’M I' bei »vsse bei >fie ’en. «p- s ■/Je '573. S et ' | ’6e en B. I 'er . Ite I d. Ito, i H- n- '.5. Bo. og cs S-i5, I 8. 0. 0. Wenn Minister Wahlreden halten MKeinmöll bei den ReWmiMern StLgsrttxrSS, MrrZH und BrLining «rathen Ln Kataflenphenstrnrenung Fünanznrrnister Dieteieh malt rosenrot Die Minister der gegenwärtigen Regierung reisen im Lande umher und halten fleißig Wahlreden. Das ist ihr gutes Recht, und wir sind die letzten, die ihnen daraus einen Porwurf machen wollen. Schließlich sind sie es ja in erster Linie, die sich zu verantworten haben für das Ungemach, das durch ihre verhängnisvolle Wirtschafts- und Finanz - politik in wenigen Monaten über die breiten Massen des Volkes in verstärktem Maße hereingebrochen ist. Aber man sollte erwarten, daß wenigstens die amtierenden Minister in der Beurteilung der finanz- und wirtschafts - politischen Lage eine gewisse Einhelligkeitbewahrem und sich nicht auch dabei in demselben Durcheinander ge - fallen, wie wir es jetzt bei den Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen bürgerlichen Znteressentenhaufen erleben. Schließlich genügt es für verantwortliche Politiker doch nicht, in einem Wahlkampf, der um höchste Entscheidungen geht, sich allein mit der Parole „Gegen die Sozialdemokratie" zu begnügen. Das wäre doch ein Zeichen zu armseliger Geistesverfassung. Leider muß festgestellt werden, daß sich nicht einmal d l e Minister des jetzigen Kabinetts, dre sich mit Wirtschafts - und Finanzfragen zu beschäftigen haben, in der Beurteilung der gegenwärtigen Situation einig sind. Erst vor zwei Wochen hat Reichskanzler Brüning, als er vor dem Provinzialausschuh der rheinischen Zentrumspartei seine erste Wahlrede hielt, grau in grau gemalt und so etwas wie eine Katastrophe vorausgesagt, wenn nicht die Wahlen einen Sieg der Regierung ergäben (worauf man selbst im Leger der Regierungsparteien nicht zu hoffen wagt!) Zu ungefähr derselben Zeit hielt Reichsarbeitsminister Steger- wald eine Rede, in der er von katastrophalen Auswirkungen der Reichstagsauflösung auf den A r b e i t s m a r k t sprach, während wenige Tage später Reichsinnenminister Dr. Wirth seinerseits den Wahlkampf eröffnete mit einer Rede, in der er für den Kommenden Winter eine ArbeitSlosenzlffer von V'2 Millionen prophezeite und sich in dunklen An - deutungen darüber erging, daß man es schon als einen großen Erfolg verbuchen könne, wenn es nur gelänge, die K e r n - stücke unserer Sozialpolitik überhaupt ju retten. Der Zweck aller dieser Reden war sehr klar, das Volk sollte graulich gemacht werden vor der Sozialdemokratie, und die Sozialdemokratie sollte eingeschüchtert werden und die vom Kabinett Brüning durchgeführten Verschlechte - rungen der Sozialpolitik als das kleinere Uebel betrachten. Dieser Versuch ist natürlich mißlungen. Aber die andere Wirkung der Rede, die die allzu aggressiven Zenkrums - minister wohl nicht bedacht hakten, macht sich schnell bemerk - bar. Richt nur im Inlande, auch im Ausland wird infolge der düsteren Prophezeiungen, wie sie besonders Herr Wirth ausgesprochen hat, das Vertrauen zu Deutschlands Finanz- und Wirtschaftskraft geschwächt. Run erfolgt prompt ein Pendelausschlag nach derandernSeite. Reichsfinanzminister Dr. D i e t r i ch sah sich veranlaßt, gestern in Berlin vor Vertretern der Presse über die finanzielle und wirtschaftliche Lage zu sprechen. Die Ausführungen Dietrichs waren, das darf man nach dem Vorgngegangenen der letzten Wochen wohl fest- stellrn, überraschend. 3m Gegensatz zu seinen Minister - kollegen, rückte er weit ab von allen pessimistischen Be - trachtungen unserer Finanzlage und erging sich in so opti - mistischen Voraussagen, daß man sich direkt wieder in die schönen Zeiten des Finanzministers Molden - hauer zurückversetzt fühlt. Dielrichs Darstellung Reichsfinanzminister Dr. Dietrich betonte, man müsse unter - scheiden zwischen dem, was jetzt sei und in den nächsten Monaten sein werde, und dem Gesamtstand unserer Finanzen und Wirt - schaft, wie er sich, aus lange Sicht gesehen, präsentiert. Di« Kassenlage des Reiches sei durchaus normal. Menschlichem Ermessen nach dürfe mit aller Bestimmt- beii angenommen werden, daß wir, dank der neu erschlossenen Einnahmen, ohne Schwierigkeiten über die nächsten Monate hinweg - kommen würden. Es sei Vorsorge getroffen, daß auch der schlimme Termin des 1. Zanuar überwunden werde. Das Reich habe seine schwe - benden Auslandskredite restlos zurückgezahlt. Von dem lleberbrückungskredit von 350 Millionen Mark seien fünf Raten zu 50 Millionen Mark bezahlt, so daß nur noch je 50 Millionen Mark im September und Oktober zu tilgen seien. Der Bankkredit von 200 Millionen Mark sei auf die Hälfte her- adgemindert. Die schwebende Schuld sei um über 500 Millionen Mark reduziert. Dagegen seien bei einer großen Reihe von Zollen Ausfälle zu erwarten. Bei unserer Beurteilung der Finanzlage haben wir, so erklärt Dietrich weiter, in das Kalkül eine Erhöhung der Arbeitslosen- Zifser eingerechnet, so daß einer Gefahr von dieser Seite für die Kaffe gleichfalls vorgebeugt ist. Man kann deswegen davon ausgehen, daß der neue Reichs - tag eine Reihe von Monaten Zeit zu ungestörter Arbeit finden wird, in der er die neuen Vorlagen, die wir eben vorbereiten und über deren Inhalt demnächst Näheres be - kanntgegeben wird, bearbeiten kann. Die großen Staatsbetriebe, Post und Eisenbahn, befinden sich in einer sehr verschiedenartigen Lage. Die Reichspost war in der Lage, für 200 Millionen Mark Arbeiten außerhalb des üblichen Bedarfs zu vergeben, die sich an viele Hunderte von Firmen in Deutschland verteilen. Die Reichs - bahn wird zum erstenmal seit Stabilisierung der Währung keinen Gewinn ausweisen, ein Zustand, den sie mit vielen Bahnen der Erde teilt. Keineswegs besteht aber die Gefahr, daß das Reich für die Reparationslast, die die Eisenbahn zu trogen hat, ein- lpringen muß. Daß die Lage der Eisenbahn den Verhältnissen entsprechend zufriedenstellend ist, beweist auch, daß es gelang, di« Geldmittel aufzubclngen, mit denen sie zur Erleichterung der Wirtschaftslage beitragen soll. Die Arbeitslosigkeit ist nicht zurückgegangen. Immerhin muß man sich davor hüten, die Zahlen zu mißbrauchen. Gewiß ist es entsetzlich, daß wir heute im Sommer ein« solche Arbeitslosigkeit haben. Wir haben zwar keinen Zweifel, daß der bisher von uns vorgesehene Jahresdurchschnitt von 1,6 Millio - nen HauptunterstühungSempsängern im Laufe des Winters über - schritten werden wird, aber ich möchte davor warnen, anzunehmen, daß im Winker Arbeitslosenziffern, wie sie hier und da kolportiert worden sind, in Frage kommen. Zur Lage des Geldmarktes erklärte der Minister unter anderm: Man darf mit Befriedigung seststellen, daß es in Deutschland immer noch Kreise gibt, die' das Vertrauen zum Staate nicht verloren haben. Ich bin überzeugt, sie werden nicht schlecht fahren. Beachtenswert ist zum Beispiel, daß der Absatz an Pfandbriefen für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und Hypo - thekenbanken im ersten Halbajhr 1930 um fast eine halb« Milli - arde höher war, als in der gleichen Zeit des Jahres 1929. Aber man darf sich nicht darüber täuschen, daß der momentane Zustand für die Zukunft gar nichts beweist. Die große Sorge ist nicht mehr, die augenblicklichen Schwierigkeiten zu beheben, sondern eine Politik zu treiben, die uns endlich, wenn auch nur langsam, aus dem Elend der Arbeitslosigkeit, die zu einer Dauer - erscheinung zu werden droht, herausführt. Ich warne davor, durch den momentanen relativ günstigen Stand sich zu Schlüssen für die Entwicklung auf lange Sicht verleiten zu lassen. Hier sind Faktoren, die wir nicht in unserer Hand haben. Ein dauernder Preisrückgang am Weltmarkt kann nicht ohne Rückwirkung auf die deutschen Preiss, Löhne und Gehälter sein, und diesen Prozeß zu bewältigen, das ist die entscheidende Aufgabe. Mit dieser Frage werden sich auch die kommenden einschneidenden Maß - nahmen d er Regierung zu befassen haben. Wer sich wirt - schaftlichen Notwendigkeiten am längsten verschließt, hat davon den größten Schaden. Jede vernünftige Reform muß die Auf - gabe'haben, die Produktion so zu entlasten, daß der Druck auf WTB. B u n z l a u, 22. August. Freitag abend fand hier ins Versammlungslokal Odeon eine von den Ralionalsozia- listen einberufene Wahlversammlung statt. Während die Ver - sammlung tagte, kam es vor dem Lokal zu Zusammen - stößen mit der Polizei. Die lärmende Menge, die die Feuer - wehr mit Wafferstrahlen zurückzudrängen suchte, ging zum An - griff über, wobei der Kriminalassistent Melzer durch einen Sleinwurs am Kops verletzt wurde. Darauf gab die Polizei eine Salve ab, durch die zwei Personen getötet und sechs verwundet wurden. Nach, einer andern Version soll es sogar drei Tote gegeben haben, doch lieh sich bei der allgemein herrschenden Verwirrung die genaue Anzahl nicht feststellen. Lin von Görlitz angeforderter BereilschastSwagen Schutz - polizei lraf um 22.40 Uhr in Bunzlau ein, brauchle aber nicht mehr in Tätigkeit zu treten. ZvrtgrWe Rmt-getze in Kminover SPD. Hannover, 23. August. Die Nationalsozialisten setzen ihre üble Hetze fort. In einer am Donnerstagabend stattgefundenen Versammlung erklärte der Nationalsozialist Hiller, daß alle Gegner der Nazis nach dem 15.September aufgebaumelt würden. Ferner erklärte er, daß die im Gewerkschaftshaus gelegte Bombe wahrscheinlich noch nicht die letzte gewesen sei. Im Anschluß an die Versammlung kam es zu Zusammenstößen. Aus der vor dem Versammlungslokal versammelten Menge wur - den zwei>Schüsse abgegeben. Man nimmt an, daß es sich um Schüsse nationalsozialistischer Provokateure handelt. Die Polizei mußte einschreiten und die Straße mit dem Gummi - knüppel säubern. SWbnnntr schafft Ordnung Nazis unterm Tiick - Münchener ötaatsvartei unter dem öchnk des Nevudtikantichen Schutzbundes - $er< iammlungSivrengung verbinden SPD. München, 22. August.' Die Hakenkreuzler versuchten am Donnerstagabend, auch die zweit« Versammlung der Staatspartei zu sprengen. Di« Spren - gung der ersten Versammlung war ihnen bereits vor wenigen Tagen geglückt. Am Donnerstag kamen sie aber an die un - recht« Adresse. Auf Wunsch der Leitung der Staatspartei halte das Reichsbanner den Saalschutz übernom - men. Di« Redner des Abends konnten deshalb ihre Referate ungestört zu Ende führen. Als der Versammlungsleiter jedoch zum Schluß der Kundgebung feststellt«, daß sich niemand mehr zur Diskussion gemeldet habe, erhoben die zahlreichen anwesenden Nationalsozialisten und Kommunisten ein wüstes Geheul und warfen mit Blerkrügen und Stuhlbeinen wahllos In die Ver - sammlung hinein Das Reichsbanner setzt« die Rowdies schleunigst an die frische Luft; auch die Polizei griff «in. Der Saal war bereits geleert, als sich den Ovdnungsmännern ein belustigender Anblick bot. Etwa ein Dutzend Hitlerstrolche balle sich nach dem Vor - bild ihres feigen Herrn und Meisters ängstlich unter die Tische verkrochen. Sie wurden von den Rcichsdannerkameradcn bei, den Ohren her - ausgeholt und an die Lust befördert. Auf der Straße versuchten zusaininengerottete Nazi-Horden mehrmals, einzeln gehende Reichsbannerleute zu überfallen, konnten aber t>on der Polizei vertrieben werden. Tags zuvor hatte ein als besonders feig be - kannter Nationalsozialist im Stadtrat offen zur Sprengung gegne - rischer Versammlungen aufgefordert. Sltzllk drr Wakffttlbcff Im Ueber wachungsausfchuß des Reichstages beantragten die Kommunisten am Freitag, durch die Reichs - regierung die sofortige Aushebung aller Maßnahmen zu veran - lassen, di« geeignet sind, die uneingeschränkte Wahlfreiheit zu be- btnbern wie die Verbote der bayerischen Regierung gegenüber den die Löhne und Gehälter, der vom Weltmarkt herkommt, nicht zu «roß wird. Nur solche Reformen werden auch dazu beifragen, die weitere Brotlosmachung zahlreicher abhängiger Existenzen zu verhindern. Das zweite aber ist, daß wir wieder einiges Vertrauen zu uns selbst und zu unserm Staate haben. Es wird jetzt so viel von der Kapitalflucht geredet. Was macht das Ausland mit unserm Geld, das bei ihm angelegt wird? Das Ausland leiht dieses Geld wieder in Deutschland aus, na - türlich mit einem entsprechenden Zuschlag. Man sieht, daß das Ausland mehr Vertrauen zu uns hat, als wir zu uns selber. Ein schwerer Rückgang der deutschen Wirtschaft wird in feinen Wirkungen ganz gewiß nicht auf Deutschland beschränkt bleiben. Es dürfte daher der Mühe wert fein, sich einmal zu überlegen, ob es klug ist, sein Geld zu schlechten Zinsen im Aus - land anzulegen oder fünfprozentige ausländische Papiere zu kaufen, anstatt deutsche Pfandbriefe und ähnliche Anleihen, die 8 % fragen, als Kapitalanlage zu benutzen. * Herrn Dietrichs Absichten in allen Ehren. Er hat es als Reichsfinanzminister offensichtlich für seine Pflicht gehalten, der Katastrophenstimmung entgegenzuwirken. Aber wir sehen uns doch, auch wenn wir natürlich die zahlenmäßigen Angaben nicht in Zweifel ziehen, zu der Feststellung ge - nötigt, daß der Reichsfinanzminister erheblich übers Ziel hinausgeschossen ist und nun eine Darstellung gibt, die nicht nur eine Beruhigung der öffentlichen Meinung bezweckt, sondern auch die „erfolgreiche Arbeit" dieses Kabinetts und den Nutzen der Notverordnungen heraus - streichen soll. Das ist denn doch ein wenig zu viel Wahl- m a ch e. Es ist jedenfalls nicht möglich, daß die finanzielle Auswirkung der Notverordnungen sich bereits drei Wochen nach ihrem Erlaß so nachhaltig gezeigt haben sollte; wobei wir auch noch darauf aufmerksam machen möchten, daß ein Teil dieser Verordnungen praktisch noch gar nicht realisiert worden ist. Es ist uns beispielsweise noch nicht zu Ohren gekommen, daß eine Gemeinde Lust verspürt hätte, von dem Danaergeschenk der Kopf st euer Gebrauch zu machen, was für die Beurteilung dieser Steuer bezeichnend genug ist. Man wird die Ausführungen Dietrichs mit der Skepsis aufnehmen müssen, die wir von Anfang an auch den Er - klärungen und Prophezeiungen seines Amtsvorgängers Moldenhauer gegenüber bewahrt haben. Kommunisten und bet Erlaß des preußischen Sfaatsrninisteriums, bet den Beamten bie Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei verbietet. Der erste Teil des Antrages über ben grunbsählichen Schuh bet Wahlfreiheit würbe angenommen. Dafür stimmten außer ben Sozialbernoktaien unb ben Kommunisten auch ber Ver - treter bet Demokraten unb ein Adgeorbneter ber Deutsch- nationalen. Per auf Bayern bezügliche Teil würbe mit Stimmen - gleichheit abgelehnt, ba sich ber Vertretet bet Demo - kraten bet Stimme enthielt. Der gegen Preußen ge - richtete Teil fand nur bie Zustimmung ber Kommunisten. Die von ber Reichstegierung nachgesuchte Genehmigung zur Strafverfolgung bes kommunistischen Abgeorbneten Schneller würbe nicht erteilt Selbstmord eines Wablkandidnten Der Vorfltzenbe ber Kamener Etabfverorbnetenfraktion bet Wirtschaftspartei, Synbikus W. E ck a t b f, bet für bie Aeichstagswahlen als Kanbiba! im Wahlkreis Westfal«n-Eüb ausgestellt wat, würbe in feiner Wohnung in Essen erschossen anf- gefunben. Nach ben ärztlichen Feststellungen liegt unzweifelhaft Selbstmord vor. Ueber bie Motive ist nichts bekannt. SPD. Berlin, 23. August. Die Regierung Brüning hat sich durch Verordnung vom 26. Juli selbst die Ermächtigung gegeben, an den Reicksausgaben 100 Millionen zu sparen. Gleichzeitig hat sie versprochen, dem Reichstag unverzüglich mitzufeilen, wie sich diese Er - sparnisse im einzelnen verteilen sollen. Seitdem ist fast ein Monat vergangen, ohne baß die Ver - sprechungen eingelöst worden wären. Aus allen möglichen Gebieten entfaltet die Regierung eine fieber - hafte Tätigkeit. Die Minister reifen im Lande umher und reden um die Wette über alles Mögliche und Unmögliche. Man besaßt sich mit Plänen zur Reichs- und Wahlrefvrm, nur über das, was im Augenblick zu geschehen hat, schweigt die Regierung in allen Tonarten. Das hat seine guten Gründe; denn von den Streichungen in Höh« von 100 Millionen sollen nur 15 Millionen auf den Wehretaf, dagegen rund 50 Millionen auf die S o - rialabgab-cn entfallen! Am Sozialetat beabsichtigt man ins - besondere zu streichen: 10 Millionen Reichszuschüffe für die Wochenhilfe, 12,5 Millionen Entschädigung an die Reichspost für die Auszahlung der Soziairenten und den Verkauf der Marken, 5 Millionen bei der fileinrenfnerfürforge, 14 Millionen bei den Äapifalabfinbungen der Kriegs - beschädigten, 1 Million für Kinderverschickungen aus den früher besetzten Gebieten. Um das Ausmaß dieses Attentats auf den Sozialetat richtig würdigen zu können, muß daran erinnert werden, bah die Regierung Brüning bereits in ihrem Haushaltsplan 17 Millionen bei der Wochenhilfe unb 20 Millionen bei der Bekämpfung der Volkskrankheiten durch die In - validenversicherung gestrichen hat. Unter der Regierung Hermann Müller wurden für die Fami - lienwochenhilfe 32 Millionen Mark ausgegeben. Die Regierung Brüning hat dafür nur noch knappe 6 Millionen übrig. Der Regierung Hermann Müller war es — zum ersten Male feit der Stabilisierung — gelungen, den Wehrefat um fast 80 Millionen zu senken. Jetzt ist es dem Reichswehr- ministerium gelungen, ohne Rücksicht auf die Finanznot seinen Etat wieder um 25 Millionen zu erhöhen. Das alles ist nur ein Anfang. Geht die Regierung Brüning aus diesem Wahlkampf stegreich hervor, dann wird ste auch ihr« Lustspiel um einen Ausruf Als Kaiser Karl V. von Habsburg dem Thron entsagt hatte, ging er in ein Kloster und verlegte sich auf die Uhr - macherei. Sein ganzes Bemühen war darauf gerichtet, die Uhren, die in seiner Klosterzelle hingen, zu genau derselben Zeit zum Schlagen zu bringen. Aber es gelang ihm nicht. „Ich Tor!" rief er da eines Tages aus, „ich habe ein großes Reich regieren wollen und ich bin nicht einmal imstande, ein paar Uhren dazu zu bringen, daß sie gleichzeitig schlagen!" Nun hat sich neuerdings ein Fall ereignet, der an diese alt« Geschichte erinnert. Die Parteien der Mitte wollen das Deutsche Reich regieren, und sie sind nicht einmal imstande, einen gemeinsamen Aufruf zu erlassen! Die Geschichte des zwar schon veröffentlichten, aber noch nicht existierenden Wahlaufrufs der Mittel- part e i e n ist ein bürgerliches Lustspiel in mehreren Akten. Es beginnt mit der Ueberraschung, daß auf einmal drei Par - teien, die sonst nicht als die allerbesten Freunde gelten. Arm in Arm vor der Rampe erscheinen und ihr Jahrhundert in die Schranken sordern. Herr Scholz und Herr Kempkes von der Deutschen Volkspartei, Herr Drewitz und Herr Sachsenberg von der Wirtschaftspartei, schließlich der Herr Reichsmini st er Treviranus von der Konser - vativen Volkspartei traten am Donnerstag mit einem Auf - ruf an die Oeffentlichkeit. Plötzlich aber erscheint Herr Co - lo s s e r, gleichfalls von der Wirtschastspartei, deren zweiter Vorsitzender er ist, aufgeregt gestikulierend. Er macht vor aller Welt einen furchtbaren Skandal und verkündet, daß der Aufruf gar kein Aufruf ist, sondern nur ein Entwurf. Erst am Dienstag der nächsten Woche wolle der Vorstand der Wirtschaftspartei sich entscheiden, ob er den Aufruf unter - zeichnen wolle oder nicht. Inzwischen aber hat sich auch schon eine neue Verwick - lung zwischen Deutscher Volkspartei und Staatspartei angesponnen. In patziger Weise hat die Volkspartei die Staatspartei aufgefordert, ihre Unterschrift unter den Aufruf zu leisten. Frist zur Antwort: Freitag, 22. August. Daß man einen Aufruf, der schon veröffentlicht ist, nachträglich noch einem Partner zur Unterzeichnung vor - legt, ist schon an sich ein etwas sonderbares Verfahren. Die Sache kompliziert sich aber weiter dadurch, daß der Staats - partei ein befristetes Ultimatum gestellt wird, während sich eine andere Partei, die Wirtschaftspartei, in aller Gemüts - ruhe ihre Entscheidung für einen viel späteren Zeitpunkt vor - behält. Dritte Verwicklung! Während die Deutsche Volkspartet die Staatspartei ausfocöert, den Aufruf zu unterzeichnen, er - klären Konservative Volkspartei und Wirtschaftspartei, daß sie die Mitunterzeichnung der Staatspartet garnichtwünschen. Die Staatspartei ist also von einem der drei Unterzeichner zur Mitunterzeichnung eingeladen, von den zwei andern aber wird sie wieder ausgeladen. So entspinnt sich denn in der staatsparteilichen Preffe von Mosse bis Ullstein ein aufgeregtes Rätselspiel: Wird die Staatspartei unterschreiben oder wird sie nicht? Und was tut sie? Sie tut weder unterschreiben noch nicht unter - schreiben, sie schreibt einen Brief. Sie will v e r - handeln. Eie macht in einem Brief, der veröffentlicht wird, zu dem Aufruf — pardon, zu dem Entwurf eines Aufufs, der auch schon veröffentlicht ist, als ob er ein rich - tiger Aufruf wäre — aber bitte, er ist ja gar kein richtiger — also sie macht zu diesem Schriftstück Abänderungs - vorschläge und von der Annahme oder der Ablehnung dieser Abänderungsvorschläge macht sie es abhängig, ob sie unterschreibt oder nicht. Was will die Etaatspartei geändert haben? Sie will, daß der Name Hindenburgs aus dem Aufruf heraus - anderen Pläne durchführen. Eie hat bereits durch die bekannte „Notverordnung" die Zuschuß- und Da r l« h n S p f li ch t des Reiches zur Arbeitslosenversicherung aus die Hälste begrenzt und bei der Arbeitslosenversicherung über 100 Millionen eingefpart. Die andere Hälft« des Bedarfs muß die Versicherung künftig selbst durch Beitragserhöhung und Lei - stungsabbau decken. Inzwischen hat Reichsfinanzminister Dietrich angekündigt, daß es das Ziel der Regierung Brüning ist, das Reich überhaupt von der Zuschuhpsticht zur Arbeitslosenversicherung zu be - freien. Das würde den Druck auf die Versicherung zu einem neuen Leistungsabbau größten Stils bedeuten. Am 14. September hat daS Volk darüber zu entscheiden, ob diese Pläne Wirklichkeit werden sollen, ob ein N o t o p s« r n u r von den Arbeitslosen, von den Kranken und von den Kleinrentnern verlangt werden soll oder ob in e rste r L ! n ie die leistungsfähigen Schickten zu den Lasten der Wirtschaftskrise ber- angezogen werden sollen. ES gilt, mit der Sozialdemokratie für eine gerechte Verteilung der Lasten einzutrelen. Aus dem Inhalt Politik und allgemeiner Teil: Finanzminister Dietrich macht in Optimiern Lustspiel um einen Ausruf. Blutige Ausammenstöhe in Bunzlau. Neues Attentat auf den Sozialetat. Preissenkung und Arbeitsbeschaffung. Gelinde Sühne für Röntgcntal. Tagesbericht: Wählerlisten einsehen! „Bombcn"-Fabrik am Valentinskamp. Kunst und Wissenschaft: Friedrich Nitzsche. Zu seinem 30. Todestag. Aus aller Welt: Die Leichen der Nordpolexpedition von 1897 gefunden. Relf« und Erholung: Wunder der Erde. Film und Funk. Df« arbeitend« Jugend. EKwM MmMnWr in BniWu Zrvei Personen getötet und Jecfjo verwundet Rems Attentat auf den Sozialetat Wo SBrfining - Dietrich sparen wollen / 15 Millionen beim Wehretat, aber 50 Millionen bei ben Sozialansgaben summet 232 einmal, auker an «.Feiertagen Beguoepreie,tm voraus Äu: Monatlich 2,50 x (cinlchl. so 4 ZuffellungSgeblihr), wochcnmch K Ä MeV- : .'/[> £ - Sy Ä&W «äw Anzeigen müssen Im voraus oder sosort bezahlt werden. AVer ^hlandstratze 11, tzochpart.. Fernsprecher: Sammel. ÄipÄvHnhpt 1 R 7 K nummeiO» Stephan 1831, Nächtens 05 Stephan 2401 a6«»>6« WCgmuDtl lOtO par »«n |olg«n»