Preis 15 4 W Preis 1 Hamburger Echo Gegründet 1875 Nummer 152 SS. Jahrgang Ssnnaven-, 2S. Ium 1922 Bayern lehnt Aufhebung -es Mfvrmverbets ab! Eine amtliche Verwarnung an die Nazis Appell an den Reichspräsidenten Bagern bleibt Kefir Schaeffer kündigt Lelbilschud an! In einer Versammlung des Kreisvcrbandcs München der Bayrischen Volkspartei erklärte Staatsrat Schaeffer unter stürmischem Beifall: Die friedliebende Bevölkerung kann versichert fein, daß die Täglich neue blutige ZusammenWe Polizei pflichtgemäß für die Beachtung der bestehenden Vor- schriften sorgen wird. Es muß von ihr auch erwartet werden, daß sie sich nicht als Mitläufer oder müssige Zu - schauer am Demonstrationsversuch beteiligt." SPD. München, 24. Juni. Am Sonntag planen die Litler-SA. wiederum Dcmon- strationen in allen größeren Städten Bayerns. Für ihren Auf - zug in München wollen sie angeblich rund 30 000 Mann, einen Teil,davon aus Norddeutschland, zusammenziehen. Gegen diese Absicht hat der bayrische Innenminister folgende öffentliche Warnung erlassen: „Das Aniformverbot und das Aufzugsverbot bestehen zu Recht und sind auch am nächsten Sonntag unverändert in Gel - tung. Zuwiderhandlungen gegen diese Verbote sind strafbar. Die Polizei wird allen Zuwiderhandlungen mit Nach - druck entgegentreten. Dies gilt für Demonstrations - versuche an allen Orten Bayerns. einberufen. Strasser und Kvnsorten werden wisse» warum. Sie fürchten, daß im Aeberwachungsausschuß nicht nur der Papen-Regierung, sonder» auch ihren Hintermänner» die Maske vom Gesicht gerissen wird und vor aller Welt festgestellt wird, daß diese Papen-Regierung mit ihren Lungerdiktaten ohne die Nazi-Partei gar nicht möglich wäre, und sie für den Lungerkurs der Barone die gleiche Verantwortung trägt wie das Barons-Kabinett selbst. Aber"die Strasser und Konsorten mögen sich gegen die Ein - berufung des Aeberwachungsausschusscs noch so sehr sträuben. Einberufen wird er doch, und wenn nicht von Lerrn Strasser, dann von anderer Seite. Rcichstagspräsident Löbe hat dazu inzwischen die erforderlichen Schritte getan. Er bat zunächst den schweigsamen Lerrn Strasser gebeten, nun endlich mitzuteilen, ob und wann er den Ausschuß einzuberufen gedenkt. Kneift Strasser auch jetzt wieder oder gibt er eine negative Ant - wort, so wird Löbe, da es einen stellvertretenden Vorsitzenden des Aeberwachungsausschusses nicht gibt, das älteste Mit - glied des Ausschusses bitten, den Ausschuß ein- zuberufen. WTB. M ü n ch e n, 25. Juni. Zn der heute zur Entgegennahme einer Regierungs - erklärung einberufenen Vollsitzung des Baye - rischen Landtages gab Ministerpräsident Dr. Held die Erklärung ab, daß das bayerische Gesamtministerium einstimmig beschlossen habe, cs sei nicht in der Lage, dem Ersuchen des Reichsministers, das allgemeine bayerische Uniformverbot aufzuheben, zu entsprechen, und zwar aus rechtlichen und sachlichen Erwä- gungen. Rechtlich sei auf Grund der Polizeihohcit der Länder das Recht der Länder nach Maßgabe der landesrecht - lichen Bestimmungen unbestritten. Tatsächlich sei das Er - suchen des Reichsinnenministers auch nicht aus rechtlichen, sondern aus politischen Erwägungen begründet (Hört-Hört-Rufe). Der Ausschluß der Partciuniformcn in Bayern habe sich als Mittel zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung bewährt. Die bayrische Regierung weise den Vorwurf weit von sich, daß sie mit politischen oder polizellichen Verboten eine nationale Bewegung unterdrücken möchte. Der weitaus größte Teil der bayrischen Bevölkerung, der an seiner natio - nalen Gesinnung nicht deutel« lasse, wolle aber keine Aus - tragung politischer Gegensätze auf der Sttaßc. Die Ver- autwortung zu Entschlüssen, wie sie die Reichsregierung verlange, sei so schwer, daß sie die bayerische Staats- Erklärung des Ministerpräsidenten Held / Einstimmige Billigung des Landtags regierung denjenigen überlassen müsse, die auf der Durchführung solcher Beschlüsse bestehen wollen. Zum Schluß der Regierungserklärung gab der Minister - präsident bekannt, daß er dem Reichspräsidenten heute die Stellungnahme Bayerns in einem besonderen Schreiben mitgeteilt habe, iu dem betont wird, daß die bayerische Staatsregierung auf dem Boden der R e i ch s v e r f a s s u » g sei und bleibe, wie sich auch die bayrische Bevölkerung von keinem andern Rcichsteil in der Treue zum Reich übertreffe» lasse. Das Haus nahm dann in Abwesenheit der ausgeschlossenen Nationalsozialisten und der der Sitzung ferngeblicbencn dcutschnationalcn Abgeordneten mit allen gegen die Stimmen der Kommunisten eine von dem Abgeordneten W o h l m u t (Bayer. Vp.) verlesene Entschließung an, die ausspricht, daß derBayerischeLandtag die Staatsregie - rung mit aller Entschiedenheit in dem Be - streben unterstützt, den inneren Friede» zu gewährleisten. Der Bayerische Landtag billigt cs, daß die bayerische Staatsrcgierung an den von ihr erlassenen Verboten festhält, sich gegen Eingriffe des Reiches mit dem Ziel der Aufhebng dieses Verbots wendet und daß sie ent - schlossen ist, Terror und Gewalttaten mit allen Machtmitteln abzuwenden. Aus dem Inhalt Politik und allgemeiner Teil: Bayern lehnt Aufhebung des Aniformverbots ab! Die Loreley von Lausanne. Entlarvte Betrüger im Preußischen Landtag. Offiziersputsch in Siam. Industrieherren und Regierung Papen. Tagesbericht: Vorschau auf die Bürgerschaft. Die neuen Sätze der Arbeitslosenversicherung. Das neue Pressehaus der Cuxhavener Arbeiterschaft. Feuilleton: Der Roggen blüht. AuS aller Welt. Arbeitersportrundschau: Der Alsterlauf der Arbeitersportler. Elternhaus und Schule: Was hat die Schule von dem neuen Kurs im Reiche zu erwarten. Film und Funk. F r a u e n b e i l a g e. Westend überführt. Der Mordschütze wurde von der erbitterten Menge so zugerichtet, daß er eben - falls ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Er ist — und das ist bezeichnend — in einem von dem Ort des Zusammenstoßes weit entfernt liegenden Stadtteil zu Lause. In der Nacht zum Sonnabend kam es erneut zu schweren Zusammen flößen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten. In drei Fällen wurde geschossen. In Steglitz waren Nationalsozialisten die An - greifer. Sie gaben eine ganze Reihe von Schüssen auf Kom - munisten ab. Verletzt wurde ein anscheinend unbeteiligter Straßen - passant, der mit einem Oberschenkelschuß ins Krankenhaus ge - schafft wurde. In Schöneberg sollen die Nationalsozia - listen bei einem schweren Zusammenstoß ebenfalls die Angreifer gewesen fein. Durch die Schüsse, die hier fielen, wurde niemand verletzt, jedoch erlitt ein Reichsbanner- mann, der zufällig in die Schlägerei geriet, durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand einen komplizierten Schädelbruch. In Steglitz wurde schließlich von Nationalsozialisten ein tont- munistisches Verkehrs kok al überfallen. Zwei Personen wurden durch Schüsse verletzt. Insgesamt nahm die Polizei etwa 70 Zwangsge - stellungen vor. In dem Besitz der Rechtsradikalen wurden zahlreiche Waffen gefunden. Planmäßiger Nazi-Ueberfall auf ReichS- baanerleute SPD. Minde», 25. Juni. Am Freitagabend kam es hier z» einem blutigen Zusammen- stoß zwischen Reichsbannerleuteo und Nationalsozialisten. Mehrere Reichsbannerleute und rin SA.- Füh- r e r wurden schwer verletzt. Die Reichsbannerleute befände» sich »ach einem Hand - ballspiel auf dem Heimweg. Sie stießen unterwegs aus Nationalsozialisten. Als sie die Nazis erblickten, kehrten sie u nt. An dem Ausgang des Weges wurden sie jedoch von einem nationalsozialistischen Aeberfallauto i» Empfang genommen. Die Insassen des Autos fiele» über die wenige» Reichsbanuerleute her. Es fielen von nationalsozialistischer Seite mehrere Schüsse, die jedoch ihr Ziel verfehlten. Daraufhin wurden die Reichs- banuerleute mit Ziegelsteinen bearbeitet. (Weitere Meldungen siehe 2. Seite.) RaMmvr steigert iitb SPD. Berlin, 25. Juni. Am Freitagnachmittag und am -abend kam es in Berlin in allen Teilen der Stadt wieder zu Zusammenstößen. In Berlin-Äalensee überfielen größere Trupps Nationalsozialisten eine kleine Reichsbanner- abteilung, die auf dem Rückmarsch von einer Rathenau- Gedächtnisfeier war. In vielfacher Aebermacht fielen die Nazi- Rowdys über die Reichsbannerleute her, die sich tapfer ver- teidigten. Zwei Reichsbannerleute mußten, erheblich verletzt, die Lilfe einer Rettungswache in Anspruch nehmen. Ein größeres Aufgebot von Schutzpolizei trieb die Litlerflrolche mit Gummiknüppeln auseinander. An der Ecke Spree- und Wallstraße in Charlottenburg stießen Nationalsozialisten und Kommunisten zusammen. Die bewaffneten Nazis schoßen auf ihre Gegner. Der Kom - munist Willi Schulz aus der Wallstraße, der einen schweren Schulterschuß erhalten hatte, wurde in das Krankenhaus .XXX X ern- trtecher: Sammel-Nummer 35 18 31, Nachtny (a» 16.30 Uhr) 35 36 83. Buchhandlung: kkaitcr-Willielm-Lttabe 14/16, fiemfpr.- 354373, 35533a. „Wir lassen uns von unserer Aufgabe und unserm Wege nicht verdrängen, und wenn man uns nicht mehr hört, dann werden wir dafür sorgen, daß man uns hört. Am Staat und Volk willen haben wir uns zusammengefunden und werden beieinander bleiben, allen Gewalten zum Trotz. Es kann fein, daß der Bayrische Staat wie in den Tagen der Einwohner - wehr appelliere» mutz an feine jungen Söhne, um btt Straße nicht einer Partei z» überlassen. Wenn der Ruf kommt, bann wollen wir alle uns zusammen- finben für den Staat, für das Recht und für die Freiheit. Wir wollen zusaminenstehen und in dieser Stunde geloben: Freie Männer wollen wir fein in einem freien Land, niemals Knechte! Freund jedes Gutgesinnten, Feind jeder Gewaltherrschaft." Diesen Worten folgte ein stürmisches „W i r geloben" der Versammlung. 6ell DMMn» dem BlustllM »(fallen? Die Zustände in Deutschland spitzen sich immer mehr zu. Kein Tag vergeht mehr, an dem der Draht nicht meh- rere Tote und Schwerverletzte als Opfer der Mord- Hetze und des immer dreister auftretenden Naziterrors meldet. Seit die neue Reichsregierung im Amt ist und die A u f - Hebung de sSA.-Verbots verfügt hat, ist die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Reiche in einem Matze gefährdet worden, wie nie zuvor. Angehindert tobt sich die Bürger- kriegshetze der Nazis aus. Angehindert dürfen Herr Goeb - bels und andere führende Nazis allerfchwerste Morddrohungen ausftoßen. Eine Schlammflut von Beschimpfungen gegen leitende preußische und süddeutsche Beamte ergießt sich aus bet nationalsozialistischen Presse. Im Vertrauen aus Rückhalt bei der Reichsregierung und auf die durch die politische Not - verordnung geschaffene Pressefreiheit, wie sie sie auffafsen, wer- den die ungeheuerlichsten, aus den Fingern gesogenen diffaznie- renben Vorwürfe gegen die Beamten veröffentlicht. Der Zweck der Verleumdungen ist, die Staatsautorität zu zerstöre», damit der Terror der Hitlersche» Bürgerkriegsbanden freie Bahn hat. Aus der andern Seite leisten die Kommunisten durch eine geradezu wahnsinnige Taktik dem Nazitreiben und den Nazi- plänen offen Vorschub. Der Reichspräsident hat beim Erlaß der politischen Notverordnung, zu der ihn das Kabinett der Barone auf Grund der Abmachungen mit Hitler veranlaßt hat, einen nachdrücklichen !Warnungsbrief an den Reichsminister des Innern, Frei - herr» von Gayl, gerichtet und veröffentlichen lassen. In diesem Brief spricht er die Erwartung aus, daß der politische Meinungs- kampf in Deutschland sich künftig in ruhigeren Formen abjpielen werde. Die tatsächliche Entwicklung der letzten Tage zeigt, daß die Erwartun-cn des Reichspräsidenten in schwer- fier Weise enttäuscht worden sind. Vom polittfchen Mei- LLUgskampf ist keine Rede mehr. Eine Partei, die den Terror will, fordert offen zu Mord und Blutvergießen auf Mb schickt ihre Leute uniformiert zum Blutvergießen auf die Straße. Da ist keine Rede davon, daß es sich um Notwehr, um I einzelne fiebergriffe handelt! Der Wille zum Bürgerkrieg geht hon den nationalsozialistischen Führern ans. Die Rede, die der Reichspropagandaleiter der NSDAP., I Goebbels, am Donnerstag in Berlin gehalten hat, stellt das Drei- I (teste an Aufforderung zu Mord und Bürgerkriegsdrohungen Idar, was sich die nationalsozialistischen Provokateure bisher ge- Leistet haben. Dieser Mann hat davon gesprochen, baß „wenn leinem ber nationalsozialistischen Führer ein Haar gekrümmt Itoerbe, sie eine Rache nehmen würden, die die Weltgeschichte noch Lischt gesehen hat". Das sagte am Vorabend des zehnjährigen iGebeuktages der Ermordung Rathenaus der Führer ■einer Partei, die von jeher offen dem Terror gehuldigt und ihn ■angewandt hat! Dieser Goebbels hat die süddeutsche» Länder- ■regiern»gen auf das Auglaublichste beschimpft, er hat sie L,Pack Uttb separatistische Kanaille" genannt. Die ■mit Herrn Hitler verbündete Reichsregierung schweigt dazu. Dieser Goebbels hat in ber gleichen Rede offene Mord- Drohungen gegen die Mitglieder der Regierung pBriinin g ausgestoßen. Die Reichsregierung, die mit Berrn Hitler verbündet ist, schwe igt dazu. Sie unternimmt Lichts, um ihre Vorgänger im Amt zu schützen gegen wahn-' .witzige Provokateure, die heute noch dreister zum Mord hetzen Wüs es seinerzeit gegen Rathenau geschehen ist! Dieser Bürgerkriegshetze entspricht ber Son ber natio- Lalsozialistische » Presse. Terrorhetze und Verleum- »iutg, Provokation und dreisteste Lüge, Auspeitschung aller Haß- Md Blutiustinkte — das ist ber Inhalt des Völkischen Beobach- lers, des Angriffs und der übrigen nationalsozialistischen Presse, »»gestraft und ungehemmt hat der Berliner Angriff seine An - fänger aufgeheht, die Zeitungsgebäude der namentlich bezeich - neten Berliner Linksblätter zu stürmen. Wir frage» die Reichsregieruug, wie lange sie diesem Eteiben noch untätig zusehen will, wir fragen, wie lange es noch ■eduldet werden soll, daß die Nazisührnng ihre Anhänger in linen wilden Blutransch versetzt, der Deutschland in ein Meer Ion Blut und Tränen zu stürzen droht. In diesen Tagen und Wochen steht die Existenz des Reichs auf dem Spiel und die feeranttoortung der Reichsregierung wächst von Stunde zu Etitttbe. , __ stör die Entfesselung der wilden und blutrünstigen Burgcr- fiegshetze, die nur dank der kaltblütigen Besonnenheit der sittksstehenden Bevölkerung noch nicht zur katastto- Malen Erplosion geführt hat, wird, wenn dem Treiben nicht pnellstens Einhalt geboten wird, " Reichsregierung die volle Verantwortung zufallen. In ihrer -Dresse lügen die Nozibonzen ihren Anhängern ■orbaü sie aeaendieLunger-Notverordnung der »-g°erun^ Schleicher-ö°pen feien. Aber sie tun cht nur nichts, damit diese Lunget-Derordnung von den zu- innigen Stellen in bas richtige Ächt gestellt wird und sie der aven-Reaieruna in erforderlicher Weise die notwendige (einund über ihr Lungerdiktat sagen, sondern sie sträuben sich it Länden und Füßen dagegen, daß dieser Regierung auch ir ein Laar gekrümmt wird. , k , Der Aeberwachungsausschuß des Reichstags nack ber Auflösung des Reichsparlaments bic Instanz, r de?die P^en-Regkerung Rechenschaft zu geben hat. Vor- icnber dieses Ausschusses ist bet Naz.-Abgeorbnete unb oberste cnxe im Münchner Braunen Laus, Lerr Gregor r/ass er. Er ist in den letzten Wochen von bet Soz.albemo- Mio dem Zentrum, den Kommunisten unb ber Staatsparte, n die Einberufung des Ausschusses nicht nur einmal, fonbern ieberholt ersucht worben. Auf alle Ersuchen hat. Straffer bisher s'»e Antw°tt nicht erteilt; ebensowenig hat er den JuuAut, bte SSrafiee kneift immer nnG arum scheut er pch t>o* »er Einberufung -es Ueberwachungsnusfchusseo? Dle Loreley von Lausanne Lcrriot, kundig der deutschen Literatur und dc- Volkslieds, hat am Freitag nach der Unterredung mit von Papen Leines Loreley variiert: Die Lust ist kühl, aber es dunkelt nicht. Andere Leitte werden sich an den Einlcitungs» vers halten: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten . . , Beide Regicrungshäupter sind zum Wochenend heim - gereist, beide wollen aus dem Mutterboden Kraft zu neuem Ringen holen. Am Montag soll die Auseinandersetzung kommen. Zweifellos suchen Lcrriot und Papen nach einer Kompromißformel; irgendeine Aebcrlcitung muß gefunden werden, soll nicht die Konferenz stuchtlos enden. Ihr Be - ginn war gut, die Sistierung jeder Reparationsleistung während der Konferenzdauer, und zwar durch ausdrücklichen Beschluß, ließ alle Möglichkeiten offen. Auch jene der Konferenzvertagung; man würde sich erneut begegnen und in glücklicherer Stunde reinen Tisch machen. Auch L 0 0 v e r s großes Spiel mit der -Forderung: Abrüstung um ein Drittel der Wehrkräfte, unter gleichzeitiger Festlegung, das Ziel sei Senkung auf den Stand der deutschen Wehrvcrhältniffe, ver - darb nichts. Nötig war nur, daß die europäischen Mächte sich einigten zum Angebot: Verwirklichung der Forderung Loovers unter gleichzeitiger Stteichung der Kriegsschulden! L 0 0 v e r braucht für die Präsidcntschaftswahl einen Abrüstungserfolg. Deutlicher als geschehen, kann er nicht sagen, um was es ihm zu tun ist; jedenfalls konnte Europa „alles in einem“ haben. Brüning hatte sich, wieder - holt haben wir es bedauert, auf die bedingungslose Repara - tionsstreichung zu sehr festgelegt; sein: Wir können nicht! klang immer deutlicher: Wir wollen nicht. Aber die ge - botene Chance hätte er ausgenuht. Papen hat anscheinend nicht versucht, auf Lerriot (und die Engländer) im Sinne Loovers einzuwirkcn. And Lerriot kann nicht, kann wirklich nicht vor seine Kammer treten ohne irgendwelchen Rückhalt. Er sondiert nun in Paris, wie weit er gehen darf. Papen probiert in Berlin aus, wieviel Spielraum ihm die nationalsozialistische Leine läßt. Eigentlich müßten die Nazi jetzt wissen, daß ihre Rechnung in die Brüche geht, das Lamburger Tageblatt schrie ja schon am Freitag in einer Querleiste: „England überläßt Deutschland den Franzosen.“ Also kommt es so, wie wir es voraussagten. Macdonald kann den Strich nicht machen, weil Mac - donald nichtEngland ist! Nun haben zwar eilfertige Reporter am Freitagabend verkündet, England und Amerika hätten sich geeint, falls Lausanne versage, würden sie auf eigene Faust Schuldenstreichung und Ab - rüstung durchsetzen. Aber über Nacht kam aus Washington bereits das Dementi. Etwas mag an der Ente dennoch wahr fein, nur wird das Vieh sich nicht fangen lassen. Traurig, daß wieder einmal verstiegener Nationalismus der endgültigen Befriedung der Welt im Wege steht. Nach der Rheinlandräumung hat der Stahlhelmaufmarsch am Rhein die deutsch-französische Verständigung zerschlagen; jetzt verdirbt die Litlerci die Gunst der Lage. Wie Papen am Leitseil Litlcrs liegt, so ist nämlich auch Lerriot gefesselt, weil Frankreich fürchtet, ein aus dem Vertrag entlassenes Deutschland des Nazigeistes werde den Frieden nicht halten. Das gegenseitige Mißtrauen macht unmöglich, daß Europa sich findet, Europa kann den ihm von Loover zugeworfenen Rettungsring nicht fassen. Frankreich steuert in Lausanne zu einem Abkommen, das Deutschland eine lange Erholungspause einräumt, es aber dann zu einer Abgeltung verpflichten will; den Nachweis seiner Leistungsfähigkeit will man finden in Einnahmeüberschüssen seines Außenhandels. Belgien macht weitergchcnde Vor - schläge, die wir unten wiedergeben. Selbstverständlich klingt deutschen Ohren das alles widerwärtig. And es ist wahr, daß die Weltwirrnis um so rascher geordnet wird, je rabi- kaler der Schwamm über Reparationen und Schulden wischt. Wahr bleibt jedoch auch, daß ohne Abrüstung ein gefähr - liches Element neuen Mißtrauens und neuer Störung be - stehen bleibt. Der Fischer ließ von der Loreley und ihrem Sang sich betören, er zerschellte mit seinem Kahn. Die Loreley unserer Zeit ist der Nationalismus, als tüchtiger Lotse aber bewährte sich der internationale Sozialismus. Würden die Völker sich ihm anvertraut haben, so wäre das Schuldbuch längst SA.-MarM auf «Dlfinden? Seffenttlöhe Warnung Les Snnentnßnßfiers