Nummer 16 Montag, 16. Januar 1928 54. Jahrgang der Völker- ir aus jener Diskussion so stark, geschlosien und bewußt hervor- rgangen, wenn damals solche Methoden des inneren Kampfes wir Amerikas Nustungen Sigcn AmkkltaS mutt Solltntoucrogramm. Amerikas kalte SukMe über Briand ❖ (Fortsetzung folgt.) „ bundsrat niemals es man seien Keine des mit der WTB. Washington, 14. Januar. Der Flottenausschuh Repräsentantenhauses hat trotz der Empfehlungen Wilburs 15 gegen eine Stimme eine Entschließung angenommen, in gefordert wird, daß Künftig für Flottenbauprogramme der [er im en — Einen Amerika erklärt ln seiner neuen Note an Frankreich, daß es den FiredenSpakt nicht unterzeichnen könne, solange nicht eint ganze Reihe anderer Staaten ihre Unterschrift für das Dokument geben würden. Echo de Paris. Beginn der Bnnnmerltonihbtn Äonfeten). WTB. Havanna, 15. 3anaar. Präsident Eoolidge ist heute zur Teilnahme an der panamerikanischen Konferenz an Bord des Schlachtschiffes „Texas" hier angekommen. Eine riesige Menschenmenge bereitete ihm einen begeisterten Empfang. gegangen, wenn damals solche Methoden des inneren Kampfes angewandt worden wären? Haden Sie sich schon die Frage ge - stellt, wie jetzt unsere Partei aus dem Kampfe hervorgehen wird? Sanktionen er Kaiser in die moderne Feier hinelnfchieben ließ". fFrentag.) Dann sagt sich Bismarck, daß man die Sache am besten vom [15] Er sieht mich nun eine ganze Weile an, ziemlich dumm und sehr ausdruckslos. Die ganze Zeit hat er gelächelt und, wie sein Kollege In Rotterdam, mit einem Bleistift gespielt. Was würden die Leute nur machen, wenn es keine Bleistifte mehr gäbe? Aber dann gibt es sicher ein Lineal, oder einen Löscher, oder die Telephonstrippe, oder die Brille, oder ein paar Blätter Papier oder Formulare, di« man auf- und zu- faltes. Eine Amtsstube hat ja so gut vorgesorgt, dah der Insasse stch nie langweilt. Gedanken, mit denen er sich be - schäftigen kann, hat er nicht; und wenn er welche bekommt, hört er für gewöhnlich auf, Beamter zu sein und wird ein umgänglicher Mensch. Könnten die Finger eines Tages nicht mehr mit den Iltenstllen spielen, di« auf der Inventar - liste stehen, würden sie vielleicht an den Fundamenten spielen und bohren, und das möchte den Fundamenten nicht be - kommen. „Also ich kann Ihnen keinen Paß geben." „Warum nicht?" „Auf was denn? Auf Ihre bloßen Aussagen hin? Das kann ich nicht. Das darf ich nicht einmal. Ich muß doch Unterlagen vorweisen können. Ich muß doch Rechenschaft ablegen, auf Grund welcher Beweise ich den Paß ausgestellt habe. Wie können Sie denn beweisen, daß Sie Amerikaner sind; daß ich überhaupt verpflichtet bin, mich mit Ihnen hier zu besassen?" „Aber das können Sie doch hören?" „Woran? An der Sprache?" „Natürlich." „Das ist kein Beweis. Nehmen Sie hier den Fall Frank- «ich. Zier leben Tausende die Französisch sprechen und nur so trieft und ein bereits unterschriflsertiges „Handschreiben" ‘ ‘ ‘ ~ ' t mit der Bitte Das Zofcnf<$iff. Die Geschichte eines amerikanischen Seemanns. Bon B. Traven. Mann gesehen und glaube, daß er Bürger ist!, so kann es leicht geschehen, daß ich gesackt werde. DerO was ich glaube, will die Regierung daheim nicht wissen. Sie will nur wissen, was ich bestimmt weiß. Und was ich bestimmt weih, muß ich immer beweisen können. Ihre Staasbürgerschaft und Ihre Geburt kann ich nicht beweisen." Man möchte manchmal bedauern, daß wir noch nicht aus Papiermachs gemacht sind; denn dann könnte man an dem Stempel sehen, ob man in der Fabrik USA. oder in der Fabrik Frankreich oder in der Fabrik Spanien angefertigt worden ist, und den Konsuln wäre die Mühe erspart, ihre wertvolle Zeit mit so törichten Dingen zu vertrödeln. Der Konsul hat den Bleistift hingeworfen, ist abgestan - den, geht zur Tür und ruft einen Namen hinaus. Ein Se - kretär kommt herein, und der Konsul sagt zu chm: „Sehen Sie mal nach. Wie ist der Name?" Er wendet sich zu mir. „Ach ja, es fällt mir schon wieder ein, Gale, richtig. Ja, sehen Sie also nach, sofort." Der Mann läßt die Tür halb offen, und ich sehe, daß er an einem Schranke, wo Tausende von gelben Karten auf- gestapelt sind, das V heraussucht und nach meinem Namen forscht. Die Karten der Deportierten, der Unerwünschten, der Pazifisten und der bekannten Anarchisten. Der Sekretär kommt wieder zurück. Der Konsul, der während der Zeit am Fenster gestanden hat und hinunter - gesehen hat, dreht sich um: „Na?" „Ist nicht drin." Das wußt« ich vorher. Jetzt kriege ich meinen Paß. So schnell nicht. Der Sekretär ist wieder gegangen und hat die Tür hinter sich zugemacht. Der Konsul sagt nichts, setzt stch wieder an seinen Schreibtisch, sieht mich eine Weile an und weiß nicht mehr, was er fragen soll. Seine Prüfungs- anfgaben scheinen nur bis hierher gereicht zu haben. Nun steht er auf und verläßt das Zimmer. Jedenfalls holt er sich Rat aus einem der andern heiligen Räume. Aus ungarischem Boden wurden nun die Früchte umgeladen und die Wassen ausgeladen. Diese Schiebungen seien den Behörden Zeitpunkt der Fertigstellung der Schiffe angegeben werde. Eine weitere einstimmig angenommene Entschließung richtet sich gegen die beabsichtigte Bestimmung, daß der Präsident das Recht haben soll, den Kriegsschiffbau jederzeit ohne Befragung des Kongresses zu unterbrechen. Die Entschließung bringt die Ansicht zum Ausdruck, daß das Programm in 8 Jahren durchgeführl werden und die Angabe der Höchstziffer der jährlich auf Kiel zu legenden Schiffe und die Höchstkosten enthalten sollte. Zusammensassend sprach bet Ausschuß die Ansicht aus, daß die Festsetzung des Programms aufgeschoben werden sollte. Der Demokrat McClintic, der als einziges Mitglied des Ausschusses gegen die Beschlüsse opponiert hatte, erklärte, diese Beschlüsse bedeuteten für den Präsidenten einen Schlag ln5 Gesicht. Ich habe nichts weiter zu tun und sehe mir di« Bilder an der Wand an. Alles bekannt« Gesichter, mein eigener Bater ist mir nicht so vertraut in seinem Gesicht als diese Gesichter. Washington, Franklin, Orant, Lincoln. Männer, denen Bureaukratismus so verhaßt war wie einem Hunde die Katzen. „Das Land soll für immer sein das Land der Frei - heit, wo der Verfolgte und Gehetzte Zuflucht findet, sofern er guten Willens ist." „Dieses Land soll gehören denen, die e§ bewohnen." Aber freilich, das kann ja nicht so fort gehen bis in all« Ewigkeit. „Das Land soll gehören denen, die es bewohnen." Das puritanische Gewissen ließ nicht zu, daß kurz und bündig gesagt wurde: „Das Land gehört uns, den Amerikanern." Denn da waren di« Indianer, denen das Land von Gott ge - geben war, und Gottes Gesetz hat der Puritaner zu beachten. „Wo der Verfolgte und der Gehetzte Zuflucht findet." Ganz gut, wenn alle, die da wohnen, Verfolgte und Gehetzte sind ans allen möglichen Ländern. Und die Nachfahren jener Verfolgten und Gehetzten sperren das Land ab, baä allen Menschen gegeben wurde. Und um die Absperrung ganz vollkommen zu machen, damit auch nicht eine Maus durch- schlüpfen kann, sperren sie die eigenen Söhn« ab. Denn es könnte ja unter der Verkleidung des eigenen Sohnes sich der Sohn eines Nachbarn einschleichen. Der Konsul kommt zurück und seht sich wieder. Er hat ein« neue Frage gesunden. „Sie können ja vielleicht ein entwichener Sträfling sein ober jemand, der eines schweren Verbrechens wegen gesucht wird. Und ich würde Ihnen einen Paß ausstellen auf den von Ihnen genannten Namen und würde Sie durch den Paß vor der gerechten Verfolgung schützen." „Ja, das würden Sie. Ich sehe nun ein, daß mein Kom - men ganz und gar zwecklos war." I keine Franzosen sind. Hier gibt es Aussen, Rumänen, Deutsche, die ein besseres und reineres Französisch sprechen I als der Franzose selbst. Hier sind Tausende, die hier ge- • boren sind und keine Staatsbürger sind. Anderseits sind I drüben Hundertfausende, die kaum Englisch sprechen können, und über deren amerikanische Staatsbürgerschaft auch nicht der geringste Zweifel besteht." „Aber ich bin doch im Lande geboren." „Dann freilich können Sie Bürger fein. Aber auch dann müßten Sie erst noch beweisen, ob nicht Ihr Vater für Sie eine ander« Staatsbürgerschaft vorbehalten hat, di« Sie nicht abgeändert haben, als Sie volljährig wurden." „Meine Urgroßeltern waren schon Amerikaner, und deren Eltern auch schon." „Beweisen Sie mir das, und ich bin verpflichtet, Ihnen einen Pah auszustellen, ob ich will oder nicht. Bringen Sie die Urgroßeltern oder nur die Eltern her. Ich will aber viel näher kommen, beweisen Sie mir, daß Sie drüben geboren sind." „Wie soll ich denn das beweisen, wenn die Geburt nicht registriert worden ist." „Das ist sicher nicht meine Schuld." „Vielleicht bestreifen Sie mir gar, daß ich überhaupt geboren bin?" „Richtig. Das bestreife ich. Die Tatsache, dah Sie hier vor mir stehen, ist kein Beweis für mich, dah Sie geboren sind. Ich habe es zu glauben. Wie ich zu glauben habe, dah Sie Amerikaner sind, daß Sie Bürger sind." „Also Sie glauben nicht einmal, dah ich geboren bin? Das ist aber doch die Grenze alles Möglichen." Der Konsul lächelte sein schönstes Amfslächeln: „Dah Sie geboren sind, muh ich ja wohl glauben; denn ich sehe Sie hier mit meinen Augen. Wenn ich Ihnen nun einen Pah ausstelle und ihn der Regierung daheim damit recht - fertige, dah ich in meinen Bericht schreibe: Ich habe den MMtn not HWto 6it MloW Gin offener Brief an Sacharin. / Die Derhaflnng Fifcheleros. / Harte Worte Der Brieff«hrett»er in» Gefängnis. L'thtttoroltil gegen Sümlkomvromiß. Der Berliner Lehrerverband veranstaltete am Sonntag lm Lehreroereinshaus in Berlin unter außerordentlich starker Be - teiligung eine Protestkundgebung gegen das Reichsschulgefeh. Als Redner traten Lehrer aus allen Teilen Deutschlands und ein Vertreter aus Oesterreich auf. Die Tagung endete mit einer Kundgebung, in der es zum Schluß heißt: „Der Reichsschulgesehentwurf ist im Bildungsausfchuh des Reichstags in wesentlichen Teilen noch erheblich verschlechtert worden. Die durch die Verfassung gegebene Vorrangstellung der gemeinsamen Schule wird aufgehoben. Die deutsche Bildungseinheit wird zerstört. Die Leistungs - fähigkeit der Volksschule wird herabgesetzt. Die Gewissens - freiheit wird bedroht. Die Vereinbarungen über den Religionsunterricht und die Schul - aufsicht liefern die deutsche Volksschule an die Kirche aus und bringen die Wiederkehr der geistlichen Schulaufsicht. Der Haupt - ausschuß des Deutschen Lehrervereins ruft deshalb die deutsche Lehrerschaft und das ganze deutsche Volk auf, den Kampf gegen die der Volksschule durch diesen Entwurf bedrohenden schweren Gefahren entschlossen und tatkräflig weiterzuführen. Der Weg für die Entwicklung der gemeinsamen deutschen Volksschule muß fretbleiben." Denn dieser Tag enthält z u viel Herrlichkeiten, an denen sich der „nationale Mann" restlos berauschen kann: Die ..Prokla - mation" des siegreichen Preußenkönigs zum deutschen fialsi Königsschloß des geschlagenen Frankreich. 60 Standard 600 Offiziere — 200 Generale — und 20 ..Fürsten", i schöneren Erinnerungstag für den deutschen Spießer gibt es doch Punkt des größten Widerstandes" aus aufrotlf und fingert über den in seinem bayrischen Märchenschloh den großen verträumen - den Bayernkönig hinweg die Geschichte. Gras Holstein, der ..Stallmeister" des bayrischen Königs, kriegt ein Schreiben Bis - marcks an den Wittelsbacher, das von faustdicken Schmeicheleien . . . Doch vorläufig sitzen Fischelew und die andern Genossen im Gefängnis. Man verwehrt ihnen Liebesgaben, verwehrt Ihnen Besuche. Ihre Familien hun - gern. Iknen erscheint das sonderbar. Sie glauben, die Opposi - tion würde während der Abstimmung einige Stimmen weniger erhalten. Don pur, einem Mitglied der Partei und als Opposi - tionellen verlangt diese Tatsache eine bestimmte Handlungsweise: entweder Sie befreien unverzüglich die Verhafteten, die unsere Genossen im Kampfe um den Leninismus sind, befreien den Pro - letarier, mit dem wir gemeinsam gehungert, gelitten und gekämpft haben. Oder ich will diesen Bries mit den mit leicht zugänglichen Mitteln abdrucken und an die Mitglieder unserer Partei ver - teilen, damit auch ich verhaftet werde. Doch ver - gessen Sie eines nicht: aus dem Gefängnis wird unsere Stimme noch lauter zur Partei sprechen. Dieses Mal ohne Gruß. 6. Sorin. sicherlich nirgends mehr aus der ganzen Welt! Kein Wunder, daß die Studenten, Offiziere, Richter, Fabri - kanten und Gutsbesitzer des heutigen Deutschland an diesen Tag sesthallen — als der Verkörperung ihrer ureigensten „Vater- lands"-Idee! Dabei ist kein Tag der neueren „vaterländischen" Geschichte so gründlich seiner prunkvollen Attrappe entkleidet worden, wie gerade dieser 18. Januar, und zwar durch keinen geringeren, wie Otto v. Bismarck selbst. Während der „junge" Kaiser die „Proklamation", bei der sein Vater und sein Großvater so schöne „Heldenvälerrollen" starteten, durch Prachtgemälde des Malers Anton von Werner glorifizieren ließ, diktierte der aus dem Amt gesagte Kanzler voller Gift und Galle im ..Sachfenwald" seine „Memoiren". Seitdem sieht die ..Kalserkrönuirg" der Hohenzollern, von rückwärts der „vaterländischen" Soffiten und Kulissen aus betrachtet, ganz anders aus. Bismarck braucht, um sein politisches Kunstwerk, den preußisch-deutschen „Bund" zusammenzuhalten, einen „Kaiser" und ein „Deutsches Reich". Bismarck will das Reich — sonst niemand. Dagegen ist das liberale Bürgertum, selbst ein Mann wie Freytag, der den „Wellherrschaftstitel" ablehnt, der einen „falschen Pealismus" herausbeschwöre. Dagegen sind die meisten deutscken „Fürsten", vor allem die Herren „Könige" au5 purer Eifersucht. Dagegen ist der klerikale Süden, vor allem das katholische Bayern. Dagegen ist der künftige Kaiser selber, der ja doch auch ein klein wenig befragt werden muß. Er sieht sein liebes, altes, junkerliches Preußen in die Brüche gehen und stöhnt: „Was soll mir der Titel? Was soll mir der Charaktermajor?" Und nun „managt' dieser Bismarck unter diesen Puppen und Statisten sein diplomatisches Meisterwerk. Zuerst schlägt er den Kronprinzen breit. Er redet ihm die Hirngespinste von dem unglückbringenden „römischen Kaisertum" des bayrischen Königs an den König von Preußen um Annahme des Kaisertitels mit — und legt loS. Und nun steigt das eigentliche Possenstück. „Ein Staatsschreiben? Das muß zuerst Bismarck lesen. Rach Tisch gibt der König Bismarck den Brief, um ihn In Gegenwart seines Sohnes vorzulesen. Mit ernster Miene und schöner Be - tonung rezitiert Bismarck seinen eigenen Bries. Der Kandidat übt zunächst passive Resistenz. Niemand wagt, ihm von der neuen Krone zu reden; er will sie nicht haben. aus, überzeugt ihn, daß ein deutsches „Königtum" gegen die Könige von Bayern, Sachsen und Württemberg ein Sing der Unmöglichkeit sei und pumpt ihn derartig mit der „Kaiser-Idee" voll, daß er später, bei Eröffnung des ersten deutschen Reichstags „zum Staunen der Abgeordneten den uralten Stuhl der Eachsen- die moderne Feier hineinschieben ließ". sFrentag.) x Im Reichstag spielt der zweite Akt der Komödie. Ein Ab - geordneter darf anfragen, ob das deutsche Volk nicht ein Ober - haupt bekomme. Darauf liest Delbrück mit blecherner Stimme das Schreiben des Bayernkönigs vor. Es war, als ob er die arme deutsche Kaiserkrone, in Zeitungspapier gewickelt, aus der Hosentasche gezogen hätte, und Bismarck sagte: „3a, dieser Kaiser- scherz brauchte einen geschickteren Regisseur, man mühte eine wirksamere „mise en scene" (Ausstaffierung) habenl" (Emil Ludwig, „Bismarck".) Und nun schäumt das liberale Bürgertum plötzlich über vor laufet — wie Bismarck sagt — „Kaiserei". Man bestellt 30 Vertreter des Reichstags nach Versailles, um dort dem königlichen Kandidaten eine „Adresse" zu über - mitteln. Der König gerät in Zorn und weigert sich noch am Abend zuvor, die Deputation zu empfangen. Die Hofschranzen aber fragen sich, „was diese Kerls eigentlich hier zu suchen hätten". Schließlich hält der ehrwürdige Simson eine sorgfältig aufgesetzte Rede, in der es heißt: „Vereint mit den Fürsten ein wunderbares Verfahren. Die ungarisch-italierifchen Wasfenfchiebungen. Früchte statt Waffen / Waffen statt Früchte. / Der machtlose Bölkerbundsrat. SPD. Paris, 16. Januar. Der sozialistische Populaire kündig! eine Reihe von Enthüllungen an über die Wafsen- schiebungen, die zwischen 3talien und Ungarn ständig vorgenommen worden seien. Man dürfe nicht annehmen, daß die jetzt entdeckten Schiebungen die einzigen gewesen seien. Seit Jahren habe Ungarn Waffen aus Italien bezogen und gerade zu diesem Zweck habe es auf dem 0t. Gotthard eine MUitärkvmmission ständig in Alarmbereitschaft gehalten, die auch jetzt sofort eingegriffen habe. Die bisherigen Schiebungen seien aber mit größter Vorsicht vor - genommen worden. Zunächst habe man von Italien aus eine Anzahl Waggon mit Früchten nach irgendeiner ungarischen Stadt gesandt. Wenige Tage daraus seien die gleiche Anzahl Waggon mit Wassen unter der Bezeichnung „Früchte" nach einem Bahnhof Rumäniens, Polens oder der Tschechoslowakei abgegangen. nelle Plattform gut zum Abdruck, in der wahrheitsgetreu und er - schöpfend die Erwartungen und Nöte der proletarischen und bäuer - lichen Armut sich spiegeln — deshalb sitzt Genosse Fischelew im inneren Gefängnis der GPU., indes seine Familie hungert. .... Entsinnen Sie sich, wie Sie in der Opposition gegen Lenin vor dem Aufstande in Kronstadt nach Leningrad kamen. Wir, Ihre Gegner, veranstalteten für Sie Parteiversammlungen; wir, Ihre Gegner, wählten proportional Delegierte für den Kon - greß nach Plattformen. So war es zu Lenins Zeiten, als Sie und Stalin keine volle Macht besaßen. Doch jetzt? Jetzt bringen be - waffnete Leute in die Wohnung des Genossen Fischelew ein, um Haussuchung zu machen. Sie wühlen in seinen Büchern. Sie legen Bücher zur Seite, deren Versasser Sie und Ihre Gesinnungs - genossen sind, die über die Opposition schreiben. Sie suchen nach Randbemerkungen, das heißt, sie sind interessiert zu wissen, was die Zweifel des Genossen Fischelew an ihren Schriften gegen die Opposition erregt. Zuguterletzt finden sie ein Büchlein mit den Resolutionen des 11. Parteikongresses. Es trägt einige Rand - bemerkungen. Sie fragen dieses Büchlein als Trophäe mit sich fort, entführen zugleich den Genossen Fischelew in eigener Person. Dann wird der Verhaftete in die ZKK. gebracht — in diese Vorhalle des Gefängnisses. . . . .. . Und wer hat Ihnen, Herr Bucharin, damals, als Sie sich in der Opposition gegen Lenin befanden, den Gedanken eingegeben, alles das zu tun, was jetzt der Genosse Fischelew tut? Wären Auf ungarischem Boden wurden nun die Früchte die Waffen ausgeladen. Diele Schiebungen seien bekannt gewesen. Einmal habe sich sogar d ' damit, beschäftiAt, aber ' gf, da juristische Handhabe gesunden habe. Inder russischenParteldiskussion wurde immer wieder der Name des verhafteten Fischelew erwähnt, des Leiters meh - rerer Moskauer Buchdruckereien und einer der führenden Persönlichkeiten innerhalb des Buchdruckerverbandes. Fische - lew war es, der in einer der ihm unterstellten Buchdrucke - reien die berühmte Plattform der Opposition in vielen tau - send Exemplaren hatte drucken lassen. Di« Folg« davon war feine Verhaftung. Die GPU. versuchte auch eine künstliche Verbindung zwischen ihm und den monarchistischen Organi - sationen zu schassen. Nun wendet sich Sorin, der frühere Redakteur der Leningrader Prawda an Bucharin, der einst - mals mit ihm und Fischelew während ihrer gemeinsamen redaktionellen Tätigkeit in New Hork eng liiert war, mit einem offenen Brief, der durck glücklichen Zufall auf den Re- daktionstisch des Auslandsoroans der russischen Sozialdemo - kraten, der Sozialistische Bote, geflogen kam. Der Brief ist äußerst lesenswert und beleuchtet schlaglichtartig die augen - blickliche Situation. Sorin war aber aus Anlaß dieses Briefes gezwungen, das Schicksal Fischelews, für den er hier so mutig eintritt, zu teilen: er wurde kurzerhand ins Ge - fängnis gesperrt Hier die wichtigsten Stellen des Briefes: Genosse Bucharin! Ich sehe mich durch die Sache des Genossen Michail Fischelew veranlaßt, diesen Bries an Sie zu richten. Sie kennen den Ge - nossen Fischelew seit etwa zwölf Jahren. Doch ich kenne ihn seit 18 Jahren. Ich weih, daß er noch als vollkommener Jüngling Mitglied der Russischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei war, im Jahre 1906 verhaftet wurde, zwei Jahre in Einzelhaft "er - bracht hatte, zu ewiger Ansiedlung nach Sibirien verschickt wor - ben und geflohen war. Nach Amerika gelangt, wurde er einer der Begründer der Zeitung Nowij Mir. Als Sie, Genosse Bucharin, nach New Jork kamen und • In das Redaktions - kollegium eintrafen, stand der-Nowij Mir bereits auf festem Fuße. Er war eine Tagesausgabe geworden. Doch Sie wissen ja zu gut, wie schwer es bei den kapitalistischen Verhältnissen Amerikas war, diese Zeitung sicherzusiellen. Sie wissen auch, daß zu Be - ginn unserer Arbeit die kleine Gruppe der Proletarier, die den Nowij Mir herausgab, genötigt war, von ihrem eigenen kargen Verdienste die zur Herausgabe nötigen Mittel zu bestreifen, daß sie selbst schreiben und redigieren muhten, selbst, nach der Tages - arbeit, nachts verpacken, selbst verkaufen und Abonnenten wer - ben muhten. Genosse Fischelew stand, wie Sie wissen, in den ersten Reihen der Kämpfer für die neue Welt im buchstäblichen Sinne des Wortes. Genosse Bucharin! Wer von unS hat keine Fehler began - gen? Der Proletarier Fischelew hot auch Fehler begangen. 3m Jahre 1917 ist er, heimgekehrt aus der Emigration, In der Druckerei in Charkow arbeitend, zu den internationalen Mensche- wiften geflohen. Bald daraus zum Sekretär des Charkower Arbelterverdandes des Druckereigewerbes gewählt, organisierte er den allgemeinen Streik der Buchdrucker während der deutschen Okkupation. Er wurde deswegen von der Petljura-Armee ver - haftet und wäre wohl erschossen worden, wenn die Arbeiter sich nicht einmütig geweigert hätten die Arbeit wieder aufzunehmen, bis er befreit würde. Seit 1919 gehört er wieder unserer Partei an. Er arbeitet am Seherkasten, arbeitet als Sekretär der Mos - kauer Bezirksabteilung des Buchdruckerverbandes, arbeitet als roter Diktator, und arbeitet überall prolefr-rifd? rechtschaffen und gut. Nun Ist er verhaftet und aus der Partei ausgeschlossen. Weshalb? Genosse Bucharin! Ich frage Sie als Mitglied deS Polit- bnreaus: weshalb verhaften Sie solche Proletarier wie Fischelew? Ich frage Sie als Redakteur der Prawda: Weshalb verleumden und beschmutzen Sie Proletarier gleich Fischelew? Sie, Bucharin, haben sich nicht geniert, in Ihrem Blatte vom 16. Oktober den gemeinen Aufsatz B. Nikolajews zu bringen, wo neben andern Scheußlichkeiten gesagt wird, dah Genosse Fischelew auch schuld sei an der Herausgabe des Trotzkischen Blattes Nowij 'Mir in New ^orh, wobei dieser letzte Satz settgedruckt ist. Nun, haben wir. Sie und ich. die wir am Redaktionskollegium Nowij Mir teilnabmen, auch die Zeitung des Genossen Trotzki herauS- gegeben? Weshalb lügen Sie sogar über sich selbst, indem Sie sich als Hauptdirektor des Nowij Mir zum Trotzkisten machen? Alles bloß, weil Sie auf Genossen wie Fischelew besonders erbost sind. Sie nehmen an ihnen Rache. Wenn Fischelew Geld entwendet hätte, wie irgendein Broido, aber Ihre antilenlnschen Artikel gut Sedruckt hätte, hätten Sie die Angelegenheit vertuscht. Doch 'ischelew entwendete kein Geld, aber er brachte die oppofifio- 18. Januar. Otto v. Bismarcks „Nationalfeiertag". — Der „Kaiserscherz". — Die „arme deutsche Kaiserkrone in Zeitungspapier ge - wickelt und aus der Hosentasche gezogen". — Zwei Juden am deutschen Kaiserthron. — „Die Kaisergeburt war eine schwere!" — „Was heiht aus lateinisch Wurscht?" Der 18. Januar ist trotz aller Bemühungen gutgläubiger Libe - raler und Demokraten, den Tag zu „entgiften", der Feiertag der Konterrevolution geworden. Hamdurgerckcho erscheint «Lgllck elmmU, außer an 2.Feiertagen. , Im »orau« A Ä Ä A J A. A A A A tln t «i e rnyr»l|« ntriffben sich m Reichsmark, Ne ngespaltene Ron- »adlbar: Monatlich 2,50 >. (elntol. 50 4 IusleUunaSaebühr), wöchentlich ■ IC. p.ireiUewile <5 i ’prtnol« JunlUenanidiiea 30 ■ sielten n 2Hil1ninirn#Jl ImflflM JifilMnMlr WWWWH AWVHHW A^vtuwum eiltona. - Tiiittiöanbtiing: Fehlandslr. 11, ffernspr.: Sammel-Nr. C 5 ' 1875 Nummer L 5 Stephan 18Z1, NacblrufL 5 Stephan 24kl <«c»OUl,r Stephan 1701, Nachtruf L 5 Stephan 21102. Drurtereikontor: Feblandstr.11,1. ejlUHOH 10,9 Ist» 6*n ,ol fl en6