L7.  Jahrgang 
Nummer  206 
Mittwoch,  29.  Juli  1931 
Preis  10^ 
Hamburger  Echo 
ert<eetnt  tagn®  einmal,  eußtran  z.gctenagen.  e«$ugepe«i»,  im  öoram  —  *  »  *  —  —r  V  «*»»H*e«npe*4i«  Derftetxm  ft®  m  tRet®5mart,  6te  isaeroaltene  ?itw 
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Das  Ergebnis  der  Berliner  Besprechungen 
Sozialisten  bauen  den  Weg 
«Außerordentlich  freundschaftlicher  Charakter^  /  Die  persönlichen  Fühlungnahmen  sollen  fortgesetzt  und  ausgebaut  werden 
Ser  vWelle  BerhandlungöberW 
WTB.  B  e  r  l  i  n,  28.  Juli. 
Die  Besprechungen  zwischen  Reichskanzler  Brüning, 
Dr.  Curtius,  Minister  Macdonald  und  Minister 
Henderson,  die  am  Dienstagvormittag  in  der  Reichs -
kanzlei  begannen,  wurden  am  Dienstagnachmittag  in  einem 
weiteren  freundschaftlichen  Gedankenaustausch  fortgesetzt  und  be -
endet.  Einer  der  Lauptgegenstände  der  Besprechung  war  die 
Frage,  wie  dw  Beschlüsse  der  Londoner  Konferenz 
am  besten  in  konstruktiver  Weise  in  die  Praxis  umzusetzen 
wären.  Die  englischen  und  deutschen  Minister  besprachen  weiter -
hin  die  allgemeine  Wirtschaftslage  und  die  Maß- 
nahmen,  die  zur  Beseitigung  der  gegenwärtigen  Schwierigkeiten 
auf  wirtschaftliche  mGebiet  getroffen  werden  könnten.  Die  Zn- 
kraftsetzung  des  internationalen  Arbeitszeitabkommens 
für  den  Bergbau  wurde  in  Erwägung  gezogen.  Das  A  b  - 
rüstungsproblem  wurde  im  Zusammenhang  mit  den  Vor -
bereitungen  für  die  kommende  Abrüstungskonferenz  erörtert. 
Die  Besprechungen  trugen  einen  außerordentlich  freund -
schaftlichen  Charakter  und  es  herrschte  allgemein  Ueber -
einstimmung  darüber,  daß  die  persönlichen  Fühlungnahmen,  die 
durch  die  Zusammenkünfte  in  Chequers,  Pcttis  und  London  in  so 
glücklicher  Weise  geschaffen  wurden,  fortgesetzt  und  ausgebaut 
werden  muffen. 
Beim  MiüMlWeMen 
WTB.  Berlin,  28.  Juli.  Reichspräsident  v.  Lindenburg 
empfing  heute  vormittag  den  Königlich  Britischen  Minister -
präsidenten  Ramsay  Macdonald  und  den  Königlich 
Britischen  Außenminister  Lenderson,  die  von  dem  Königlich 
Britischen  Botschafter  in  Berlin,  Sir  Rumbold,  begleitet  waren. 
Mardvnald  für  »uiommtnatbcii 
der  Belker 
Bei  einem  Empfang  der  deutschen  Presse  äußerte  Macdonald 
seine  Zuversicht,  daß  der  deutsche  Nationalstolz  die  Kraft  auf- 
bringen  werde,  die  noch  vorhandenen  Schwierigkeiten  zu  über -
winden.  Wenn  sie  überwunden  seien,  dann  heiße  es,  durch  eine 
Zusammenarbeit  der  Völker  die  Beruhigung  der  inter -
nationalen  Atmosphäre  herbeizuführen. 
Zm  Anschluß  an  diese  Erklärungen  beantworteten  Mac -
donald  und  Lenderson  einige  Anfragen.  Mit  großer  Ent- 
schiedenheit  lehnte  er  die  frühere  britische  Politik  der  „balance 
of  power“  ab.  Sic  stehe  int  diametralen  Gegensatz  zu  der  Politik 
seiner  Regierung.  (Balance  of  power  =  Gleichgewicht  der  Kräfte. 
Das  bedeutete:  England  soll  arbeiten  für  die  Gruppierung  der 
Mächte  in  zwei  annähernd  gleich  starke  Lälften,  soll  aber  sich 
selbst  keiner  Gruppe  ganz  anschließen,  auf  daß  es  jederzeit  den 
Ausschlag  geben  kann.  Red.)  Die  Labour-Politik  sei  umgekehrt 
auf  die  Zusammenarbeit  der  Völker  eingestellt. 
Eie  erstrebe  Sicherheit  und  Abrüstung.  Das  Loover-Zahr,  so 
betonte  Macdonald  ferner,  sei  ein  außerordentlich  wertvoller 
Beitrag  zur  Beilegung  der  augenblicklichen  Schwierigkeiten.  Zn 
bezug  auf  die  Goldabzüge  aus  der  Bank  von  England  würden 
viel  Propaganda-  und  psychologische  Motive  mitsprechen.  Eng -
land  habe  bei  der  Unterstützung  Oesterreichs  und  Deutschlands 
willig  seinen  Beitrag  geleistet  und  werde  es  auch  weiterhin  tun. 
Ein  Vertreter  der  Stahlhelm-Presse  erwähnte,  daß  Mac -
donald  in  seinem  Toast  für  Brüning  am,Montagabend  von  dem 
Idealismus  der  deutschen  Jugend  gesprochen  habe. 
Macdonald  erwiderte  darauf,  daß  er  von  dem  Idealismus  und 
dem  guten  Willen  der  Jugend  aller  Völker  gesprochen  habe 
und  daß  nichts  so  fürchterlich  sei,  als  wenn  die  Begeisterungs- 
fähigkeit  der  Jugend  aller  Länder  durch  Feindschaft  und  Laß 
verdorben  und  gestört  würde. 
SPD.  M  ü  n  ch  e  n,  28.  Juli. 
Es  bestätigt  sich,  daß  der  „Stabschef"  Hitlers,  Röhm, 
durch  den  Putschisten  major  Pabst  erseht  wird. 
Röhm  ist  inzwischen  in  Urlaub  geschickt  worden,  von  dem  er  nicht 
«ehr  in  sein  Amt  zurückkehren  wird. 
Neuer  Meiseldes  Killers 
öerkunft:  Aus  der  ökbwertnöustrte 
Die  Vossische  Zeitung  läßt  sich  aus  Essen  melden,  daß  in 
München  im  Braunen  Laus  der  neue  Reichspreffechef  der  Natio -
nalsozialistischen  Deutschen  Arbeiterpartei,  Dietrich,  sein  Amt 
angetreten  hat.  Dietrich  sei  ein  junger  Journalist  Anfang  der 
Dreißiger  und  offenbar  unter  dem  Einfluß  gewisser 
Geldgeber  der  Partei  an  diesen  Posten  gekommen.  Dietrich 
war  Lauptredakteur  der  Lugenbergschen  München-Augsburger 
Abendzeitung  und  Korrespondent  der  Leipziger  Neuesten  Nach -
richten  sowie  Mitarbeiter  der  D.  A.  Z.  In  Essen  redigierte  er 
bis  vor  kurzem  das  Litlerblatt. 
(Sthtimbfkhlc  brr  691. 
„Anivttiung  für  die  Winterarbett" 
SPD.  München,  28.  Juli. 
Den  zahlreichen  Geheimbefehlen  der  L  i  t  l  e  r  -  S  A. 
jur  Vorbereitung  des  Bürgerkrieges,  die  der  Weilheimer  Land- 
lrwdensbruchprozeß  zutage  förderte,  reihte  der  Verteidiger  der 
" ,, <scftaqten  Reichsbannerleute  in  seinem  Plädoyer  aus  dem  itm- 
whgreichen  Aktenmatertal  noch  einen  neuen  SA.-Geheimbefehl 
aus  dem  unzweifelhaft  hervorgeht,  daß 
dir  Nativualsozialisten  planmäßig  und  systematisch  auf 
blutige  Auseinanderseyungeit  mit  dem  Gegner  vor -
bereitet  sind. 
Unter  Seiinnungssreunden 
Berlin,  29.  Juli. 
^Am  Dienstagmittag  weilten  Macdonald  und  Lender- 
s  o  n  im  Kreise  von  Mitgliedern  der  sozialdemokratischen  Partei- 
leitung  und  der  Leitung  der  sozialdemokratischen  Reichstags -
fraktion  bei  dem  preußischen  Ministerpräsidenten 
Am  Dienstag  haben  sich  die  beteiligten  Reichsministerien  mit 
dem  Plan  eines  Teilmoratoriums  für  die  Land- 
wirtschaft  beschäftigt,  den  die  Vertreter  der  Grünen  Front 
vor  einigen  Tagen  der  Regierung  vorgetragen  haben.  Bei  ein -
zelnen  Ministerien  scheint  Neigung  zu  bestehen,  diesem  Projekt 
entgegenzukommen.  Man  beruft  sich  dabei  auf  die  Auswirkungen 
der  Kreditrestriktionen  und  die  Schwierigkeiten  der  Ernte -
finanzierung. 
Der  Plan  eines  Teilmoratioriums  für  die  Landwirtschaft, 
nach  dem  Schulden  bei  Inhabern  von  land-  und  forstwirtschaft -
lichen  und  gärtnerischen  Vettieben,  die  bis  zur  neuen  Ernte  1931 
entstanden  sind,  sowie  die  Zinsen  aus  diesen  Schulden  zumindest 
nicht  bis  Ende  1931  eingefordert  werden  können,  ist  nicht  neu. 
Man  erinnert  sich,  daß  Lugenberg  schon  im  vorigen  Jahre 
einen  derartigen  Plan  entwickelte.  Wenn  sich  das  Reichskabinett 
auf  dieses  Projekt  einläßt,  werden  die  Folgen  unübersehbar  fein. 
Selbstverständlich  ist  der  Gedanke,  der  Sorgen  um  seine  Schulden 
durch  ein  Moratorium  ledig  zu  werden,  sehr  verlockend.  Für  den 
Die  Reichsregierung  hat  am  Dienstag  eine  neue  Not -
verordnung  erlassen,  nach  der  der  Zahlungsverkehr  für  die 
Zeit  vom  Mittwoch  bis  Sonnabend  dieser  Woche  geregelt  wird. 
Die  Erleichterungen  gegenüber  dem  bisherigen  Zustand 
sind  nur  gering.  Es  ist  jedoch  in  Aussicht  genommen,  di -
völlige  Freigabe  des  Zahlungsverkehrs  ab  Montag  der  kommen -
den  Woche  zu  ermöglichen. 
Von  amtlicher  Seite  wird  hierzu  erläuternd  mitgeteilt:  Der 
Rest  dieser  Woche  ist  dadurch  gekennzeichnet,  daß  zu  den  für 
die  regelmäßigen  Lohn-  u  n  dG  e  h  a  l  t  s  z  a  b  l  u  n  g  e  n  noch 
die  Anforderungen  des  Monatsendes  hinzutreten.  Es 
erschien  daher  nicht  ratsam,  darüber  hinaus  für  die  nächsten 
Tage  eine  umfangreichere  Auflockerung  des  bisherigen  Zah -
lungsverkehrs  vorzunehmen. 
'  "  Die  Erleichterungen,  die  bis  zum  Wochenende  Eintreten,  be ¬ 
treffen  einmal  die  Erhöhung  der  Barauszahlungsgrenze  von 
200  auf  300  JI  bei  Kontokorrentguthaben,  während  es  hinsichtlich 
der  Auszahlungen  auf  Sparkonten  und  Sparbücher  bei 
30  Jt  verbleiben  mußte.  Die  Auszahlung  auf  Kreditbriefe 
ist  ebenfalls  auf  300  Jt  erhöht  worden.  Freigegeben  zur  unbe -
schränkten  Barauszahlung  und  folgeweise  auch  Acberweisung 
sind  über  die  bisher  bestehenden  Fälle  hinaus  die  Mietzinsen 
für  Wohnungen  und  gewerbliche  Räume,  sofern  der  Konten- 
inhaber  nicht  Einnahmen  aus  Lohn,  Gehalt,  Ruhegeld  usw.  be -
zieht,  ferner  zur  Einlösung  von  Zinsrenteen  und  Gewinnanteil- 
scheinen.  Die  Aeberweismigen  sind  im  allgemeinen  auf  4000  M 
täglich,  also  insgesamt  16'000  M  bis  zum  Wochenende  erhöht 
worden,  und  dem  Ueberweisunqsverbande  wird  der  Labenbetrag 
von  50  000  <M  voraussichtlich  auch  weiter  erhöht  werden.  Zur 
Wechfeleinlösung  sollen  täglich  8000  <M.,  also  32  000  Jt  bis  zum 
Wochenende  ausgezahlt  werden  dürfen.  Die  Wechsclprotestfriften 
sind  entsprechend  den  bisherigen  Regelungen  wieder  stafselweise 
etwas  hinausqeschoben  worden,  während  eine  Verlängerung  der 
Vorlegungsfrtst  für  die  nach  dem  21.  Juli  1931  ausgestellten 
Schecks  nicht  mehr  notwendig  schien. 
Der  Befehl  datiert  vom  November  1930  und  trägt  die  harm -
lose  Aeberschrift:  Anweisung  für  die  Winterarbeit.  Er  ist  gc- 
geichnet  vom  Osaf-Stellvertretcr  Süd.  Ziffer  4  des  Befehls 
lautet:  „Das  Tempo  der  Ausbildung  von  Sani- 
männern  (Sanitätsmännern)  ist  z  u  b  e  s  cd  l  e  u  n  i  g  e  n.  Es 
ist  notwendig,  daß  jeder  Sturm  über  mindestens  sechs  in  den 
Kursen  vom  Roten  Kreuz  ausgebildete  Sanimänner  verfügt. 
Darüber  hinaus  muß  es  ermöglicht  werden,  daß  aus  dem  Sturm 
mindestens  weitere  zehn  Heute  in  der  notwendigen  Technik  der 
ersten  Lilfeleistungen  ausgebildet  werden.  Es  kann  —  bei  Auto- 
transporten  und  Saalschlachten  —  sehr  leicht  Vorkommen,  daß 
bei  Verletzungen  irgendwelcher  Art  ein  Sanimann  nicht  gleich 
zur  Stelle  oder  arbeitsfähig  ist.  Für  diesen  Mann  müssen  im 
Sturm  Lilfssanimänner  zu  Verfügung  stehen,  die  zum  mindesten 
einen  sachgemäßen  ersten  Verband  anlegen  können.  Jeder  SA.- 
Mann  muß  außerdem  ein  Verbandpäckchen  bei  sich  tragen." 
..<Srmcin(icfnhrli(hc6  Sr  eiben!“ 
Mit  größter  Schärfe  wendet  sich  das  Organ  des  württem- 
bergischen  Zentrums  gegen  die  Laltung  der  national -
sozialistischen  Presse.  Das  Stuttgarter  Naziblatt  hatte 
über  die  Maßnahmen  der  Reichsregierung  zur^Sicherung  der 
Erntefinanzierung  unter  dem  über  die  ganze  Seitenbreite  ge -
druckten  Site»  „Gefährdung  der  Brotversorgung" 
berichtet  und  im  Anschluß  daran  den  Rücktritt  der  führenden 
Männer  verlangt.  Das  Zentrumsblatt  stellt  das  in  Parallele 
mit  der  Art,  wie  das  Stuttgarter  Kommunistenblatt  vor  wenigen 
Tagen  in  größter  Aufmachung  die  bevorstehende  Inflation  an- 
gekündigt  hatte,  und  schreibt  dazu: 
„Die  beiden  Blätter  ergänzen  sich  wunderbar!  Gegen  ein 
solches  verwerfliches  T  u  n  müßte  überall  entschieden  Front 
gemacht  werden.  Wir  jedenfalls  halten  es  für  unsere  Pflicht, 
das  gemeingefährliche  Treiben  d  e's  national -
sozialistischen  Blattes  ins  hellste  Licht  zu  stellen,  damit 
die  Oeffentlichkeit  sieht,  zu  welch  gefährlichen  Waffen  die  natio -
nalsozialistische  Presse  greift." 
zu  Gast.  Die  Veranstaltung  trug  rein  privaten  Charakter  und 
bot  Gelegenheit  zu  einer  herzlichen  Aussprache  über  zahlreiche, 
vor  allem  Deutschland  interessierende  Probleme. 
Die  Abgeordneten  Wels  und  B  r  e  i  t  s  ch  e  i  d  ,  die  eigens 
zu  dieser  Aussprache  auf  einen  Tag  von  dem  Wiener  Kongreß 
zurückgekehrt  waren,  sind  am  Dienstagabend  wieder  nach  Wien 
abgereist. 
Augenblick  würden  auch  etwa  80  bis  90  %  in  der  ostdeutschen 
Landwirtschaft  —  für  diese  kommt  das  Teilmoratorium  in  Frage 
—  von  einer  derartigen  Aktion  profitieren.  Die  Freude  würde 
aber  nur  kurz  sein.  Das  Moratorium  würde  nicht  nur  das  west -
deutsche  Kapital,  das  jetzt  noch  in  der  ostdeutschen  Landwirtschaft 
tätig  ist,  vertreiben,  sondern  müßte  auch  dazu  führen,  daß  das 
ostdeutsche  Kapital  auswandert.  Denn  die  Kapitalgeber  würden 
sich  sagen,  daß  die  Landwirtschaft  im  Winter  sicher  nicht 
zahlen  wird,  wenn  sie  schon  jetzt  zur  Zeit  der  Ernte,  wo  die 
Landwirtschaft  in  den  Besitz  von  neuen  Mitteln  kommt,  nicht 
zahlt. 
Ein  Moratorium  müßte  den  Zusammenbruch  des  ganzen 
ostdeutschen  Kredites  zur  Folge  haben. 
Wenn  die  Führer  der  Grünen  Front  sich  der  Tragweite 
ihrer  Forderungen  nicht  bewußt  sind,  so  sollte  wenigstens  das 
Reichskabinett  Verständnis  für  die  drohenden  Gefahren  eines 
Teilmoratoriums  für  die  Landwirtschaft  haben. 
Die  Gründung  der  Akzept-  und  Garantiebank 
ist  am  Dienstagnachmittag  in  den  Räumen  der  Reickisbank  vor -
genommen  worden.  Das  Reich  ist  in  dem  Aufsichtsrat  der 
Pank  durch  zwei  höhere  Beamte  aus  dem  Reicksfinanz-  bezie -
hungsweise  Reickswirtschaftsministerium  vertteten. 
* 
Der  Vorstand  des  Reichsverbandes  der  deutschen  Industrie 
tritt  heute  jn  Berlin  zu  einer  Sitzung  zusammen.  Im  Vorder -
grund  der  Erörterungen  werden  die  „Wiederherstellung  des  Zah- 
lungsverkehrs"  und  die  „Devisenlage"  stehen. 
Sie  Sage  Ler  StarEaiicn 
RaMikung  des  ReikbSkadineNs 
SPD.  Berlin,  29.  Juli. 
Das  Reichskabinett  ttat  am  Dienstagabend  um  10.30  Ahr 
zu  einer  mehrstündigen  Nachtsitzung  zusammen. 
Gegenstand  der  Verhandlungen  bildeten  die  Lage  der  Spar- 
lassen  und  die  Frage  der  vorübergehenden  Stützung 
einer  größeren  rheinischen  Bank.  Die  Stützung 
wurde  grundsätzlich  beschlossen,  der  Stützungsbettag  jedoch  noch 
nicht  endgültig  festgelegt.  Vorläufig  wird  der  Bank  eine  Summe 
von  mehreren  Millionen  Mark  überwiesen  werden. 
Die  Besprechungen  über  die  Regelung  des  künftigen 
Zahlungsverkehrs  der  Sparkassen  werden  heute  und  in 
den  nächsten  Tagen  fortgesetzt.  Sie  dürften  kaum  vor  Ende  der 
Woche  abgeschlossen  werden.  Es  ist  damit  zu  rechnen,  daß  der 
Zahlungsverkehr  der  Banken  von  der  kommenden  Woche  ab 
freigegeben  wird,  daß  aber  für  die  Sparkassen  bis  auf 
weiteres  noch  beschränkte  Auszahlungen  angeordnet 
werden. 
Die  Sitzung  des  Reichskabinetts  fand  gegen  1.30  Ahr  mor- 
gens  ihr  Ende. 
Leipziger  Broßbank  mit  6ntbfiftDer 
«Staatsbank  verschmelzen 
Im  Freistaat  Sachsen  haben  sich  die  Allgemeine 
Deutsche  Kreditanstalt  A.  -  G.  in  Leipzig  und  die 
Sächsische  Staatsbank  ant  Dienstag  zu  einem  einbeit- 
lichen  mitteldeutschen  Kredittnstitut  zusammengcschloffen.  Der 
Beitritt  weiterer  Banken,  und  zwar  hauptsächlich  solcher  In -
stitute,  auf  die  die  Allgemeine  Deutsche  Kreditanstalt  schon  maß -
gebenden  Einfluß  hat,  steht  bevor. 
Offiziös  wird  zu  dieser  Verschmelzung  zwischen  einer  öffent -
lichen  und  einer  privaten  Großbank  erklärt,  daß  es  sich  hier 
nicht  um  eine  Stützungsmaßnahme  für  die  Allg«. 
meine  Kreditanstalt  handle,  sondern  um  einen  Versuch,  der 
Aeberseyung  und  Zersplitterung  im  deutschen  Bank -
wesen  zu  steuern  und  die  K  r  e  d  i  t  b  a  s  i  s  der  mitteldeutschen 
Wirtschaft  dem  In-  und  Auslande  gegenüber  zu  festigen.  Für 
die  gesamten  Verbindlichkeiten  der  nunmehr  ver -
einigten  Institute  habe  der  sächsische  Staat  die  volle 
Laftung  übernommen.  (Wenn  es  sich  hier  wirklich  nicht  um 
eine  Stützung  handeln  sollte,  so  ist  es  aber  bestimmt  eine  „Siche -
rungsaktion",  für  die  die  Kräfte  des  Staates  herangezogen 
werden!) 
Sir  SrviirnablirferungSpsitlbt 
Die  Frist  zur  Ablieferung  oder  Anzeige  von  De -
visen  im  Gesamtbeträge  von  20  000  Jt  und  darüber  für  den 
einzelnen  Anzeigepflichtigen  unter  Hinzurechnung  der  Devisen 
seiner  Ehefrau  und  der  mit  ihm  in  häuslicher  Gemeinschaft 
lebenden  Kinder  läuft  am  29.  Juli  1931  ab.  Eine  Verlängerung 
dieser  Frist  ist  nickt  beabsichtigt.  Lediglich  für  die  Inhaber  von 
Währungskonten  bei  inländischen  Kreditinstituten  ist  mit  Rück -
sicht  darauf,  daß  die  Verpflichtung  dieser  Inhaber  zur  Abliefe -
rung  oder  Anzeige  ihrer  Wahrungsguthaben  erst  in  der  zweiten 
Durchführungsverordnung  zur  Kapitalfluchtverordnung  klar- 
gestellt  worden  ist,  die  Frist  bis  zum  5.  August  1931  erstrecht 
worden.  Auch  hier  besteht  jedoch  Ablieferung»-  oder  Anzeige- 
pflicht  bis  zum  5.  August  nur  in  den  Fällen,  in  denen  das  Wäh -
rungskonto  zuzüglich  des  sonstigen  Devisenbesiyes  den  Gegen -
wert  von  20  000  M  erreicht  oder  übersteigt. 
Gestern  abend  hat  Lenderson  Berlin  im  Eisen -
bahnzug  verlassen,  heute  ist  Macdonald  mit  einem 
Militärflugzeug  nach  London  zurückgeflogen.  Ihr  Berliner 
Besuch  hat  fortgesetzt,  was  Chequers  begann;  endgültige 
Ergebnisse  hat  auch  er  nicht  gebracht.  Aber  die  Aussprachen 
fühtten  zu  besserem  Verständnis,  man  hat  gegenseitig  die 
Ziele  des  andern  Teils  genauer  erkannt  und  ist  sich  über  die 
Motive  klar  geworden;  das  ist  die  Voraussetzung  für  die 
Schaffung  der  Völkergemeinschaft,  die  Macdonald 
gestern  in  einer  Berliner  Preffebesprechung  wiederum  als 
das  Ziel  seines  politischen  Strebens  bezeichnet  hat.  Sein 
Glaube  an  die  Menschheit  und  ihre  Solidarität  hat  Mac -
donald  befähigt,  den  Ausweg  aus  der  altenglischen  Politik 
der  Mächtegruppierungen  zu  finden;  und  derselbe  Glaube 
befähigt  Lenderson,  Macdonalds  Idee  zu  dienen.  Als 
Staatsmänner  kamen  sie;  aber  sie  hätten  nie  den  Schritt 
getan,  wenn  nicht  ihr  sozialistisches  Gewissen 
sie  dazu  trieb.  War  es  nicht  selbstverständlich,  daß  die  So -
zialisten  den  beiden  Männern  ein  herzliches  Willkommen 
boten?  Es  zeugt  von  engem  Denken  (oder  ist  es  gar 
Konkurrenzfurcht?),  wenn  hintennach  bürgerliche  Blätter 
naserümpfend  sagen,  die  Sozialdemokratie  habe  den  Besuch 
zu  einer  Parteisache  gemacht! 
Deutschland  wird  es  noch  sehr  nötig  haben,  an  die  Partei 
der  Marxisten  zu  appellieren.  Was  sich  jetzt  in  Berlin 
abgespielt  hat,  und  was  in  Wien  durch  die  Sozialistische 
Internationale  geschieht,  ist  die  großartigste  und 
wirksamste  Lilfe,  die  Deutschland  sich 
wünschen  kann.  Das  Beisammensein  der  beiden 
englischen  Staatsmänner  mit  führenden  deutschen  Sozialisten 
bei  Otto  Braun,  und  der  Landschlag,  den  der  Fran -
zose  Bracke  und  der  Deutsche  Wels  in  Wien  wechselten, 
sind  von  symbolischer  Bedeutung.  Aus  dem  Lerzen  muß 
der  Antrieb  zum  Landein  kommen,  im  Geistigen,  in  der 
Seele  der  handelnden  Menschen  muß  die  erlösende  Landlung 
sich  vollzogen  haben,  ehe  sie  im  Gegenständlichen  sich  ver -
wirklichen  kann. 
Wir  legen  großen  Wert  auf  persönliche  Fühlungnahme 
der  leitenden  Regierungsmänner.  Wäre  sie  vor  dem  Krieg 
eifrig  gepflegt  worden,  so  wären  die  Staaten  nicht,  wie  ein 
Engländer  es  gekennzeichnet  hat,  in  den  Krieg  getorkelt. 
Sogar  von  den  Staatsmännern  des  kaiserlichen  Deutschland 
nebmen  wir  an,  daß  sie  vielleicht  doch  Deutschland  vor  der 
völligen  Isolierung  bewahrt  hätten,  wenn  sie  in  den  Jahren 
des  Werdens  der  Entente  nicht  nur  einmal  gelegentlich  mit 
L  a  l  d  a  n  e,  sondern  immer  wiederbolt  mit  dem  Minister -
präsidenten  und  dem  Außenminister  Groß-Britanniens  enge 
persönliche  Fühlung  gehalten  hätten.  Von  Brüning 
gilt  erst  recht,  daß  er  Auge  in  Auge  für  Verständigung  den 
Weg  findet.  Das  kaiserliche  Deutschland  hat  wohl  auch 
Monarchenbegcgnungen  gekannt;  aber  ein  britischer  Minister -
präsident  ist  seit  dem  europäischen  Kongreß  von  1878  nicht 
in  Berlin  gewesen. 
Die  amtliche  Verlautbarung  von  den  Berliner  Gesprächen 
bietet  inhaltlich  sehr  wenig.  Das  pflegt  von  allen  diesen 
Verlautbarungen  zu  gelten;  aber  die  eine  Bemerkung  über 
Abrüstungsfragen  sagt  viel.  Wird  man  in  Berlin 
verstehen  lernen,  daß  die  Ausnutzung  eines  Rechtes  politisch 
unklug  sein  kann?  Man  sollte  meinen,  das  Opfer  eines 
Panzerkreuzers  sei  gering,  wenn  dafür  eine  Atmosphäre 
der  Verständigung  geschaffen  werden  kann!  Pariser 
nationalistische  Kreise,  Leute  von  der  Denkart  wie  unsere 
Etahlhelmer  und  Lakenkreuzler,  zeigen  sich  sofort  beunruhigt. 
Sie  befürchten,  eine  englisch-deutsche  Einigung 
in  der  Abrüstungsftage  werde  zu  einem  Druck  auf 
Frankreich  führen;  ein  nationalistisches  Blatt  sagt 
bereits,  ein  derartiges  Unternehmen  sei  eine  Drohung  und 
eine  Unverschämtheit  gegen  Frankreich.  Auch  gemäßigte 
Blätter  warnen  die  Reichsregierung  vor  einem  Doppel -
spiel,  bei  dem  sie  nichts  gewinnen  könne.  Eie  sagen, 
nur  die  Zusammenarbeit  mit  Frankreich  könne  Deutschland 
das  für  seine  Kredite  notwendige  Verttauen  schaffen. 
Eines  Doppelspieles  bedarf  cs  jedoch  gar  nicht!  Mac -
donald  will  allseitige  Verständigung,  es  soll  also 
Frankreich  mit  von  der  Partte  sein.  Die  Reichsregierung 
kann  durch  ehrlichen  Anschluß  an  Macdonalds  Bestrebungen 
Gefahren  vorbeugen.  Der  französische  Kammerabgeordnete 
Grumbach  hat  gestern  in  unserer  Zeitung  dargelegt,  wie 
verhängnisvoll  Mißverständnisse  wirken,  und  wie  sehr  es 
nötig  sei,  daß  man  diesseits  und  jenseits  des  Rheins  sich 
verstehen  lernt.  Roch  sieht  es  so  aus,  als  reden  Frankreich 
und  Deutschland  Sprachen,  für  die  es  keine  Lleberseher  gibt. 
And  doch  haben  wir  eine  Menge  Beispiele,  wie  int  Kleinen 
hüben  und  drüben  die  Bereitschaft  zu  herzlicher  Verständi -
gung  besteht,  der  Austausch  von  Kindern  und  Lehrern,  die 
gegenseitigen  Besuche  waren  Proben,  daß  in  beiden  Völkern 
sich  ein  heißes  Streben  nach  echter  Freundschaft  regt. 
Rationalisten  allerdings  machen  hüben  und  drüben  di- 
andere  Ration  zum  Popanz.  Sozialisten  bleibt  cs 
vorbehalten,  gegen  die  Vorurteile  anzukämpfen  und  ^ür  die 
Erkenntnis  der  gemeinsamen  Interessen  zu  werben.  Die 
Aus  dem  Inhalt 
Politik  und  allgemeiner  Teil: 
Das  Ergebnis  bet  Berliner  Besprechungen. 
Sozialisten  bauen  ben  Weg. 
Die  Internationale  fordert  bic  Abrüstung. 
Teilmoratorium  für  bie  Landwirtschaft. 
Zahlungsschwierigkeiten  immer  noch  stark. 
„Stabschef"  Röbm  abgesetzt. 
Hugenberg  und  der  Adclsmarschall  jubeln  über  den 
„roten"  Volksentscheid. 
Lagesberickt: 
KPD.  fälscht  Unterschrift. 
Ein  schwarzes  Schaf  im  bürgerlichen  Rundfunkprogramm. 
Dettmann  will  Bürgermeister  in  Geesthacht  werden. 
Feuilleton: 
Marie  und  ihre  Liebhaber. 
A  u  »  aller  Welt: 
Der  Verfassungsdieb  vor  G  wicht. 
Keine  Funkverbindung  mit  dem  Zept 
Flug  London  —  Tokio. 
Gewerkschaftliche  Umschau. 
„SlMchef"  Röhm  abgtW 
Putschisten  SNajor  Pabst  der  Nachfolger 
Stilmemletium  für  Mt  WimrtWt? 
Ein  ungeheuerlicher  Plan 
zablungsfchwlerigkeiStN  immer  noch  sehr  stark 
Zunächst  wenig  veränderter  Zahlungsverkehr  —  Für  nächste  Woche  völlige  Freigabe  in 
Aussicht  gestellt  —  Anhaltende  Bankschwierigkeiten  —  Reich  und  Länder  sollen  überall  helfen!