53. Jahrgang Nummer 343 SsnnavenS, 17. Dezember 1927 Wer befahl Fernernorbe? Aussage des FemekäuvtlingS Schulz. am Untcrnchmcrsühre»' Seneraldikeklor PocnSgcn. Zu M8HUS t n gut, n , n t i ihm Dor ¬ rt n n r d t e b t i bis morgen; sie haben da Polterabend." „3aja, sag' mal Mutter," — das „Mutter" kam immer nur zögernd über die Lippen, „können wir das wünschte Rechnen nicht verschieben?" „Der Zuslizrat kann jeden Tag kommen, da isi's wenn wir fertig sind." Krieg in der SrvWeninbuslrie? Unternehmer und Arbeilererklärungen. Die Industriellen sahren fori, der Oesfeniiichkeii ihr An - vermögen zur Zahlung bei Mehrlohnes vorzureden: mindestens 25 Millionen Mark würden auszubringen sein. Weiler: „Ueber die Eiellungnahme der Ardeligeber zu dem Schiedt- fpruch dürste insolgedesten ein Zweisel kaum bestehen; hinzukommi noch die schwere Sorge der Werke, die groben sinan- zielien Mittel zu beschossen, die zu den technischen Umstellungen aus dle neue Arbeitsweise in drei Schichten nunmehr etjotbct, iich sind." zuschaute, mutzte noch einmal schreien, ehe Broder es ver - stand. Da nahm er ein wenig beschämt Hammer und Nagel zur Hand; ihm war, als hätte er wahrhaftig schon die Arme ausgebreitet und der da unten wäre es gewahr geworden. Das mit dem Storchrad war nämlich eine besondere Sache, eine Art Ehrensache für ihn. Als er am ersten Tag als Herr auf den Hof gekommen war, den er fast fünf oder sechs Zahre nicht mehr betreten hatte, hatte ihn gleich das alte Rad gequält, auf dem in seiner Kindheit Störche ge - nistet hatten und das jetzt schief und fast ohne Reisig oben auf dem Echeuerdach im Wind hin- und herklapperte. Und er hatte leichtherzig Zan Gau, das war der flinkste Knecht, geheißen, da einmal hinauszukriechen und das Holz sestzu- nageln. Aber Ian Gau hielt die Hand über die Augen, sah nach oben und sagte dem jungen Herrn, da habe sich schon einmal einer was gebrochen, als er hinauf wollte. Und Broders Stiefmutter hatte daneben gestanden und hatte ihm sanft die Hand auf den Arm gelegt. Das hieß: sei ver - nünftig mit den Leuten und schrei nicht gleich wie Dein Baker. „Der Dachdecker kommt morgen ohnehin vorbei," hatte sie rasch gesagt, „dann kann er dabeigehen." Und die Knechte nickten und sahen an ihm vorbei. Der Wind hatte die Nacht über an allen Dächern entlang geklappert. Er hatte das Storchrad hin und her gerollt und meinte wohl, er hätte ein Windmühle zu drehen. Und er klapperte noch am hellen Tag, als Jung Broder mit ge - runzelter Stirn an der Scheune entlang ging und Nachschau hielt, ob der Dachflicker noch nicht bald käme. „Es klappert jetzt bald ein Jahr," hatte seine Stiefmutter gesagt.' • Da war er selbst dabeigegangen, hatte die Leine mit dem Stein übers Dach bekommen und die lange Leiter fast bis zum First nachgezogen. Mas Dachdecker und Handwerks- 6ie traten schon unter die niedrige Tür. Der Wind lärmte hinterdrein und warf einen Wirbel Staub in die Diele. Der Student ließ das Kinn auf die Brust sinken. Ihn war das Auswägen und Abschätzen der Erbauseinander« setzung in der Seele zuwider. Aber es mußte einmal ge - schehen. Die kleine, blitzblanke Stube mit den altmodischen Möbeln war so niedrig, daß der Student immer nur gebückt einzutreten wagte. Er setzte sich auf das Plüschsosa, folgte still dem geschäftigen Suchen der Frau, die ein Papier nach dem andern aus dem Eckschrank holte, fletschte die Zähne nach den Nippsachen, die mit jedem Schritt aus dem Borb klirrten, und wurde müde in der dumpfen Lust von Oel, altem Holz und Feiertagsbesuch, die den Raum füllte. Seine Linke glitt über die Spitzendecke; er mußte wie als Junge seine fünf Finger in die Löcher stecken und rieb sie an dem schlecht gehobelten Mahagonitisch. „Alles Kitsch," dachte er, „das ist bei Bakers modernem Geist herausgekommen." Die Frau streifte ihm die Decke von der Hand. „Wir haben uns doch versprochen, uns nicht mehr zu erzürnen," sagte sie, ein leises Lächeln um den Mund. Er nickte, ein wenig befangen von ihrer stillen Geschäftigkeit, blätterte ge - dankenlos in den Aufstellungen und sah der Frau wieder zu, wie sie fast zierlich vor den unseren Schrankfächern kniete, (ir war noch immer gewohnt, es als seines Vaters andere Unklugheit anzusehen, daß er die lateinische Frau in den Hof ausgenommen hatte. Aber gewiß hatte sie es auch nicht leicht gehabt, sie und die Tochter, die sie dem Alternden gab. Und am Ende halte er als Dritter es den beiden am allerschwersten gemacht. Frau Broder richtete sich auf, strich die Haare aus der erhitzten Stirn und knotete ein Bündel Hefte auseinander. (Fortsetzung folgt) »Stadt des Todes" Grauenhafte Rache für Kanton. WTB. Kanton, 16. Dezember. „Stadt bei Tobei- ist der tröstende Ausdruck, wenn man die Lage in Kanton nach der Niederwerfung bei Ausstanbei kurz Kennzeichen will. Die Photographien zeigen mit Leichen von Kommunisten delabene Karren, die die Toten nach den Begräbnisptätzen fahren. Auf den Bürgersteigen liegen lange Reihen von Leichen, die be - weisen, mit welchem Rachegesühl gegen die Kommunisten vor- gegangen wurde. Augenzeugen erklären, daß Rusten die roten Streitkräfte in dem Kampfe vor der Niederlage kommandierten und da, bai russische Konsulat an ber Leitung bei Ausstanbei lebhaften Anteil nahm. Diese beiben Tatsachen find die Gründe sür die Ruffenjagd der Gegenrevolutionäre. Zwei Ruffen wurden in der Nähe des Rathauses erschaffen, fünf andere, darunter der Bizekonsut und eine Frau, hingerichte». 14 Raffen, unter denen sich der Generalkonsul der Sowjetunion befand, wurden unter dem Jubel der Bevölkerung ins Gefängnis geworfen. BarleimiMuß der SM Vorarbeit für Wahlen. Bruder und Schwester. Novelle von S a n s F r i e d r i ch B l U n ck. Berlin, 17. Dezember. Der Welibühne-Prozeh ist Freitag rasch der Veriagung verfallen. Als Zeuge jagte der aus der Hast vorgcsührte Oberleutnant Schulz aus: „Es gab keinerlei bestimmte Vorschriften, was wir zu tun und zu lassen Ml RM-Aeußen. Wunderbare Zustände zeitigt die Buntscheckigkeit der Neichsgliederung. Aus dem bayrischen Untersuchungsaus - schuß erfährt man, wie die Reichswehr in aller Form den Krieg zum Umsturz der Reichsverfassung vorbereitet hatte; die Gelder dazu lieferte der Staat Bayern, der sie allerdings vom Reich reichlich erseht bekam in Form erhöhter Brau- steucrüberweisungcn. Die gefährlichste Hochspannung Mün - chen-Berlin ist inzwischen herabgemindert worden, die Weiß- blauen können befriedigt feststellen, daß daS Reich ihnen reiche Geschenke gemacht hat. Die schwarze Arbeitsgemein - schaft Zentrum-DVP. hat schließlich Sicherheiten gestellt für „bayrische Belange"; wenigstens für die Dauer des Bürger- blocks. Aber je friedlicher die Beziehungen Bersins zu München wurden, um so gefährlicher gestaltete sich das Ver - hältnis zwischen den Regierungen des Reiches und Preu - ßens. Daß auch juristisch die Preußen im Recht sind, be - streitet niemand; aber ein Mann des Rechts, wie unser Reichskanzler, zuckt die Schultern und erklärt sich außer - stande, dem Recht Geltung zu verschaffen. Herr Marx zappelt in den Fesseln seiner Blockbrüder, weder kann er gegen den Willen der Deutschnationalen Herrn v. Keudell als Stein des Anstoßes aus dem Weg räumen, noch vermag er den Vvlstsparteiler Luther zum Verzicht auf den wider - rechtlich von ihm eingenommenen, höchst einträglichen Eisen- bahnposlen zu bringen. Zäher hat kaum je ein Mann sich in die Futterkrippe verbissen, deutlicher kaum einer kundgetan, was von der Schwärmerei über nationale Opferwilligkeit zu halten ist. Luther weicht nicht, und Marx ist auf dem Dach der Greis, der sich nicht zu helfen weiß. Notgedrungen hat gegen solche Zustände der preußische Ministerpräsident gestern die Oeffentlichkeit angerufen. Otto Braun hat sich durchaus sachlich geäußert, aber gerade die mit Ironie gewürzte Sachlichkeit bringt die schuld - bewußte Reichsregierung in Harnisch. Der Vorwärts eröffnet mit einem scherzhaften Einfall die Aussicht auf Verschärfung des Verhältnisses zwischen beiden Regierungen. Es hatte nämlich der üeutschnationale Abgeordnete Bäcker Braun zugerufen: Sie sind ein Minister, der immer auf die Füße fällt. Braun hat darauf geantwortet, ein Minister, der immer auf die Füße falle, sei ihm lieber als ein Minister, der auf den Kopf gefallen ist. &ic schlaf fertige Antwort hat gesessen, „es bellt der Hund, der sicy getroffen fühlt". Herr v. Keudell ärgert sich grau und schwarz, er hat seinen Schmerz auch andern Leufen erkennbar gemacht. Nun spottet der Vorwärts, die Reichsreglerung wolle ein Schreiben an die preußische Re - gierung richten, um gegen die Fortsetzung der Angriffe auf Herrn v. Keudell — denn nur dieser könne gemeint sein — Verwahrung einzulegen. Grimmiger als mit 'ttesem Scherz, der nur ganz leicht die Lächerlichkeit des Zustandes übertreibt, kann die Lage nicht gekennzeichnet werden. Ein lächerlicher Zustand. In Frank - reich tötet Lächerlichkeit, aber Frankreich schleppt sich auch nicht mit Uebeln aus der Feudalzeit. Das sollte uns nach - denklich stimmen und tatbereit machen. Gebot der Stunde: Mit der Vielstaaterei aufräumen! Bis jetzt war das Duell Reich-Preußen eine Art Bestimmungsmensur, bei der die Unterhaltung der Zuschauer mit ein paar Bluts - tropfen vielleicht nicht zu teuer bezahlt war. Aber schließlich wird aus Neckerei Ernst! mann! In der nächsten Nacht sollte kein Rad mehr auf dem First klappern. Broder schlug mit wuchtigen Schlägen die fünfzölligen Nägel ins Holz, brach zwei Speichen aus und stützte eS von beiden Seiten. „Is Klaar!" schrie er dem alten Ole Hull zu, der mit verrenktem Kops unten stand. „Kannst den Dachdecker man abbestellen." Der Alte nahm's wörtlich und ging zur Frau hinein, um Bescheid zu geben. Jung Broder blieb noch eine Weile rittlings auf dem First. Der Himmel hatte sich in lauter weihe Federwölkchen aufgelöst, die ein unendlich blaues Meer dicht überschäumten. Wind fuhr salzig, frug noch den Duft der See in seinem Atem und brandete lustig in den Rüsterwipseln, schlug einen Wirbel zwischen Hof und Scheune und glitt wieder brausend am Dach herauf. Die Leiter knirschte auf dem Stroh, das Seil spannte sich. Es wurde Zeit, wieder abzusteigen. Aber ehe er sich nieder - schwang, nahm der Bursche noch einmal einen Weitblick auf. Wie eine trunkene Freude füllte es seine Brust; er mußte sie spannen und laut ausseufzen, so herrlich dünkte ihn die Welt und die blaugoldenen und dunkelgrünen Farben seiner Heimat. Frau Broder war aus der Tür getreten, als er nach unken kam, und warkeke auf ihn. Sie blickte etwas erstaunt nach dem Storchrad hinaus. „Wollen wir jetzt wieder ans Rechnen gehen?" fragte sie. Broder kräuselte die Lippen. „Wann kommt Hille heim?" fragte er. „Heute abend, sie geht aber gleich zu Pastors und bleibt Wülliot MMo A Mta UtwoliMMItn! <£ine Forderung Ses diepsitationsagenfen. / Ävitit an den Gemeinden. Parole ä la SShartzL. in Hei, das war luftig! Jung Broder saß jetzt ganz oben auf dem Scheunenfirst und blickte sich nach allen Seiten um. Hammer und Nägel hielt er fest in der rechten Faust, das schiefe Storchrad, das er flicken wollte, hatte er mit der andern gepackt. Aber ehe er ans Werk ging, mußte er erst noch einmal in die Weite rundum schauen und die Brust tief voll Atem ziehen. So schön, so schön war es hier j>ben. Geschwisterlich neben ihm lag der First des alten Hofgebäudes, fast umwölkt von den grünen Wipfeln der Rüster. Darüber hin und weithin von zackigen Knicks umrandet, folgte ein grüner, wogender Acker neben dem andern. Es war ein Lust Zu leben. Sein Hof war's heute; Broder weitete die Brust voll Freuden. Was galt es jetzt, daß er die Universität verlassen hatte, daß er nach seines Vaters Testament nicht einmal das Examen hatte beenden dürfen! Er jubelte über feinen hügeligen Feldkranz rundum, der sich bis zum Nald und weiterhin bis zu den roten Dächern der alten raintc. Selbst hinter dem schieferblauen Bahnhofsdach im Augrund lag noch ein Wiesenstück dieses mächtigen Reiger- hoses; er fronte es glitzern sehen. O, der Bursch kam no ; longc nicht zum Dachflicken und Radnageln, wie er 6j vor - hatte. All die Tage, die er nun auf dem Hvf als der neue Herr schaltete, hat er noch nicht solch lustige Besinnung ge - tobt wie heule. Die Wolken flogen srühlingsbunt über ihm dahin, der Wind pfiff ihm um die Ohren und stellte seinen Selben Schopf steil auf, und im Blau und Hell des Himmels war unsichtbar ein Trällern; es war, um die Arme auszu- dreiten und selbst mit in die goldene Weite hinauszusl'.egen. «Veit 's nu?" Der alte Knecht, der besorgt von unten Stimmung der Arbeiter. 3n Hamm haben die drei Versammlungen des GewerkvereinS deutscher Metallarbeiter den Schiedsspruch einstimmig ab - gelehnt. Den Gewerkveretn hat man immer als Anhänger der Harmonie zwischen Unternehmer- und Arbeiterintereffe be- zeichnet. Seine Abstimmung kennzeichnet die Lage. Die Führer der L h r i st l i ch e n haben eindeutige Erklärungen nicht abgegeben. Der Deutsche Metallarbeiter- verband sieht sich veranlaßt, sogar eine Unwahrheit des christ - lichen Metallarbeiterverbandes anzunagein. Unter Wiedergabe eines ProtokollzusatzeS stellt der DMV. fest, er habe der Ver - einbarung über SonntagSardett in den ThomaLwerken nicht zu- aestimmt. 3n öffentlicher Kritik bezeichnen Stimmen aus dem DMV. die Ardettszeltregelung als vollkommen unzulänglich und die in dem Schiedsspruch sesigeießten Löhne al» geradezu lächerlich. Ebenso wird die Gültig- keltsdauer des Spruches als zu lang bemängelt. Der Beschluß der Industriellen, von der Kfindlgung. der Arbeiter der zur Elill- legung angemeldeten Werke am 1,5.. Dezember abzusehen, hat keine wesentliche Entspannung der Situation gebracht. nahm« von AuslandSanlerhen die Zurückhaltung bei Ländern und Gemeinden, aber auch bei den Bankiers gefehlt habe. 3n Kapitel 7 wird zugegeben, daß Deulschlaud noch für eenige Zett auswärtige Anleihen benötige. Zum Schluß, wird unbedingte Vorsicht bei der Ausgaben- und Anleihegebarung verlangt. Von großer Bedeutung ist die abschließende Feststellung de« Reparationsagenidn, daß die Ungewißheit über die Höhe der deutschen Noparalicnsschuld zur Unterdrückung gesunder Initiative und notwendiger Reformen führe. Der Sachver- siändigenplan hätte nur ein dringendes Gegenwartsproblem lösen losten. Heute gelle es, eine endgültige Festsetzung der deutschen Reparationsschuld durchzusetzen. 3u den eiubtnlcnimtiihtn In Rumänien. WTB. Bukarest, 16. Dezember. Einer der wegen der Kundgebungen am 10. Dezember angchlagten Studenten wurde In 3assy zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Gerichts - verhandlung gegen die Klaufenburger Studenten beginnt morgen, die gegen die Bukarester am nächsten Dienstag. Gegen die weniger schuldigen Studenten wird disziplinarisch Dorgcgangcn. Der Polizeipräfekt und der Polizeidirektor von Großwardein und der Präfekt des Bezirks haben dem nordamerikanischen Bürger Keller ihr Bedauern ausgesprochen. hatten, aber es wurde uns immer wieder gesagt: mit allen Mitteln sei für die Geheimhaltung der Zustände in der Schwarzen Reichswehr zu sagen." Altt die Frage, ob Selbstjustiz geübt werden sollte, er - klärte Schulz wörtlich: „Das zu entscheiden, darum drückte sich jeder herum. Führer der einzelnen Kommandos wurden aber, wenn etwas vvrkam, verantwortlich gemacht und fürchterlich her - untergeputzt. Die betreffenden KomwandoS (hierfür führte Schulz Beispiele an) wurden dann aufgelöst. Befehle sind nicht gegeben worden. Mas gemacht worden ist, das mußte gemacht werden. Seit 1923 haben die vorgesetzten Behörden alles gewußt, aber es zwei 3ahre lang nicht untersucht. Kein Mensch wußte, wie weit er gehen konnte, aber wenn die Gesetze nicht genau genommen wuiden, dann duldete man das Stillschweigen. Ein Staatsanwalt hat mir gesagt: „Was da geschieht, ist unbedingt notwendig, bars aber nicht sein und muß also bestritten werden." Bisher sind die Ge - richte nie an die eigentlichen Ursachen herangegangen, daher halte ich meine Verurteilung und die Verurteilungen meiner Kame - raden auch in krimineller Hinsicht für Fehlurteile. Die zuständigen Reichswehrstellen haben innerlich das, was geschah, gebilligt. Offiziell natürlich nicht." Auf die Frage des Rechtsanwalts Löwenthal, ob also nach seiner Ansicht die vorgesetzten Offiziere der Reichswehr auf dieselbe Anklagebank gehörten, auf der er gesessen hätte, antwortete Schulz nach langem Ue ber - ingen mit einem deutlichen „3a". Zum erstenmal in allen den Prozessen, die sich um die Fememorde drehen, hat sich Schulz in dieser Weise geäußert. Einem weiteren Antrag der Verteidigung, den Major Büchrucker zu laben, der bekunden soll, daß die zuständigen Reichswehrstellen über die Selbstjustiz der Arbeitskommandos unterrichtet gewesen wären, wurde trotz Widerspruchs der Staatsanwaltschaft und trotz des Versuchs des Vorsitzenden, auch diesen Antrag, wie verschiedene andere, unter den Tisch fallen zu lassen, vom Gericht stattgegeben. Darauf wurde die Verhand - lung auf Dienstag, 9 Uhr, vertagt. RMswctzr bkfvikrll tUtitherochr. Wehrkreiskommando bei HochverratSvorbercilung. Aus dem am Dienstag dem Untersuchungsausschuß des Bayrischen Landtags vorgetragenen Aktenmalerial ist eine reizende Einzelheit nachzutragen. Nämlich der Nachweis, daß Major- Gräfer vom Generalstab beim Wehrkreiskommando Bayern am 28. Oktober 1923 den dem Kampfbund angehörigen Max Gräfer mit der Bespitzelung der sächsischen und preußischen Reichswehr beauftragt hat. Gräser bekam eine förmliche, in zehn Abschnitte gegliederte Anweisung: am 1. November bereits schickte et auS Leizig einen Bericht, der besagt: „Die Reichswehr ist im ganzen seht national und Bayern absolut nicht unfreundlich gesinnt. DaS Offizletkotps begrüßt daS Vorgehen Bayerns, solange es schwarzweihrot bleibt. Ein Ein - sehen ber außerbaytifchen Reichswehr gegen Bayern wird nach Ausspruch eines Oberleutnants für unmöglich ge - halten. Ein Teil ber älteren Offiziere steht jedem Schritt, der ein Risiko in sich schließt, abgeneigt gegen - über, weil sie um ihre Stellung bange sind. 3n Leipzig ist die Reichswehr durch 800 Mann Schwarze Reichswehr verstärkt, 700 Akann davon stellte Oberland, 100 Mann 3unqbo. Die Mehr - zahl der Vaterländischen Organisationen steht fest hinter Hitler. Für das aus Leipzig abgerufene Bataillon 6 rückt Bataillon 11 ein. Die Schupo untersteht der Reichswehr, um so zu verhindern, daß sie durch Hundertschaften usw. verstärkt wird, wie es in Thüringen teilweise geschehen ist. Die Haltung der Schupo ist jüdisch-dernovatisch. Sie würde im Ernstfall zur stärkeren Partei halten. Sämtliche nationale Kreise hoffen auf eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Bayern und Sachsen. Die erste Frage Ist überall: „Wann marschiert Bayern?" Selbst die Reichswehr- offiziere rechnen damit. Die hinter Oberland stehenden Kampf- verbände arbeiten mit fieberhafter Anstrengung auf dieses Ziel hin. Ein Hinausschieben hält man für verhängnisvoll. Das Zögern vor einem Weg, der doch einmal gegangen werden muß, wirkt auf eine nationale Volksbewegung sehr demoralisierend." Seine SpiheUätiakelt, für die er von der Reichswehr aus München Sold erhielt, mußte Gräfer bald abbrechen, weil der Hillerpulsch zu früh stieg. Rach dem Putsch erklärte das Bayrische Wehrkreiskommando, es habe zu seinem großen Bedauern „keine Mitteilungen in bezug aus innere Politik zur Verfügung". Die Tatsachen beweisen jedenfalls, wie sehr die Leitung der ReiehSwehr in Bayern an dem hochverräteriiehen Treiben gegen bai Reich beteiligt war. Sie Schwache der deutschen Kavitatversorgmg. Berlin, 16. Dezember. Gleichzeitig mit dem Reparations - agenten veröffentlicht auch der Reparationskommissar bei ber Reichsbank feinen Bericht für bie Periobe vorn 1. Dezember 1926 bis 31. August 1927, in der jedoch auch den Vorkommnissen nach dem 31. August Rechnung getragen wird. Der deutsche Konjunktur- verlauf welche stark von dem der andern Länder ab. Die Grund - lagen der deutschen Wirtschaft hätten sich in verschiedener Hinsicht erweitert und befestigt. Die schwächste Stelle liege auf dem Gebiete ber Kapitalversorgung. Unausgesetzt übertreffe die Kapitalnachfrage die fiapitalneubllbung, und die Folge davon fei eine große und anhaltende Nachfrage nach Auslandskapital. Die gegen - wärtige günstige Konjunktur stehe im Z u - (ammenbang mit ausländischem Kapitalzufiuß. Verursacht sei diese Erscheinung durch psychologische Einwirkungen ber 3nflatlonsze!t, wenigstens zum Teil. Der hohe Reichsbank- diskont bedeute eine schwere Belastung der Wirtschaft, sei aber nicht zu umgehen. Für die Geldmarktpolitik der Retchsdank sei vor noch kurzer Zeit daS Vorhandensein großer öffentlicher und halböffentlicher Fonds, bie fclbstänbig verwertet worben feien, ein großes Hindernis gewesen. Heute feien diese Fonds bedeutend geringer, gleichzeitig wäre eine bessere Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen erreicht worden. Die Reichsbank habe ihre Stellung in den letzten Jahren bedeutend gestärkt. 3hreHaupt- aufgdbe fei öie Aufrechterhaltung der Wäh - rung, für die sie jetzt wohlgerüstet fei. Berlin, 16. Dezember. Der Bericht des Reparations - agenten, der diesmal etwa 172 Seiten stark ist, und in 8 Kapitel zerfällt, wurde am Freitagmittag überreicht. Der Bericht be - schäftigt sich in feiner Einleitung mit ber allgemeinen Reparations - lage und stellt fest, daß Plan unb Uebertragung nor - mal funktionieren. Er geht bann auf ben bekannten Briefwechsel der Reichsreglerung ein und stellt fest, daß dieser Briefwechsel in beiderseitigem Einvernehmen mit der Reichs - regierung veröffentlicht wurde. Inzwischen seien genügende Schritte zur Besserung der Lage unternommen worden. Die Be - ziehungen zwischen Äeparationsagen! und Reichsregierung seien freundschaftlich unb verständnisvoll. Kapitel 1 handelt bann von ber Verwaltung des Planes. Die loyale Lieferung ber Repara- tionSbefräge wird festgestellt. Kapitel 2 handelt von bet Tätig - keit bes llcbcrtragungsausfcbuffeS. Die in frembe Währung über - tragenen Summen belaufen sich im dritten ReparaiionSjahr auf 1,38 Milliarden gegen 1,17 Milliarden im Vorjahre. 3n Kapitel 3 wirb insbesondere bet Bericht bes Eisenbahnkominifsats behandelt. Die Ausgabensteigerung bet ReichSbahnvermögensverwaliung be - liefen sich für 1927 auf 500 Millionen. Die Reichsbahn sei heute auf kurzfristige Bankkredite angewiesen. Die Reichsbahn solle den Versuch machen, den inländischen Kapitalmarkt zu bean - spruchen. Falls die Reichsbahn eine Ausländsanleihe aufnehmen wolle, feien Erörterungen mit bet Reparattonskommission not - wendig. Kapitel 4 nimmt zu ben Budgets von Reich, Ländern unb Gemeinden Stellung. Diese Budgets seien im gegenwärtigen und verflossenen 3ahte nicht ausgeglichen gewesen. Viele Gemeinden hätten über ihre Mittel gelebt. Indessen weise der Haushalt des Reiches an - erkennenswerte Fortschritte auf. Die Hauptaufgabe fei jetzt, eine bessere AuSgabenkontrolle butchzuführen. Dringend notwendig fei die Rationalisierung unb Reform der öffentlichen Verwaltung. Die Flnanzpolilik det'Ländei und Gemeinden haben Fortschritte gemacht. Kapitel 5 beziffert bie Gesamtschuld ber öffentlichen Körperschaften Deutschlands mit 11 Milliarden Mark, wovon 8 05 Milliarden auf bai Reich, 1,1 Milliarden auf bie Länder und 1,85 Milliarden auf die Gemeinden entfallen. Die lang - fristige Auslandsverschuldung der Länder und Gemeinden betrage diS Oktober dieses Jahres 1,3 Milliarden, bie langfristige Inlands - verschuldung 0,85 Milliarden. Kapitel 6 betont, daß bei der Aus- Eine Sitzung am Freitag erörterte bie Vorbereitungen . ben bevorstehenden Reichstags- unb Landtagswahlen. Welter waren agitatorische unb organisatorische Fragen Gegenstand ber Beratungen. Der Parteiausschuh nahm gleichzeitig mit Befrlebigung von dem Ergebnis ber Werbewoche Kenntnis. Danach sinb 64 099 Neuaufnahmen zu verzeichnen; barunter 13 066 Frauen. Außerdem sind bisher 74 661 neue Zeitungsabonnenten gezählt. Von 21 Zeitungen sind Meldungen nicht eingegangen. Die ®c- famtjiffer bet neuen Zeitungsabonnenten bürste sich a io noch wesentlich erhöhen. 5m Vergleich zu bem Ergebnis bet Werbewoche 1926 ist bie Zahl ber neu gewonnenen Mttglieber um rund 12 000, bie bet Leser schon jetzt um 5000 höher. B8H8B £8*836^ vj Preis 15 4 Hamburger Echo ft» ©•*•’*••*••• ®4l® erfd>t(nt läqNch einmal, miter den 1. »eiertoaen. . „ » , - „ * Ä « * BrtiH*.w »°»-»»<»» Vvchhandluna» Hedlandstrabe N. Lrdgeich. ficrn|prcd)cmd/2 «IbcöSSt Gegründet 1875 iUbr ebenb* tür btn foiac*bta tag), in den ÄiUa r* urt Puchdruckere»kontoT' Äehlandltr. IU l -ernspr., tllb« (Uttü u. 662L " • toi allen Annoncenbureaus Watz- und Paleuvorichntten unverdtudttch