlter Spitzel, die den Borwand liefern sollen, daß Sacco und Danzetti mit einem Schein von Ge - rechtigkeit hingerichtet werden können? Die Dürftigkeit der bis jetzt vorliegenden Berichte läßt keine klare Antwort auf diese Fragen zu. Nur die Boreiligkeit, mit der schon in den ersten Meldungen über die Bombenexplosion auf der New Yorker Untergrundbahn der Berdacht ausgesprochen wird, daß Anhänger Saccos und Banzettis die Bomben geworfen hätten, läßt den Gegenverdacht aufsteigen, daß es sich hier um bestellte Arbeit handelt, jedenfalls muh es die ganze Menschheit in allen Kulturländern, die in den letzten Wochen und Monaten ihre Stimme gegen das Urteil der amerika - nischen Blutrichter erhoben hat, weit von sich weisen, daß ihre Sympathie für die Opfer jener beispiellosen Rache - justiz nur irgendwie beeinträchtigt werden könnte durch die neuen Berbrechen, mit denen Amerika sich befleckt hat, mögen sie nun aus diesem oder einem andern Motiv be - gangen sein. Es muß, um die ungeheure Erregung zu verstehen, die das Schicksal der beiden zum Tod« Berurteilten in allen Ländern, besonders aber in den Bereinigten Staaten selbst hervorgerufen hat, noch einmal daran erinnert werden, waS alles aufgeboten wurde, um den offenbaren Mord, der an ihnen verübt werden soll, zu verhindern. Am 4. Mai druckten wir im Hamburger Echo jenen Aufruf von Karin Michaelis ab, der wohl in der Presse aller Länder er - schienen ist und in dem die bekannte Borkämpferin der Menschlichkeit in Worten hellster Empörung schilderte, wie das Todesurteil gegen Sacco und Banzettl zustande ge - kommen ist. Weil fle wußten, wie man einen ihrer Freunde, den italienischen Arbeiterführer Andrea Sal- sad o unschuldig zu Tode gemartert hatte, sollten sie gleich - falls um jeden Preis mundtot gemacht werden. Dazu wurde der Prozeß angezettelt. In dem sie der Mittäterschaft an einem Raubüberfall beschuldigt wurden, an dem sie gar nicht beteiligt sein konnten, well sie beide zur Stunde der Tat viele Meilen weit von dem Orte der Tat entfernt waren. Aber selbst als der wirkliche Täter ein Geständnis abgelegt hatte, ist das Todesurteil gegen die beiden unschuldigen Italiener nicht aufgehoben, sondern erneut bestätigt worden — weil die von wütendem Arbeiterhaß besessene Justiz, die in Amerika schlimmer noch als in Europa sich von hem - mungslosem Klasseninstinkt leiten läßt, unter allen llmständen ihr Opfer haben wollte. „Unschuldig oder nicht, sie werden gehängt," soll der Vorsitzende deS Gerichtshofes gesagt haben, als ihm aus allen Teilen des Landes und auS Washington selbst von richterlichen Autoritäten die Unhalt- barkeit des Urteilsspruches brieflich dargelegt wurde. Solche Eeistesverfastung enthüllt den wahren Charakter einer „Zivilisation", auf die das amerikanische Bolk geradezu größenwahnsinnig geworden ist und die doch im Grunde der ärgsten Barbarei gleich geblieben ist. Don solcher Klasien- justiz bis zur blutigen Lynchjustiz, wie sie im Lande Lincolns auch noch verübt wird, ist nur ein Schritt; ja die im Blut- rausch verübte Lynchjustiz ist am Ende noch nicht so un - menschlich wie das mit kaltem Borsah ausgeführte Der - brechen, zu dem sich die Richter, die Sacco und Danzetti verurteilten, so viel Zeit gelassen haben, daß zwischen Tat und vermeinUicher Sühne heute schon ein Zeitraum von sechs jähren liegt. Es liegt dem Urteil allerdings auch noch ein anderes politisches Motiv zugrunde. Sacco und Danzetti haben sich während des Krieges dem amerikanischen Kriegsdienst ent ¬ zogen. Sie sind den „patriotischen" Richtern darum schon verhaßt gewesen. Und nachdem das Urteil einmal gefällt war, hat der maßlose Dünkel, daß ein Richter nie irren könne, das Weitere dazu beigetragen, daß alle Proteste un- gehörl verhallten. Nun ist vor der Dollstreckung des Urteils auf die Flut - welle der Proteste eine Flut der Attentate gefolgt. Mir sagen noch einmal, daß diese Bombenanschläge auf Bahn - höfe, Kirchen usw. ebensogut von gedungenen Spitzeln wie von verzweifelten Freunden des Rechts verübt sein können. Wäre das letzte der Fall, so hätten wir hier ein Gegen - beispiel zu der Brandstiftung im Wiener justizpalast als Antwort auf den Freispruch der faschistischen Mörder. Es braucht nicht wiederholt zu werden, daß durch solche Taten kein Recht geschaffen, sondern nur neues Unheil erzeugt wird, weil wieder nur Unschuldige als Opfer fallen. Zum Glück scheint die Zahl der Todesopfer bet der Bomben- explosion in New D°rk nur gering zu sein und das Kirchen- attentat in Philadelphia scheint ebenso wie der Anschlag in Baltimore gänzlich unblutig verlaufen zu sein. Auf alle Fälle sind durch diese Ereignisie die Gewissen in der alten und der neuen Welt noch stärker wachgerüttelt worden und der Kampf gegen die Bollstreckung des Todes - urteils an Sacco und Banzettl ist mehr als je zu einer An - gelegenheit der ganzen Menschheit geworden. Es gilt der wahren Gerechtigkeit zum Siege über die Scheingerechtigkeit unmenschlicher Richter zu verhelfen. Es gilt der Klassen - justiz in allen Ländern den T o d e s st o h zu versetzen. Die Ereignisie von New Pork, Philadelphia, Baltimore sind warnende Beweise dafür, daß eine verbrecherische justiz nur neue Berbrechen züchtet. Die Explosionen in ter llnlcrgrunteabn. WTB. New Dork, 6. August. Zwei Stationen an der Hauptstrecke der Untergrundbahn sind durch die Bombenanschläge vollständig zerstört worden. Etwa zwölf Berwundet« sind ins Krankenhaus übergeführt worden. Daß sich verhältnismäßig wenig Verwundungen zugetragen haben, ist hauptsächlich darauf zurückzufähren, daß sich die Besucher von Theatervorstellungen und sonstigen Darbietungen noch nicht auf dem Heimweg« befanden. Am meisten hat der Broadway gelitten, wo die Fenster der Hoteis und der Läden zerstört wurde» und die Auslagen auf di« Straße geschleudert wurden. Di« Polizei umstellte sofort di« in Mitleiden - schaft gezogenen Häusrrviertel und suchte nach Verdächtigen. WTB. New Jork, 8. August. Die Polizei teilt mit: in - folge der Heftigkeit der Explosion in dem Untergrundbahnhof an der Kreuzung der 28. Straße und Tourth Avenue wurden anfäng - lich vier Explosionen vermutet. Es ereigneten sich jedoch nur zwei Explosionen, bei denen mindestens eine Person getötet und über zwölf verletzt wurden. Die Vermutung, daß sich noch weitere Explosionen ereignet hätten, wurde auch durch di« allgemeine Ver - wirrung und Panik verursacht, die noch dadurch vermehrt wurde, daß in zahlreichen Geschäftsgebäudea di« EinbruchSalarmglocken durch di« Erschütterung In Tätigkeit gesetzt wurden. BomtenaMlag in ter Kirche. Re « Vork, 6. August. Ehe sich dl« Aufregung über die Explosionen auf der Untergrundbahn gelegt hatte, traf hier aus Philadelphia di« Meldung von einer neuen furcht - baren Explosion ein. Dort hat ein unbekannter Täter eine Bombe durch ein Fenster einer Kirche geworfen. Die Explosion rief In dem vornehmen Wohnviertel Pylladelphias, in dem die Kirche gelegen ist, große Bestürzung hervor. Ailrntal auf rin Bürgrrmrislrraml. Baltimore, 6.August. Hier ist heute früh der Versuch «macht worden, das Haus des Bürgermeisters durch eine Bombe zu zerstören. Während der Bürgermeister sich gerade außerhalb der Stadt aufhielt, befanden sich seine Gatlin, feine Kinder und andere Angehörige im Hause. Die Bombe explo - dierte in der Nähe der Veranda, di« sie zerstörte. Verletzt wurde niemand. Srmonsiralivnsvrrbvir in Paris. SPD. Paris, 6. August. Die für Sonntag geplante Demonstration für Sacco und B a n z e 11 i, an der außer der , gesamten Arbeiterschaft von Paris auch das demokratische Bürgertum ieilzunehmen beabsichtigt, ist von der Negierung am Sonnabend ohne Angabe von Gründen verboten worden. In - zwischen sind umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen getroffen wor - den. Sowohl für die Polizei als auch für die gesamten Garniso - nen ist für Sonntag Alarmbereitschaft ongekündigt worden. Die amerikanische Botschaft und da« Konsutatlgebäude sind seit Sonn - abend morgen von einer dichten Postenkette, die niemand ohne Ausweis passieren läßt, umgeben. • SchutzmchnaiMN in Sitte Hott. New ’S o t h , 6. August. Die gesamten Polizeikräsie in Stärke von 14 000 Mann sind heule früh plötzlich zum Schutz der öffentlichen Gebäude, Bahnstalionen, Museen und Börsen mobilisiert worden. Aehnliche Vorsichtsmaßnahmen wurden auch In andern Städten ergriffen. Kundgrdungrn für Sötte und Nanzrlii. WTB. New Tork, 6.August. Die Blätter sehen die aus - führlich« Wiedergabe der Kundgebungen aller Länder für Sacco und Vanzeltt fort Den Verteidigern Ist nun auch Professor Francis B. Sagte von der Harvard-Universität belg«treten. 6 apre ist ein Schwiegersohn Wilsons. Die Verteidigung plant weitere Schritt« bet dem Obersten Staaligerlchtshof von Masiachusetts und dem Obersten Gericht In Washington, um dl« Aufschiebung der Hinrichtung zu erreichen. Das Oberste Gericht erhielt Drohbrief«. * WTB. BuenosAir«j,6. August. Di« Bewegung für b«n Generalstreik für Sacco und Vanzettt dehnt sich aus. Aus dem Innersten des Landes werden Gewaltakte gemeldet 3n Perga - mino, Provinz Buenos Aires, wurde eine Bombe vor einem Auio- mobllgeschäft geworfen. Die Schaufenster wurden zertrümmert. Line wettere Bombe wurde auf eine Eifenbahnstrecke geschleudert, richtete jedoch nur unbedeutenden Schaden an. Zn den Straßen sanden Demonstrationen statt. Die Ladendesiher wurden gezwungen, die Läden zu schließen. Diejenigen, die nicht gefchiosien wurden, wurden mit Steinen beworfen. Konflikt auf dem Internationalen Gewerkschaftskongreß. SPD. Paris, 6. August. Auf dem Snternafi analen Gewerkschaftskongreß kam am Sonnabend morgen der latente Konflikt zum Ausbruch. Die erste Kommission, die mit der Prüfung der Zwischenfälle be - traut worden war, ließ in der Dormittagrsihung von dem deut - schen Delegierten Graßmann tbren Bericht erstatten. Er Ist eine unzweideutig« und In btt Form sehr scharfe Verurteilung bet Haltung der Engländer. Ls wird darin sestgestellt, daß der seinerzeit von Oudegeest an Zouhaux gerichtete Brief, den Brown In der Dienstags-Sitzung aufgegriffen hatte, zwar einige unglückliche Wendungen enthalte, 3U gleicher Zeit aber bk Haltung Browms, der volle 2% Sabre habe verstreichen lassen und der durch die Verlesung so aus dem Zusammenhang gerissener Sätze zu völlig falschen Schlußfolgerun - gen Anlaß gegeben habe, aufs schärfste mißbillial. Der Kom- missionsberichl gibt weiter zum Ausdruck, c« sei im höchsten Maße bedauerlich, dahdurch unlergeordnele Fragen der Prozedur und durch persönliche Meinungsverschiedenheiten die Akttvttät der Gewerkschaftsbewegung gelähmt werde und fordert vom Kongreß Maßnahmen, di« geeignet sind, Innerhalb bet Leitung eine Atmosphäre des Vertrauen« wieder herzustellen. Allgemein batte mau erwartet, daß diese an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lafitnbe Desavouierung der englischen Delegierten genügen würd«, sowohl den Vorsitzenden Purcell sowie das Mitglied des Sekretariats Brown zum Rücktritt zu bestimmen. Weder der eine noch der andere scheinen sich dazu bequemen zu wollen und der Versuch Etttlnes, die beiden An - gegriffenen zu verteidigen, zeigt, daß man Innerhalb der eng- ttschen Delegatton entschlossen Ist, sich mit Purcell und Brown solidarisch z» erklären. LitrineS griff in hefttaer Weise die Kommission an, die nach feinet Behauptung Ihre Vollmachten weit überschritten und überdies zu - gunsten Oudeaeestj Partei ergriffen habe, was diesen zu einer scharfen Erwiderung veranlaßte. Oudegeest erklärte, er hätte im Znteresse des Kongresses gewünscht, daß eS nicht zu einer olchen Debatte gekommen wäre. Er habe bisher vorgezogen zu chwelgen. Anges,chls der Erklärung Lilrines aber handelt es Ich nicht mehr um persönliche Fragen, sondern um taktische Mei - nungsverschiedenheiten, und der Kongreß habe allen Anlaß, sich gegen den Versuch, die Gewerkschaften bet kommunistischen Bewegung dienstbar zu machen, mit aller Entschiedenheit zur Wehr zu setzen. Der Konflikt Inner - halb bei Bureaus sei ausschließlich Schulb bet Englänber, bie zu - sammen mit bem englisch-russischen Komitee versucht hätten, die Sewerkschaftsinternattonale in das bolschewtstische Fahrwasier hinüber zu jetten. 3n der Nachmittagssitzung erstattet« Zouhaux den Bericht Über den Empfang bet Delegation des Kongresses in der amerikanischen Botschaft. Der Delegation gehörte außer Zouhaux der deutsche Delegierte Eggert und der Engländer T i l l e t an. Sie wurde In Ab - wesenheit sowohl des Botschafters als auch des Geschäftsträgers durch den Sekretär der Botschaft empfangen, dem sie von der Entrüstung Kenntnis gaben, die die angekündigte Vollstreckung des Todesurteils an Sacco und Banzettl in dec Arbeiterschaft der ganzen Welt ausgelöst hab«. Gl«ichzelNg er - suchte die Delegation, bei der amerikanischen Regierung vorstellig zu werden, damit das Todesurteil nicht vollstreckt wird. ®n von Zouhaux verlesenes Telegramm der argentinischen Arbeiter - schaft mit der Mitteilung, daß die argentinische Arbeiterschaft alle amerikanische Produktion boykottieren werde, fall« bas Urteil an Sacco Unb Banzettl vollstreckt werden sollte, wurde von bet Versammlung mit stürmischem Beifall ausgenommen. Vorher hatte L. Merten« das Referat über bie wirtschaftliche Llge bet Arbeiter erstattet. Er stellte unter anbetm fest, daß kurz« Zölt nach Frie - densschluß bie Arbeiter in ben meisten Ländern eine Reihe von Errungenschaften verzeichnen konnten, wie Organisationsfreiheit, Verkürzung der Arbeitszeit usw. Mertens kam daraus dann auf die durch die Wirtschaftskrisen hervorgerufene Arbeitslosigkett zu sprechen, die In den verschiedenen Ländern auf rund 10 Milli - onen Erwerbtlose geschäht werd«, Dieser Loge müste nach Möglichkeit abgeholfen werden. Mtt der Regelung der Arbeitsbeschaffung für die Arbeiter müste gleichzettia für die Durchführung einer wirksamen gesetzlichen Arbeitslosenversicherung In allen Ländern gesorgt werben. Zur Verdeutlichung der wirtschastlichen Lage der Arbeiter überreicht« Mertens zahlreiches statistisches Material über die Weltproduk- tion bet Lebensmittel unb Rohstoffe. Er schloß mit einem Appell für den Wlrtschaftsfriedan. Der Bericht bei Redners würbe darauf angenommen. Sogteortaiimg des Wkerbundsrales. SPD. Genf, «.August. Die am Sonnabend provisorisch bekannfgegebene Tages - ordnung der am 1. September unter dem Vorsitz von Villegas Site) zu eröffnenden 46. Sitzung des Völkerbundsrates enthält er der Prüfung der Berichte der verschiedenen DölkerbundS- Kommissionen unb bet Wellhilfskonserenz sowie der 3. internatio - nalen BerkehrsKonsertnz und der Tagesordnung der Prestesach- verftändlgen die Stellungnahme zu dem schon mehrfach erörterten Problem der Finanzbeihilfe des Völkerbundes für die kleinen Staaten im Falle eine« Angriffskrieges flttb die Behandlung der bulgarisch-griechlfch-armenischen Flücht» tingSfürsorge. Außer den bekannten Fragen der polnischen Kriegsmaterialdurchfuhr durch Danziger Gebiet und der Be - freiung der Danziger Flugzeugfabrikatton stehen dann noch folgende wesentliche Probleme zur Debatte: 1. Die Umglieberung bei Wirtschaftsausschusses des Völker - bundes gemäß bet Empfehlung bet Weltwirtschaftskonferenz. 2. Die rumänisch-ungarische Streitfrage Über bie Zustänbigkeit bei für bie skbenbürgischen Enteignungen eingesetzten gemischten Schiedsgerichts. 3. Die zwischen der griechischen Regierung und der Deutschen Vulkan-Werft bestehende Meinungsverschiedenheit über bie Lieferung bei für Griechenland gebauten Schlachtschiffes „Salamis". Bezüglich des letzten Punktes fordert bie griechische Regie - rung die authentische Auslegung bei für Deutschland durch Artikel 190 und 192 des Versailler Vertrages gegebenen Verbots der Konstruktion von 6eehrlegimaferlaL Kopvrtgdt dp Paul Ltolnay Verlag, Berlin, Bie«, Leipzig. Sie Geburtsstunde des Friedens. Von Henry Poulaille. 127] „Mag sein! Du aber nicht, hast Dich mächtig verändert, Alter! Hast eine Erbschaft gemacht, Potz Blitz! Fehlt nicht viel, und Du würdest eine Angströhre aufsehen, um den Fischen in der Seine zu imponieren." „jch habe nichts geerbt, jch habe das Meine zu Geld gemacht." „Dann führst Du ein fetneS Leben. Hast Schwein! Bist schon lange in Paris?" Da der andere nicht antwortete, dachte Magneux, daß «r zu vieles auf einmal fragte. Man mutzte die Fragen einteilen, Buteau war langsamen GeisteS. Ein eisiger Wind blies und machte sich auf die Dauer unangenehm fühlbar. „Wenn man in eine Kneipe gehen wollte, um sich einen Kaffee zur Erwärmung zu genehmigen?" Buteau willigte ein. Ein paar Minuten später sahen sie in einem Gasthaus in der Rivoli-Straße. „jch wohne in dieser Straße," sagte Buteau und über - reichte ihm seine Adresse auf einem Stück Papier. „Bist noch nicht auf die jdee gekommen, Bisitenkarten unzuschaffen?" fragte der Schelm. „Was für ein Geizkragen!" dachte er. „Brauche keine Bisitenkarten," meinte der andere. „Wozu?" „Weil man seine Karte hat, wenn man zu den besseren Leuten gehört," erklärte Magneux. „Das ist feiner als so «in Wisch." Buteau betrachtete seinen Freund mit einer kleinen Gri - masse des Mitleids. Dieser bemerkte sie, ohne ihren Sinn su verstehen. Wozu brauchte er in der Tat Besuchskarten? Das ist etwas für jene, die noch an daS Leben glauben, vom Leben etwas erhoffen und mit ihm fertig werden, er war ein ver - lorener Mann. Aber wie hätte er das seknem Gefährten erklären sollen... Der hatte keine Ahnung von der Not seines Lebens und dachte nur an Scherze. Zu seiner gwhen Berwunderung sagte Magneux, an - statt einen Spatz zu machen, wie er befürchtet hatte, unver- mitielf zu ihm: Aber Du hast mir nicht erzählt, ob Du hier allein aus Urlaub bist oder ob deine Frau auch hier ist." Auf die Berwunderung folgte die Niedergeschlagenheit. Buteau murmelte: „Meine Frau habe ich bei ihren Schweinereien gelassen. Darum habe ich alles zu Geld gemacht, »eil alles da unten verloren war, und well es besser ist, daß ich krepiere. So ist es." Magneux muhte lachen. • „Deine Frau hat Dich gehörnt, trnd Du träumst von Selbst - mord... jst doch gar kein Grund dazu!... Glaubst Du vielleicht, daß Du der einzige Hornochse in Frankreich bist, wie?... jch denke mir, daß ich auch einer war, Ünd daß ich sogar noch immer einer bin. Aber deshalb werde ich mich doch nicht töten, jch gebe Dir mein Wort, ich werde nicht einmal sie töten! jch träume nur davon, sie zu mir kommen zu lasten... Sie ist seit dem Kriege zu ihren Eltern zurückgegangen. Und Du glaubst vielleicht, dah sie dort unten keinen Liebhaber gefunden hat, wie man zu sagen pflegt?" „Das ist es nicht," sagte Buteau... „das gebe ich zu, das ist nebensächlich. Darüber wäre ich hinweggekommen." „Darüber sind andere hinweggekommen," entgegnete Magneux phlegmatisch. Bulaau fuhr forft „jch sage ja, darüber wäre Ich hinweggekommen, aber die Erde... die Erde, auf der nur noch Unkraut wucherte, Gräser, so hoch, dah man sich hätte hineinlegen können..« Zehn jähre hatte man sich ans dieser Erde geschunden, und nun überall diese Schmarotzer, die sie unfruchtbar machen! Aber waS verstehst Du davon? WaS weiht Du, waS das heißt, Erde, die drei jähre nicht mehr tragen kann, Erde, aus der Unkraut und Gräser nicht auSgerottet worden sind..." „Nicht ein Quadratmeter, auf dem auch nur bte kleinste Arbeit getan wäre, nicht einmal ein Quadratmeter Salat gepflanzt!.. „Felder, die schmuck und rein waren. „jetzt der Ruin.. / „Hast keine Energie," sagte Magneux in aufrichtiger Ent - rüstung. „Die ist in vier jähren zum Teufel gegangen." „Hast keine Energie, atmet Butot." „Und die, die kein Heim mehr haben und die nun zurück- kehren und nichts mehr zu sehen bekommen, keine Möbel, kein Nichts, und deren Felder verwüstet sind, und Granaten darin, die nicht geplatzt sind, und die ihnen vielleicht noch die Knochen zerschmettem werden. Nun, jene haben nicht die Flinte ins Korn geworfen! Sie haben in ihre Hände gespien und haben ihre Hände gerieben. Müssen erst recht zum Spaten greifen! Müsten doppelt schuften!" „Und als man entlassen war, als Du schon von uns weg - warst, da hättest Du im Eisah die Elsässer sehen müssen — ich bin zweimal Im Dienst dorthin zurückgekehrt — sie waren Faulenzer, die Elsässer, aber es war für sie selber, und da arbeiteten sie. Nun, ihre zerfetzten Häuser haben sie mit Mörtel und Balken wieder aufgebaut Und das ging rasch." „Und Im Norden, im Departement Aisne! Me< beginnt wieder zu leben. Alles hat sich wieder ans Werk begeben, den Teufel im Leibe, jeden Tag wächst ein Haus in diesen geschändeten Gebieten, vov denen man nicht geglaubt hätte, daß sie sich wieder erholen könnten. Und diese Häuser ge - winnen schon nach acht, vierzehn Tagen ein Aussehen. Sehen nicht immer besonders solid aus, aber man weih ja, waS das wert ist, solid zu fein... Die 420er und die 410er haben sie gelehrt, dah der Stein und das Holz gleichwertig sind, daß eins wie daS andere herunterpurzelt, und daß eins wie daS andere in Trümmer fällt." „jch sage dir, wenigstens eines tägllch wächst in jedem Dorfe, in jedem Marktflecken, ohne die hölzernen Baracken zu zählen, die fertig hingestellt werden, die man sich liefern läßt Und während dieser Zeit läßt D u da hinten in Deinen Sevennen, wo man von den Granaten nur die Patronen gesehen hat, die feige Kerle mitgebracht haben, um sie als Schmuckstück auf ihren Ofen zu stellen — da läßt D u, weil Deine Frau Dich betrogen hat, weil Deine Erde vom Unkraut unfruchtbar geworden ist, alles Im Stich, läufst auf und davon, läßt Deine Frau sitzen und drehst Deiner Erde ben Rücken — und das nennst Du „zu Geld machen"..." „Das nennst Du zu Geld machen!... Ah!" Der Bauer hatte bestürzt unter dieser Redeflut ge - schwiegen. Was Magneux Sa gesagt hatte, war wahr, so vollständig wahr, daß er nichts darauf zu erwidern fand. Und er schämte sich, daß er in der Tat alles im Stich gelassen hatte, während er doch alles hätte von neuem beginnen müssen, mit um so größerem Eiser, weil es in schlechtem Zustand war, mit um so inbrünstigerem Eiser, weil fein Herz schwer von Zorn war, aus Stolz zu beweisen, dah die zielbewuhte Kraft durch nichts vernichtet werden kann. Es war, all ob in diesem Augenblick sich zwei Menschen In ihm stritten. Der eine sagte: „ja aber die andern waren da." (Fortsetzung folgte