4 (emtol. 13 * Durch die Post S7. Jahrgang Stammet 80 Sannaven-, 21. Marz 1931 AamburgerEcho Crfffletn t tagit® etnnutl, oufter an S. Bdertaaen. S«Mi0«MMi0. tm votanS * Mx * * A A Wngetgeopeei)« oerftwn ftch m Reichsmort, die lsgewallene Noi» ^.ssinÄisä^bÄSSÄ &äMaw 8^t4UBÄi«s®sti^WÄ »M33gÄssrsiSÄÄ«»e w J^fl11|ljllBi Stephanssrs. Druaereikontor:Fchlandstr.ll,I.Fernspr.:Ätmmü-Nr.05 «R »n vfi n h»t 1 R7R to bEn Wltalen und in allen anerkannten Anzeigen-Annadmcsleucn. Stephan 1831 Nachtruf c s Stephan 3032 und 3683. oegrunvei *®<« Blatz, und Dotrnvorichrtsten unvervindlich Hermann Müller f Berlk«, 21. März. Am Freitagabend um 10.45 Ilhr ist Hermamt MMer seinem schwere« Leide« erlege«. Schon Vormittags war der Zustand hoffnungslos. Aus der Agonie, die den Kranken in der Nacht zum Freitag überfiel, ist er nicht mehr erwacht. Er ent - schlief sanft — ohne Todeskampf — ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu habe». * In tiefer Trauer steht die deutsche Sozialdemo - kratie an der Bahre des Führers, der ihr, kaum ein Jahr nach seinem Scheiden aus dem Reichskanzler - amt, jetzt nach schwersten körperlichen Leiden, die schon seit Wochen das Schlimmste befürchten ließen, enttissen wurde. War er damals scheinbar nur den politischen Kabalen erlegen, die der Sozialdemokratie die Führung der Reichspolitik entwinden wollten, so läßt uns heute sein viel zu früher Tod ahnen, daß seine Kräfte vorzeitig zermürbt waren in dem auf - reibenden Dienst am Volke, dem er sein ganzes Leben geopfert hat. Zweimal schon ging während der letzten schicksals - schweren Zahre dem deutschen Volke ein zur Führung Berufener auf ähnlich tttigische Art mitten im besten Mannesalter verloren: Friedrich Ebert starb, eben erst 54 Jahre alt geworden, am 28. Februar 1925; Gustav Stres emann, noch nicht 52 Jahre alt, am 3. Oktober 1929. An beider Ge - schick muß man denken, wenn uns jetzt die Botschaft vom Tode Lermann Müllers trifft. Mit Ebert hat er zusammengestanden als Parteigenosse, im Partei- Vorstand, in der Reichstagsfraktion, in den (Sturm - tagen der Novemberumwälzung, in der Regierung der deutschen Republik; mit Sttesemann, dem Par - teigegner, hat er im Amt gewechselt, als Reichs - kanzler und als Minister des Auswärtigen. Nicht durch gleiche politische Gesinnung wie mit Ebert verbunden, hat er für Stresemann doch die gleiche persönliche Lochschätzung wie dieser für ihn empfun - den und sich ihm auch in zwiefacher Weise wesens - verwandt gefühlt: als Deutscher und als pflicht - bewußter Arbeiter am Volkswohl. So manchem deutschen Rundfunkhörer werden heute noch im Lerzen die Wortze nachklingen, die Lermann Müller als Reichskanzler bei der Totenfeier für Sttesemann im Reichstag sprach. Sie kamen aus des Lerzens Tiefe, und sie waren — so will es uns heute scheinen — schon beschattet von dem Gefühl, daß auch ihm bald an der gleichen Stätte das Lied zur ewigen Ruhe gesungen werde . . . Ruhe dem Kämpfer — aber der Kampf geht weiter. Die Lebenden ruft er, das Werk der Ge - fallenen fortzusehen. Lermann MMer starb wie ein Kämpfer auf der Walstatt, mitten im heißesten Ringen um schwere Entscheidungen, vor denen die deutsche Sozialdemokratie auch heute wieder steht. Wahrscheinlich hätte das körperliche Leiden, das seinen Tod herbeiführte, noch geheilt werden können, wenn er sich rechtzeitig Erholung und Beobachtung Mer ärztlichen Vorschriften gegönnt hätte. Wie bei Friedrich Ebert, wie bei Gustav Stresemann kam aber auch bei ihm die Sorge um das eigene Wohl nicht in Bettacht, wenn ihn die größere Sorge, die Sorge um Deutschland, bedrückte. So verzehren sich gerade die wertvollsten Kräfte, die der Staat auch in Zukunft bitter nötig haben wird, noch bevor die neuen Führer sichtbar geworden sind, denen das Volk mit vollem Verttauen folgen kann. In dieser Lage befindet sich nun auch die deutsche Sozialdemottatie. Mit Lermann Müller war sie so verwachsen, daß man sie oft schon nach ihm benannt hat, wenn man ihr Wesen personi - fizieren wollte. Die Partei hat sich dessen nicht zu schämen brauchen. Denn was immer über Lermann Müller in menschlicher oder politischer Beziehung gedacht und gesagt worden ist: Kein ehrliches Ärteil konnte ihm die Anerkennung versagen, daß er ein Mann von reinem und gutem Willen war, daß er Klugheit mit Höch st er Gewissenhaftigkeit zu ver - einigen wußte, daß er rastlos tätig war und sich mit der ganzen Kraft seiner Persönlichkeit ein - setzte, wenn es galt, Verantwortung zu tragen. Die schwerste Last solcher Verantwortung übernahm er, als er im Namen der deutschen Reichsregierung seine Unterschrift unter den Zwangsvertrag von Versailles setzte. Wenn ihm und seiner Partei dafür bis zum heutigen Tage mit der giftigsten Verleumdung, mit niederttächtigster Gemeinheit aus dem Linterhalt, in den sich die wirklich Schul - digen an Deutschlands Anglück verkrochen hatten, gedankt worden ist, so erfüllte sich auch damit nur ein Schicksal, das unentrinnbar zu sein scheint, so - lange die Lüge noch eine Macht im Leben der Völker ist. Von Lermann Müller wissen wir, die ihn per - sönlich kennenlernen durften, daß er nichts so sehr haßte als die Lüge, daß er immer nach Wahrheit strebte und sich auch als Parteiführer redlich be - mühte, der Partei die politische Lage stets so zu zeigen, wie sie sich ihm darstellte. Mag er sich manchmal geirrt haben, wie jeder Mensch irrt, nie - mals hat er bewußt einen falschen Weg ein - geschlagen, niemals die Führung durch Täuschung an sich gerissen. Wenn es ihm in kritischen Situationen doch immer wieder gelang, die Mehr - heit der Parteigenossen, sei es im Vorstand, in der Fraktion oder auf dem Parteitag, für sich zu ge - winnen, so geschah es durch die Macht der Aeberzeugung, die aus ihm sprach. Seine Aeberzeugung aber hatte er sich stets hart erarbeitet; er war ein Pflichtmensch in des Wortes wahrster und reinster Bedeutung. Wer auch der Nachfolger Lermann MMers am Führerstand der deutschen Sozialdemokratie sein wird, immer wird er sich dieses Pflichtbewußtsein seines Vorgängers zum Vorbild nehmen müssen, wenn er die Partei vor Schaden bewahren will. Darüber hinaus aber wird er gewiß noch aus härterem Lolz geschnitzt sein müssen, als es Ler - mann Müller war, dessen Meisterschaft im Ver - handeln mit Gegnern, im Ausgleich von inneren Gegensätzen doch oft in einer gewissen Nachgiebig - keit bestand, für die in der Zukunft kaum noch Naum sein wird. Anter dem Druck der Weltwirt - schaftskrise türmen sich auch für die Führung der Sozialdemokratie die Schwierigkeiten immer ge - waltiger auf. Ein verantwortungsfreudiger, lebens - bejahender Optimismus, wie ihn Lermann Müller besaß und wie er ihn immer wieder der Partei ein- flößte, wird in solcher Zeit nur aufrechtzuerhalten fein, wenn er sich verbindet mit der eisernen Ent - schlossenheit zu rücksichtsloser Tatttaft, die keinen Gedanken an das Aufgeben eroberter Macht - positionen aufiommen läßt. Lermann Müller war ein treuer Sitter des Ver - mächtnisses, das die ältere Führergeneration um Bebel, Auer, Liebknecht der deutschen Sozialdemo - kratie hinterlassen hatte. Mit Ebert, Scheidemann, Laase zusammen hat er zu den markantesten Per - sönlichkeiten jener zweiten Führergeneration gehört, die sich in den Stunden der größten Gefahr, beim Ausbruch und beim Ende des Weltkrieges, in die Bresche stellte, um die Einheit der Partei und den Bestand Deutschlands zu wahren. Anter seiner Leitung der Parteigeschäfte kam die Wiederver - einigung mit den früheren Anabhängigen zustande, wurde die Einhettsftont mit den Gewerkschaften hergestellt und das überparteiliche republikanische Schuh- und Trutzbündnis im Reichsbanner ge - schaffen. Der Dank, den die Partei ihrem toten Führer Lermann Müller schuldet, soll und muß darin bestehen, daß sie festhält an dem, was aus seiner hingebungsvollen Lebensarbeit entstanden ist, und es weiterführt bis zum endgültigen Siege. * Lermann Müller wurde am 18. Mai 1876 in Mann- heim geboren. Er besuchte die Volksschule, das Gym - nasium und Realgymnasium, ging in die kaufmännische Lehre und wurde Landlungsgehilfe.. Schon mit 23 Zah- ren wurde er Redakteur der Görlrtzer Volkszeitung, der er bis 1906 angehörte. Aus Vorschlag Paul Singers wurde Müller vom Mannheimer Parteitag 1906 a l 8 Dreißigjähriger in den Parteivorstand gewählt, wo er gemeinsam mit Friedrich Ebert die „junge Garde" bildete, die hier neben den Alten, Bebel, Singer, Gerisch und Psannkuch, sich auf vorgeschobenem Posten für ihre größeren Zukunfts - aufgaben vorberetten konnte. Der drohende Weltkrieg brachte Müller einen besonders schwierigen Aufttag: Er wurde Ende Juli 1914 nach Paris gesandt, um dort mit der Leitung der französischen Sozialistenpartei über ein möglichst einheitliches Verhalten gegenüber der Kriegsgefahr zu unterhandeln. Die Ermordung Zean Zaurss und die sich dann überstürzenden Ereignisse zerschlugen alle Bemühungen. Zm Jahre 1916 wurde er in den Reichstag gewählt. Beim Ausbruch der Re- volution betätigte er sich in hervorragende. Weise im Vollzugsrat, dann im Zentralrat der Deutschen Repu - blik. Nach dem Rückttitt des Grasen Rantzau als Außenminister des Kabinetts Scheidemann übernahm Lermann Müller im Kabinett Bauer das Außen - ministerium und unterzeichnete den Versailler Vertrag, wurde dann nach dem Rücktritt Bauers nach dem Kapp.Putsch Reichskanzler bis zu den Reichstags - wahlen 1920. Im Juni 1928, nach dem erfolgreichen Wahlsieg der Sozialdemokratie wurde Lermann Müller abermals Reichskanzler. Er hat dies sorgenschwere Amt dann eindreiviertel Jahre ausgeübt und hat damit die bisher längste Amtsdauer eines Reichskanzlers der Republik aufzuweisen. An der Spitze der Partei stand Lerman» Müller seit 1919. WM' MA M teilen ßtunben Hermann Müllers Als am Abend des letzten Sonnabends die Nachricht von der wiederholt hinausgeschobenen, dann aber doch gut ver - laufenen Operation Lermann Müllers kam, durfte man auf eine baldige Genesung Lermann Müllers hoffen. Die schwere Lungenentzündung aber, die vor wenigen Tagen zu dem schweren Gallenleiden hinzukam und auf einen schon recht ge- schwächten Körper stieß, ließ die Lossnung auf Wiedergenesung von Stunde zu Stunde sinken. MMer selbst hatte dennoch den Glauben, daß er bald wieder gesunden würde. Er wußte nicht, welche Krankheiten seinen Körper bereits ersaßt hatten. Er fühlte sich stärker, als es sein Körper war. Noch am Donnerstagnachmittag ließ er zu einer seiner Töchter voller Optimismus die Aenßerung fallen, daß sich schließlich doch noch alles zum Besseren wenden werde. Wenige Stunden später überfiel ihn bereits der Schlaf, aus dem er in der Nacht zum Freitag nur ganz vorübergehend erwachte. Sein Wille znm Leben mußte dem körperlichen Schwächezustand weichen. In Gegenwart seiner Gattin und der beiden Töchter erlag er in den Abendstunden des Freitag seinem schweren Leiden. * Im Auftrage des Vorstandes der Sozialdemokratischen Partei wird von dem Leichnam Lermann Müllers, der zur Zeit «och in dem Sterbezstnmer aufgebahrt liegt, noch im Lauft des Tages eine Totenmaske angefertigt werden. Die Beisetzungs - feierlichkeiten finden voraussichttich am M i 11 w o ch statt. Die Berliner Sozialdemokratie beabsichtigt, dem toten Führer die letzte Ehre durch einen besonderen Trauerzug zum Krematorium zu geben. MUt btt RMslngsfrnktlvn GMkbtnisMM des RetMtageö Die sozialdemokrattsche Reichstagsfraktion wird ihres Führers heute vormittag um 11.30 Uhr in einer be- sonderen Gedächtnisfeier gedenken. Im Reichstag wird Reichstagspräfident Löbe auf den früheren Reichskanzler und Abgeordneten sine Gedächtnisrede halten. Voraussichtlich wird sich der Reichstag nach der Trauer - rede des Reichstagsprästdente« Löbe zu Ehren des ver - storbene» Parteiführers auf eine Stunde vertagen. Stele NeiteMmibgebimgen SPD. Berlin, 21. März. Die Anteilnahme des In- und Auslandes an dem Tode Lermann Müllers drückt sich ^n einer großen Zahl von tele - graphischen Beileidskundgebungen aus, die bei der Familie des Verstorbenen und bei der Sozialdemokratischen Reichstags- frattion eingegangen sind. Darunter befinden sich Telegramme des Reichspräsidenten, des Reichskanzlers und der Reichsminister, | der bürgerlichen Fraktionen des Reichstags und von zahlreichen Politikern des In- und Auslandes, die Lermann Müller per - sönlich nahegestanden haben. BelteMetegramm »es Hamburger Senats Der Lamburger Senat hat an die Witwe des früheren Reichskanzlers Lermann Müller das nachstehende Telegramm gerichtet: „Der Senat der Freien und Lansestadt Lamburg bittet Sie, zu dem herben Verlust, den Sie durch den Tod Ihres Gatten, des um unser Vott und feinen Staat hochverdienten früheren Reichskanzlers Lermann Müller, erlitten haben, den Ausdruck seines aufrichtigen und herzlichen Beileides entgegennehmen zu wollen. Die schmerzlich große Zahl der Führer des neuen Deutschlands, die ein allzu früher Tod aus ihrem Schaffen gerissen hat, ist jetzt um einen Mann erhöht, der mit allen seinen Kräften in vorbildlicher Pflichttreue stets für die Wohlfahrt und Freiheit unseres Volkes gekämpft hat. Möge Sie und die Ihrigen in Ihrem großen Schmerz die Gewißheit tröften, daß mit Ihnen weiteste Kreise unseres Volkes den Tod dieses Mannes auf das tiefste beklagen." An die Reichstagsfraktion der Sozialdemokrati - schen Partei hat der Senat das folgende Telegramm gesandt: „Zu dem schweren Verlust, den die Fraktion durch den Tod ihres Vorsitzenden, des Reichskanzlers «u D. Lermann I Müller, erlitten hat, übermittelt Ihnen der Senat der Freien und Lansestadt Lamburg sein aufrichtiges Beileid. Mit Ihnen und Ihrer Partei steht der Senat trauernb an der Bahre des Lingeschiedenen, dessen Leben und Wirken dem deutschen Volke gegolten hat. Das Andenken an den Verstorbenen wird in Lamburg stets dankbar bewahrt werden." RelMaMmitt um Hermann MAicr VDZ. Berlin, 21. März. Der Reichstag stand heute völlig unter dem erschütternden Eindruck des Todes von Lermann Müller. Die schwarzrotgoldenen Fahnen, die an jedem Siyungstage gehißt weiden, wehten bald- mast. Die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion erschienen in dunklen, die Frauen zumeist in schwarzen Kleidern. In allen Ausschußsitzungen gedachten die Vorsitzenden des dahingegan- genen Parteiführers und Staatsmannes. Die Sitzung des wichtigsten, des Laushaltsausschusses, eröffnete der eben erst wieder genesene Vorsitzende, der sozialdemokratische Abgeordnete Seimann mit einem Nachruf, den die zahlreich erschienenen Abgeordneten stehend anhörten. Auch viele Abgeordnete, die dem Ausschuß nicht angehören, nahmen an der Sitzung teil. Müllers Nachjolger Im RelMag SPD. Berlin, 21. März. An Stelle des verstorbenen Reichstagsabgeordneten Lermann Müller-Franken wird Frau Alm aL O h se, Würzburg, in den Reichstag eintreten. Frau , Lohse ch ohne Beruf.