Preis 10.4 55. Jahrgang Stammet 174 Mrttrvo«h, 26-3uni 1929 t(n* föqlftfi einmal, Mltzer an 2. Feiertagen. ®e*ug.peel.«3m »mau« E£^ ar / ■ a ’®** *■ (etnschl. 5* A Ausiettunqsgebijbr), wökkentllch *® ^emschU 13 * 3us. Michl»», 'Dnchdandiung: .Feblandstr. 11, Fernspr.: Sammel.9!r. C 5 Stephan 1701, ?lachtruf c 5 Stephan AO2. Dnukereikontor: Fehlandstr. 11,1. gernipr.: e-ammel-Nr. C 5 Stephan 1831, Nachtrus C 5 StephanZONu. 3683. Hamburg 21 ltonaerDolLsblatt d «egründet 1875 oerstrven (14 tn Relchsmarr, die l -gespalten, Die* paretllkteUe 43 4. prl-xüt 30 4. eteUeiMW, edwt« 33 4. St«ll»>>8»,uche 23 4, Uletw'Un^lfien hie 9 ?et!30 X Änzeigen milslen ttn voraus oder sofort bejahst werbe«. «^•tgetMmnapH»» Fehlandslrahe 11, Lvchpart., Fernsprecher: (Sammt!- MMMter c 5 Stephan 1831, IRachttuf L5 Stephan 2461 (totettUtp o«xe*e fOr 6«® |otg«:.ecn Xog), bl den Füstlle- fbi« 3 ridrl unt Ul alle» Annoncenbureaus Dlatp und Datenvorschriften unverbindlich Fcankreirh drängt! Voungplanprovlenre / Rheinlan-frage / ©aateixtfgabe schon jetzt? SPD. Paris, 25. Juni. (Eig. Drahtbericht.) Die französische Regierung hat im Laufe des am Dienstag - vormittag abgehaitcnen Ministerrats beschlossen, die Ausnahme der Verhandlungen mit den an der SachverständigenKonferenz be - teiligten Mächten über die Einberufung der diplo - matischen Konferenz möglichst zu beschleunigen. Damit tritt erneut zutage, wie sehr der Regierung an einer raschen Erledigung der Reparationsfragc im Hinblick auf die nötige Ratifikation der interalliierten Schulden gelegen ist. Ministerpräsident Poincare verfolgt noch immer die Absicht, dieAa- tifikatian durch Dekret vorzunehmen, obwlchl kaum anzunehmcn sti daß sich in einem der Häuser des Parlaments eine Mehrheit hierfür finden wird. Die Regierung kann auf die Ratifikation der Schulden- abkommcu durch die Kommer nur rechnen, wenn vorher die Annahme des Zoungplanes durch Deutschland ge - sichert ist. Dr. Stresemann hat in seinen Ausführungen in der Reichstagssihung am Montag keinen Zweifel darüber. gelassen, daß diese Annahme nur unter der Bedingung der Räumung er - folgen kann. Gegen die in der Rede Stresemanns enthaltene kate - gorische Ablehnung der ständigen Kontrollkommission wird in der hiesigen Öffentlichkeit kaum ernsthaft Protest erhoben. Man legt die Erklärung des deutschen Auhenministeifs lediglich dahin aus, daß Deutschland in eine Kontrollkommission bis 1935 willigen würde. Wir glauben ferner zu wissen, daß die fran - zösische Regierung auch einen etwaigen deutschen Antrag auf sofortige Lösung der Saarsroge nicht rundweg ablehnen würde. Sie würde allerdings in diesem Falle wahrscheinlich erhebliche Konzessionsforderungen stellen, die sich nicht nur auf den im Ver - trag festgelegten Rückkauf der Saargruben bezögen, sondern auch in Ersatzansprüchen für den wirtschaftlichen Nachteil, den Frankreich durch eine voreilige Loslösung der Saar aus seinem Zollgebiet erleiden würde, immerhin ist wegen der Fülle der auf der kom - menden Konferenz zu erledigenden Gegenstände kaum anzunehmen, daß dort auch bereits die Saarfrage einer Lösung zugeführt wird. Dagegen muß es möglich fein, eine bindende Zusage der fran - zösischen Regierung auf Einleitung baldiger Verhandlungen nach der Konferenz zu erhalten. Kompromiß in der Zollfragr. GstreiSenronopol gefallen. / Erfolgreicher fozial-emotraßifcher Widersinn- gegen üverniiifZige Zollerhöhnngen. / Gefrierfleische ins uhr bleibt! SPD. Berlin, 26.3uni. (Drahtbericht.) 3m Laufe des Dienstag ist zwischen den beteiligten Par - teien weiter über die dem Reichstag vorliegenden Anträge auf Erhöhung der Agrarzölle verhandelt worden. Die Ver - handlungen suhrlen zu einem Abschluß, der als Grundlage für die kommende Regelung betrachtet werden kann. Die Stellung der Sozialdemokratie in diesen Verhandlungen war doivrch gegeveu, daß sich die aus Errichtung eines Ge- t r e i d e m o n o p o l s hinzielenden Bestrebungen zer - schlagen hatten. Damit war der Weg für eine organische Sanierung der für die Agrarproduktion'in Betracht kom - menden Märkte verbaut. Die Sozialdemokratie be - zweckte von Anfang an, in dieser Regelung vor allem den notwendigen Schuß für die großen breiten Ber- brauchermaffen einzuschalten. Nachdem das nicht in Form der anfänglich geplanten Maßnahmen gelang, kam es für sie darauf an, eine Verteuerung der Lebenshaltung der breiten Massen abzuwehren. Das ist ihr in weitestem Maße gelungen. Der Erfolg ist um so höher einzuschähen, da die Sozialdemokratie den andern Parteien gegenüber stand, die sich für Zollmaßnahmen fest- gelegt hatten. .. Hinsichtlich der Getreide Zölle hat man sich dahin ge - einigt die Zollsätze aus die im Handelsvertrag mit Schweden vereinbarten Zwischensätze zu erhöhen. Das bedeutet, daß der gegenwärtige Zwischenzoll von 5 bzw. 5,50 , K durch den soge - nannten Schwedenzoll von 6 bzw. 6,50 . « ersetzt wird. Hier gelang eS der Sozialdemokratie, den Plan zu zerschlagen, die autonomen Zölle (7,50 30 aus lO 3t zu erhöhen. Die geforderte Erhöhung der autonomen Zölle ist damit abgewehrt worden und kommt nicht mehr in Betracht. Abgemehrt wurde auch die Forderung, die Zucker- zölle zu erhöhen. Es bleibt bei dem im vorigen llahre fest - gesetzten Preis von 21 «, dazu tritt eine Unkofienvergütung (Report) von 15 <$ pro Monat für die neuen Monate der Zucker- Kampagne. Danach steigert sich der Preis vom 1. Januar ab pro Monat nm 15 j, so daß im September ein Preis von 22,35 3< erreicht wird. Vom Oktober ab tritt dann wieder der normale Preis von 21 „« in Kraft. Der Zoll für S p ä t k a r t o s f e l n soll von 1,50 3t auf 2 31 erhöht werden. Diese Erhöhung hat angesichts des Karlofselüber- schustes in Deutschland kaum praktische Bedeutung uni, dürste sich nur dahin auswirken, die Einfuhr von Spätkoitosseln nach Ost- deutfchlaud zu unterbinden. Bezüglich der geforderten Anpastung der Leben-vieh- zölle an die Fleischzölle hol man sich dahin geeinigt, durch wirt - schaftliche Maßnahmen die Auswirkungen eines übermäßigen Viehimporls nach Deutschland vorzubeugen. Der B u t t e r z o l l wird von 27,50 3l ans 50 3( gesteigert werden. Gefordert wurden hier 80,«. Der Zoll von 50. « ist aber befristet, er soll die Wirkung eines Erziehungszolls haben. Daraus legte die Sozialdemokratie besonderen Wert, da die deutsche Butter gegenüber der ausländischen nur wettbewerbfähig werden kann, wenn sie in ihrer Qualität verbessert wird. Der Sozialdemokratie ist es auch gelungen, die Pläne zu durchkreuzen, die auf eine Abdrosselung der Gefrier - fleischeinfuhr Hinzielen. Hier sollte der § 12 des Fleischbeschaugesetzes (Einfuhr von Fleisch nur mit Innereien) aufgehoben werden. Das geschieht nicht. Verhindert hol die Sozialdemokratie auch die Erhöhung der Futter- mitte l z ö l l e. MtvlstrrpMvMM im Kabinett genehmigt. Das Reichskabinett befchloß den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Reichs mini st er (Reichs- ministergeseh) und den eines Gesetzes über Zuschüsse aus Reichs- Mitteln für die Ansiedlung von Landarbeitern. Beide Entwürfe werden unverzüglich dem Reichsrat zugehen. Die mttfltnburgiW Regierung will zurültlreien. SPD. Schwerin, 25.3uni. Wie von amtlicher Seite so - eben mitgetellt wird, wird die sozialistisch-demokratische Regierung den am Sonntag gewählten sechsten ordentlichen Landtag, zum 9.3uti zu seiner ersten Sitzung einberusen. Das Ministerium Schröder-Asch-Dr. Möller wird, wie wir er - fahren, in dieser Sitzung seinen Rücktritt erklären. Baldwin beglückwünscht Mmdenald. Arbeitsbeginn des neuen Parlaments. SPD. London, 25. Juni. (Eig. Drahtb.) Das neugewählte Parlament trat am Dienstag zum ersten Male zusammen. Der Sitzungssaal, der keiueswegs sämtlichen Abge - ordneten Unterkunft gewährt, war zum Bersten überfüllt. Ein Teil der Abgeordneten nahm auf den Knien ihrer Kollegen, ein anderer Teil auf dem Boden der Quergänge zwischen den Ab - geordnetenbänken Platz. Ein weiterer Prozentsatz der neugewählten Abgeordneten sand auf der für die Mitglieder des Hauses reser - vierten Galerie Unterkunft. Vor der Eröffnung der Zeremonie der Wahl des Vorsitzenden, ging Baldwin auf Macdonald zu und beglückwünschte ihn vor versammeltem Hause zu feinem Wahlsieg. Diese echt englische Geste des bisherigen konservativen Ministerpräsidenten wurde bei den Abgeordneten der Arbeiterpartei mit einer kleinen Ovation für Ba ldwin beantwortet. Der einzige Punkt der Tages - ordnung bestand in der Wahl des Cfeakcr (Präsidenten), die dem Herkommen gemäß im Sitzungssaal des Oberhauses erfolgte. Die Wahl fiel auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Parteien auf den bisherigen Sprecher des Unterhauses, den Abgeordneten Fitzroy, ein Mitglied der konservativen Partei. Der Vorschlag zu seiner Wiederwahl wurde formell von einem Abgeordneten der Arbeiterpartei und einem konservativen Abgeordneten eingebracht. Nachdem Macdonald, Baldwin und Lloyd George als Führer der drei Parteien die üblichen Glückwünsche zur Wahl geäußert hatten, vertagte sich das Haus auf Mittwoch. Lloyd George betonte in seiner Glückwunschänsprache unter dem Gelächter des Hauses, daß kleine Parteien, wie feine und die Fraktionslosen, die besondere Unterstützung des Vorsitzenden bedürfen, zumal dann, wenn sie, wie im gegenwärtigen Parlament, ein Viertel der Wählerschaft re - präsentieren. Der verbleibende Teil der Woche wird der Ab - legung des Schwures durch die Abgeordneten gewidmet sein. Die eigentliche Arbeit des Parlamentes beginnt am kommenden Montag mit der Verlesung der Thronrede, die das Regierungsprogramm der Arbeiterregierung für die Zeit vom Zull 1929 bis Juli 1930 umreißen wird. Mw oder Lenden ? „Wenn Sie meinen Ploß weilen - bitte ießr . . ." SPD. Parts. 26. 3uni. Bei seinem gestrigen Vortrag in der Kammerkommission bestätigte der Ministerpräsident Poincore, daß die englische Regierung den Antrag gestellt habe, die inter - nationale Regierungskonserenz zur Durchführung des Boung- Planes in London abzuhalten. Er selbst, fügte Poincare hinzu, ziehe einen Ort in der Schweiz vor. Doch sei vorläufig nock keine Entscheidung getroffen. 3n dem gleichen Vortrag hat sich Poincare einige interessante Geständnisse entschlüpfen lassen. Er bebaute es, erklärte er, daß er im yahre 1924 gegen den Londoner Zahlungsplan gestimmt habe. Et habe damals geglaubt, den Verhandlungen zwischen Mac - donald und Herriot mit äußerstem Mißtrauen begegnen zu müssen. Darin habe er sich getäuscht, wie er später an Hand des Protokolls dieser Besprechung fest- gestellt habe Weiter erklärte dann Poincare, daß er die Ent- schtießung der sozialistischen Internationale über die Annullierung der Kriegsschulden und Reparationen gar nicht als so sehr revo - lutionär ansehe. Der sozialistische Abgeordnete Auriol unterbrach hier den Ministerpräsiils'nten: „Aber wie können Sie heule für diese Entschließungen eintreten, die Sie früher auf das energischste bekämpft haben?" Poincare erklärte, daß er gerade dadurch seine Unparteilichkeit zeige. „3m übrigen", fügte er in plötzlicher Ner - vosität hinzu, „wenn Sie meinen Platz haben wollen, bitte, i ch trete i h n gern ab". Der Haupiausschuß des Preußischen Landtages nahm am Dienstag den Antrag Falk (DDP.) an, wonach einem Abgeord - neten, der an einer namentlichen Abstimmung nicht teilnimmt, d i c Diäten für einen Tag entzogen werden sollen, mit 15 Stimmen der Regierungsparteien an unter Hinzufügung einer vom Zentrum beantragten Ergänzung, wonach es sich um eine Abstimmung, die durch die Tagesordnung vorgesehen ist, handeln foll. Wmtn der StandtMmn. Zehn Jahre nach der Revolution wird in den Parlamenten der Republik noch immer um mittelalterliche Rechte der Standesherren gestritten. Auch die zweite Beratung des SperrgesetzeS für Rechts ft reikigkeiten über ältere staatliche Renten im Reichstage brachte am Dienstag ein starkes rednerisches Aufgebot zugunsten der Rechte dieser StandeSherren. Dabei handelte eS sich zunächst um gar nichts anderes, als daß die Reichsstreitigkeiten zwischen Ländern und StandeSherren nicht zur Entscheidung kommen sollen, bis das Reich die Abfindungsgesehgebung einheitlich geregelt hat. Rach den Beschlüssen deS RechtSauSschusieS sollen die Bestimmungen des Gesetzes keine Anwendung finden auf die Rechtsansprüche von Gemeinden, Universitäten oder sonstigen Unterrichts- und Erziehungsgesellschaften, Kirchen, Unterstützungskassen, Waisenhäusern, Krankenhäusern oder ähnlichen gemeinnützigen Unternehmungen. Der Reichs - justizminister verwies auf die bedauerliche Tatsache, daß noch immer rund 9000 ältere Rentner vorhanden sind, die einen Aufwand von 9 Millionen Mark erfordern, davon etwas weniger als 2 Millionen für Standesherren. Der erste standeSherrliche Ritter war der deutschnationale Abgeordnete von Lindeiner-Wildau. Er sagte, das Spcrrgesetz habe keinen andern Zweck, als daß die preußische Regierung sich ihren legal eingegangenen Pflichten entziehen wolle. Der preußische Staat wolle sich einen ungerecht - fertigten VermögenSvorleil verschaffen. Verfassungsrecht - liche Bedenken machte der deutsch-volkSparteiliche Abgeord - nete Wunderlich und sein Fraktionskollege Kahl sowie Dr. Bredt von der WirtschaflSpartei und Dr. Lobe von der VolkSrechlSparlci gellend. Fast alle sprachen sie von „wohlerworbenen Rechten". Der sozialdemokratische Abgeordnete H e i l m a n n hielt diesen Rednern entgegen, daß solche staatsrechtlichen Fragen nicht einfach zivilrechtlich behandelt werden durften. Roch immer zahle das republikanische Preußen zum Beispiel 708 000 Mark an die beiden früher in Hessen regierenden Häuser, nur weil Bismarck diese Renten im Zähre 1866 jenen hessischen Fürsten zugestandcn hat, um sie nach dem Friedens - schluß auf seine Seite gegen Hannover zu ziehen. Wenn der zivilrechtliche Weg seine Bahn gehe, so werde eine Aus - wertung von 60 bis 80 % für die StandeSherren heraus- kommen, was eine Ungerechtigkeit gegenüber den jämmerlich entschädigten Sparern und Rentnern wäre. Der Kommunist MaSlowski unterstützte diese Ausführungen durch den Hinweis, daß das VolkSbcwußtscin sich gegen diesen mittel - alterlichen Unfug auslehne. Juristisch setzte sich Landsberg mit seinen gegnerischen Vorrednern auseinander. Das Gesetz sei nicht verfassungsändernd und könne mit einfacher Mehr - heit angenommen werden. Das Reichsgericht habe natürlich das Recht, die Verfassungsmäßigkeit deS Gesetzes zu prüfen: jetzt aber habe der Reichstag zu entscheiden. Eo geschah cs denn schließlich auch. Mit einfacher Mehr - heit wurde daS gesamte Sperrgesetz, nachdem die Anträge der Rechten abgelehnt worden waren, angenommen. * Nack der Annahme des SperrgesetzeS stand im Reichstag die dritte Lesung des RepublikschutzgeseheS zur Beratung. Eie ging verhältnismäßig rasch vonstatten. Nur der Kommunist Mastowski und der Nationalsozialist Goebbels hielten einen rednerischen Wettbewerb ab. Goebbels, der im Reichstage wegen feines semitischen Aussehens allgemein „GoebbeleS" ge - rufen wird, kündigte an, daß die Sozialdemokraten in einem nationalsozialistischen Staatswesen alle aufgehängt würden! Demnach würde in diesem Staate eine Hochkonjunktur Leibeigen. Ein norddeutscher Bauer nro man von Willy Harms. Hoho' Zch höre Euch laufen, Ehrwürden! 3hi wollt Euch einen neuen Schulmeister angeln Der Preußen- korporal soll eS werden. 3d) warne Euch. Er legt uns hinein. Guckt ihn doch an! 3st das der Oehlmannsche Schulmeisterblick? Der Kerl ist ein hochnäsiger Patron! 3d) wette daß er uns den Buckel vollügt und vom Schreiben keine Ahnung hat! „Daß er schreiben kann, sieht man, Vater! Woran sieht man das, du Kindskopf? 3m übrigen: wie" sagtest du vorhin? Eine Behauptung ist noch kein Beweis." „ „Laß dir den Beweis erbringen. „Das ist ein vernünftiges Wort. Ehrwurden, seid so gut und haltet eine Prüfung ab mit ihm. 3hr sollt sehen, er ist ein Eharlatan, der eö in Worten hat, wie die Eich - katze im Schwanz." ■ . Henning 3äbatn sollte einen Schreibstift oder ein Stuck Kreide bringen. Ader er hatte nichts zur Hand. 3n seinem Hause war' noch niemand mit dem Schreiben handgemein geworden. , . , .. .... Schließlid) stand Lisette auf und ging in die Küche. Mit einem Stück Ziegelstein, das vom Fußboden der Kiidie obgebrockelt war, kam sie zurück. „Ein Hundsfott gibt mehr, als er hat, Lisettes sagte der Gutsherr anerkennend, „Sie weih sich zu Helsen. Pfennigschmidt wog den rosen Sandsteinbrocken in der Hand und winkte Fehiandt herbei. „Wenn Er Schulmeister von Lewitzow werden will, so komm Er her und schreib Er an -" suchend blickte er umher - „die Stubentür kann Er nehmen. Schreib Er an, so gut oder 06 steht: Seid untertan der Obrigkeit, die Gewalt über Euch bOt „Saö ist ein gutes Prüfungswort, Ehrwürden! Wenn der Kerl das einigermaßen leserlich schreiben kann, soll er Schulmeister sein. Heran, Königsknecht! Wehe 3hm, wenn Er uns zum Besten gehabt hat!" Mit zusammengekniffenen Lippen nahm Hinrich Fehlandt den Steinbrocken — Stine klopfte das Herz — und schrieb schnell und sicher mit großen Zügen den verlangten Sprud) auf die rohen Bretter der Stubeniür. Staunend sah es Pfennigschmidt. „Gnädiger Herr, seht selbst, er hat die Wahrheit gesagt", lobte er. „Tausendmal besser schreibt er als Oehlmann. Zeder Budistabe steht an seinem Ort. Sogar den Beistrich hat er richtig gesetzt. Das wird ein Schulmeister, wie ihn Lewitzow noch nicht gehabt hat!" „Mann Gottes, tut Wasser in den Wein Eurer Be - geisterung!" rief ärgerlich Herr von Lewitzow. „Mag denn der Korporal, die Kinder unterweisen. Tagtäglich hat Er ihnen einzuhämmern: Du sollst nicht stehlen! Das ist das Wichtigste an Seiner Schulmeisterei. Sonst brauche ich 3hn nicht. Hat Er mich verstanden?" „3ch habe verstanden." Stine blickte ängstlich auf Fehlandt. ES war unbegreif - lich, waS ihr der Abend alles schenkte. ■ Sie konnte sich nicht restlos (reuen. Unwürdig und unsagbar klein kam sie sich vor neben einem, der die Buchstaben zu meistern verstand wie der Hirt die Kühe. Sic drehte ratlos ihren Schürzen - zipfel. x „Das hat Sic sich heute morgen noch nicht träumen lassen, Stine. Einen Bakclschwinger kriegt Sie. Sie wird schon mit ihm fertigroerben. Richtig: daß Er mir eine gute Zucht hält unter den Lausebengels! Mit dem Schreiben und Lesen kann Er eS sackte entgehen lassen, aber auf Gottesfurcht und Herrcnsurcht kommt es an. Run kennt Er Seine 3nstruktion." Wobbe gab dem neuen Schulmeister freimütig die Hand. „3ck freue mich zu dieser Lösung. Sonst hätte id) mich vielleicht noch mit dem Schulmeistern versuchen müssen. Um der Kinder willen hätte cs mir leid getan." „3ch hätte dich nicht auf sie losgelassen", unterbrach sie der Vater. „DaS ist kein Herrendienst. Außerdem hättest du mir die 3ungen verdorben. Mit deinen krausen Ge - danken hättest du nur Unheil unter ihnen angerichtet. Für Revolutionäre ist aber in meinem Lewitzow kein Raum. Merk' Er sich daS auch! Mir kommt es vor, als wäre auch auf 3hn nicht recht Verlaß." Henning 35barn bohrte verdrießlich mit der Zunge in der Backe hermm. Hatte er sich darum den Mund warm geredet um den Schwiegersohn, damit ihn der Herr als Schulmeister wegschnapptc? Er trat unschlüssig von einem Fuß auf den andern. „Wie ist eS, Herr? Der Hinrich spll doch nur im Winter Schule halten?" „Selbstverständlich! 3m Sommer brauchen wir die Kinder für Kühe und Gänse. ES ist auch nichts wert, wenn der Schulmeister zu vie lin die Flachsköpfe bincinftpft. Das gibt nur Querulanten. 3m Sommer kann Er den Schul - meister als Knecht anlcrncn." y 3Sbarn schüttelte den Kopf. Seit sich der Fehlandt als Tintenhengst offenbart hatte, traute er ihm nicht mehr. Und wenn er ihn nicht während deS ganzen 3ahreS unter der Fuchtel hatte, sondern nur in den paar Sommermonaten, würde wenig dabei herauskommen. Aber er hatte A ge - sagt, und der Herr sagte nun B. Da hals kein Wider - streben. „Dann kann meinetwegen das Freien loSgehen", sagte er unwirsch. „Denk an die Kuh!" flüsterte Lisette ihm zu. 3Sdarn fdilug sich vor den Kopf, daß cS klatschte. Der Herr gab die Kuh den Mädd)en, daß sic einen Mann kriegten. Und hier war es soweit. Daß er daran nicht gedacht hatte! Es war die allerhöchste Zeit, den Herrn an Brauch und Herkommen zu erinnern. Gut war es, daß die Lisette ausgcpaßt hatte. „Herr, ich wollte bann noch fragen wegen der Kuh —" Herr von Lewitzow brauste auf. „WaS quasselt Er? 3ch weih von keiner Kuh!" „3ch meine, ob wir die Milchkuh zur Hochzeit kriegen?" „Glaubt Er, daß ich mir Milchkühe aus dem Aermel Aus dem Inhalt. Politik und allgemeiner Teil: Frankreick drängt. Kompromiß in der Zollfrage. e Fürsprecher der Standesherren. Bürgerblock in Sachsen. Der österreichische Heimwehrskandal. Tagesbericht: Abschied vom Senat. Keine Drosselung des deutschen Luftverkehrs. Die Wunderpflanze blüht setzt. Gemeinsamer Fischmarkt für Hamburg-Altona? Ein Werber der Fremdenlegion gefaßt. Feuilleton: Brücke zwischen den Nationen. Kunst, Wissenschaft und Leben. Professor Julius Goldstein gestorben. AuS aller Welt: Die Tragödie einer Jugend. Freie Gewerkschaft. schütteln kann? Daß Er doch nie den Hals voll genug kriegen kann!" 3sbarn trat augenzwinkernd näher. „Es ist doch wegen der Stine, Herr! Sie ist nid)t schlechter als die andern." „So meint Er das!" Herr von Lewitzow schob die Unter - lippe vor. „Dann nehmt die Kuh, und wir sind quitt." Henning 3sbarn wußte, waS sich gehörte. Dankbar küßte er dem Herrn den Rocksaum. DaS war die Kuh wert. Viel - leicht kriegte er eine aus dem kleinen Viehstall. Das waren die besten. Lisette vergaß den Dank. Sie trat zurück. Was nun kam, ging sie nichts an. Sie hatte für Stine gesorgt, wie es ihr als Mutter zukam. „Rein, Herr, nicht die Kuh!" Alle starrten Fehlandt an. ES war ihnen entgangen, daß er mit Stine geflüstert hatte. Sie hatte genickt. Was er wollte, das wollte sie auch. 3mmcr würde eS so fein. Herr von Lewitzow höhnte. „3ch versteh! Er fordert einen höheren Preis. 3ch soll die Stine wohl mtt einer Bauernstelle bezahlen? Er will schachern!"