Plummer 125 Donnerstag, 7. Mai 1931 57. Jahrgang Hamburger (Edjo AfttttnlllttdlIIAtlftOK jFiAllzAhlftTr ÄäifSsSsÄ E’»sSHnsFr8 wUHIVUlU%lUVIlUU A/UltPUUlU ? eI < , T‘??J 0 * , ‘^2 4/1 ^ ’’ m, . l ?LO» । Arbeitsbeschaffung." In seinem ersten Kapitel „Grundlegendes" wird betont, daß die wirtschaftspolitischen Maßnahmen gegenüber den im ersten Teil behandelten sozialpolitischen die größere Ä Tragweite haben, weil sie die Arbeitsmöglichkeiten zu ver- 1 mehren berufen sind. Deutschland hatte unter dem Weltkrieg und seinen unmittelbaren Folgen sowie unter den jahrelangen - verfehlten und darum vergeblichen Bersuchen einer wirMchen Liquidierung des Krieges mehr als andere Länder zu leiden. 1 i Der deutsche Wiederaufbau bedurfte der Lilfe des ausländischen ' Kapitals. Der Auftrieb, den die deutsche Wirtschaft auf diese । I Weise erhielt, erzeugte eine Scheinblüte. Als der Kapital- zufluß vom Ausland versiegte, standen viele Betriebe vor dem ' Zusammenbruch. Der Schaffenswille bei den Unternehmern schlug in Pessimismus um, und weiter Kreise der Arbeiterschaft , bemächtigte sich eine bis zur Verzweiflung gehende Mutlosigkeit. I So befindet sich die deutsche Wirtschaft heute in einer Er- 1 starrung. Alle Maßnahmen müssen darauf abzielen, diefe i Erstarrung zu lösen und die in Deutschland brachliegenden । Produktionskäfte wieder in Bewegung zu setzen. Diese Lage zwingt dazu, der Privatwirtschaft dadurch zu Lilfe zu kommen, j daß " durch eine Kapitalwerbung auf Grund öffentlichen Kredits neue Arbeitsgelegenheit geschaffen wird. Das natürliche Betätigungsfeld werden dabei solche Aufgaben sein, die sich für eine zentrale Planung eignen, dauernden volkswirtschaftlichen Wert besitzen und durch ihren Ertrag das aufgewandte Kapital lohnen. Die Durchführung eines solchen Programms bedingt keineswegs, daß das Kapital an anderer Stelle der deutschen Wirtschaft entzogen wird; viel- mehr soll Kapital nutzbar gemacht werden, das ohne diese Maß - nahmen nicht zur Verfügung stehen würde. Da in Deutschland die Aufnahme von Kredit zur Zeit in ausreichendem Maße nicht möglich ist, muß Auslandskapital zu erträglichem Zinsfuß herangezogen werden. Aehnliche Wege sind auch in früheren Jahren beschritten worden. Der grundlegende Unterschied beruht auf fol - genden Gesichtspuntten: Einmal werden die aus den Anleihen uns zufließenden Devisen voraussichtlich nicht wie früher zur Bezahlung einer steigenden Einfuhr, sondern bei Fort - dauer der zur Zeit günstigen Zahlungsbilanz in erheblichem Ausmaß zur Abdeckung kurzfristiger Auslands - schulden dienen können, deren gegenwärtige Löhe lähmend aus die deutsche Wirtschaft, insbesondere auf die deutsche Bank - politik wirkt. Das hindert natürlich nicht, daß bei fortschreitender Konjunktur auch der internationaleWarenaus tausch eine entsprechende Steigerung erfährt. Ferner fällt heute günstig ins Gewicht der planmäßig eingeleitete Abbau unserer über - höhten Produktionskosten und der Tiefstand der De - pression, der einer Belebung der Wirtschaft besiere Aussichten bietet. Die Gutachterkommission befindet sich bei den dar- gelegten Gedankengängen in Uebereinstimmung mit inter - nationalen Erörterungen derselben Frage. Sie ist sich jedoch bewußt, daß die Durchführung solcher Pläne alle Beteiligte« vor sehr schwierige Aufgabe» stellt. Sie erfordern Entschlußkraft der Kreditgeber wie der Kreditnehmer, Organisationsgeschick, Verständnis in ■ ter breiten Öffentlichkeit, innere Bereitschaft aller Beteiligten lunb den tatbereiten Willen zur Zusammenarbeit auch im I Ausland. Das Gelingen der Arbeitsbeschaffung hat unerläßliche il Voraussetzungen: Geordnete öffentliche Finanzen, Sparsam - keit in der öffentlichen nnd privaten Wirtjchast und in der I Lebenshaltung, Aufrechterhaltung der deutschen Währung, 1 Beruhigung unserer iunerpolitischen Verhältnifle. j Nach diesen grundsätzlichen Erörterungen behandelt das Gutachten im zweiten Abschnitt eine Reihe von Maßnahme« zur Arbeitsbeschaffung. Dabei wird festgestellt, daß die Elektrizitätswirtschaft noch Raum für weitere wirtschaftliche zweckmäßige Investitionen bietet, und zwar nicht nur auf dem Gebiete des Ausbaues von Kraftwerken, sondern auch auf dem des Ausbaues der Leitungsnetze. Sterbet würde sich eine wissenschaftlich zweckmäßige Steigerung des Verbrauches an elektrischer Arbeit und damit eine besiere Ausnutzung der Kraftwerke durch die Elekttifizierung von Eisenbahnstrecken erzielen lassen. Große Entwicklungsmöglichkeiten sind auch auf dem Gebiete der Gaswirtschaft vorhanden. Lier würde insbesondere eine । Die Enthüllungen des Hamburger Echo über das Ent - stehen des Fälscherflugblattes mit dem angeblichen Aufruf der Volksbeauftragten haben zu einer schnellen restlosen Entlarvung des Stahlhelm-Schwindels ge - führt. Die Lamburger Polizeibehörde ist den von dem Lamburger Echo aufgedeckten Zusammenhängen nach - gegangen. Heber das Ergebnis ihrer Nachprüfungen gibt sie folgenden Bericht heraus: „Zu den Veröffentlichungen in der Presse, daß das Flug- blatt mit dem Aufruf des Rates der Volksbeauftragten, das nach der Erklärung des Reichsministers des Innern eine „un - gewöhnlich plumpe Fälschung" darstellt, in der Buchdruckerei von O. Weidlich in Lamburg am 9. November 1918 gedruckt worden sei, stellt die Lamburzer Polizeibehörde das Folgende fest: Der Buchdrucker O. W e i d l i ch ist nach seiner eigenen Aus - sage am 9. November 1918 noch Soldat gewesen. Er hat-seine Druckerei erst im Jahre 1 920 in Schiffbek eröffnet und ist 1921 nach Hamburg übergesiedelt. Der Sachverhalt mit dem Flugblatt ist folgender: Am 18. Februar 1931 lief nach Aussage des Herstellers eine Bestellung im Aufttage des Grundeigentümervereins Hamburg auf 100000 Flugblätter ein. Hierfür wurde ein in Schreib - maschine geschriebenes Manuskript des angeblichen Aufrufs der Volksbeaufttagten vom 9. November 1918 vor - gelegt. Ein Korrekturabzug wurde auftragsgemäß in der Ge - schäftsstelle des Grundeigentümervereins abgegeben. Am selben Tage, abends, wurde dann telephonisch der Bescheid ertellt, daß das Flugblatt gedruckt werden solle. Die 100 000 Exemplare sind in der Geschäftsstelle des Grundeigentümervereins abgeliefert. Das auf diese Weise hergestellte Flugblatt ist bei der späteren Verteilung auf der Sttaße beschlagnahmt worden, weil es den verstärtte Inangriffnahme der Ferngas- und der Gruppengasversorgung zu Erfolgen führen. Auf dem Gebiete des Verkehrswesens kann die Kommission nicht empfehlen, die Anlage von großen innerdeutschen Durchgangs st raßen für den Fernverkehr, die mit der Eisenbahn in Wettbewerb treten würden, mit öffent - lichen Mitteln zu fördern. Ebenso sind Kanalbauten abzulehnen. Dagegen bieten sich bei der Reichsbahn innerhalb des bestehenden Bahnnetzes noch zahlreiche andere Möglichkeiten zweckvoller Arbeitsbeschaffung. Aehnlich liegen die Dinge bei der R e i ch s p o st. Als förderungswürdig er - achtet die Kommission die Verbesserung des alten Sttaßennehes. Als ein besonders geeignetes Feld für die Arbeitsbeschaffung sieht die Kommission die landwirtschaftlichen Meliorationen an. Die Kommission tritt ferner für zielbewußte Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung ein. Auf dem Gebiet der Wohnuqgswirtschaft ist ein zu schroffer Bruch mit der früheren Praxis, dem Woh- nungsbau in großem Umfang öffentliche Mittel zuzuführen, zu vermeiden. Der Rückgang der Industriebauten und der Bautätigkeit für öffentliche Zwecke wird ohne - hin zu einer starken Steigerung der Arbeitslosigkeit im Baugewerbe führen. Auch wer die Notwendigkeit betont, das System der durch öffentliche Mittel subventionierten Bautätig - keit allmählich wieder in das privatwirtschaftliche System der Vorkriegszeit zu überführen, kann sich der Einsicht nicht tier- schließen, daß int Augenblick wegen der Löhe der Zinssätze und der Baukosten die rlnterftützung des Wohnungsbaues durch öffentliche Mittel nicht entbehrt werden kann. preßgesetzlichen Bestimmungen nicht entsprach. Nach Aussage des Herstellers ist dieses Flugblatt von nnbekannttn Personen verstümmelt worden, indem wohl von einem Stück der Kopf ab - geschnitten worden ist, so daß eS wie ein Eremplar eines Originalanfmfs deS Rates der Volksbeauftragten wirkte. Damit ist wohl erwiesen, daß es sich bei dem „Original- exemplar eines Aufrufs des Rates der DolkSbeauftragten", wie er in dem Flugblatt abgedruckt ist, tatsächlich nm eine plumpe Fälschung handelt." ♦ Mit diesen Feststellungen ist der Stahlhelm-Schwindel über das angebliche ,^)riginal-Flugblatt" restlos entlarvt. Jetzt werden auch die Lamburger Nachrichten, der Lam - burgische Correspondent und das Fremdenblatt die Taktik des Totschweigens gegenüber unsern Feststellungen nicht länger fortsehen können. Für die Lamburger Bevölkerung besonders interessant ist die Angabe des Druckers, daß der Grundeigentümerverein Lamburg als Auf - traggeber in Frage kommt und ein auf Schreibmaschine ge - schriebenes Manuskript geliefert hat. In nicht weniger als 100 000 Exemplaren ist der Schwindel dann in die Welt geschleudert worden! Diese Feststellungen sind auch noch nach einer andern Richtung hin bemerkenswert; denn sie be - weisen, daß jene „antimarxistische Kundgebung", die den unmittelbaren Anlaß zu der Flugblatwerbreitung gab, auf Betteiben der Grundeigentümer zurückzuführen ist, womit eindeuttg bewiesen wird, daß auch die Nattonalsozialisten, diese „Arbeiterpartei", sich ausschließlich der Grundeigen - tumsinteressen dienstbar gemacht haben! Eine seine Ge - sellschaft! Der dritte Abschnitt erörtert die Arbeitsbeschaffung unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel und unterstützt die Bestrebungen, die zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für öffenttiche Arbeiten geführt haben. Die Kommission hat die Frage, ob durch Lohn- und Zins- zuschüffe private Unternehmen Subventionen behufs Erweite- rung ihrer Tätigkeit erhalten sollten, nach den bisherigen Erfahrungen im allgemeinen verneint. Im vierten Kapitel werden „Maßnahmen besonderer Art" aufgeführt. So hält die Kommission es für erforderlich, daß auch die Gemeinden sich an der Arbeitsbeschaffung für die von ihnen unterstützten Arbeitslosen beteiligen. Dabei sollten in erster Linie langfristig Arbeitslose berücksichtigt werden, ferner jugendliche Personen, bei denen länger dauernde Arbeitslosigkeit mit Gefahren für eine Schwächung ihrer Arbeitstüchtigkeit oder ihrer sittlichen Wider- standsttaft verbunden ist. Die Einführung einer allgemeinen Arbeitsdienstpflicht hält die Kommission nicht für ein geeignetes Mittel zur Entlastung des Arbeitsmarktes. Dagegen empsiehlt sie die Förderung des freiwilligen Arbeitsdienstes, der eine mannigfaltige Initiative auf sich ziehen könnte und auch in der jüngeren Generation Anklang finden würde. Schließlich bedeute die 'Möglichkeit solcher Arbeit für den Arbeitslosen die Beseitigung des Gefühls, überflüssig zu sein. Schwierigkeiten der Durchführung werden sich zunächst in der Beschaffung zusätzlicher Arbeit zeigen. Man wird sich deshalb nicht wie bei der Notstandsarbeit und der Pflicht- arbeit auf bie öffentliche Land als Träger beschränken können, sondern man wird Verbände mit gemeinnützigen Zielen als Träger auch dann beranziehen müssen, wenn sie Arbeiten bereitstellen, die zunächst einem beschränkten Personenkreis (Mitgliedern oder hilfsbedürftigen Kreisen) zugute kommen. BwMß-Mmdtkn II Der zweite Bericht der Brauns-Kom - mission liegt vor. Er ist noch von sämtlichen Mitgliedern der Kommission, also auch von Prof. Leimann, mitunter- zeichnet worden und fand in der Kommission einstimmige Annahme. Nach den Auszügen, die wir nebenstehend ver - öffentlichen, ist es vorläufig noch schwer, den Wert des Berichtes im einzelnen zu beurteilen. Eines nur ist sicher: überschätzt werden darf auch dieser zweite Brauns-Bericht keineswegs. Man muß sich dabei die Geschichte der Brauns-Kom - mission in die Erinnerung zurückrufen. Ursprünglich sollte die Kommission lediglich die versicherungstechnische und rein sozialpolittsche Seite des Arbeitslosenproblems, mit andern Worten, die Reformpläne in bezug auf die Arbeits - losenversicherung studieren. Als sich aber die Re - gierung vor der Aufgabe sah, ernsthaft etwas gegen das weitere Steigen der Arbeitslosigkeit zu unternehmen, erhieft diese im wesentlichen aus Sozialpolittkern und Versicherungs - fachleuten zusammengesetzte Kommission plötzlich die viel weitergehende Aufgabe, auch Wege zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aufzuzeigen; eine Aufgabe, der diese Kommission auf Grund ihrer Zusammensetzung kaum gewachsen sein konnte. Wege zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeft zu zeigen, ist nämlich Aufgabe der Volks- wirffchafter und Politiker, die in der Brauns-Kommission nur sehr schwach vertreten sind. So mußte man von vorn - herein sagen, daß die große Aufgabe mit unzureichenden Mitteln begonnen wurde. Illusionen über das Ergebnis waren daher gewiß nicht am Platze. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache kann man den zweiten Brauns-Bericht als eine saubere und fleißige Arbeit bezeichnen, die aber keineswegs zu irgendwelchen übergroßen Hoffnungen Anlaß geben darf. Der Bericht geht von einer theoretischen Untersuchung der Krise — speziell der deutschen Krise — aus. Er sieht danach die Leilungsmöglichkeiten — ober sagen wir lieber die Linde - rungsmöglichkeiten — in einer Zuführung von neuem Kapital, das aber nicht etwa die zu knappe deutsche Kapitaldecke an anderer Stelle verkürzen darf. Es kommt also nicht die Amlagerung von der öffentlichen Land in die private oder umgekehtt in Frage. Es kommen auch nicht, wie es einst Finanzminister Dietrich vorschlug, Etaats- subventtonen an einzelne Zndusttien in Bettacht, sondern die Ankurbelung der Wirtschaft muß nach Meinung der Kommission — und darin dürste man ihr unbedingt zu- stimmen — durch langfristige nicht zu hoch verzinsliche Ausländsanleihen erfolgen. Und diese Ausländsanleihen müßten wiederum für solche Arbeiten Verwertung finden, die in kurzer Zeit eine Ren - tabilität versprechen und gleichzeitig natürlich auch als volkswirtschaftlich produktiv anzusehen sind. Aus diesem Gesichtspunft lehnt zum Beispiel die Kom - mission den Bau neuer Fernstraßen für den Kraftverkehr und den Bau neuer Kanäle ab, da dadurch der Reichsbahn Konkurrenz gemacht würde und der volkswirtschaftliche Vor - teil, der auf der einen Seite erzielt würde, auf der andern wieder verlorenginge. Ebenso wird die vielfach propagierte Kultivierung von Moor- und Oedländereien abgelehnt, offenbar, weil der wirtschaftliche Erttag erst in allzu ferner Zeit sichtbar würde. Grundlage des Brauns-Berichtes ist also die Be - schaffung langfristiger Ausländsanleihen, die sich aber nicht wieder, wie in den Jahren 1924/28, plan - los und unrationell in einem übersteigerten Ausbau der wirt - schaftlichen Anlagen auswirken sollen, sondern die dorthin ge - leitet werden müssen, wo eine Ankurbelung der Wirtschaft zu erwarten ist. So warnt zum Beispiel der Bericht davor, die Tätigkeit der öffentlichen Land in der Bauwirtschaft vollkommen einzustellen, die Verminde - rung der für den Wohnungsbau zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel soll möglichst'schonend vor sich gehen. Was der Bericht in der Praxis empfiehlt, ist im Grunde nichts Neues. Schon als die Krise begann, wurden durch - aus ähnliche Vorschläge von feiten der Ar - beitnehmerschaft gemacht: langfristige Auslands - kredite, deren Verwendung in produktiver Weise von der Mahatma Gandhi: Mein Leben Lanzenreiter gegen Demonstranten Copyright by Ynsewerlag [31 Kaum war ich int Laus, als Amar Sobhani und Anasuya- ben ankamen und mich baten, sofort im Auto nach Pydhuni zu fthren. „Die Bevölkerung ist schon ungeduldig und äußerst ttregt", sagten sie, „wir können sie nicht beschwichtigen. Das können nur Sie." Ich stieg in das Auto. In der Nähe von Pydhuni sah ich schon von weitem, daß eine riesige Volksmenge sich angesammelt hatte. Bei meinem Anblick geriet das Volk außer sich vor Freude. Ein Zug wurde sofort gebildet, und donnernde Rufe: »Bande Mataram"^ und „Allahu Akbar"- zerrissen die Luft. ^llS der Zug aus der Abdur-Rahman-Sttaße bog und gerade Segen den Crawford-Markt vorrücken wollte, sah er sich plötzlich einem Trupp berittener Polizei gegenüber, der sich dort auf- Sestellt hatte, um ein weiteres Vorrücken in der Richtung der Festung zu verhindern. Die Menge war dicht eingekeilt. Sie hatte die Polizeikette fast schon durchbrochen. Es bestand kaum •tflenbeine Möglichkeit, meiner Stimme in diesem gewaltigen Gewühl Gehör zu verschaffen. Just in diesem Augenblick gab ®er Offizier, der das Kommando hatte, Befehl, die Menge zu Zerstreuen, und sofort stürmten die Reiter, ihre Lanzen schwin- Send, auf das Volk los. Einen Augenblick hatte ich das Ge- !"hl, jetzt würde es mich treffen. Aber meine Besorgnis war grundlos; die Lanzen streiften nur das Auto, indes die Reiter ^orbeigaloppierten. Die Reihen des Volkes waren im Nu Durchbrochen und in wildes Durcheinander gescheucht, das sich °uld in planlose Flucht auflöste. Einige wurden zu Boden Setrctcn, andere schwer mißhandelt und gequetscht. In diesem 1 Anfangsworte eines Lobliedes auf die Landschaft Ben- 5®’en, allmählich zum NationalhymnuS für ganz Indien ge - worben. — - „Gott ist groß." brobelnden Menschengewühl konnten die Pferde kaum durch, noch war irgendein Ausgang da, durch den die Menge sich Hane zerstreuen können. So bahnten die Lanzenreiter sich blindlings ihren Weg durch die Masse. Ich kann mir kaum denken, daß sie sehen konnten, was sie anrichteten. Das Ganze bot ein grauenhaftes Schauspiel. Reiter und Volk waren ein einziger wilder Wirrwarr. So wurde die Menge zersprengt und ihr Vorrücken auf- gehalten. Anser Auto durfte weiterfahren. Ich ließ es vor dem Amtsgebäude des Kommissars halten. Ich stieg aus, um mich bei ihm über das Verhalten der Polizei zu beschweren. Aeberall auf der Treppe, die zu dem Amtszimmer des Kom- missars führte, sah ich Soldaten stehen, die wie zu einer Schlacht gerüstet waren. Auf der Veranda wimmelte es von ihnen. Als ich in das Amtszimmer geführt wurde, sah ich Mr. Bowring bei Vtt. Griffith sitzen. Ich schilderte dem Kom - missar die Szenen, die ich miterlebt hatte. Er entgegnete kurz: „Ich wollte nicht, daß der Zug gegen die Festung vorrückte, da ein Aufruhr dort unvermeidlich gewesen wäre. And da ich annahm, daß das Volk nicht auf gute Worte hören würde, mußte ich der berittenen Polizei notgedrungen Befehl geben, gegen die Menge vorzugehen." „Aber", sagte ich, „Sie wußten doch, wozu das führen mußte. Es war doch vorauszusehen, daß die Pferde die Leute zu Boden treten würden. Meiner Ansicht noch war es ganz unnötig, eine so starke Abteilung Berittener abzuschicken." „Das können Sie nicht beurteilen", entgegnete Mr. Griffith. „Wir Polizeibeamten wissen besser als Sie, was Ihre Lehre beim Volk anrichtet. Wenn wir nicht von vornherein scharf eingreifen, würde uns bald alles aus der Land gleiten. Glauben Sie mir, das Volk geht Ihnen sicher durch. Auf - lehnung gegen das Gesetz — gut, das behagt ihnen, das be - greifen sie gleich; aber daß sie dabei friedlich bleiben sollen, das geht über ihren Horizont. Ich zweifle nicht, daß Sie das Beste wollen, aber das Volk begreift das nicht. Es folgt seinem natürlichen Trieb." „Das Volk ist von Natur aus nicht gewalttätig, sondern friedlich", antwortete ich. So sttitten wir lange hin und her. Schließlich sagte Mr. Griffith: „Aber angenommen. Sie kämen zu der Ueberzeugung, daß Ihre Lehre in den Wind geredet ist beim Volk, was würden Sie dann tun?" „Wenn ich davon überzeugt wäre, würde ich den fried - lichen .Widerstand aufgeben." Es war uns unmöglich, zu einer Verständigung zu ge - langen. Ich sagte ihm, daß ich beabsichtige, zu einer Ver - sammlung am Ebowpati-Sttand zu reden und das Volk zu bitten, ruhig zu bleiben. Damit verabschiedete ich mich von ihm. Die Versammlung wurde ant Chowpati-Afer abgehalten. Ich sprach ausführlich über die Pflicht der Gewaltlosigkeit und über die Grenzen von Satvagraba und sagte: „Satyagraba ist im wesentlichen eine Waffe der Wahrhaftigen. Ein Satyagrahi ist zur Gewalt- losigkeit verpflichtet, und wenn das Volk diesen Grundsatz nicht in Geist, Wort und Tat wahrt, kann ich mich dieser Waffe nicht bedienen." Irgend jemand hatte in Ahmedabad das Gerücht ver - breitet, auch ich fei verhaftet worden. Die Spinnereiarbeiter waren über diese angebliche Verhaftung in Wut geraten, hatten die Arbeit niedergelegt und Ausschreitungen begangen, und ein Unteroffizier war getötet worden. So fuhr ich denn nach Ahmedabad. Anterwegs hörte ich, daß man den Versuch ge - macht hatte, die Schienen beim Bahnhof Nadiad aufzureißen, daß in Viramgam ein Regierungsbeamter ermordet, und daß über Ahmedabad das Standrecht erklärt worden war. Die Bevölkerung war verängstigt. Sie hatte sich zu Gewalttaten Hin- reißen lassen und sollte' nun doppelt und dreifach dafür büßen. Ein Polizeibeamter wartete am Bahnhof, um mich zu Mr. Aus dem Inhalt Politik und allgemeiner Teil: Die Arbeitsbeschaffungsvorschläge der Brauns-Kommission. Lamburger Polizei Härt den Flugblattschwindel endgültig auf. Sozialdemokratische Erklärung im Aeltestenrat. Der preußischen Opposition gebt der Atem aus. Kommunistische Ausschreitungen in Berlin. Tagesbericht: Den Arbeiter-Gästen. Briefe, die uns nicht erreichten . . . Brückeneinsturz in Elmshorn. Kurze Sitzung der Bürgerschaft (2. Beilage). Kunst und Wissenschaft: Der Entdecker des Anbewußten. Aus aller Welt: Mörder Reins und seine Familie verhaftet. Gewerkschaftliche Amschau: Schiedsspruch im Ruhrbergbau. Pratt, dem Kommissar, zu geleiten. Ich traf ihn in einem Zu - stand äußerster Wut an. Ich sprach in aller Sanftmut mit ihm und drückte mein Bedauern über die Unruhen aus. Ich wies ihn darauf hin, daß das Standrecht unnötig fei, und erklärte mich bereit, bei allen Bemühungen zur Wiederherstellung des Friedens mitzuwirken. Ich bat um Erlaubnis, eine öffentliche Versammlung auf dem Grund und Boden des Ashrams in Gabarmati abhalten zu dürfen. Der Vorschlag gefiel ihm, und die Versammlung wurde, glaube ich, am Sonntag, 14. April, abgehalten. Das Standrecht wurde noch am gleichen Tage oder tags darauf aufgehoben. Bei meiner Ansprache versuchte ich, den Leuten ihr Anrecht zu Gemüte zu führen, erklärte, daß ich zur Buße drei Tage fasten würde, legte dem Volke ans Letz, ebenfalls einen Tag lang zu fasten, und riet denjenigen, die sich Ausschreitungen hatten zuschulden kommen lassen, sich offen zu ihrer Schuld zu bekennen. (Fortsetzung folgt)