Das ist die akademische Lehrfteihett! Anna Eimsen gemaßregelt! Weil sie gegen die Massregelung Pros. (Sumbele protestierte Persien« haltbarer sein; e« mag gute Gründe geben, di« Me - thoden zu ändern, nach denen die Persien zulommenden Gewinn - anteile berechnet werden. Dar ist eine Frage, die uns keine weiteren Sorgen machen mufi. War un« aber daran wirklich interessiert, ist die Leichtigkeit »nd Glattheit, mir der dieser Dirput dem Völkerbund-rat zngewiesen wurde, der seine Entschei- dnna weitherzig ans BilligkeitsgrnndsShen aufbaurn kann und wird. Da wir da« schmerzlich« Beispiel Chinas vor un# haben, laufen wir nicht Gefahr, den LinfluK des Völkerbundes oder die Ehr - lichkeit der Großmächte zu überschätzen, aber sicher deutet dieser persische Zwischenfall einen Fortschritt in der Richtung auf Zivilisation seit 1914 an. Relativ bedeutet ein derartiges Verfahren einen großen Schritt nach vorwärts. Ein Ultimatum, befristet mit einer Woche, hätt« diesen Disput beendet, als der Völkerbund noch nicht eristierte. Dl« Rüstungen, kann man ruhig sagen, haben einen geringeren Rutzen, wenn sie nicht mehr dazu verwendet werden können, wirtschaftliche Aurbreitungsmöglichkeiten zu erzwingen oder zu verteidigen. §s ist jedoch noch immer ein Uebel, daß in einem derartigen Fall die Regierung einer Großmacht als Klägerin auftritt. Gerechtigkeit könnte viel leichter erlangt werden, wenn es möglich wäre, daß die Gesellschaft selbst gegen die persische SPD. Dresden, 29. Dezember. £*er Staatsanwaltschaft und einem Teil der Dresdner Presie ist zum Fall Lentzsch^ ein aufsehenerregender anonn - mer Brief eines S^l.-Manne« zugegangen, der die Mordtat von einer neuen Seite beleuchtet und gewiße Gerückte, die seit einiger Zeit im Umlauf sind, bestätigt. Zn diesem Brief heißt es, daß der Leiter des Rackrichre» dienstes der RSDAP., Abgeordneter Dr. Ben necke, der Auftraggeber an ischenk und Genoßen (bie Mörder des Leutzsch) gewesen sein müße. Denn Schenk habe dem Brief- schreiber sofort, nachdem das Verschwinden de« Leutzsch in der Deffeutlichkeit bekanutgeworden war, wörtlich gesagt: „Der ist sicher untergebracht. Das hat Bennecke wieder einmal fein geschoben. ES war auch die höchste Zeit." Als der Briefschreiber erfuhr, daß Dr. Bennecke der Polizei ge- genüber vorteilhaft über Schenk ausgesagt hatte, will er gleich gewußt haben, warum. Aber ein so scheußliches Verbrechen habe er damals nicht geahnt, weil Sebent nur ganz allgemein ge - sprochen hätte: „Ich habe mitgeholfen. Daran« gibt'« was." In dem anonymen Bericht wird schließlich Verwunderung darüber ausgesprochen, daß Dr. Bennecke noch nickt wegen Verdunke - lungsgefahr verhaftet worden sei. Er, der Briefschreiber, könne sich da« nur so erklären, daß sick die von ihm schon oft in engerem Kreise gerühmten guten Beziehungen zur Polizei belohnt macken. Von Kriminalrat Vogel (bet den Mörder Schenk hat entwischen laßen) habe Dr. Bennecke immer mit besonderer Lochachtung ge- sprochen. Man darf annehmeu, daß die Dresdner Staatsanwaltschaft, dir es bisher im Gegensatz zur Polizei nicht an Tatkraft hat fehlen laßen, nunmehr die nötigen Schritte mit größter Beschleu - nigung einleiten wird. Bennecke ist allerdings zunächst noch durch seine Immunität geschützt. ES ist ausfallend, daß Dr. Bennecke zwei Tage nach Auf- findung der Leich« des Leutzsch Dresden zu einer an - geblichen Weihnachtsurlaubsrrise ins Riesengebirge ver - laßen hat. Man sollte denken, daß ein Führer, und noch dazu einer, oer in diec-Angelegenveit verwickelt ist, gerade dann, wenn ihn die Staatsanwaltschaft braucht, mckt mehr oder minder beimlich seinen Amts- und Wohnsitz verläßt. Es ist daher begreiflich, daß allgemein vermutet wird, Bennecke werde den drei Mör• bern auf bet Flucht über bie tschechische Grenze ins Autlanb folgen. Allein bisher war hierfür feine Be - stätigung zu erlangen unb bis auf weiteres ist Bennecke, wie schon bekannt ist, durch seine Immunität geschützt. Bedauerlicher- weise hat sick der Landtag bis zum 19. Januar vertagt, so daß die Entscheidung über den voraussichtlichen staatsanwaltschaft- lichen Auslieferungsantrag erst gegen Ende Januar zu erwarten sein dürfte. Sas Ergebnis brr Sbbuklion Die Obduktion der Leiche des von der SA.-Feme ermordeten Rationalsozialisten Leutzsch wurde am Mittwoch vorgenommen. Amtlich wird darüber gemeldet: „Der Befund ergab, baß brei Schüße auf ben Ermordeten abgegeben worden sind. Der Einschuß, der beim Durchgang durch die Lunge eine Arterie aufgerißen hat, bat ben Tob des Lentzsck herbeigeführt. Irn Körper de« Ermordeten wurde ein Geschoß aufgefuuden. Ein weiteres Geschoß, wahrscheinlich das, das die Lunge durchbohrte, wurde in der Kleidung an der Stelle de« Rückens aufgesunden. Der Tod Lentzsches ist nicht durch Er - trinken, sondern infolge de« Lungenschußes eingetreten." Sfalitniltbe Behörden wissen angeblich Den nichts SPD. Rom, 30. Dezember. Die für die Fremdeukontrolle zuständigen römischen Behör- den erklären auf Anfrage, daß sie über den Aufenthalt der drei Mörder des Dresdner Rationalsozialisten Leutzsch nicht un - terrichtet seien. Man nimmt feier an, daß die drei Verbrecher sich unter falschem Ramen und mit falschen Päßen in Bozen be- funden haben und von dort nach der Aufdeckung der Mordtat bereits weitergereist sind. Regierung vor einem internationalen Gerichtshof Klage erbebt. Die Wurzel des Im perialismus ist das Prinzip, daß die Staatsbürger einer Weltmacht, die außerhalb ihrer Grenzen Lande! treiben ober Vermögen anlegen, ben Schutz ihrer Staats- gewalt in Anspruch nehmen können. Wenn dieses Prinzip ab - geschafft wird, dann kann man gleichzeitig die Flotten der Welt, wenn nicht abschaffen, so doch wenigstens vermindern. Ihre Verwendung für solche Zwecke ist schon heute sehr eingeschränkt. Der nächste Schritt ist das gänzliche Aufhören der Unterstützung von Staatsbürgern durch die Diplomatie. Solange dies existiert, wird die Maße eines Volkes immer ein gewiße» Maß von Soli - darität mit ben Abenteurern empfinden, die unter der Flagge des betreffenden Volks in fremden Ländern tätig sind. Es wird vielleicht eines Tages möglich sein, Gesellschaften, die außerhalb ihres Landes Lanbel treiben, mit internationaler Rechtspersönlichkeit auszustatten, so baß sie vor ben Gerichtshöfen bes Völkerbundes klagen und beklagt werden können. Wenn das geschehen wäre, bann könnten sie auch einem internationalen Arbeitsschuyrecht unterstellt werden. Schließlich ist das Lauptprodlern nicht der Schuy dieser Gesellschaften. Sie können Sicherheit gewöhnlich kaufen. Es ist viel dringender, die von ihnen ausgebeuteten Völkerschaften zu schützen. Der Völkerbund würde dies tun, zweifellos mit einer kapitalistischen Tendenz, aber er würde im Osten einen Standard des Arbeitersckuyes durchsetzen, der höher wäre als der, der heute von jenen Abenteurern gewöhnlich ein- gehalten wird. Ein Berliner linksstehendes Blatt meldet, daß in Bozen, wo sich auch die Mörder des Lentzsch aufhalten sollen beziehungs- weise aufgehalten haben, sick in dem „Lotel zum Pfau" ein SA.- Leim befindet, in dem ständig etwa 30 Nationalsozialisten in Ouartier liegen. Sie würden auf Parteikosten verpflegt und auch sonst „versorgt" werden. Die Mitteilungen des Berliner Blattes beruhen auf der Zusckrift eines ehemaligen Scharführers eines SA.-Stürmet, der erst kürzlich aus Italien zurückgekehrt ist, nach - dem er dort vergeblich versucht hat, mit Unterstützung der Ratio- nalsozialistischen Partei Arbeit zu finden. SPD. W «i m a r, 30. Dezember. Die frühere sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete und Oberschulrätin Frau Dr. Anna Siemsen ist von der thü - ringischen Regierung das Recht entzogen worden, an der Landesuniversität Jena weiterhin Vorlesungen zu halten. Das Recht zu diesen Vorlesungen wurde Frau Siemsen, bie seit über einem Jahr ber Sozialdemokratie nicht mehr angehört, bereits im Jahre 1923 zuerteilt. DaS Vorgehen der thüringischen Nazi-Regierung bedeutet eine politische Maßregelung. Sie stützt sich darauf, daß Frau Siemsen Sozialistin ist. Aber haarsträubender als das ist der fadenscheinige Vorwand, mit dem bie thüringische Regierung die Maßregelung begründet. Älach einer amtlichen Meldung ist der Grund zu der Entziehung des Lehramts darin zu suchen, daß Frau Siemsen bie einzige Persönlichkeit fei, die zur Landesuniverfität Jena in Beziehung stehe unb die von einer Reihe deutscher Profeßoren veröffentlichte Erklärung für den vor Monaten in Leidelberg gemaßregelten Dr. Gumbel unterschrieben habe. Diese Begründung sieht der thüringischen Nazi-Regierung ähnlich. Gumbel wird in Leidelberg wegen seiner p a z i f i st i - scheu Anschauungen gemaßregelt. Frau Dr. Siemsen wird in Jena gemaßregelt, weil sie gegen bie Maßrege - lung Gumbels protestiert. Als nächster bars nun - mehr berjenige linksstehende Professor fliegen, ber gegen bie Maßregelung ber Frau Dr. Siemsen protestiert. Und so kann dieses Geschäft bis in die Unendlichkeit fortgesetzt werden, ober vielmehr bie zu Dem Punkt, wo der letzte linksstehende Dozent den muffigen Staub deutscher Geisteslehrstätten von seinen Füßen geschüttelt hat. Wer protestiert, der fliegt! Alles im Namen der akademischen Lehrfreiheit! Begrüßung der itbltfiltbcn Amnestierten SPD. Breslau, 30.Dezember. In Breslau veranstaltete die Eiserne Front am Donners - tagabend im Gewerkschaftshaus eine eindrucksvolle Begrüßung«, feier zu Ehren der durch die Amnestie aus dem Kerker befreiten Kampfgenoßen. Die 127 Amnestierten aus Mittelschlesien, dar - unter die zu schweren Zuchthausfttasen verurteilten O h l a u e r Reichsbannerleute, wurden unter anderm von dem Vor- sitzenden des schlesischen ADGB., W i e r s i ch, dem Bürger - meister von Breslau, Karl Mache, und von Pa ul Löbe herzlich begrüßt. Löbe verwies unter anderm darauf, daß die befreiten Kämpfer feine Ursache hätten, sich ihrer Strafen zu schämen, sondern auf ihre Taten und ihre Teilnahme am Frei- beitsfampf für Volfsrecht unb Republif stolz sein dürften. Sewaltiger Einnabmeoustatl der Rcllbsbabn In einem vorläufigen Iahresrück blick gibt bie Deutsche Reichsbahn- Gesellschaft ihre Einnahmen für das Jahr 1932 mit 2850 Millionen Mark an. Gegenüber dem Jahre 1929, dem Löckststanb ber Einnahmen, ist bamit ein Rückgang von 47 % eingetreten. Gegenüber dem Vorjahr verringerten sich die Einnahmen um 26 %. An dem Ausfall ist besonders der Güterverkehr be - teiligt. Anderseits gelang es der Reichsbahn-Gesellsckaft. di« Ausgaben stark zu drücken, unb zwar um 1500 Millionen Mark auf 3000 Millionen Mark. Die Ausgabensenkung beträgt gegen - über bent Jahre 1929 rund 33 %. Bei biefer Rechnung wirb be - rücksichtigt, baß die Reichsbahn im laufenden Jahre auf Grund des Lausanner Abkommens anstatt 660 Millionen Mark nur 70 Millionen Mark an Reparationslasten zu tragen hat. Der Fehlbettaq für 1932 soll durch Leranziebung buchmäßiger Rück - lagen ausgeglichen werden. In ihrem Ausblick auf das Jahr 1933weist da« Unternehmen darauf hin, daß gnan hoffe, mit der Wirtschaftsbeßerung auch eine Besserung der finanziellen Er - gebnisse der Reichsbahn zu erzielen. Ser Staat läßt Bielefeld versaiken SPD. 30. Dezember. Der*Magistrat der Stadt Bielefeld hatte bei dem Preußen - kommißar eine Staatehilfe von 140 000 beantragt. Diese Lilse ist mit,der Begründung abgelehnt worden, daß die Steuer- rückstände außerordentlich hoch seien. Infolge der Ablehnung kann bie Stadt am Ultimo Dezember ihre Zahlungsverpflich - tungen nicht voll erfüllen. aUnMur Sklaverei! Polens Großagrarier wollen Land- ardeilerloßn absibassea LNB. Warschau, 29. Dezember. Die ost polnischen Großgrundbesitzer haben der Regierung vorgeschlagen, ihnen zu erlauben, ben bei ihnen be - schäftigten Landarbeitern an Stelle des Barlohns nur noch'Deputate zu geben unb außerdem ihnen je ein Stück Land zur Ausnutzung zu übergeben. D i e Landarbeiter w enden sich sehr heftig gegen bie Abschaffung jeder Varentlohnung, da sie in Ostpolen wegen der schlechten Wege und der großen Entfernungen zu den Städten sowie wegen des Aeberflußes an landwirtschaftlichen Erzeug- nißen nicht die geringste Aussicht haben, ihre Produkte abzusetzen und so Bargeld wenigstens zur Anschaffung von Kleidung und andern notwendigen Dingen zu erlangen. Die Güter dagegen können im großen verkaufen unb gegebenenfalls auch bie Transportkosten bezahlen. Neuer PlMskilcrror gegen Ukrainer SPD. Marschau, 29. Dezember. Die Tätigkeit der ukrainischen Terroristen hat in Ostpolen eine große Vergeltungsaktion der polni - schen Behörden gegen die ukrainische Bevölkerung zur Folge. Täglich werden in den drei ostpolnischen Wojewod - schaften Maßenverhaftungen und Laussuchungen vorgenommen und zahleichc ukrainische Organisationen geschloßen. Anker den Verhafteten befinden sich vor allem Studenten und Vertteter der ukrainischen Intellektuellen. Der sozialistische R v b o t n i k schreibt am Donnerstag zu dem ukrainischen Problem, daß das gegenwärtige polnische Regime nicht gewillt ist, die ukrainische Frage auf ber Grundlage der Gerechtigkeit unb ber Verständigung zu lösen. Die Pi'lsudskiregierung, die von ben Ukrainern Loya - lität verlange, vergesse, baß Loyalität nur eine Folge ber Ver- ftänbigung und nicht Deren Vorbedingung sein könne. Die pol - nischen Reaktionäre aus dem Pilsudskilager verdächtigen die Ukrainerbewegung als „deutsche Intrige". Das fei eine bewußt« Irreführung der öffentlichen Meinung. Die Pilsudskisten hätten im Verhältnis zu ben Ukrainern tausendmal mehr Sünden auf dem Gewißen. MgesM zwischen Russen und Polen Russischer Flieger abgeschossen und getölot SPD. Bukarest, 30. Dezember. Au der dreifache« polnisch-russisch-rumäni- schen Grenze kam es auf polnischem Gebiet zü einem Luftgefecht zwischen Polnischen und russi - schen Fliegern. Ein russisches Flugzeug, daß polnisches Gebiet überflogen hatte, wurde von drei polnischen Ma - schinen verfolgt. Dem angegriffenen russischen Flieger eilte» drei russische Piloten zu Hilfe. Es kam zu einem hartnäckigen Gefecht. Eine russische Maschine stürzte über polnischem Boden ab. Der Pilot wurde auf der Stelle getötet. Die übrigen russischen Flieger flogen auf russisches Gebiet zurück. Enthüllungen über den Geheimdienst der Nazipartei Der Trupp z. b. N. der NSDAP. Der ermordete S A. Mann Lentzsch in Dresden ge - hörte einer besonderen Formation, dem (Sebeimbienft, an. Die Kenntnisse, die er dabei erworben hat, haben ihm offenbar das Leben gekostet. Was ist dieser Geheimdienst? Eben jetzt äußert sick in den Deutschen Nachrichten sÄerausgeber Reinhold W u l l e) ein Mann darüber, ber es wißen muß. Dort schreibt Dr. Landeskroener, Dresben, ehemaliger SA.-Führer in Sachsen, über bie Grünbe seines Austritts aus ber NSDAP, unb enthüllt babei zugleich bas Wesen bes Geheimbienstes: „Dann kam aber das Verbot und der Sommer 1932 mit all seinen Fehlschlägen. Anscheinend suchte man jetzt in München nach den Gründen der Fehlschläge, um so mehr, als sich dort viel Material über Vetternwirtschaft und Bonzentum angesammelt hatte. Da richtete man ben Geheim- b i e n ft ei n. Ein Aufatmen ging durch unsere Reihen — jetzt wird es bester, jetzt wird ausgemistet. Daß mit dieser Beobach - tung auck ein Trupp z. b. D. ausgestellt wurde und daß gleichzeittg eine Bespitzelung ber Seg - net, wie Stahlhelm, DND P., 6 P D., K P D. und wie alle diese Stellen heißen, ftattfanb, war uns nickt weiter ver- wunderlich. Man wußte, daß man auf gefährlichem und verlorenem Posten stand, man tat aber seine "Pflicht unb glaubte, es sei zum Besten des Ganzen. Als man später einsehen mußte, daß alle Meldungen doch keine Deßerun^ brachten, und man sogar erleben mußte, daß die geheime SS.-Fühterbesprechung vom 28. Juli 1932 in Chemnitz über Terrorakte ant 12. August 1932 in der Chemnitzer Dolks- ftinune nachzulesen war, da war es aus. Nazi-Feme auch in Wien Segen geslänöige Mnengas-Allenlüker Auch bei ben Wiener Nazis herrscht F e m e j u st i z. Die Wiener Polizei hat bisher sieben Lakenkreuzler verhaftet, die unter dem Verdacht sieben, an dem letzten Tränengas- attentat auf ein Wiener Warenhaus beteiligt ge - wesen zu fein. Jetzt hat die Polizei erfahren, daß im braunen Laus ein Femegerickt eingesetzt wurde, das die sieben verhafteten Lakenkreuzler zur Verant- Wortung ziehen Will, Weil sie angeblich auf ber Polizei bas Attentat gestanden haben unb dieZufam- menhänge zwischen bern Tränengas aftentaf unb bern braunen Laus anfgedeckt hätten. CüiikkNbk ftorruplion Der frühere Oberste Gauschatzmeister ber öster - reichischen Nazipartei, Walter Turek, verschickt ein Runbfchreiben an fein« Nazifreunde, in dem er die übelsten Soviel Unzulänglichkeit habe ich noch nie auf einem Laufen zusammen gesehen. Man lebte bis dahin in einem Wahn, als ob alles nur Neben - erscheinungen feien, jeytwurde man he11h örig und sah mit einem Male, daß der Sumpf größer und tiefer war, als man glauben wollte. Es gab kein Entrinnen mehr. Man hoffte auf Licker, aber der wollte ja nicht, oder konnte nicht mehr. Die Mauer um ihn war zu hoch. Man sagte mir einmal, nur über feinen Chauffeur könne man noch an ihn heran. Derartige Domestikenwege sind aber doch unwürdig und geht man nicht. Der Fall Röhm ist in dieser Beziehung geradezu typisch. Als die Angelegenheit mit ihm unb bern Reichsbannerführer Mayr an bie Oeffenckichkeit kam, sagte man mir eines Tages in Berlin: „Röhm verschwinbet." Alles wartete barauf, es geschah aber nichts. Was liegen ba für Biubungen vor? Es kann Dem Licker dock nicht gleichgültig sein, wenn es schließ- lich auf ihn zurückfällt. Eine Bewegung muß sauber bleiben, sonst ist sie, zum Verfall verurteilt." u- Mit dieser Veröffentlichung fällt Licht nicht nur auf den Fall Lentzsck, sondern auf die Geheimorganisation der NSDAP, überhaupt. Dr. Landeskroener,der es wissen muß, läßt erkennen, daß besondere Formationen für Terrorfälle ge - bildet worden sind. Geheimdienst, ein Trupp z. b. V. (zur be - sonderen Verwendung), Bespitzelung, auf gefährlichem und ver - lorenem Poften — nun ahnt man, warum Lentzsck ermordet worden ist! Wahrscheinlich gehörten die Mörder zu einem Tru-pp j. b. 03.! Es wäre angebracht, diese Dinge in eingehendster parlamentarischer Untersuchung zu klären, bie nicht an den Grenzen des Falles Lentzsch halt macht! Korruptionsaffären au« dem braunen Laus in Wien schildert. Turek berichtet, wie bie Naziangehörigen mit allen erbent- lichen Mitteln zu Spenben gepreßt werben, um bannt die vielen Schulden der Partei zu decken. In ber gleichen Zeit raufen sich aber bie obersten Naziführer, Frauenfelb unb Proksch, ums Gelbverdienen an den Partei Unter - nehmungen. Das Runbsckreiden sckließt mit ber Aufforde- rung: die Lickerpartei zu verlaßen, für die ber Sozialismus nur ein Aushängeschilb lei. MmSlMt MMllNSsvlSm CNB. Bukarest, 29. Dezember. Im Rahmen ber „Reorganisierung bes rumä - nischen Leerwesens" bereitet ber Kriegsminister einen Gesetzentwurf über „die Organisierung der Nation zur Verteidigung des nationalen Territoriums" vor. Der Entwurf sieht bie Leranziehung ber. gesamten Volkes zur Verteidigung ber rumänischen Grenzen vor. Stutt idiictrtr SettoiW fn dtt DnMtt ZeintmockMt Der Letter -es NSDAP.-NuGrirhtenSlensses Zchmer besrhuldigt Das Geschenk Von Paul Beye, Hamburg. • Draußen an ber Peripherie ber Stabt, in einer der Woh - nungen jener endlosen Laubenganghäuserreihen, wohnte seit zwei Jahren Lans Peters mit seiner jungen Frau. Anfangs, ba er noch Arbeit hatte, war alles gut gegangen, ba hatte man bie Hoh« Mitte doch wenigstens noch aufbringen können, aber seit - dem er vor einem Jahre erst krank gewesen und dann arbeitslos geworden war, drohten die Schwierigkeiten ihm über den Kopf zu wachsen. Tapfer stand ihm seine kleine Frau, die Eva, zur Seite. Jeden Morgen machte Laus Peters den weiten Weg zur Stabt, zum Arbeitsamt. Immer wieder: Nichts. Und dann klapperte er alle ihm bekannten Geschäfte ab. Ueberall be - dauerndes Achselzucken: Nichts! Wenn er abends heimkehrte, aß er kaum noch etwas und legte sich todmüde ins Bett. Taz für Tag, Morgen für Morgen. Leute kam Lans Peters, die Aussichtslosigkeit der Laufereien einfehenb. früher nach Lause. Er klingelte. Nickt wie sonst öffnete seine Frau ihm mit einem Lächeln auf den Lippen, da« sie sich auch in all ber schweren Zeit für ihn aufbewahrt, die Tür. _ Lans "Peters stutzte. Dann schloß er auf und warf sick aufs Sofa. __ Allerlei Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Sollte seine Frau, des ewigen Elends müde, andere Pfade beschritten haben? Er verwarf den Gedanken als unsinnig, aber so oft er ihn auch verwarf, der Gedanke kehrte immer wieder. Später kam Eva. Ruhig und freundlich wie stets begrüßte fit ihn, ohn« sonderliches Staunen über sein so frühes Kommen zu zeigen. Er knurrte nur ein: „Guten Abend!" und betrachtete sie argwöhnisch von ber Seite, nicht ohne sick ein wenig zu schämen. Solche Tage tarnen nun öfter. Früher al« sonst kam Lans Peters nack Möglichkeit heim, sick selbst beruhigend, daß es ja nickt ahsichckick gescheht. And immer öfter traf er seine Frau nicht an. Schon «in paar Mal Hatte er sie nack dem Grunde ihres Fernseins gefragt, immer aber hatte sie ausweickende Antworten gegeben, bie ihr, wie er wohl merkte, selbst schwer Ifielen. Sem Entschluß war gefaßt. „Wo warst bu heute?" ,Zich?" .. . „Aalt, nicht wieder deine Lügen. Die Wahrheit will ich, hörst du? Und sei es selbst das Ende. Nur Klarheit — Klarheit — ick gehe zugrunde dabei!" Erschrocken sah Eva zu ihm auf. Dann seufzte sie, nahm ihn bei dem aLnd unb zog ihn neben sich aufs Sofa. „Wenn es benn sein muß! Ich habe für ben Lauswirt Treppenhäuser und auck Kontorräume gereinigt, um von dem Verdienst unsere Mietesckuld tilgen zu können. Leut' gerade hab' ich es geschafft. Eigentlich hatte es dein Weihnachts- gescheut werden sollen — die einzige Weibnachtsüberraschung, bi« ich dir bieten konnte!" Tapfer lächelte fi« ihn an unb bock waren ihre Augen verdächtig blank. Lans Peters aber iah sie lange starr an. Dann stand er auf und ging ins Schlafzimmer. — Manchmal muß auch ein Mann allein fein. Auf Lachsfang Von Otte Kellner, Bremen Ihr lieben Leute! Es ist euch bestimmt ein besonderer Genuß, euch abend« an den Abendbrottisck zu setzen, eine Scheibe Schwarzbrot mit Butter zu bestreichen, unb zwar so, daß vom Untergrund möglichst wenig zu sehen bleibt unb dann recht appetitlich eine Schnitte rosigen Lacks Darauf zu legen. — Wie? Das mögt ihr doch alle. — Ich auch. Aber! Labt ihr schon einmal darüber nachgedackt, wo dieser Lachs herkommt? — „Komische Frage", sagt da einer, „natürlich!" — So? — Wo kommt er denn bet? „Selbstverständlich aus dem Waßer." — Schon recht, aber aus welchem, wie? — Wird eingefübrt? Tja, das ist jetzt vorbei, von wegen Autarkie. Wo könnte er sonst noch Herkommen? ... Aha! Ieyt habe ich euch. Ich sehe nut erstaunte Gesichter, über - haupt nur noch große Fragezeichen. Ich will eurem schwache», von der unruhigen Zeit arg mitgenommenem Gedächtnis etwas nachhelfen und euck erzählen, wo so ein wunderbarer unb gut mundender Fisch, wie der Lack«, gefangen wird. Also, aufgepaßt! Stockfinstre Nacht! Kein Mond, keine Stern«, nicht«! Lerbst, und dazu ickonstes Schmuddelwetter. Es regnet, regnet in Strömen. Winzige Tropfen fallen vom Wolkenverbangenen Simmet. Zeder gute Bürger schläft bereits, denn es ist 2 Uhr nachts, ausgenommen ein paar Nachtbummler, bie in der Stabt ifete kostbare Zeit unb ihr noch kostbareres Geld ber Ankurbelung btt Wirtschaft widmen, derjenigen, die halbe Liter ausschenkt. 'Sajinb aber noch andere auf den Beinen, allerdings nicht in der Stadt, auch keine Nachtbummler, sondern auf Der Weser, beim Wehr, dort, wo Der Schlettsenkanal anfangs und eine kleine Insel bildet. Sie hantieren mit Netzen. Es sind Fischer auf der Lachsjagd, wenn sie welche kriegen. Sie sind nicht abgeneigt, auch andere Fischarten mit nach Lause zu nehmen. Drei Mann sitzen im Boot. Richard, der Garnführer, da« heißt, da« er Derjenige ist, der möglichst ohne Lärm rudern muß, und die beiden andern, die das Garn langsam ins Waßer gleiten lassen. An einer Uferseite fangen sie an und rudern einen großen Laibkreis in die Weser, legen dann am selben Ufer wieder an unb harren ber Dinge, die da kommen sollen. Das Garn geht langsam unter, von kinbskopfgroßen Steinen beschwert, unb hängt bann Wie ein Vorhang über dem Grund. Grohe Kork- stücke am oberen Ende des Garnes verleihen diesem ben nötigen Austrieb. Das Ney schwebt also als großer Laibkreis, mit zwei Enden auf £anb, über dem Wesergrunb unb sperrt somit einen großen Raum mit allem lebenben und auch nicht lebenden In - ventar, Wie Aale, Fische, Wollhandkrabben und sonstigem Getier, und Steine, alte Schuhe und was sonst noch alle» in die Weser geworfen wird, von der Außenwelt, in diesem Falle die übrige Weser, ab. Richard, Ian und Leini ziehen ihre Gummistiefel an, die bis dahin reichen, wo die Beine ant Körper angewachsen sind. Von ihnen ist in der Dunkelheit nicht viel zu sehen, nur ihre Pfeifen glühen bei jedem Zug hell auf und beleuchten ihre Gesichter, so daß diese sich al« rötlich glühende Flächen hervor- beben. Bei jeder Bewegung, die sie machen, rascheln ihre triefen - den Oelröcke. Richard flucht. „De leebe Gott schall mi in’n Steebel schicten un bewahren vor fwarte Kinner! I« bat een Sauweer Hüde! Ick kann mi Deeteres denken, as bi bißen Regen bat Gorn to trecken. Losfent- lich sitt hübe so'n Beeft inne. "Dat litsche Krabbeltüch is nix. Dat bringt jo nix. Mock bloß iveeten, warum statt denn litsche» Kroom nick schier Laße inne Werfer sind. Zs ok ’ne komische Er- findung, feit Krabbeltüch, de ufe leebe Gott vor mott bett. Mott us bloß de Arbeit suer. — Na! — Man to. Walt tokieken, wat wi fungen hübt!" Die andern beiden erbeben sich unb patschen ins Waßer. Ieber greift ein Enbe des Garnes unb reißt ruck- weife Daran. Richard stellt sich in die Mitte und beobachtet. In der Nähe bat er für alle Fälle einen dicken Knüppel zurechtge- legt. Das Garn kommt Ruck für Ruck näher. Aus den Gesichtern von Jan und Lein bilden sich kleine Schweißtropfen, trotz der naßkalten Nacht. Sie rucken aus Leibesttästen, so daß ihr« Körper fast waagerecht zur Erde stehen. Das Garn kommt näher, der Lalbtteis wirb enger unb enger. Plötzlick ein harter Ruck in» Garn, ein Rauschen dicht am Ufer. Das Waßer spritzt hoch und für einen Moment hätte man, wenn es Tag gewesen wäre, die Rückenflosse eines Fisches gesehen. „Minsch, Richard! Dor i« een bin’n", brüllt Ian aufgeregt. „Man ruhig Blot, Äirl. Treck!" Der Laibkreis wirb enger, beträgt nur noch wenige Meter. Der Lachs meldet sich wieder. Er rennt gegen das Ney, dann zurück aufs Land, bin unb her, bin unb her. Der weiß bestimmt, daß es seiner Freiheit unb seinem Leben gilt, sonst würde er nicht so aufgeregt tun. Vor - sichtshalber holen Ja» und Lein das untere Ende des Garnes ein. Der „Toom" nähert sich seinem Ende. Immer wilder ge - bärdet sich der Lachs. Lin und her schießt er und versucht, zu entweichen. Er hat kein Glück. Richard patscht ine Waßer hinein, greift ba« obere Ende des Garnes und hält es hoch. Das Schicksal de» Lachse« ist besiegelt. Jetzt sann er nicht mehr ent - fliehe», höchstens, daß er ein" Loch ins Garn rennt. Aber dafür lcheint er zu klein zu fasn. Richard flucht schon wieder. „Goddsverdammich! Is bat ’ne Schweinerei. Ick bin to miet rutgohn. Nu finb mi d« Steebel bit bobenhenn voll Wooter loopen. Saulroom! — Na, is egol. Kann jemm jo nober ut- gccten." Das Garn ist an Land. Richard wirft das Oberteil über das untere, dazwischen zappelt und blinkt e8, an einer Stelle besonders wild. Dort liegt der Lachs. Die drei fallen über ihn her. Leini packt ihn in ben Kiemen. Jan kniet auf dem Bauch unb verbucht den Schwanz zu halten, der wild eins - und niederschlägt, csie haben ihre Last mit dem Tier, das ge - räuschvoll nach Luft (sprich Waßer) japst. Richard langt sick den Knüppel und schlägt erbarmungslos auf den Kopf be« Fische«. Endlich, nach fünf, sechs Schlagen ebbt das Zappeln unb Auf- bäumen ab. Mit einem letzten Ruck haucht er feine Lachsseele au». Sie ziehen ba« volle Garn ganz hinauf auf« Land. Zuerst kommt ber Lachs an bie Reihe und geht von Land zu Land. Fachmännisch wird er begutachtet und auf 19 Pfund ge - schätzt. Jetzt erst Denken sie an das ,Z?rabbeltüch". Alante, Braßen unD Rotaugen, die beiden ersteren Sorten bis zu vier Pfund schwer, zappeln auf dem Garn und klappen ihre Kiemen - deckel ängstlich auf und nieder. Den Kleinkam werfen sie ins Waßer zurück, und die Wollhandkrabben, diese Schädlinge, werden zertreten. Ein 19pfünbiger Lach« und 25—30pfünbigcr Weißfisch ist ein recht bescheidener Fang. Die drei stopfen sick die inzwischen faltgeworbenen Pfeifen, wischen sich ben eochweiß von der Stirn und werfen ben Fang in bas bereit liegenbe Boot. Sie rubern mit der Loffnung heim, an den nächsten Tagen mehr zu fangen. Am andern Morgen kauft die Räucherei Den Lachs. Don hier aus. liebe Leute, gelangt er zu euch unb in Den Magen Derer, Die ihn bezahlen können.