9lummer34S 55. Jahrgang Dienstag, 17. Dezember 1929 Preis 10 4 HamburgerEcho (jtirtifiiiiliifllidKinniaL sliiBcr slii 2. iVicrfaflcn. ( m oorauä a* fcfcfc, t», , jjjja Arffc >fc Bnlri^ und fordert Auslieferung der städtischen Werte / Preussische Regierung greift ein dntandotredff und Toris erhdhung als Answeg B e r l i n, 16. Dezember. Da mH einer Genehmigung des amerikanischen Füns- zehn-Millionen-Dollar-Kredikes durch die Beratungsstelle infolge des entschiedenen Widerspruchs deS ReichSbanKpräsidenlen nicht mehr zu rechnen ist, hat der Berliner Magistrat inzwischen Verhandlungen mit andern in Betracht kommenden Stellen sowie mit den Reichs- und Staatsbehörden über die Aufnahme eines ander - weitigen Kredites geführt. Die Verhandlungen hatten das Ergebnis, daß der Stadt die Mittel für den notwendigen Bedarf im Dezember zur Verfügung gestellt werden. Dieser kurzfristige Kredit ist nach dem Verlangen der Aufsichtsbehörde baldigst zu tilgen. Zu diesem Zweck legt die Stadt einen Fonds an, in den sie a l l m o n a l ich f ü n f M i l l i o n e n M a r k aus erhöhten Abgaben der städtischen Werke und Betriebe einschietzt. Zur Aufbringung dieser fünf Millionen muffen, wie der Berliner Magistrat amtlich milleill, ab 1. Januar fol - gende Tariferhöhungen eintreten. Es werden erhöht: der Verkehrstarif von 20 auf 25 der Elektrizitätstarif von 16 auf 20; der Wassertarif von 15 auf 20 ; der Gastarif von 16 auf 18 ♦ • Das Vorgehen des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht wird allmählich zu einer öffentlichen Gefahr. Herr Dr. Schacht, der sich in einem ganz unangebrachten und ohne eigenes Verdienst erworbenen Ruhm sonnt — das Berliner Tage - buch veröffentlicht darüber aufsehenerregende und für Herrn Schacht außerordentlich kompromittierende Mitteilungen — fühlt sich augenscheinlich schon ganz als Finanzdiktator Deutschlands. Er betreibt eine Politik, Lie immer uner - träglicher wird. Er hat Lie Dinge bereits derart auf die Spitze getrieben, daß sich R e i ch s p r ü s i d n t H i n d e n - bürg am Monbag veranlaßt gesehen hat, H e r r n S ch a ch t z u s i ch z u b i t t e n, um ihm den Kopf zurechtzusehen. 3n geradezu provozierender Weise pfuscht Pr. Schacht in die Finanzpolitik des Reiches und der Gemeinden hinein. Bekanntlich hatte Berlin die Aufnahme einer Fünfzehn- Millionen-Dollar-Anleihe soweit vorbereitet, daß nur noch die Genehmigung der Beratungsstelle für Ausländsanleihen nötig war, um sie zu erhallen. Dr. Schacht aber erklärte sich gegen die Anleihe. Auf die Vorstellungen des Berliner Magistrats, daß Berlin die Anleihe dringend gebrauche, da die Finanzkalamität im Augenblick so stark fei, daß man am 1.3anuar nicht die Gehälter bezahlen könne, antwortete der Reichsbankpräsident: dann solle Berlin eben dieZahlungeneinstellen:das würde dann endlich einmal deutlich zeigen, wohin die Mißwirtschaft der deutschen Kommunen führe. Mit dieser geradezu skandalösen Antwort aber begnügte sich Dr. Schacht nicht. Als der preußische 3nnenminister Grzesinski Dr. Schacht noch einmal die Ber - liner Situation darlegte, meinte Dr. Schacht: Wenn die Stadt Berlin keine neue Anleihe vom Auslande erhalte, dann möge sie eben die Darlehen an de deutschen Banken f nicht zurückzahlen. DieBankenwürdendanndar- aus die Lehre ziehen, den Kommunen weniger Geld zu borgen. Diese Erklärung wird in ihrer Be - deutung erst ganz klar, wenn man hört, daß die Stadt Berlin 'ür das Darlehen an die deutschen Banken das Cüdwest- Llektrizitätswerk verpfändet hat, das im Falle der Richt- >egleichung der Schuld unter Umständen in das Eigentum der Banken übergehen würde. Sforfreffcaft! Roman von Leo Hirsch 2] Der Boy klopfte einmal formhalber an eine gepolsterte Lür und öffnete sie, ohne das Bitte von drinnen litte darum, danke sehr." Run wendete der Kommerzien- mt sich mit einem Ruck Hartmann zu. „Bitte, nehmen Eie Platz." Während Hartmann nun schüchtern nach vorn kam und ich vorsichtig auf eine Ecke deS dargebotenen Stuhles dem Dchreibtifch gegenüber niederfetzte, hatte sich der Kommer - zienrat schon wieder in feine Papiere oertieff, bat Ifoischen- "rrch murmelnd nur noch „einen Augenblick um Entschul - dung, hob von neuem den Hörer ab und sagte eine unoer- tändliche Bemerkung sofort hinein, um sofort wieder an- uhängen und sich wiederum mit diesem bezeichnenden Uuck ^rumzudrehen und Hartmann mit einem sehr gewinnenden -ächeln gerade in die Augen zu schauen: „Womit kann ich 3hnen dienen?" Hartmann war von der Fremdheit all dieser für ihn im Gründe so nebensächlichen und allgemeinen Dinge einiger- naßen betäubt und schluckte erst ein bißchen, ehe er feine Dr. Schachts Haltung ist also ganz zielbewußt darauf gerichtet, den von ihm schon früher einmal kundgegebenen Gedanken in die Wirklichkeit umzusehen, den Städten die öffentlichen Betriebe zu entwinden und sie dem Privat- kapital auszullefern! 3n diesem Kampf gegen die öffentlichen Betriebe hat Dr. Schacht am Montag allerdings elneganzempfind- ltcheNiederlage erlitten. Die Hoffnungen des Aeichs- bankpräsidenten, die wertvollen Berliner Energiewerke um das Linsengericht einer Anleiheverlängerung an die Privat - banken zu verramschen, sind zuschanden geworden. Die preußische Regierung griff in das Spiel ein und hat auf Grund ihrer finanziellen Machtmittel den Plänen des Reichsbankpräsidenten ein entschlossenes Halt geboten. Wie sich 6k Dinge im einzelnen entwickelten, darüber gibt bet Sozialdemokratische Pressedienst folgende Mitteilung: 3n Berlin sollte die Schachtsche Politik der kalten Privati - sierung einen grundsätzlichen und großen Erfolg erringen. Der Reichsbankprästdent glaubte sich in Hinsicht auf die Finanz- schwierigkeiten der Stadt Berlin dazu stark genug. Es ist nun völlig verkehrt, anzunehmen, in Berlin feien die Dinge bis nahe an die Grenze bet Finanzkatastrophe gediehen. Wenn man die Schulden Berlins mit seinem Vermögen ver - gleicht, so kommt man zu dem Schluß, daß alles andere der Fall ist. Das laufende Haushaltsjahr durfte auch Kaurn ein nennens - wertes Defizit ergeben. Berlin leidet aber wie andere Städte und andere Stellen unter dem Mangel an flüssigen Mitteln, der sich natürlich gegen Monats, und besonders gegen Jahresende scharf ausprägt. Der Geldbedarf ist in der Vergangenheit durch kurzfristige Anleihen bei großen deutschen Banken befriedigt worden. Ewig kann Berlin diese kurzfristigen Anleihen aber nicht durch - schleppen, und so trat es mit einem amerikanischen Bank - konsortium über die Ausnahme einer Ausländsanleihe in Ver - handlungen. Hier setzte die Politik des Reichsbankprästdenten ein. Die geplante Ausländsanleihe Berlins wurde von den Regierungsstellen genehmigt. 3n der Beratungsstelle selbst, die die letzte Entscheidung zu treffen hat, wider - setzte sich der Reichsbankpräsident. Er ließ keinen Zweifel darüber, daß er einer ausländischen An - leihe seine Zustlnimung versagen werde. Damit blieb nach Lage der Dinge nichts anderes übrig als eine Verlängerung lProlon- Äöer bei den Großbanken aufgenommenen Anleihen zu en. Die Banken aber verlangten dafür die Ver - pfändung städtischen Werkbesihes. Dagegen hatte Schacht natürlich nichts einzuwenden, denn dahin zielte ja seine ganze Politik. Die rentablen Wirischaflsbeiriebe der Stadt Berlin sollten den Privatbanken in die Hände gespielt werden. Daß das ein Bombengeschäft für die Banken ge - wesen wäre, brauchen wir nicht besonders zu bemerken. So standen die Dinge am Montagmittag, als eine neue Sitzung der Beratungsstelle in Angelegenheit der Berliner Aus - ländsanleihe stattfinden sollte. Alles war für den großen Raubzug, für die halte Privatisierung, bereit. Das Fell des Berliner Bären sollte verteilt werden. Die Sitzung der Beratungsstelle hat jedoch nicht stattgefunden. Es hätte auch keinen Zweck gehabt, sich nochmals über die Dinge S unterhalten, denn die Ablehnung 6er Anleihe durch Schacht nd unwiderruflich fest. Anderseits lief die Frist für die amerikanische Anleihe am Montag ab. Berlin hätte nun, wenn es nach den Wünschen und Plänen des Reichs - bankpräsidenten gegangen wäre, in den sauren Apfel beißen müssen. Dasistnichtgeschehen. Da mit der Möglichkeit der Ablehnung bereits während der letzten Tage gerechnet werden muhte, hatte der Berliner Magistrat inzwischen Ver - handlungen mit andern in Betracht kommenden Stellen und mit den Reichs- und Staatsbehörden über die Ausnahme eines andern Kredits geführt. Die Verhandlungen haben zu dem Ergebnis geführt, daß der Stadt Berlin die Mittet für den not - wendigen Bedarf im Monat Dezember zur Ver - fügung gestellt werden. Der Preußische Staat war in diesen letzten Verhandlungen die treibende Kraft. Er wird längst eingepaukte Formel herauskramte. „Herr . . . Herr Kommerzienrat, der Herr Gefängnis - direktor hat mir gesagt, ich soll mich bei Ihnen melden . . Rechlin hatte dhe Augen wieder von Hartmann abge - wendet und nickte vor sich hin. Menn Hartmann später traurig an diesen Augenblick zurückdachie, fiel ihm immer wieder der Blick ein, mit dem ihn der Kommerzienrat dann gemustert hatte. Er konnte sich diesen Blick nicht erklären, und es war auch nichts von den Empfindungen darin, die Arbeitgeber sonst in ihren Gesichtern spiegeln, wenn jemand sie um Arbeit bittet, auch nichts von dem Mißtrauen, das etwa Fabrikdlrektoren und andere mächtige Leute ehe - maligen Gefängnisinsassen gegenüber zeigen, sondern es war eher etwas wie Angst in diesen Augen des Kommerzien - rates, etwas Aehnliches wie ein Schrecken, den man lange erwartet hat und dem man doch völlig ausgeliefert ist, so - bald er einen überkommt. Aber das war kaum eine Se - kunde, dann hatte das sehr bewegliche Gesicht des Kommer - zienrates wieder seine Falten, so daß bloß die hohe Stirn klar schien, und die grauen Augen schossen wieder hin und her und an Hartmann prüfend herunter, blickten durch Hartmann hindurch irgendwohin ins Leere und arbeiteten, überlegten. Und wieder mit einem energischen Ruck, der Hartmann aber nicht im geringsten komisch, sondern nur be - merkenswert und zu der Erscheinung des Kommerzienrats durchaus passend erschien, wendete sich der Mann von seinem Klienten ab und sah rasch überfliegend die Papiere durch, die Hartmann ihm gereicht haüe. „3ch will Sie einstellen . . sagte Rechlin fast für sich und leise. Dann sah er Hartmann wieder fest ins Gesicht: „. . . enttäuschen Sie mich nicht." Run klang wieder aus einem andern Zimmer das An - schlägen der Schreibmaschinen herüber, eine schrille Pfeife gellte, und drunten auf dem Fabrikhofe hämmerten sie mit klingenden Hieben. Hartmann sah ein, daß die Audienz beendet war, und erhob sich scharrend. Der Stuhl fiel fast Me Anleibeaktton mit Hilfe der ihm nahestehenden Institute durchführen. Die Abmachungen sehen eine baldige Tilgung der preußischen Kredite vor, und zwar legt die Stadt zu djesem Zweck einen Fonds an, tn den sie allmonatlich fünf Millionen Mark aus be - sonders hierfür bereitgefteökn Einnahmequellen eckschießt. Damit wird die Erhöhung der Berliner Energie» und Verkehrstarifs dringend. Es muß festgestellt werden, daß eine Tarifechöhung tn Berlin, zumindest für die Fahrpreise, auch ohne die Anleihe - nomplikationen nicht zu umgehen ist. Allerdings hätte man die Neuregelung in aller Ruhe treffen und die Etnnahmesteigerungen unter Berücksichtigung sozialer Momente durchführen können, wenn das (Eingreifen Dr. Schachts nicht erfolgt wäre. Schacht hat affe im Grunde genommen nichts anderes als eine sprunghafte Preispolitik bei den für das gesamte Berliner Wirtschaftsleben so wichtigen städtischen Be - trieben erreicht, worauf er sich wirklich nichts zugute tun kann Die Proteste der betroffenen Schichten — unter andern protestieren die Einzel - händler in stärksten Worten gegen den Magistrat — müssen sich also gegen den Aeichsbankpräsidenten und nicht gegen den Magistrat der Stadt Berlin wendem Sicherlich ist das Vorgehen der Stadt Berlin keine Maß - nahme, die die Popularität des Magistrats erhöht. Er kann aber für sich in Anspruch nehmen, Schlimmeres ver - hütetzuhaben. Wären die Pläne Dr. Schachts geglückt und die Berliner Wirtschaftsbetriebe unter den Einfluß der privaten Banken gekommen, dann hätten sie z w e i f e l l o s Preise gemacht, daß der Berliner Bevölke - rung die Augen übergegangen wären. Hier liegt der Schwerpunkt der ganzen Aktion, und man kann es dem Berliner Magistrat nachfühlen, wenn er in seiner Veröffentlichung über die am Montag getroffenen Ab - machungen mit Stolz feststellt, „daß für ihn der Ge - danke einer Verpfändung oder Veräuße- rung städtischen Werkbesihes undiskutier - bar s e i". Er hat den Besitz der Stadt Berlin gesichert. Das ist für die Zukunft alles wert! Die Rechtsparteien bet Berliner Stadtverordnetenversamm - lung fordern anläßlich der zum 1. Januar geplanten Tarifer - höhungen die sofortige Einberufung einet außergrdentlichen Stadt- verordnetensitzung. RegillimvWg im tnelifdwn Merimus Da» Unterhaus hat da« Arbeitslosenvetficherungsgeseh in dritter Lesung mit 271 gegen 190 Stimmen angenommen. Das Gesetz geht nunmehr an baS Oberhaus. 3n der Schlußberatung hatte Lhutchili heftig aber vet- gebllch gegen öle Regierung vorgestoßen. Die Opposition sammelt die Kräfte gegen die Kohlenvotlage; der Donnerstag wird ein kritischer Tag erster Ordnung sein. Der Konfetvattve Eunllff Lister will ohne Angabe von Stünden beantragen, baß das Gesetz in sechs Monaten tn zweiter Lesung angenommen werden soll, wobei et erwartet, baß diese Formel alle Gegner der Arbeiietteglerung vereinigen wird. Ltzimfifttzer Serenkeffei Selbstmord rwanglaMvallS - Ruttenkrleg Wie aus Ranklug amtllch mitgefeilt wird, hat Tschang- satkwalt. der Führer der Aufständischen, der in der letzten Woche der Zentralregierung große Schwierigketten in Südchina bereifet hat, am 12. Dezember Selbstmord begangen, nachdem fein Ver - such, die Stadt Kanton den Regierungsfruppen zu entreißen, miß- langen war. Wenn sich die Todesmeldung beffäfigt, so dürfte eine starke Einwirkung aus die Stimmung der andern Aufstän - dischen zu erwarten fein. Trotz Unterzeichnung des Friedensprotokoll» dauern In bet Mandschurei die militärischen Bewegungen Rußlands an, be - sonder« an der Westfront, wo Flugzeuge ständig tätig sind und gelegentlich Bomben abwerfen. Rußland kämpft setzt für die Lotreihuug des Bargabezirkt, der eine Sowjetrepublik werden soll. 2000 Mongolen wirken mit den russischen Streitkräften zusammen. gtoltenfroge als SandelsvbleN Angebot Statten- an Srankret» Intalien soll bereif fein, feine Forderungen auf volle Flotten - gleichheit mit Frankreich aufzugeben. Dieses Zugeständnis soll allerdings an bie Bedingung geknüpft fein, daß die übrigen noch ungelösten Fragen in den Beziehungen der beiden Mächte zu- gunsten Italiens gelöst werden. Gemeint ist bas Nieberlassungsrecht der Italie - ner in Tunt«. Einigung ffbtr das (Sofortprogramm SPD. Berlin, 17. Dezember. Amtlich wird mitgeteUl: Am Montagabend fand unter dem Vorsitz des Reichskanzlers eine Besprechung des Reichskabinetts mit den Führern der Regierungsparteien über das Sofortprogramm statt, an der zeitweise auch Reichsbankpräsident Dr. S ch a ch t teil - nahm. Die Parteiführer bekräftigten ihren Willen, das SofortprogrammnochimLaufedieserWoche durchzuführen. In unterrichteten Kreisen wird angenommen, daß die hinsichtlich des Sofortprogramms bisher noch bestehenden Schwierigkeiten im Laufe des heutigen Tages behoben wer - den. Das gleiche verlautet hinsichtlich der Anleihefragen. Ueber den Stand der Verhandlungen wird uns aus Berlin berichtet: e Die beiden Vorlagen, aus denen das Sofortprogramm besteht, sind am Montag von den Parteien unterzeichnet und al» Initiativgesetzentwürse eingebracht worden. Bei ihrer (Erledigung können jedoch noch Schwierigkeiten austauchen. Die Vorlage über bie Erhöhung der Tabaksteuer enthält zum Beispiel die Einführung der Kontingentierung für bie Zigarettenindustrie. Durch diese Maßnahme, die bis zum Jahre 1935 gelten sollte, würde der Privatkonzern Reemtsma-Reuerburg zu einem staatlich konzessionierten Privatmonopol gemacht werden. Der Eoziaidemokratte ist es gelungen, in den Besprechungen der Re - gierungsparteien die Dauer der Kontingentierung vis zum 31. März 1931 zu begrenzen. Zugleich ist eine neue Bestimmung eingefügt morden, deren Zweck es ist, wesent - liche Preissteigerungen für den Verbraucher und eine übermäßige Einschränkung der Spanne für den Zwischenhandel zu verhindern. Der andere Teil des Sofortprogramms, bie Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um Vi % soll bis zum 3 0. Juni 19 30 gelten. Die Deutsche Volkspartei wollte die Beitragserhöhung lediglich bis zum 31. Mär, 1 9 3 n zage stehen. Schachts Sfoimwiinsche Eine große Schwierigkeit besteht noch bei der Beschaffung des 300 Millionen-Krebits für daS Reich zur Ueberwindung der Ulftmoverpflichtungen. Reichsbankpräsident Schacht bereitet auch der Anleihe des Reiches große Hindernisse. In den letzten Tagen war angenommen worben, baß die Bedenken von Schacht durch die Erledigung des Sofortprogramms mit feinen 360 Millionen jährlichen Mehreinnahmen hinfällig würben. Am Montag hat Schacht jedoch feine allen Bedenken von neuem erhoben und ist auch in einer Unterredung mit dem Reichspräsidenten nicht davon abgegangen. Schacht fordert, baß vor der Aufnahme der geplanten Anleihe entweder für 500 Millionen neue Steuern fichergestellt ober auf der Ausgabenseife die erforderlichen Abstriche gemacht werden. Da die in dem Sofortprogramm vorgesehene Tabak - steuer 220 Millionen Mark erbringen soll, find nach den Forde - rungen Schachts rund 280 Millionen weitere Einnahmen entweder durch neue Steuern sicherzustellen oder an den bisherigen Aus - gaben des Reiches zu streichen. Er wünscht zu diesem Zwecke vor allem bie sofortige Erhöhung ber Bier st euer, eine Forderung, gegen bie sich in allen Parteien ein erheblicher Widerstand zeigt. Außer den von der Sozialdemokratie und der Bayrischen Volkspartei erhobenen Bedenken, die auf soziale Er - wägungen zurückgehen, finb in den andern Parteien Bedenken mehr polittscher Art zu verzeichnen. Man hält es allgemein für unerträglich, baß Schacht sich mehr und mehr als Diktator Deutschlands auffpielt um. Er hielt ihn fest unö stellte ihn wieder an den Platz, auf dem er gestanden hakte. Aber es war ihm dabei zu - mute, als erlebte das alles gar nicht er, sondern ein anderer, den er genau beobachten konnte. Es gelang ihm kaum, ein Dankeswort zu finden, daß er jetzt doch eigentlich gerettet war, ein Dankeswort dafür, daß er Arbeit gefunden hatte. Daß nun eigentlich doch alles gut war. Er starrte verlegen den Kommerzienrat an, der sich förmlich, aber sehr freund - lich halb von seinem Sessel erhob und ihm die Hand reichte. Da drückte Hartmann diese Hand ein wenig hestig, so daß Rechlin fast das Gesicht verziehen mußte. Er rettete die Situation allein dadurch, daß er Hartmann noch rasch An - weisungen erteilte, er müsse bereits morgen seinen Dienst antreten, früh um 6 Uhr, acht Stunden Arbeitszeit, Lohn 40 JC die Woche usw. * Der erste Sonnabend fing sehr glücklich damit an, daß Hartmann einen Brief auf dem Tablett mit dem Frühstück vorfand, das Frau Kroll ihm, als er sich noch rasierte, durch den Türspalt reichte. Frau Kroll hatte sich schon in diesen ersten Tagen als stille, saubere und liebenswürdige Person entpuppt. Ja, manchmal kam es Hartmann bereits so vor, als sei Frau Kroll ein wenig zu liebenswürdig zu ihm, und er verhielt sich dann um so zurückhaltender. Er war die ganze Woche keinen Abend ausgegangen und des öfteren hatte Frau Kroll an seine Tür geklopft und dann, wenn er sie höflich fragte, was sie wünschte, irgendeine läppische Sache vorgebracht, die sie auch ohne ihn oder in seiner Ab - wesenheit hätte erledigen können. Er hatte sie im Verdacht, daß sie mit ihm plaudern, wenn nicht anbändeln wollte, und er hatte kein Verlangen danach. Er war froh, wenn er nach der Tagesarbeit allein in seinem Zimmer sitzen, in einem Buche blättern, das er alt gekauft, als es ihm einmal zu langwellig geworden war, oder in der Dunkelheit vor sich hinsummen konnte, wobei er an vergangene Zeiten dachte. Er war dann immer ein wenig melancholisch, aber er liebte Aus dem Inhalt Politik unb allgemeiner Teil: Dr. Schacht erzwingt Tariferhöhung. Verständigung über baS Sofortprogramm. Die Berliner SPD. zur Finanzreform. Kieburg« schwarzer SklarekfondS. Die Zollvorlage im Reichstag. lageiberiebt: Wegbleiben ober „Rein"? Die neue Dammlor-Ecke. Gespräch von ber Nordsee zur Fehlanbstraße. Kunst und Wissenschaft. Feuilleton« Das Eben im Pazifik. AuS aller Welt. Arbeit unb Wirtschaft- Lohn unb Abschreibung. Die EifenkarleUe. diese Traurigkeit, er war fast eifersüchtig auf sie wie auf einen geheimen, wohligen Besitz und wollte sie sich nicht von der schwatzenden Wirtin wegreden lassen. Manchmal wiederum freute er sich sehr, daß er noch einen Menschen in der Wohnung wußte, und sand Frau Kroll als Menschen gar nicht so übel. Der Brief war von Maria und enthielt nur eine sehr herzliche und bange Anfrage, wann er sie endlich holen würde. Zuerst wollte Hartmann ihr sofort antworten, er würde schon morgen kommen und sie mitnehmen, aber als er auf die Uhr sah, war es höchste Zeit, an die Arbeit zu gehen, und Briefschreiben war für ihn keine so einfache und schnellgelane Sache. Also verstaute er Marias Brief sorg - lich wie eine Liebesbotschaft in seiner Brusttasche, rief Frau